Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Kreditrisikomodellierung
2.1 Grundlagen von Kreditrisikomodellen
2.2 Statische Modellierung der Ausfallverteilung
3. Kontrahentenausfallrisiko unter Solvency II
3.1 Solvency II Solvenzkapitalanforderung
3.2 Das Kontrahentenausfallrisiko-Modul
3.3 Berechnung der Kapitalanforderung für Typ 1 Exposures
3.3.1 Typ 1 Risikopositionen
3.3.2 Modellierung des Portfolioverlustes
3.3.3 Berechnung des Loss-Given-Default für risikoreduzierende Verträge
3.3.4 Berechnung der Kapitalanforderung
3.4 Berechnung der Kapitalanforderung für Typ 2 Exposures
4. Bewertung des Standardmodells zum Kontrahentenausfallrisiko
4.1 Einordnung des Risikomoduls in Kreditrisikomodelle
4.2 Kritische Würdigung des Ausfallrisikomoduls
4.3 Vergleich zwischen der Ausfallrisikomodellierung unter QIS4 und QIS5
5. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Dichtefunktion der Schockhöhe
Abb. 2: Ausfallwahrscheinlichkeit als Funktion der Schockhöhe
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Kapitalanforderungen des Beispielportfolios
Tab. 2: Ratingveränderungs- und Diversifikationseffekte
Tab. 3: Ausfallwahrscheinlichkeiten der Ratingklassen
Tab. 4: Daten des Beispielportfolios
Tab. 5: Beispiel eines Modellportfolios zur Berechnung horizontaler und vertikaler Effekte
1. Einleitung
Mit Solvency II vollzieht sich ein Quantensprung in der europäischen Aufsicht von Versicherungsunternehmen. Die unzureichenden Solvabilitätsvorschriften von Solvency I werden durch risikobasierte Kapitalanforderungen unter Solvency II ersetzt. Dabei legt die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) vom 25.11.2009 den regulatorischen Rahmen für die Umsetzung in nationales Recht fest. Solvency II wird nach dem Lamfalussy-Verfahren umgesetzt und voraussichtlich am 1. Januar 2013 Inkrafttreten.1 Inhaltliche Detaillierungen werden in Abstimmung mit der EU-Kommission durch die European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) erarbeitet.2 Teil der Solvency II Regelungen sind die Anforderungen an das Solvenzkapital sowie an das Mindestkapital.3 Im Rahmen der Umsetzung von Solvency II testete EIOPA durch quantitative Auswirkungsstudien (Quantitative Impact Studies, QIS) schwerpunktmäßig die Angemessenheit des Standardmodells zur Berechnung der Kapitalanforderung. Im Fokus der vorliegenden Arbeit steht die Modellierung des Kontrahentenausfallrisikos. Dieses Risiko ergibt sich beispielsweise aus der Beziehung zwischen Erstversicherer und Rückversicherer, wobei der Erstversicherer einen bestimmten Teil seiner Risiken auf den Rückversicherer transferiert.4 Weil die Gefahr eines Ausfalls des Rückversicherers besteht, muss der Erstversicherer Kapital für dieses Risiko vorhalten. Da die Modellierung des Ausfallrisikos unter Solvency II methodisch auf die Modellierung des Kreditrisikos zurückgeht, erfolgt zunächst ein kurzer Überblick über die Grundmodelle der Kreditrisikomodellierung, welche Albrecht/Maurer (2008) in Default Mode-Modelle (Ausfallmodelle) und Mark to Market-Modelle unterteilen. Anschließend wird der Aufbau der Solvency II Regulierung, die Notwendigkeit der Solvenzbilanz sowie das Konzept der Solvenzkapitalanforderung erläutert. Das Modul zur Bestimmung der Kapitalunterlegung von Kontrahentenausfallrisiken unter Solvency II wurde im Laufe der fünf bisherigen Auswirkungsstudien kontinuierlich weiterentwickelt und an die praktische Handhabbarkeit sowie an Finanzmarktkonditionen angepasst. Dabei ergaben sich zum Teil deutliche Unterschiede in der Modellierung. Vor diesem Hintergrund wird der in European Commission (2010a) dokumentierte aktuelle
