Selbsthilfegruppen als Bewältigungsstrategie in Problemlagen und Krisen


Bachelorarbeit, 2011

35 Seiten, Note: 2


Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition

3. Zur Geschichte der Selbsthilfegruppenbewegung
3.1 Selbsthilfegruppen in historischer Sicht
3.2 Verbreitung psychologisch-therapeutischer Selbsthilfegruppen in den USA
Exkurs: Empowerment-Konzept
3.2.1 Entstehung der Anonymen Alkoholiker (AA)
3.3 Geschichte der Selbsthilfe in Deutschland

4. Kategorien von Selbsthilfegruppen
4.1 Psychologisch-therapeutische Selbsthilfegruppen
4.2 Medizinische Selbsthilfegruppen
4.3 Bewusstseinsveränderte Selbsthilfegruppen
4.4 Lebensgestaltende Selbsthilfegruppen
4.5 Arbeitsorientierte Selbsthilfegruppen
4.6 Lern -bzw. ausbildungsorientierte Selbsthilfegruppen
4.7 Bürgerinitiativen

5. Merkmale und Geschehen in einer typischen psychologisch-therapeutischen Gesprächs-Selbsthilfegruppe

6. Wirkung von Selbsthilfegruppen insbesondere der psychologisch-therapeutischen Gesprächs-Selbsthilfegruppe

7. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Selbsthilfegruppen gehören heute fast schon zu unserer Kultur.

Nehmen wir mal ein Beispiel an: Wenn immer mehr Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, hat das erhebliche Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben. Denn Erwerbsarbeit hat nicht nur die Aufgabe die Existenz zu sichern, sie hat auch eine hohe soziale Funktion. Sie schafft soziale Zusammenhänge, Möglichkeiten des Austauschs und der Begegnung. Wer nicht mehr erwerbstätig ist, ist sozial auf andere Zusammenhänge und Netzwerke angewiesen. Je älter Menschen werden, desto mehr dünnen auch die ursprünglichen sozialen Bezüge wie Familie und Freunde aus. Deshalb werden diverse Arten von Selbsthilfegruppen, wie Nachbarschaftsinitiativen immer wichtiger. Sie sind Teil einer lebendigen demokratischen Stadtgesellschaft, die der Selbstorganisation ihrer BewohnerInnen Raum eröffnet und Teilhabe für alle schafft, unabhängig von Alter und Gesundheitszustand. Das betrifft aber nicht, wie hier an einem Beispiel festgemacht, nur das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit seinen Folgen, sondern auch andere Bereiche des Lebens, wie andere seelische oder körperliche Belange, die die Notwendigkeit aufweisen Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Aus diesem Beispiel kam ein bedeutender Aspekt hervor, wieso Selbsthilfegruppen in unserer Zeit bedeutsam geworden sind. In einer Mischform von Gesellschaften, wie zum Beispiel der Risikogesellschaft oder der Wissensgesellschaft, ist es oft schwer sich als Individuum zu behaupten und funktionsfähig nach den Anforderungen der Gesellschaft zu agieren. Durch diverse Defizite ist nicht gerade eine Minderzahl der Bevölkerung gehandicapt. Defizite meinen in diesem Zusammenhang, nicht produktiv für die Gesellschaft sein zu können, ob durch körperliche oder seelische Beschwerden. Diese Zielgruppe, so vielfältig sie auch sein mag, benötigt Hilfe, Hilfe um sich selbst zu helfen, also Selbsthilfe. Durch Zusammenschluss mehrerer Betroffenen des gleichen Leidens, entsteht die Etablierung einer Selbsthilfegruppe.

Genau damit möchte ich mich in dieser Arbeit befassen, den Selbsthilfegruppen. Nach dem Aufzeigen der Bedeutung der Selbsthilfe(-gruppe) möchte ich vorerst deskriptiv einen geschichtlichen Abriss der Selbsthilfegruppe darstellen. Darauf aufbauend sollen sieben unterschiedliche Kategorien nach M.L. Moeller dargestellt werden. Merkmale einer Gesprächsselbsthilfegruppe wird als weiterer Punkt behandelt. Nach der Darstellung von Selbsthilfegruppen möchte ich mit Hilfe von unterschiedlichen Wissenschaftlern Untersuchungsergebnisse über die Wirkung von Selbsthilfegruppen darstellen. Damit soll insgesamt ein grober Abriss über Selbsthilfegruppen dargestellt werden.

