Komposita und ihre Schreibung in der deutschen und französischen Sprache


Term Paper (Advanced seminar), 2013

22 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was versteht man unter einem Kompositum?

3. Zur Abgrenzung von Determinativ- und Kopulativkomposita

4. Haupttypen der Komposition
4.1 Die Haupttypen in der deutschen Sprache
4.2 Die Haupttypen in der französischen Sprache

5. Regularitäten der Schreibung von Komposita
5.1 Regularitäten für die deutsche Schreibung
5.2 Regularitäten für die französische Schreibung

6. Resümee und Vergleich der Erkenntnisse

7. Literaturverzeichnis

Eidesstaatliche Versicherung

1. Einleitung

Auch heute besteht gerade in entwickelten Sprachen ein ungeheurer Bedarf an neuen Wörtern, da die Auseinandersetzung mit der vielseitigen Realität die Notwendigkeit mit sich bringt, alles, was man vorfindet, empfindet, erfindet oder plant, auch entsprechend benennen zu können (Erben 2006, 21f). Für die Bereicherung des Wortschatzes spielt daher die Komposition[1] in der deutschen und französischen Sprache eine wichtige Rolle, wobei komplexe Wörter aus Sprachmaterial gebildet werden, das bereits in der Sprache existiert. Daneben ist die Kenntnis und die Einhaltung grafischer Normen von komplexen Wörtern eine unerlässliche Voraussetzung für korrekte Textproduktionen (Sinner 2011, 2). Da Komposita im Deutschen durch Zusammenschreibung gekennzeichnet sind (Fuhrhop 2010, 236) und die Bindestrichschreibung nur in bestimmten Fällen eintritt (Duden 2011, 37), wohingegen französische Komposita generell mit Bindestrich, wie in la grand-mère (Großmutter), oder durch Getrenntschreibung, wie in la pomme de terre (Kartoffel), in Erscheinung treten, verspricht eine vergleichende Beschäftigung mit der Thematik lohnenswert und interessant zu werden.

In dieser Arbeit sollen daher zwei wichtige Fragen geklärt werden:

- Welche Auffälligkeiten treten im Deutschen und im Französischen bereits im Rahmen der Bildung und der Verwendung von Komposita auf?
- Wie sehen die Regularitäten für die Schreibung jeweils aus und welche Vor- und Nachteile bringen diese mit sich?

Im weiteren Verlauf wird zunächst dargelegt, was man unter einem Kompositum zu verstehen hat (Kapitel 2) und eine Abgrenzung zwischen Determinativ- und Kopulativkomposita vorgenommen (Kapitel 3), um ein grundlegendes Verständnis für die Thematik aufzubauen. Sodann werden die wichtigsten Bildungsmuster für beide Sprachen veranschaulicht (Kapitel 4), um anschließend mit diesem Wissen an die Regularitäten der Schreibung heranzutreten (Kapitel 5). Abschließend werden alle wichtigen Erkenntnisse dieser Arbeit präzise zusammengefasst und vergleichend diskutiert (Kapitel 6).

Da sich Bildung und Schreibung in beiden Sprachen teilweise deutlich unterscheiden, erscheint es nicht sinnvoll beide Sprachen in einem einzigen Kapitel gegenüberzustellen. Stattdessen werden die behandelten Bereiche für jede Sprache gesondert aufgeführt, wobei an geeigneten Stellen auf die andere Sprache Bezug genommen wird.

Aufgrund des zur Verfügung stehenden Raumes kann diese Arbeit leider nicht alle möglichen Konstellationen und Sonderfälle präsentieren. Ziel ist es daher, die jeweils zentralsten Bildungsmuster und Aspekte der Schreibung aufzuzeigen, die für den Vergleich entscheidend sind.

2. Was versteht man unter einem Kompositum?

Das Kompositum zählt im Deutschen und im Französischen zu den produktivsten[2] Vorgängen in der Wortbildung, um den existierenden Wortschatz zu erweitern. Bußmann (2008, 355) definiert das deutsche Kompositum als einen sprachlichen Ausdruck, der aus mindestens zwei frei vorkommenden Morphemen oder Morphemkonstruktionen besteht. Dieses weist nach Wolf (1990, 21ff) die folgenden Eigenschaften auf:

- Die Orthographie hat bereits Indizcharakter, da die Zusammenschreibung der Konstituenten bereits auf eine Zusammensetzung schließen lässt:

(1) a. Verteidigungsministerium

b . Weltraumspaziergang

- Die Morpheme sind zwar austauschbar, jedoch ist ihre Reihenfolge bedeutungsrelevant:

(2) Vaterhaus vs. Hausvater

- Die Glieder sind untrennbar und bilden eine Formeinheit.

