Die Gedenkstätte Auschwitz im Spannungsfeld von Selbstverständnis und medialer Repräsentation.

Geschichtskulturelle Erkundigungen als Ausgangspunkt zum Lernen an Gedenkstätten?


Examination Thesis, 2012

79 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhalt

Einleitung

1. Die Stadt Oświęcim, das Konzentrationslager Auschwitz und die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
1.1. Oświęcim bis 1939
1.2. Das Konzentrationslager Auschwitz 1941 bis 1945
1.3. Vom Konzentrationslager zur Gedenkstätte

2. Oświęcim und die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau im 21. Jahrhundert
2.1. Die Konflikte zwischen Oświęcim und der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
2.2. Das Spannungsfeld der Selbstverständnisse rund um die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

3. Erinnerungstheorien
3.1. Kollektives Gedächtnis und Erinnerungsorte
3.2. Zusammenfassende Erkenntnisse der Erinnerungstheorien für die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

4. Entwicklung eines Selbstverständnisses der dritten Generation gegenüber der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
4.1. „Auschwitz“ im polnischen Gedächtnis bzw. das polnische Selbstverständnis
4.2. „Auschwitz“ im deutschen Gedächtnis bzw. das deutsche Selbstverständnis
4.3. „Auschwitz“ im jüdischen Gedächtnis bzw. das jüdische Selbstverständnis
4.4. Universelles Selbstverständnis – eine aktuelle Entwicklung

5. Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau im Spannungsfeld medialer Repräsentation und historischen Wissens
5.1. Die öffentliche Wahrnehmung deutscher Gedenkstätten vom Kriegsende biszur Wiedervereinigung.
5.2. Geschichtskulturelle Entwicklungen in Deutschland.
5.3. Tendenzen der Repräsentation der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, des Holocausts und der NS-Zeit in den deutschen Medien
5.4. Mediale und erinnerungskulturelle Omnipräsenz von Auschwitz, Holocaust und NS-Zeit als Grundlage reichhaltigen historischen Wissens der dritten Generation?

6. Geschichtskulturelle Erkundigungen als Ausgangspunkt zum Lernen an Gedenkstätten? – Wege aus der Unwissenheit
6.1. Mediale Darstellungen ohne Substanz – Gedenken ohne Erinnerung?
6.2. Die NS-Zeit im Geschichtsunterricht – Ein Erweiterungsvorschlag
6.3. Der Gedenkstättenbesuch

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Sommer 1986 verfasste Ernst Nolte einen Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung[1]; dieser Text und die Antwort von Jürgen Habermas lösten in der Folge den sogenannten „Historikerstreit“ aus. Da dieser Konflikt bereits zur Genüge debattiert wurde, wird auf seinen Inhalt nicht weiter eingegangen. Die Aussage der Artikelüberschrift „Vergangenheit, die nicht vergehen will“[2] muss vom Kontext losgelöst jedoch als falsch deklariert werden. Vergangenheit, die nicht vergehen will, gibt es nicht – sie ist zwangsläufig vergangen. Vielmehr noch ist sie nicht nur unwiderruflich vergangen, sondern zudem statisch und unwandelbar geworden. Ganz und gar nicht statisch hingegen sind die gegenwärtigen Perspektiven von Historikern und generell allen Menschen, die auf vergangene Ereignisse und Zeitspannen zurückblicken. Die Geschichtswissenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Quellenarbeit und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln, ein möglichst objektives Bild des Gewesenen zu rekonstruieren und zu interpretieren. Diesem Anspruch müssen Medien und Gesellschaft jedoch nicht entsprechen.[3] Dadurch sind Konflikte aller Art, insbesondere solche, deren Wurzeln in der Vergangenheit liegen, von einem Spannungsfeld unterschiedlicher Ansichten und Absichten geprägt. Dieser Umstand lässt sich auch am Umgang mit dem Konzentrationslager[4] Auschwitz bzw. der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau beobachten.