Stand des Kontrahentenausfallrisiko-Moduls5, welches auf Berg (2008) zurückgeht, detailliert vorgestellt und anschließend diskutiert. Hierbei wird insbesondere auf die Modellierung des Portfolioverlustes sowie auf die Berechnung der Kapitalanforderung für Ausfallrisiken eingegangen. Dabei wird das Ziel verfolgt, dem Leser die Komplexität der versicherungsmathematischen Berechnungen prägnant zu erklären und die Notwendigkeit des gewählten Modells zu verdeutlichen. Im Rahmen des vierten Kapitels wird das Kontrahentenausfallrisiko-Modul in die vorgestellten Kreditrisikomodelle eingeordnet. Des Weiteren werden die Unterschiede zwischen der vierten und fünften quantitativen Auswirkungsstudie qualitativ und quantitativ analysiert und auf Schwächen des Modells hingewiesen. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen und einem Ausblick.
2. Kreditrisikomodellierung
2.1 Grundlagen von Kreditrisikomodellen
Um die methodischen Grundlagen zur Modellierung von Kontrahentenausfallrisiken zu erarbeiten, erfolgt zunächst eine kurze Einführung in die Modellierung von Kreditrisiken. Im anschließenden Kapitel wird das Ausfallrisiko unter Solvency II fokussiert.
Der Begriff des Kreditrisikos umfasst im engeren Sinne das Ausfallrisiko und im weiteren Sinne das Migrationsrisiko.6 Hierbei beschreibt das Ausfallrisiko die Gefahr, dass ein Kreditnehmer seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen aus dem Kreditvertrag nicht oder nur teilweise nachkommt. Dabei wird das Ausfallrisiko während der Kreditlaufzeit als unveränderlich angenommen.7 Demgegenüber bezeichnet das Migrationsrisiko das Risiko einer Bonitätsverschlechterung und somit der Erhöhung der Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners während der Kreditlaufzeit.8 Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Modellvarianten. Einerseits Default Mode-Modelle, welche die Quantifizierung von Ausfallrisiken von Krediten fokussieren, die normalerweise nicht am Markt gehandelt bzw. generell vom Halter nicht verkauft werden und andererseits Mark to Market-Modelle, welche zur Risikoquantifizierung börsengehandelter Schuldtitel genutzt werden.9 Standardmäßig wird das Ausfallrisiko statisch am Beispiel eines Individualkredits modelliert.10 Dabei setzt sich die Verlustvariable (Loss, Ľ) aus dem Produkt von ausfallbedrohtem Betrag (Exposure at
Default, EAD), Verlustquote (Loss Given Default, LGD) und Ausfallindikator (Default Indicator, D) zusammen.11 Es gilt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Werden EAD, LDG und D als stochastisch unabhängig angenommen, so ergibt sich die erwartete Ausfallhöhe als12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei PD die Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default) bezeichnet und PD = P(D = 1) gilt. In Mark to Market-Modellen werden zusätzlich Migrationswahrscheinlichkeiten modelliert.13 Innerhalb der Portfoliobetrachtung sind darüber hinaus die Korrelationen zwischen den Basisgrößen zu berücksichtigen. Kreditrisikomodelle lassen sich in vier grundlegende Kategorien einordnen:14 statische Modellierung der Ausfallverteilung, Unternehmenswertmodelle15, Intensitätsmodelle und ratingbasierte Modelle.16 Im Folgenden wird lediglich die statische Modellierung der Ausfallverteilung detailliert vorgestellt, da auf diese im Verlauf der Arbeit zurückgegriffen wird.17
2.2 Statische Modellierung der Ausfallverteilung