Da die vorliegende Arbeit über allgemeine Punkte der Selbsthilfegruppe bis dahin ihre Kapazität erreicht hat, müssen wichtige Punkte außen vor gelassen werden. Denn in diesem Kontext könnte auch die Unterstützung der Selbsthilfegruppen durch Pädagogen angesprochen werden, inwieweit Selbsthilfegruppen-Unterstützung als pädagogisches Arbeitsfeld gehandhabt wird. Es könnte natürlich auch näher auf das Konzept der Selbsthilfegruppe eingegangen werden, Möglichkeiten der Selbsthilfegruppenarbeit, Probleme und Grenzen der Selbsthilfegruppen oder auch die sozialpolitische Relevanz näher beleuchtet werden. Doch dazu wäre sicherlich nicht nur eine Arbeit von Nöten, um diese Spannbreite und die Einzelgebiete aufzuarbeiten.

2. Begriffsdefinition

Zunächst gilt es den Begriff der Selbsthilfe(-gruppe) im Licht verschiedener Definitionen zu definieren. Dabei ist vorauszuschicken, dass sich Selbsthilfe nicht auf einen einfachen Nenner bringen lässt. Es gilt daher einen kleinen Überblick über die Definitionsversuche und ihre Breite zu gewinnen, welche nachfolgend nur auszugsweise und wahrlich auch nur von ausgewählten Wissenschaftlern dargestellt werden. Weitere Definitionen von anderen Autoren könnten in diesen Zusammenhang ebenso noch angebracht werden, doch wird sicherlich durch diese bereits genannten die Bedeutung einer Selbsthilfe(-gruppe) klar.

Matzat (1991) stellt eine ebenso kurze wie pragmatische Definition vor.

„Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse von Menschen, die das Gefühl haben, unter einem gemeinsamen Problem zu leiden, und die zusammenkommen, weil sie etwas dagegen unternehmen wollen“ (Matzat 1991, S. 21).

In dieser Definition ist grob ausgedrückt alles enthalten, was Selbsthilfe umfasst. Doch hat sie andererseits aber auch eine gewisse Beliebigkeit.

Moeller (1996) vertritt dagegen die Auffassung, in Selbsthilfegruppen helfe

„[…]eben nicht einer dem anderen und der wieder ihm […]; denn das ist wechselseitige Fremdhilfe, die sich im gegenseitigen Bedoktern und Bemuttern erschöpft. Vielmehr entwickelt jeder sich in der Gruppe selbst und hilft damit allen anderen, sich selbst zu helfen“ (Moeller 1996, S.15).

Diese von Moeller geäußerte Sichtweise widerspricht allerdings Breitkopf (1983), der auf der Basis eigener Untersuchungen als Beitrittsmotive die eigene Hilfsbereitschaft der Teilnehmenden benennt sowie „sich in solchen Gruppen gegenseitig helfen zu können“. Außerdem bestehe eine allgemeine Hilfeerwartung an die übrigen Mitglieder. Interessant ist auch sein Ergebnis, dass als Beitrittsgrund „auffällig selten […] eine fehlende oder nicht ausreichende Versorgung durch das Medizinsystem“(Breitkopf 1984, S. 54) genannt werden (vgl. Breitkopf 1983, S. 54f). Moeller nämlich behauptet, Selbsthilfegruppen seien „Seismographen für Mängel“ in der professionellen Versorgung (vgl. Moeller 1996, S. 97).

Eine Definition durch die „Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.[1]“ (Hervorhebung d.V.) wurde von Wohlfahrt & Breitkopf (1995) wie folgt zitiert.

Selbsthilfegruppen sind freiwillige, meist lose Zusammenschlüsse von Menschen, deren Aktivitäten sich auf gemeinsame Bewältigung von Krankheiten, psychischen und sozialen Problemen richten, von denen sie – entweder selber oder als Angehörige – betroffen sind. Sie wollen mit ihrer Arbeit keinen Gewinn erwirtschaften. Ihr Ziel ist eine Veränderung ihrer persönlichen Lebensumstände und häufig auch ein Hineinwirken in ihr soziales und politisches Umfeld. In der regelmäßigen, oft wöchentlichen Gruppenarbeit betonen sie Authentizität, Gleichberechtigung, gemeinsames Gespräch und gegenseitige Hilfe. Die Gruppe ist dabei ein Mittel, die äußere (soziale, gesellschaftliche) und die innere (persönliche, seelische) Isolation aufheben. Die Ziele von Selbsthilfegruppen, richten sich vor allem auf ihre Mitglieder und nicht Außenstehende; darin unterscheiden sie sich von anderen Formen des Bürgerengagements. Selbsthilfegruppen werden nicht von professionellen Helfern geleitet; manche ziehen jedoch gelegentlich Experten zu bestimmten Fragestellungen hinzu“(DAG SHG e.V. 1991, S. 20f. in Wohlfahrt/Breitkopf 1995, S.43).