Der Titel dieser Arbeit verspricht die Darstellung der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau im Spannungsfeld von Selbstverständnis und medialer Repräsentation. Die umfassende Präsentation dieses einen Spannungsfeldes bleibt aber unmöglich, da sowohl das Selbstverständnis auf der einen, als auch die mediale Repräsentation auf der anderen Seite jeweils immense Spannungsfelder in sich bergen. Deshalb werden diese beiden spannungsreichen Thematiken getrennt voneinander vorgestellt. Doch selbst dann sind diese Themenfelder zu umfangreich, als dass eine Darstellung ebendieser jemals den Anspruch auf Vollständigkeit erheben dürfte. Für diese Arbeit bedeutet das eine Zweiteilung der Fragestellung. Auf der einen Seite steht die Frage nach dem Selbstverständnis der betroffenen Personengruppen: Wie verorten sich Anwohner und ehemalige Häftlinge im Spannungsfeld zwischen Gedenkstätte und Lebensraum? Welches Selbstverständnis haben Deutsche, Polen und Juden der dritten Generation gegenüber der Gedenkstätte? Gibt es womöglich ein Selbstverständnis, welches alle Beteiligten vereint? Auf der anderen Seite steht die Frage nach der medialen Aufbereitung und Repräsentation des KL und der Gedenkstätte: Besteht ein Zusammenhang zwischen Medieninhalten und dem konkreten Geschichtswissen der Konsumenten, insbesondere von Jugendlichen? Wie gestaltet sich Gedenken heute? Ist es nicht vielleicht zu einem reinen Selbstzweck geworden? Zunächst stellt sich jedoch die Frage, was der Begriff Selbstverständnis eigentlich meint. Die Definition des Dudens lautet: „Vorstellung von sich selbst, mit der eine Person, eine Gruppe o. Ä. lebt und sich in der Öffentlichkeit darstellt.“[5] Es liegt demnach in der Natur der Sache, dass ausschließlich Menschen und niemals Orte über ein Selbstverständnis verfügen. Das Selbstverständnis der staatlichen Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau wird somit über die Ansichten verschiedener Personengruppen unterschiedlich definiert. Es ist demnach notwendig, sich mit den Menschen zu befassen, die durch diesen Ort oder durch die Ereignisse, welche sich dort zugetragen haben, geprägt wurden oder heute noch berührt werden.

Um eine thematische Grundlage zu schaffen, wird im ersten Kapitel die Geschichte des Ortes Oświęcim, des KL Auschwitz und die ersten Jahre der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau umrissen.[6] Kenntnisse über die verschiedenen Phasen ermöglichen erst einen Überblick über die unterschiedlichen Selbstverständnisse, die durch diesen Ort maßgeblich geprägt wurden. Im Vordergrund stehen dann im zweiten Kapitel die Ansichten ehemaliger polnischer und jüdischer Auschwitz-Häftlinge, sowie der Bewohner Oświęcims. Diese Gruppen sind, dadurch dass sie Überlebende des KL sind oder aktuell in der Nachbarschaft der Gedenkstätte wohnen, direkt betroffen.[7] Um sich dem aktuellen Selbstverständnis nicht direkt Betroffener, wie der dritten Nachkriegsgeneration, anzunähern, werden anschließend Teile der Erinnerungstheorien, besonders die Konzepte des kollektiven Gedächtnisses und des Erinnerungsortes nach Pierre Nora, Maurice Halbwachs, Jan Assmann und Aleida Assmann im dritten Kapitel erläutert. Die hier vorgestellten Begrifflichkeiten dienen im vierten Kapitel der Erörterung der Selbstverständnisse von jungen Polen, Juden und Deutschen, die der dritten Nachkriegsgeneration angehören. Am Ende dieses Kapitels wird ein Ausblick auf ein möglicherweise zukünftiges, universelles Selbstverständnis gegeben, welches die nationalen Perspektiven überwinden könnte.