In der statischen Modellierung wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit über die betrachtete Zeitperiode konstant bleibt. Dabei wird angenommen, dass D einer Bernoulli-Verteilung folgt, [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], wobei[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] der Ausfallwahrscheinlichkeit entspricht.18 Hieraus folgt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wird ein Portfolio von n Krediten mit den Verlustvariablen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]unter der Annahme eines deterministischen Ausfallbetrags E¿ = EADi · LGDi betrachtet, so ergibt sich der Portfolioverlust als Summe der einzelnen Verluste
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Portfoliobetrachtung ergibt sich die gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeit aus der Wahrscheinlichkeit, dass sowohl Kreditnehmer í als auch Kreditnehmer j am Ende der Zeitperiode ausfallen: π ¿y = P(D¿ = 1, Dj = 1). Zu beachten ist auch die Ausfallkorrelation Pij, welche sich unter Einbeziehung der gemeinsamen Ausfallwahrscheinlichkeit als
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ergibt.20 Da [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Daher ergeben sich im Fall von deterministischen Exposures für den erwarteten Portfolioverlust und die Portfoliostandardabweichung21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da die Bestimmung der Ausfallkorrelationen in der Realität problematisch ist, wird diese im Modell durch die Verwendung von Einflussfaktoren [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] für den Kreditausfall unter Anwendung der bedingten Unabhängigkeit erzeugt.22 Gegeben eine Realisation des Einflussfaktors gilt für die bedingte Ausfallwahrscheinlichkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Erfasst der Einflussfaktor X alle systematischen Einflüsse der Portfoliokreditrisiken, so verbleiben für jeden einzelnen Kredit die idiosynkratischen Einflüsse, welche als unabhängig angenommen werden.19 Auf bedingter Ebene ergibt sich Cov[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Für die bedingte Varianz des Portfolioverlustes gilt daher20
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die resultierende positive Korrelation zwischen den Krediten des Portfolios auf der unbedingten Ebene wird einzig durch den Einflussfaktor X bestimmt.21
In einem Mischungsmodell wird der zugrundeliegende Faktor nicht explizit spezifiziert. Des Weiteren wird angenommen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeiten Zufallsvariablen darstellen.22 Im sogenannten Bernoulli-Mischungsmodell sind die Ausfallindikatoren D = (Di,...,Dm) der einzelnen Verluste eines Portfolios bernoulliverteilt Dt~B( 1; Π).23 Die zufallsbedingten Ausfallwahrscheinlichkeiten Π = (Π_, ..., Пт) folgen der gemeinsamen Verteilungsfunktion F. Bedingt auf die Realisierung π = (пг,..., nm) von Π sind die einzelnen Verluste unabhängig und bernoulliverteilt.24 Die Abhängigkeitsstruktur der Zufallsvariablen Π wird nicht spezifiziert.25 Die unbedingte gemeinsame Verteilung des Portfolioverlustes ergibt sich durch Integration über die Verteilung F (π). Daraus lassen sich der Erwartungswert und die Varianz des Portfolioverlustes sowie die Kovarianzen der Verlustindikatoren berechnen. In diesem Fall gilt26
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten27
Somit stimmt die Kovarianz der Ausfallindikatoren zweier nicht identischer Kreditnehmer mit der Kovarianz der entsprechenden stochastischen Ausfallwahrscheinlichkeiten überein.