Auch im Französischen wird unter ' mot composé' die Kombination von mindestens zwei Morphemen, die auch als freie Morpheme vorkommen, verstanden. Jedoch weist Thiele (1993, 25) darauf hin, dass das orthographische Kriterium hier keine Relevanz hat, sondern die Voraussetzung erfüllt sein muss, dass die Bestandteile gemeinsam eine begriffliche Einheit bilden, da man sonst une maschine à laver (Waschmaschine) oder maître nageur (Bademeister) nicht unter Kompositum auffassen dürfte.

Ergänzend können auch für das Französische wichtige Charakteristika festgehalten werden (Wolf 1990, 38):

- Als wesentliche Voraussetzung gilt, dass die Kompositionsmitglieder insgesamt eine begriffliche Einheit bilden, da die Schreibung alleine nicht für eine Identifizierung ausreicht.

- Die Reihenfolge kann nicht verändert werden, ohne dass sich der Sinn verändert.

(3) a. un bracelet-montre

b. une montre-bracelet

Das Beispiel in 3a meint 'ein Armband', 3b bedeutet dagegen 'eine Uhr'.

- Da die Glieder eines Kompositums eine Einheit bilden, gilt für sie das Kriterium der semantischen Untrennbarkeit.

Es sollte deutlich geworden sein, dass die Definitionen in beiden Sprachen ähnlich sind, die deutschen Komposita aber leicht erkennbar sind, wohingegen die optische Komponente kein Kriterium für die französischen Komposita ist. Sie sollen aber dennoch als Kompositum verstanden werden, da sie lexikalisiert sind, nur als Ganzes modifiziert werden können und dem Leser gemeinsam eine Bedeutung präsentieren (Schpak-Dolt 2010, 136).

3. Zur Abgrenzung von Determinativ- und Kopulativkomposita

Bei Determinativkomposita wird ein Grundwort, auch als Determinatum bezeichnet, durch ein Bestimmungswort, das Determinans, näher bestimmt, wobei das Determinatum formal immer der Kopf ist (Schpak-Dolt 2010, 138). Dieser Kompositionstypus spielt aufgrund seiner Produktivität und Häufigkeit eine wichtige Rolle (Erben 2006, 67), wobei für das Deutsche gilt, dass die zweite Konstituente durch die erste Konstituente näher bestimmt wird (Lohde 2006, 36), was im Französischen genau umgekehrt gehandhabt wird, da dort das erste Glied durch das zweite Glied determiniert wird (Sokol 2001, 93):

(4) a. wâgon -lit = Schlaf wagen

b. lance -pierre = Stein schleuder

c . carte -postale= Post karte

Diese Reihenfolge ist im Deutschen klar festgelegt und gilt als prototypische Regelung. Interessanterweise existiert aber im Französischen ebenfalls die umgekehrte Variante, wie die Beispiele aus Le Robert (2011) zeigen:

(5) a. moyen âge (Mittelalter)

b. belle- mère (Schwiegermutter)

Bei Kopulativkomposita befinden sich die Glieder in einem nebengeordneten Verhältnis und haben semantisch denselben Rang (Schpak-Dolt 2010, 138):

(6) a. sourd-muet (taubstumm)

b. point-virgule (Strichpunkt/Semikolon)

Im Deutschen tritt dieser Typus vergleichsweise selten und nur beschränkt produktiv auf (Erben 2006, 66). Es gibt hierbei wenige Beispiele für Adjektive und Substantive und keine für Verben oder Adverbien (Altmann 2011, 34). Das Prinzip wird jedoch an folgenden Beispielen klar:

(7) a. deutsch-französisch

b . süßsauer

Wenn die Reihenfolge der Glieder nicht lexikalisiert ist, lässt sie sich sogar im Deutschen vertauschen, was jedoch nicht in jeden Fall sprachüblich ist (Fleischer/Barz 2007, 128), wie die Beispiele zeigen:

(8) a. Blusenjacke vs. Jackenbluse

b. Strumpfhose vs. *Hosenstrumpf

Die Vertauschung der Reihenfolge in den französischen Komposita ist nicht üblich und führt zu ungrammatischen Fügungen:

(9) a. porte-fenêtre (Fenstertür) vs. *fenêtre-porte

b. franco-allemand (französisch-deutsch) vs. *allemand-franco

4. Hauttypen der Komposition

Bevor es im nächsten Kapitel konkret um die Schreibung der Komposita geht, sollen nun vorab die wichtigsten Bildungsmuster für das Deutsche und das Französische dargestellt werden. Hierbei geht es jedoch nicht darum, alle möglichen Konstellationen aufzuzeigen, sondern die produktivsten Muster der beiden Sprachen vorzustellen, die für den Vergleich bedeutsam sind.