Das zweite Spannungsfeld dieser Arbeit wird im fünften Kapitel beleuchtet. Es besteht aus der Diskrepanz zwischen der medialen Allgegenwart von Auschwitz, Holocaust[8] und NS-Zeit, sei es in Fernsehen, Kino, Zeitschriften, Zeitungen oder Computerspielen, bei zeitgleich mangelhaften Kenntnissen bezüglich dieser Zeitspanne von der deutschen Bevölkerung im Allgemeinen und der dritten Generation im Speziellen. Das gesamte Themenfeld wird aus deutscher Perspektive heraus betrachtet und verweist daher nicht auf den Umgang anderer Nationen mit ebendieser Vergangenheit. Um auch der Frage nachzugehen, wie diese Differenz zustande gekommen ist, wird die Thematik aus ihrem historischen Kontext heraus betrachtet.

Dazu wird zunächst der Umgang der Deutschen mit den Gedenkstätten, die sich auf deutschem Boden befinden, vom Kriegsende bis zur Wiedervereinigung dargestellt. Dabei werden sowohl das Verhältnis der BRD als auch der DDR zu den Relikten der NS-Zeit charakterisiert. Anschließend wird das Konzept der Geschichtskultur vorgestellt und aufgezeigt, dass geschichtliche Themen kontemporär auch bis in den letzten Winkel des alltäglichen Lebens vorgedrungen sind. Dieses Phänomen wird durch den Trend der Medialisierung stark gefördert, einer generellen Interdependenz von Medien- und Gesellschaftsentwicklungen. Ebendiese wird anschließend von Kriegsende bis in das Jahr 2012 nachgezeichnet. Die dort beschriebene Entwicklung, die aktuell in einer medialen Omnipräsenz und einem Erinnerungsboom mündet, wird dann in Verbindung gebracht mit einer Studie, die nachweist, dass trotz der derzeitigen Allgegenwart des NS-Themas, das historische Wissen der Deutschen über diese Zeitspanne sehr gering bzw. nur lückenhaft vorhanden ist. Eine Beschäftigung mit diesem Spannungsfeld ist vor allem für Geschichtslehrer besonders interessant, da es deren primäre Aufgabe sein muss, dieses aktuelle Spannungsfeld durch „guten“ Geschichtsunterricht zu überwinden.

Das sechste Kapitel, welches zugleich den Namen des Untertitels dieser Arbeit trägt, schließt sich dann dem Vorangegangenen insoweit an, als dass es aufzeigt, welche Themenschwerpunkte es im Geschichtsunterricht geben müsste, um zur Verringerung der beiden präsentierten Spannungsfelder beizutragen. Außerdem wird erläutert, warum Schüler im Laufe ihrer schulischen Karriere an einem Gedenkstättenbesuch teilgenommen haben sollten. Auch an diesem Beispiel wird aufgezeigt, wie ein solcher Besuch beitragen kann, die vorgestellten Spannungsfelder zu überwinden.

1. Die Stadt Oświęcim, das Konzentrationslager Auschwitz und die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Im Jahr 2000 veröffentlichten Alphons Silbermann und Manfred Stoffers die soziologische Studie „Was bedeutet ‚Auschwitz‘ der zweiten und dritten Nachkriegsgeneration?“.[9] Ziel war es, durch repräsentative mündliche Interviews, den Wissensstand in der Altersgruppe der 14- bis 50-Jährigen über nationalsozialistische Verbrechen zu erfassen.[10] Diese Studie ergab, dass 69 %[11] aller Befragten mit dem Namen „Auschwitz“ das nationalsozialistische Konzentrationslager assoziierten; allerdings wussten nur 6,6 % der Teilnehmer[12], dass es sich dabei ebenfalls um den Namen einer Stadt handelt.[13] Die Ursache hierfür liegt vermutlich in der Gegebenheit begründet, dass der Begriff Auschwitz heutzutage eher als Synonym für Massenvernichtung, unvorstellbare Grausamkeiten und KL im Allgemeinen gebraucht wird. Möchte man sich allerdings dem Selbstverständnis der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau nähern, ist es unabdingbar, auch die angrenzende Stadt Oświęcim in die Betrachtung einzubeziehen.