Wird ein Zusammenhang zwischen den Ausfallwahrscheinlichkeiten und dem Einflussfaktor X spezifiziert, so ergibt sich das sogenannte Einfaktormodell.28 Es wird unterstellt, dass die Bonität (Y) einer Gegenpartei einerseits von einem systematischen Faktor (F) und andererseits von einem idiosynkratischen Faktor (U) beeinflusst wird.29 Gegeben ein Portfolio mit n Krediten von n Gegenparteien, so ergibt sich für das Einfaktormodell30
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei gilt: Yt, F, Ui ~ N(0,1). Ferner sind F und Ui (für í = 1,..., n) sowie Ui und U¡ (für í, j = 1,..., n; í Ψ j) stochastisch unabhängig. Des Weiteren tritt ein Ausfall dann ein, wenn der Bonitätsindikator eine festgelegte Ausfallschranke unterschreitet.31 Es gilt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abhängig von weiteren Modellspezifikationen kann die Portfolioverlustverteilung bestimmt werden.32
3. Kontrahentenausfallrisiko unter Solvency II
3.1 Solvency II Solvenzkapitalanforderung
Durch Solvency II vollzieht sich ein grundlegender Wandel sowie eine Harmonisierung der europäischen Versicherungsaufsicht. Die unzureichenden Solvabilitätsvorschriften von Solvency I werden durch risikobasierte Kapitalanforderungen unter Solvency II ersetzt, welche die verfügbaren Eigenmittel auf Basis eines Marktwertansatzes ermitteln.33 Die regulatorisch vorzuhaltende Mindestkapitalausstattung von Erst- und Rückversicherungs unternehmen orientiert sich an der Risikolage des Unternehmens und kann nach Solvency II entweder mithilfe eines Standardmodells bestimmt oder alternativ durch ein auf spezifische Risiken zugeschnittenes internes Modell quantifiziert werden.34 Konzeptionell folgen die Solvency II Regelungen einem Drei-Säulen-Ansatz.35 Innerhalb der ersten Säule sind die quantitativen Anforderungen an die Versicherungsunternehmen zusammengefasst. Säulen zwei und drei umfassen die qualitative Überwachung durch die Aufsichtsbehörde sowie Vorschriften zur Publizität gegenüber Aufsichtsbehörde und Öffentlichkeit.36 Die Solvenzbilanz bildet die Basis zur Ermittlung der Eigenmittel sowie die Grundlage der Risikomessung. Die Eigenmittel ergeben sich durch die Differenz aus marktnah bewerteten Vermögenswerten und Verpflichtungen. Zur Charakterisierung der unterschiedlichen Verlustausgleichsfähigkeiten der Eigenmittel werden diese in sogenannte Tiers eingeteilt.37 Die quantitativen Begrenzungen für die Deckung von Solvenz- und Mindestkapital sind in Artikel 98 der Solvency II Richtlinie festgelegt.38 Ebenfalls aufbauend auf der Solvenzbilanz kann die Berechnung der vorgeschriebenen Solvenzkapitalanforderung erfolgen. Dabei ist die Solvenzkapitalanforderung für Versicherungsunternehmen unter Solvency II mit einem Value-at-Risk zu einem Konfidenzniveau von 99,5 Prozent (VaR0 005) über einen Zeitraum von einem Jahr zu kalibrieren.39 Dies bedeutet, dass Versicherungsunternehmen Eigenmittel in einem Umfang vorhalten müssen, welcher sicherstellt, dass in 199 von 200 Jahren Verluste ohne einen vollständigen Verzehr der Eigenmittel verkraftet werden. Die Bestimmung des Solvenzkapitals mittels Standardmodells ist mehrstufig aufgebaut.40 Untergeordnete Risikomodule repräsentieren Teilrisiken, welche wiederum in Subrisikomo- dule unterteilt sind, für welche jeweils eine Ermittlung der zugehörigen Kapitalanforderungen erfolgt. Konkret gliedert sich das Solvenzkapital (SCR) im Standardmodell in drei Größen: Basissolvenzkapitalanforderung (Basic Solvency Capital Requirement, BSCR), Kapitalanforderung für das operationelle Risiko (SCRop) sowie Anpassung an die Verlustausgleichsfähigkeit der versicherungstechnischen Rückstellungen und der latenten Steuern (Adjustment for the risk absorbing effect of technical provisions and deferred taxes, Adj). Es gilt41
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Basissolvenzkapitalanforderung umfasst folgende Risikomodule: versicherungstechnisches Risiko Nicht-Leben, versicherungstechnisches Risiko Lebensversicherung, versicherungstechnisches Risiko Krankenversicherung, Marktrisiko, Kontrahentenausfallrisiko, Risiko immaterieller Aktiva und operationelles Risiko.42 Die Berechnung erfolgt gemäß
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei Corrij den Korrelationskoeffizienten der Risiken í und j bezeichnet und SCRi, SCRj die Kapitalanforderungen der jeweiligen Risiken angeben. Die Bestimmung der Kapitalanforderung einzelner Subrisikomodule erfolgt je nach Abhängigkeit vom jeweiligen Modul entweder faktor-43 oder szenariobasiert44.