Diese Definition erachte ich wesentlicher elaborierter als die Voranstehenden und die detaillierten Aspekte bringen die ausschlaggebenden Fakten deutlich hervor

In diesem Kontext wäre es noch sinnvoll die Theorie der Selbsthilfe anzubringen. Es sollen dabei lediglich drei Ansätze kurz dargestellt werden, worauf die Selbsthilfe nach Wohlfahrt & Breitkopf (1995) beruht. Der Ansatz neue Subsidiarität ist einer dieser Ansätze. Mit Verweis auf dieses alte ordnungspolitische Prinzip wurden in den 1980er Jahren Forderungen nach einem Rückgriff auf die Hilferessourcen der informellen Sozialsysteme erhoben. In diesem Zusammenhang erfuhr die Selbsthilfe eine erheblich öffentliche Aufwertung. Die Vorteile der Selbsthilfe, welche sich daraus ergeben, ist die Ermöglichung sozialer Teilnahme, Gewinnung von Autonomie und die Überwindung von Folgen der Individualisierung und Marginalisierung. Als Nachteile kann der Ausschluss von Personen, die aus bestimmten Gründen keine Leistungen anbieten können, die hohe Beanspruchung psychischer und sozialer Kompetenzen, angegeben werden (vgl. Wohlfahrt/Breitkopf 1995, S. 34). Ein weiterer theoretischer Ansatz wäre Konturierung des Alltags. Dabei wird Selbsthilfe als eine Form sozialer Alltäglichkeit angesehen. Die Hervorhebung des sozialen beziehungsweise interpersonalen Charakters der Selbsthilfe führt zu der Frage nach den spezifischen Formen der Arbeitsteilung in sozialen Netzen und der angemessenen Unterstützung dieser nicht durch professionelle Dienste ersetzbaren Formen des Laienhandelns (vgl. Wohlfahrt/Breitkopf 1995, S. 34f). Einen dritten Ansatz bietet der des Empowerments, welcher im Exkurs bei Punkt 2.2 näher beschrieben wird und in diesem Zuge hier nicht erläutert wird. Gemein haben alle Theorieansätze die Hervorhebung der sozialkulturellen Bedeutung von Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen, sowie die Betonung der Autonomie der Person und ihrer Handlungsmöglichkeiten, so Wohlfahrt & Breitkopf.

Da im Inhalt der Arbeit das Wort der „Selbsthilfeorganisation“ (Hervorhebung d.V.) als selbstverständlich verwendet wird, erachte ich es als notwendig diesen in dem Zusammenhang der Begriffserklärungen abschließend kurz zu erläutern.

Selbsthilfeorganisationen bieten eine äußere Selbsthilfe an, gegenüber der inneren Selbsthilfe bei Selbsthilfegruppen. Der Aufgabenbereich einer Selbsthilfeorganisation liegt meist in der Beratung, sowie soziale und rechtliche Hilfestellung von Betroffenen, in der Informationsvermittlung, Öffentlichkeitsarbeit, der Miteinbeziehung von ExpertInnen, in der Laienhilfe, im Vertreten der Interessen von Betroffenen und in der Lobbyarbeit. Daher sind Selbsthilfeorganisationen wohl mit einem hohen Professionalisierungsgrad zu verstehen, da ihre strukturellen und personalen Gegebenheiten gefestigt sind und sie über finanzielle und materielle Ressourcen verfügen (vgl Wohlfahrt/Breitkopf 1995 S. 84ff). Nach dieser Erläuterung können unter anderem Wohlfahrtsverbände als Selbsthilfeorganisation verstanden werden, da ein Teilbereich sich genau diesen Aufgaben widmet. Nicht zuletzt deshalb, weil Selbsthilfeorganisation meist auf Landes- oder Bundesebene arbeiten.

3. Zur Geschichte der Selbsthilfegruppenbewegung

Die Spiegelung gesellschaftliche Verhältnisse im Tun oder in den Aktivitäten von in Not geratenen Menschen hat nicht gerade erst mit der modernen, in unserem Jahrhundert aufgekommenen Selbsthilfebewegung begonnen. Bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse haben schon immer selbstorganisierte gegenseitige Hilfe unter den Betroffenen hervorgebracht. Um dieses Phänomen kurz aufzuzeigen, wird in nachfolgenden Unterpunkten ein geschichtlicher Abriss dargestellt, angefangen von den frühzeitlichen etablierten Maßnahmen bis hin zu den psychologisch-therapeutischen Bewegungen in den USA und Deutschland.