1.1. Oświęcim bis 1939

„Die früheste schriftliche Erwähnung der Stadt ist in der Bogufal-Chronik für die Zeit um 1178 überliefert, als Oświęcim bereits eine feste Ansiedlung […] war.“[14] Ihrer geographischen Lage geschuldet, gehörte sie im Laufe der Jahrhunderte verschiedenen Territorien an. Die Entwicklung der Stadt zum Handelszentrum begründete sich vor allem durch die räumliche Nähe zur Stadt Krakau (Kraków) sowie den beiden Flüssen Weichsel und Sola (Wisła und Soła).[15] Mitte des 19. Jahrhunderts erlangte die Stadt durch einen Ausbau des Schienennetzes und den Bau eines „großen Verschiebebahnhofs“[16] eine Anbindung an das europäische Verkehrsnetz. Zudem hielt in der Region die Industrialisierung, wie in vielen anderen Gebieten Europas, Einzug.

Die polnische Bevölkerung, die fast ausnahmslos dem katholischen Glauben angehörte, hatte in vielen Regionen nicht das Glück, von der Industrialisierung zu profitieren.[17] Die jüdische Gemeinde hingegen wuchs und etablierte sich als wirtschaftliche Kraft sowie als Arbeitgeber.[18] Zudem wurden in dieser Zeit die Sondersteuern für Juden abgeschafft und es „begannen Jahrzehnte, in denen sich die zuvor unbedeutende jüdische Gemeinde demographisch und ökonomisch stark entwickelte.“[19] Von dieser Entwicklung der jüdischen Gemeinde konnten auch die Katholiken der Region profitieren: Sie wurden durch die ökonomischen Aktivitäten der Juden sehr in den Prozess der Industrialisierung einbezogen. Steinbacher folgert daraus eine Aneinanderbindung beider Religionen durch die guten wirtschaftlichen Kontakte, obwohl beide Gruppen keinerlei Berührungspunkte im privaten Leben hatten.[20]

Am 1. September 1939, beim Einzug der Wehrmacht in Polen, zählte Oświęcim rund 14.000 Bewohner; davon gehörten etwa 6.000 Menschen dem katholischen und 7.000 dem jüdischen Glauben an. Den gesellschaftlichen Strömungen entsprechend stauten sich auch bei den Katholiken Oświęcims – „wie in allen gemischtreligiösen Gesellschaften – latente antijüdische Ressentiments.“[21] Die Vermeidung jeglicher sozialer oder verwandtschaftlicher Kontakte untereinander offenbarte bei Kriegsausbruch sehr deutlich, dass „das Zusammenleben eine instabile Zweckgemeinschaft gewesen war.“[22]

„Während Polen von Beschlagnahmen nur in individuellen Fällen betroffen waren, wurden Juden kollektiv enteignet. Ihre Grundstücke, Häuser und Geschäfte wurden konfisziert, die Unternehmen geschlossen und versiegelt, Bilanzierungsunterlagen und Warenverzeichnisse eingezogen, die Bankkonten blockiert, Depositen, Wertpapiere und Schließfächer gesperrt. […] Ende September 1939 waren sämtliche jüdische Geschäfte geschlossen.“[23]

1.2. Das Konzentrationslager Auschwitz 1941 bis 1945

Die Ereignisse zwischen 1939 und 1945 können in dieser Arbeit nicht detailliert wiedergegeben werden. Im Folgenden werden jedoch wichtige Zahlen und Tatsachen genannt, die für die Beantwortung der Fragestellung entscheidend sind. In der neueren Forschung herrscht Konsens darüber, dass im KL Auschwitz bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden; knapp eine Million Opfer waren jüdischen Glaubens oder wurden von den Nationalsozialisten aufgrund jüdischer Vorfahren verfolgt, auch wenn sie selbst nicht mehr der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten.[24] Das Leid, das jedem einzelnen Opfer zugefügt wurde, anzuerkennen und zu berücksichtigen, ist natürlich unerlässlich, um sich dem Selbstverständnis, das mit der heutigen Gedenkstätte verbunden ist, zu nähern. Es ist aber nicht Thema dieser Arbeit, Einzelschicksale zu porträtieren oder die verschiedenen Tötungsvorgänge detailreich wiederzugeben.[25] Da Kenntnisse über die geographischen Gegebenheiten der Stadt und des ehemaligen KL jedoch für das heutige Selbstverständnis von zentraler Bedeutung sind, werden diese zunächst geschildert.[26]

Übersichtskarte Auschwitz und Oświęcim. Quelle: Steinbacher 2000: 420.