4.1 Die Haupttypen in der deutschen Sprache

Das Substantiv spielt im System der deutschen Wortbildung eine wichtige Rolle, da Untersuchungen zeigen, dass ihr Anteil am Wortschatz bei 50-60% liegt (vgl. Wellmann 1995, 399f). Dementsprechend klassifizieren Meibauer et al. (2007, 48) vier bedeutsame Klassen für die Nomen-Komposition:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei repräsentieren Zusammensetzungen mit zwei Nomen, mit 80% aller Substantivkomposita, die häufigste Form. Diese Substantiv-Substantiv-Komposita können laut Lohde (2006, 63f), wie in der Tabelle gezeigt, aus zwei Simplizia bestehen, an bestehende Komposita anknüpfen (Fahr+schein+preis), Suffixderivate beinhalten (Häftlings+kleidung) oder auch Eigennamen, sog. onymische Komposita, enthalten (Goethe+straße, Anne+marie). Darüberhinaus werden Substantivkomposita auch häufig verwendet, um Steigerungen eines höheren Grades auszudrücken, wie in Riesenerfolg, Bombenstimmung oder Spitzensportler (ebd., 65).

Adjektiv-Substantiv-Komposita haben einen Anteil von 6% am Gesamtbestand der Komposita und sind damit um einiges weniger verbreitet (vgl. Wellmann 1995, 474). Als besonders produktiv gelten hier laut Lohde (2006, 69) jene Bildungsmuster mit einem Adjektiv als Simplex (Edel+gas) oder als Superlativ (Billigst+preis, Best+verdiener), wobei letztere auch in Fachsprachen stark präsent sind, wie zum Beispiel Höchst+preis, Mindest+lohn oder Kleinst+lebe+wesen. Die Komparativform des Adjektivs tritt dagegen wenig auf (Mehr+wert).

Verb-Substantiv-Komposita sind quantitativ, mit einem Anteil von 5-10% der Komposita, ähnlich begrenzt wie der vorherige Typus (vgl. Wellmann 1995, 475). Laut Lohde (2006, 74) ist das erste Glied am häufigsten ein heimischer Wortstamm, wie in Schwimm+bad oder Sammel+punkt, wobei es daneben auch Verbindungen aus mehreren Verbstämmen gibt: Dreh+bohr+verfahren. Der Infinitiv in seiner unveränderten Form existiert dagegen nur selten, bzw. nur in Kombination mit einem Fugenelement, wie in Wissen+s+gesell+schaft. Im Normalfall wird das Inifintivsuffix jedoch getilgt (Bau+stelle), was wiederum zum Problem führt, dass „verbales und substantivisches Bestimmungswort oftmals formal identisch“ werden (ebd., 73).

Im Rahmen der Präposition-Substantiv-Komposita gelten wenige als geläufig, wobei es sich häufig um solche handelt, die auch als Adverbien existieren oder an Verbbildungen beteiligt sind (Fleischer/Barz 2007, 116). Entsprechend lässt sich dieser Typus vor allem in 'lokale' (Neben+raum, Bei+blatt, Unter+körper) und 'temporale' Komposita (Vor+monat, Zwischen+mahl+zeit) aufteilen (Lohde 2006, 77).

[...]


[1] Komposition bezeichnet immer den konkreten Vorgang der Wortbildung an sich, wohingegen das Kompositum (die Komposita) das Ergebnis dieses Vorgangs bezeichnet (Bußmann 2008, 353).

[2] Unter produktiv versteht man Wortbildungsmuster, nach denen häufig Neubildungen vorgenommen werden (Meibauer et al. 2007, 45).

Excerpt out of 22 pages

Details

Title
Komposita und ihre Schreibung in der deutschen und französischen Sprache
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Deutsches Institut)
Grade
2,0
Author
Year
2013
Pages
22
Catalog Number
V263285
ISBN (eBook)
9783656520245
ISBN (Book)
9783656524625
File size
546 KB
Language
German
Keywords
komposita, schreibung, sprache
Quote paper
Bachelor of Science Wirtschaftspädagogik Lorraine Möller (Author), 2013, Komposita und ihre Schreibung in der deutschen und französischen Sprache, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263285

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