3.1 Selbsthilfegruppen in historischer Sicht

Selbsthilfegruppen sind keineswegs eine zeitgenössische Erscheinung, sondern ihre Anfänge reichen bis ins 19 Jahrhundert zurück (vgl. Moeller 1978, S. 45). Sie entstanden – und entstehen auch heute noch – überall dort, „wo eine Gruppe von Menschen in gemeinsamer Not“ (Moeller 1978, S. 45) leben, diese auch erkennen und den festen Willen haben, an ihrer gegenwärtigen Situation etwas zu ändern.

Die ursprünglichen menschlichen Selbsthilfegruppen wurzeln in einer Zeit, in der ein Stamm noch nicht aus Mitgliedern bestand, denen spezielle Funktionen zugewiesen waren, wie etwa ein Medizinmann oder ein Handwerker. Das frühe Schamanentum bezieht den gesamten Stamm mit in die Hilfe zur Krisenbewältigung ein. Diese Selbsthilfegruppe war „ die früheste Form der medizinischen Institution. Die ‚Heilung‘ bestand letztlich in der Bewahrung der Sozialkultur, die im Mythenschatz des Stammes aufbewahrt war […]. Das Ziel dieser Heilung war die Integration des Isolierten“ (Moeller 1978, S. 47). Das Schamanentum galt als Anfänge von erkennbaren Selbsthilfegruppen, welche von Wissenschaftlern, wie von Gerhard Lenski festgestellt wurde (vgl. Lenski 1973, S.152).

Von einigen Geheimgruppen abgesehen, die eine gezielte Behandlung seelischer und medizinischer Störungen behandelten, beziehen die früheren Selbsthilfegruppen den gesamten Lernbereich ihrer Mitglieder ein, die sich meist aus den unteren, armen beziehungsweise machtlosen Schichten rekrutieren (vgl. Moeller 1978, S. 49). Heute würde man sie vielleicht eher als Bürgerinitiativen bezeichnen, die jedoch nicht nur ein einziges Ziel verfolgen, sondern vielmehr die gesamte menschliche Existenz[2] der betroffenen Mitglieder umfassen.

Im Mittelalter formierten sich schließlich Handwerksgilden zu Selbsthilfegruppen. Die große schwarze Pest war der Auslöser zur Bildung der „Freimaurer“ (Hervorhebung d.V.), eine moralisch-religiös fest verwurzelte Gemeinschaft, die ihren Mitgliedern konkreten sozialen Schutz und einen Zufluchtsort vor staatlichen Repressionen und Übergriffen bot. Als sektenartige, politische Gegenkultur wurden die Freimaurer sowohl von kirchlichen als auch von politischen Machthabern bekämpft (vgl. Moeller 1978, S. 50f). Die Freimaurer galten als eine Selbsthilfeorganisation mit integrierten Selbsthilfegruppen.

Ebenfalls aus mittelalterlichen Handwerksgilden haben sich ab den 16. Jahrhundert sogenannte „Freundliche Gesellschaften“ (Hervorhebung d.V.), die späteren Gewerkschaften gebildet. Diese waren berufsspezifische Selbsthilfegruppen, die im Falle von Erkrankung, Alter und Invalidität, die durch den beginnenden Industrialismus verarmten Arbeiter zu unterstützen versuchen. Um 1900 existierten in Großbritannien bereits 27.000 f riendly societies (freundliche Gesellschaften) (vgl. Moeller 1978, S. 51). Die extreme Popularität und die Auseinandersetzung mit dem frühen Unternehmertum, legt die Intention nahe, über soziale, psychologische und materielle Hilfe hinaus, auch politisch verändernd mitzuwirken. Die „Freundschaftlichen Gesellschaften“ (Hervorhebung d.V.) waren schließlich die Basis für die Entstehung der „mächtigsten und gesellschaftsbestimmten Selbsthilfeorganisationen, die Gewerkschaften“ (Moeller 1978, S. 51).

Erkennbar ist dabei, dass Selbsthilfegruppenbildung im großen und kleinen Maßstab als eine Gruppenanpassungsreaktion auf eine heute meist gesellschaftlich bedingte Notlage anzusehen ist.