Das komplette Lagerareal Auschwitz‘ umfasste eine ca. 40 Quadratkilometer große Fläche. Obwohl eine Lagerteilung in „drei administrativ getrennte, jeweils eigenständige Komplexe“ erst 1943 erfolgte, wurden die unterschiedlichen Bereiche auch in den Jahren zuvor intern ähnlich benannt. Bis heute besteht die vorgenommene Teilung in diese Lager namentlich fort. Wie auf der Abbildung zu erkennen ist, trennte nur der schmale Weichselnebenfluss Sola die Stadt Oświęcim vom Lagerareal Auschwitz, und zur Baustelle der I.G. Auschwitz waren es lediglich wenige Kilometer.

Das Lagerareal wurde in das Stammlager Auschwitz I, das Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau und das Zwangsarbeitslager Auschwitz III-Buna/Monowitz unterteilt. Das Stammlager lag am Westrand der Stadt Oświęcim; errichtet wurde es auf dem ehemaligen Kasernengelände des österreichischen Militärs, welches zuletzt von der polnischen Armee genutzt worden war. Hier trafen die Häftlinge ein und wurden „selektiert“.[27] „Der Expansion der Lagerwelt von Auschwitz mussten ganze Dörfer weichen.“[28]Am Ende des Zweiten Weltkriegs umfasste Auschwitz I 28 zweistöckige Blöcke.[29] Das Vernichtungslager Birkenau entstand auf dem Terrain des Dorfes Brzezinka westlich von Oświęcim und Auschwitz I; hier fand ab 1942 die fabrikmäßige Massentötung mit Giftgas statt.[30] Auf dem Gebiet des Dorfes Monowice wurden die Arbeitslager Buna/Monowitz errichtet.[31] Das polnische Dorf, östlich von Oświęcim gelegen, wurde dabei komplett abgetragen und die verbliebenen Bauern enteignet. Das Chemieunternehmen I.G. Farben, welches sich seit 1933 an die politischen Rahmenbedingungen des NS-Regimes angepasst hatte[32], war das erste Privatunternehmen, welches Häftlinge als Zwangsarbeiter für sich arbeiten ließ.[33]

„Die IG bewertete Monowitz als bestmöglichen Standort für ihr Vorhaben. Die Rohstoffe Wasser, Kohle und Kalk waren in unmittelbarer Nähe reichlich vorhanden. Die Weichsel bot Schiffsverkehr, die Eisenbahnverbindungen waren exzellent, vom Güterbahnhof Dwory mußten lediglich Schienen aufs Werksgelände verlegt werden. Himmler hatte zugesagt, die für die ‚harte Knochenarbeit‘ beim Bau benötigten Sklavenarbeiter stets in gewünschter Menge bereitzuhalten und anzuliefern.“[34]

Bis zum Ende der NS-Herrschaft wurden auf diesem Gebiet 28 Außenlager errichtet, da sich zahlreiche deutsche Unternehmen ebenfalls für die Häftlinge als Arbeitskräfte interessierten.[35] Das 40 Quadratkilometer große Lagerareal wurde am Nachmittag des 27. Januar 1945 von Soldaten der 60. Armee der Ersten Ukrainischen Front befreit.[36]