3.2 Das Kontrahentenausfallrisiko-Modul
Das Ausfallrisikomodul soll mögliche Verluste aus unerwarteten Ausfällen oder der Verschlechterung der Bonität einer Gegenpartei oder Schuldner des Versicherungsunternehmens in den zukünftigen zwölf Monaten reflektieren.45 Die Grundlagen dafür legen Artikel 104 und 105 der Solvency II Richtlinie. Die Dokumentationen EIOPA (2011) und European Commission (2010a) vertiefen die Bestimmungen zur Berechnung der Kapitalanforderung. Im Fokus des Ausfallrisikomoduls stehen risikomindernde Verträge wie Rückversicherungsvereinbarungen, Verbriefungen, Derivate, Forderungen von Intermediären und alle anderen Kreditrisiken, welche nicht durch das Spreadrisiko-Modul46 abgedeckt werden. Das Ausfallrisikomodul berücksichtigt jegliches Verlustausfallrisiko einer Gegenpartei, unabhängig von der Rechtsform der vertraglichen Verpflichtung.47 EIOPA unterscheidet in der fünften Auswirkungsstudie (QIS5) zwei Arten von Risikopositionen (Expo- sures):48 Typ 1 umfasst Exposures, welche nicht notwendigerweise diversifiziert sind und bei der die Gegenpartei ein Kreditrating besitzt. Gegenparteien der Risikopositionen vom Typ 2 besitzen üblicherweise kein Kreditrating, sind aber typischerweise diversifiziert. Generell werden sämtliche Positionen als Typ 2 aufgefasst, welche zum Ausfallrisikomodul gehören aber nicht zum Typ 1 zugeordnet wurden.49 Das Solvenzkapital wird für jede Typenklasse gesondert berechnet. Die Aggregation der einzelnen Kapitalanforderungen erfolgt unter Berücksichtigung eines geringen Diversifikationseffektes und ist gegeben durch50
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei gibt SCRde# die aggregierte Kapitalanforderung für das Ausfallrisiko, SCRde#д die Kapitalanforderung für Verlustrisiken vom Typ 1 und SCRde#2 die Kapitalanforderung für Verlustrisiken vom Typ 2 an.
3.3 Berechnung der Kapitalanforderung für Typ 1 Exposures
3.3.1 Typ 1 Risikopositionen
Zur Berechnung der Kapitalanforderung für Typ 1 Risikopositionen werden folgende Eingangsinformationen benötigt:51 Rückversicherungsforderungen sowie andere risikoreduzierende Verträge, Derivate, Besicherungen von Rückversicherungsvereinbarungen bzw. Zweckgesellschaften, Garantien, Bankguthaben, Einlagen bei Zedenten, Anfangskapital, Akkreditive, Patronatserklärungen oder ähnliche Verpflichtungen52, hypothetische Kapitalanforderung für versicherungstechnische Risiken bzw. Marktrisiken ohne Berücksichtigung risikoreduzierender Effekte von Rückversicherungsvereinbarungen, Zweckgesellschaften oder Derivaten (SCRhyp ), Kapitalanforderung für versicherungstechnische Risiken bzw. Marktrisiken (sCRwlthout ) sowie Bonität der Gegenpartei der jeweiligen Risikoposition.