3.2 Verbreitung psychologisch-therapeutischer Selbsthilfegruppen in den USA

Sechs große soziale Bewegungen der 1960er Jahre bereiteten die Selbsthilfegruppenbewegung vor. Die Bürgerrechtsbewegung rückte die Ungleichheiten in Bewusstsein und forderte die tatsächliche Gleichheit aller. Die Wohlfahrtsbewegung prangerte die teilweise entwürdigende Praxis der sozialen Institutionen an, die abhängig machten, statt die Selbstständigkeit zu fördern. Die Antikriegsbewegung kämpfte gegen den Vietnam-Krieg beziehungsweise die militärische Außenpolitik und forderte andere politische Prioritäten. Die Frauenbewegung stellte die Familienstruktur, Mann-Frau-Beziehung und die männliche Dominanz in Frage. Die Verbraucherschutzbewegung gipfelte unter anderem im Feldzug gegen den VW-Käfer und ärztliche Fehlbehandlungen. Die Umweltschutzbewegung wurde so mächtig, dass sie selbst die ersten Raumfahrtunternehmen in den Schatten stellte (vgl. Einsele 1977 in Peteresen 1977, S. 427ff).

Gemeinsamer Nenner dieser Bewegungen war der Aufstand der Bevölkerung gegen ein als ungerecht, unzumutbar und unmenschlich empfundenes Regiert- Verwaltet- und Versorgt werden.

Die Frage, welche sich anschließt, ist ja; Inwieweit dieses Vorkommen mit der Selbsthilfegruppenbewegung zusammenhängt? Die Forderung nach Gleichstellung, Selbstständigkeit, Selbstverantwortlichkeit der Bürger ist daraus wohl erkennbar, ebenso der Zweck der Mitbestimmung und Partizipation. Die daraus resultierende Expansion aller Arten von Selbsthilfegruppen zu Beginn der 1970er Jahre war begründet auf die Ereignisse der sechs genannten Bewegungen in der 1960er Jahren in den USA (vgl. Moeller 1978, S. 59). und demnach ein revolutionärer Startschuss der psychologisch-therapeutischen Selbsthilfegruppenbewegung.

Exkurs: Empowerment-Konzept

Das „Empowerment-Konzept“ (Hervorhebung d.V.) ist unweigerlich mit der Verbreitung psychologisch-therapeutischer Selbsthilfegruppen in den USA und nicht weniger in Deutschland verbunden und sollte demnach in diesem Kontext mit angebracht werden. Eine detaillierte Darbietung des Konzeptes ist leider in diesem Rahmen der Arbeit nicht möglich, da diese sehr umfassend ist und eine eigene wissenschaftliche Arbeit darstellt. Dennoch sollten prägnante Aspekte und Merkmale aufgezeigt werden, damit eine Verknüpfung zu Selbsthilfegruppen gesehen und die tragende Rolle dieses Konzept für die Bewegung und dessen Ausübung begreifbar gemacht wird.

[...]


[1]Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. besteht seit 1975 und hat sich zum Ziel gesetzt, die Bildung und die Arbeit von Selbsthilfegruppen anzuregen und zu unterstützen. Sie ist kein Dachverband im klassischen Sinne. Ihre Mitglieder sind neben Gruppen und Institutionen vor allem Fachleute aus psychosozialen Berufen. Viele von ihnen arbeiten direkt in der Unterstützung von Selbsthilfegruppen, teils nebenamtlich in den unterschiedlichsten Diensten der medizinischen, psychotherapeutischen oder sozialen Versorgung (vgl. www.dag-shg.de/site/wir_ueber_uns/wer_oder_was/).

[2]Unter der gesamten menschlichen Existenz sind soziale Verhältnisse, materielle Lage, Bedrohung durch Krankheit oder durch andere Personen zu verstehen. Eine Einteilung in körperlicheen, seelischen und sozialen Bereich, wie wir es heute kennen, gab es zu dieser Zeit noch nicht (vgl. Moeller 1978, S. 49).

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Selbsthilfegruppen als Bewältigungsstrategie in Problemlagen und Krisen
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Veranstaltung
Krisenbewältigung als Problem der Sozialpädagogik
Note
2
Autor
Jahr
2011
Seiten
35
Katalognummer
V264304
ISBN (eBook)
9783656536918
ISBN (Buch)
9783656542834
Dateigröße
661 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit ist tatsächlich eine Jahreshausarbeit. Umfasst aber den gleichen zeitlichen und qualitativen Rahmen bzw. Anspruch einer Bachelorarbeit.
Schlagworte
selbsthilfegruppen, bewältigungsstrategie, problemlagen, krisen
Arbeit zitieren
Sabrina Werber (Autor:in), 2011, Selbsthilfegruppen als Bewältigungsstrategie in Problemlagen und Krisen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264304

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