3.3.2 Modellierung des Portfolioverlustes
In QIS5 wird die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kontrahenten in eine Baseline- Ausfallwahrscheinlichkeit und eine schockinduzierte Komponente unterteilt und als Funktion eines jährlich auftretenden, einheitlichen Schocks (s) modelliert.53 Es wird angenommen, dass die schockinduzierten Komponenten untereinander korreliert sind. Der Schock kann dabei Werte im Intervall [0,1] annehmen.54 Zur Modellierung dieser Annahmen wird eine Beta-Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion mit der Parameterkonstellation ß = 1 verwendet. Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ist durch eine monoton fallende Schockeintrittswahrscheinlichkeit charakterisiert und gegeben durch55
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufbauend auf dieser Dichtefunktion werden der Erwartungswert und die Varianz der Ausfallwahrscheinlichkeiten bestimmt. Die Variable s wird dabei lediglich durch den Parameter a bestimmt.56 Die Ausfallwahrscheinlichkeit p(s) stellt eine Funktion der Schockhöhe dar, wobei b die Baseline-Ausfallwahrscheinlichkeit und τ einen Formparameter angibt. Es ergibt sich57
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Hintergrund dieser Modellierung ist, dass Kontrahenten mit einer geringen Baseline-Ausfallwahrscheinlichkeit weniger auf moderate Schocks reagieren als Kontrahenten mit hoher Baseline-Ausfallwahrscheinlichkeit. Die Funktion p(s) ist je nach Parameterkonstellation konvex (b < τ), konkav (b > τ) oder eine Gerade (b = τ).58 Die durch den einheitlichen Schock entstehende Kovarianzstruktur zwischen den Kontrahenten wird über die Formparameter a und τ sowie über die Baseline- Ausfallwahrscheinlichkeit b modelliert. Der Erwartungswert der Ausfallwahrscheinlichkeit ergibt sich durch59
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Vgl. EIOPA 2011, S. 4 und Schubert 2005, S. 41 f.
2 EIOPA ersetzt das Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS).
3 Vgl. Europäische Union 2009, Abschnitt 4 und Abschnitt 5.
4 Vgl. Farny 2000, S. 415.
5 Im Folgenden werden die Begriffe Kontrahentenausfallrisiko, Gegenparteiausfallrisiko und Ausfallrisiko als äquivalent angenommen.
6 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 909.
7 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 909.
8 Vgl. Sandström 2006, S. 82.
9 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 910.
10 Vgl. Bluhm et al. 2010, S. 3.
11 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 910 f.
12 Vgl. Bluhm et al. 2010, S. 4.
13 Vgl. Gregory 2009, S. 301.
14 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 909.!
15 Unternehmenswertmodelle modellieren das Ausfallrisiko eines Unternehmens über die zeitabhängige Entwicklung vom Unternehmenswert im Verhältnis zu dessen Fremdkapital auf Marktwertbasis. Die Konzeption der Unternehmenswertmodelle geht zurück auf Merton (1974).
16 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 909.!
17 Auf die Vorstellung von Intensitäts- und ratingbasierten Modellen wird daher an dieser Stelle verzichtet. Eine Übersicht dieser Modelle bieten Albrecht/Maurer 2008, S. 929 ff.
18 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 916 f.
19 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 920.
20 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 921.
21 Vgl. Bluhm et al. 2010, S. 37.
22 Vgl. Bluhm et al 2010, S. 55 f.
23 Vgl. Bluhm et al. 2010, S. 55. Dabei entspricht n¿ der Ausfallwahrscheinlichkeit von Kredit i.
24 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 922.
25 Vgl. Martin et al. 2006, S. 125.
26 Vgl. Bluhm et al. 2010, S. 55 ff. und Joe 1997, S. 211 ff.
27 Dies ergibt sich aus der Anwendung des Gesetzes der totalen Varianz Var(D¡) = Var[f(0¿ |P)] + E[Var(Di |P)] = E(pi)[1 - £(p¿)]. Vgl. Kriele/Wolf 2012, S. 155 und Bluhm et al. 2010, S. 55 f.
28 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 923.
29 Vgl. Martin et al. 2006, S. 130.
30 Vgl. Martin et al. 2006, S. 133.
31 Vgl. Albrecht/Maurer 2008, S. 923.
32 Vgl. Anhang 1 für den Spezialfall, dass n Kredite ein einheitliches Exposure sowie eine identische Ausfallwahrscheinlichkeit besitzen. !
33 Vgl. Bennemann et al. 2011, S. 6.
34 Vgl. Europäische Union 2009, S. 250 ff.
35 Vgl. Eling et al. 2007, S. 5 f.
36 Vgl. Bennemann et al. 2011, S. 5.
37 Vgl. Europäische Union 2009, S. 240 ff. Die Einstufung in die Klassen Tier 1, Tier 2 und Tier 3 richtet sich nach dem Erfüllungsgrad folgender Merkmale: Verfügbarkeit, Nachrangigkeit, Laufzeit, Rückzahlungsanreiz, Verlustausgleichsfähigkeit, sonstige Belastung und laufende Kosten.
38 Vgl. Europäische Union 2009, S. 247 ff., Art. 98.
39 Vgl. CEIOPS 2010, S. 18.
40 Vgl. European Commission 2010a, S. 90.
41 Vgl. European Commission 2010a, S. 95.
42 Vgl. European Commission 2010a, S. 96. Dabei gibt EIOPA eine Korrelationsmatrix vor.
43 Beim faktorbasierten Ansatz wird eine Bezugsgröße mit einem Risikofaktor multipliziert um das benötigte Solvenzkapital für das betrachtete Teilrisiko zu bestimmen.
44 Vgl. European Commission 2010a, S. 91. Beim szenariobasierten Ansatz wird eine Solvency II Bilanz ohne Risikomarge betrachtet und die Auswirkungen eines Schock-Szenarios auf die Basiseigenmittel (Net Asset Value, NAV) untersucht.
45 Vgl. European Commission 2010a, S. 134.
46 Das Spreadrisiko ist ein Submodul des Marktrisikomoduls. Vgl. European Commission 2010a, S. 119 ff.
47 Vgl. European Commission 2010a, S. 134.
48 Vgl. European Commission 2010a, S. 134.
49 Vgl. CEIOPS 2009a, S. 10.
50 Vgl. European Commission 2010a, S. 136. EIOPA gibt eine Korrelation von p12 = 0,75 vor.
51 Vgl. European Commission 2010a, S. 135.
52 Die Positionen Einlagen bei Zedenten, Anfangskapital, Akkreditive, Patronatserklärungen und ähnliche Verpflichtungen können bei Überschreitung von 15 unabhängigen Kontrahenten als Typ 2 Risikopositionen gehandhabt werden. Vgl. CEIOPS 2010, S. 93. Kontrahenten, welche zur selben Unternehmensgruppe gehören oder Teil eines Finanzkonglomerates sind, gelten nicht als unabhängige Parteien. Vgl. Europäische Union 2009, S. 425 ff., Art. 212.
53 Vgl. Berg 2008, S. 30.
54 Dabei simulieren geringe Werte von s eine moderate Schockhöhe und hohe Werte einen schweren Schock auf die gesamte Industrie. Die Ausfallwahrscheinlichkeiten der Kontrahenten steigen mit der Schockhöhe.
55 Vgl. Berg 2008, S. 30 und Abbildung 1 in Anhang 2.
56 Vgl. CEIOPS 2009a, S. 55.
57 Vgl. Berg 2008, S. 31. Die Baseline-Ausfallwahrscheinlichkeit ist unternehmensspezifisch.
58 Vgl. Abbildung 2 in Anhang 2.
59 Vgl. Berg 2008, S. 31.