1.3. Vom Konzentrationslager zur Gedenkstätte

In den Tagen nach der Befreiung Auschwitz‘ stießen die Soldaten auf etwa 7.000 Überlebende im KL und weniger als 5.000 Bewohner in Oświęcim. Nur kurz zuvor waren noch 9.000 Menschen auf den sogenannten Todesmärschen ums Leben gekommen.[37] Nach der Versorgung der ehemaligen Häftlinge und deren Verlassen des Geländes des KL, sowie der Beisetzung vieler Verstorbener, die sich noch auf dem Lagerareal befanden, funktionierten die Soldaten der sowjetischen Armee das Stammlager und Abschnitte des Lagers Birkenau um: Im April entstand das „Lager der sowjetischen politischen Geheimpolizei NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) für deutsche Kriegsgefangene“.[38] Zu diesem Zeitpunkt herrschte immer noch völliges Chaos auf dem gesamten Gelände; es mussten viele Kranke und Sterbende versorgt, Kleidung und Decken beschafft und Leichen beerdigt werden.[39] Des Weiteren bauten die Sowjets die ehemaligen Fabriken zum großen Teil ab und transportieren Maschinen sowie Baumaterialien in ihre Heimat. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Zerstörung bereits vorher eingesetzt hatte. Bevor die letzten Nationalsozialisten das Lager verließen, legten sie an mehreren Orten Brände, die das Beweismaterial ihrer Verbrechen vernichten sollten.[40] Die folgende Hoheit der Roten Armee über das Gelände und seine teilweise neue Funktion, erschwerte den Überlebenden den Aufbau eines Museums, obwohl sie bereits in der Gefangenschaft darüber gesprochen hatten. Der ehemalige Häftling und spätere Museumsdirektor Kazimierz Smoleń erinnert sich in einem Interview mit Jonathan Huener: „Wir wussten nicht, ob wir überleben würden, aber wir sprachen von einer Gedenkstätte […] oder etwas Derartiges. […] Wir wussten nur, dass die Menschheit, die in Auschwitz begangenen Verbrechen, nicht vergessen darf.“[41] Als das ehemalige KL im Januar 1946, ein Jahr nach der sowjetischen Übernahme, in die polnische Verwaltung überging, begannen die ehemaligen Häftlinge mit der Planung des Museums. Zwei Elemente sollten dabei besonders herausgestellt werden: Einerseits die Porträtierung der deutschen Taten und andererseits das Leid, aber auch der Überlebenskampf der Polen.[42]

„Die erste Gesetzesinitiative zu Schutz und Pflege des Gedenkens an Auschwitz ging am 31. Dezember 1945 von einem ehemaligen Häftling von Birkenau, Alfred Fiderkiewicz, aus. Der Vorschlag von Fiderkiewicz, der im Namen einer Gesandtengruppe vorgelegt wurde, rief dazu auf, in Oświęcim und Brzezinka Gedenkstätten zur Erinnerung an das polnische und internationale Martyrium zu schaffen.“[43]

Im Februar 1946 wurde Tadeusz Wąsowicz, ein ehemaliger Lagerinsasse, zum Direktor der noch im Aufbau befindlichen Gedenkstätte ernannt. Wąsowicz und seine Mitstreiter hatten es sich zum Ziel gemacht, die bis dahin erhaltenen Gebäude instand zu halten und möglichst viele Gegenstände, wie Dokumente der Nationalsozialisten aufzuspüren und zu retten.

„Trotz des Willens, Auschwitz zu bewahren, machten der rechtliche Status, die politischen Prioritäten sowie das Fehlen von Arbeitskräften und Geld eine Konservierung des Ortes in einem Zustand, der an das Bild vom Januar 1945 erinnert, unmöglich. Kurz gesagt, in den ersten Jahren nach der Befreiung unterlagen diese Gelände einem andauernden Zerstörungsprozess.“[44]

Diejenigen, die in Auschwitz oder seiner Nachbarschaft überlebt hatten, standen allein und oft ohne Existenzgrundlage da und folglich plünderten viele die Lagerräume des ehemaligen KL auf der Suche nach Nahrung, Kleidung, Geld, Gold oder weiteren Wertgegenständen. Obwohl bereits 1946 eine Rechtsgrundlage geschaffen wurde, die alle Objekte und das ehemalige Lagergelände zu polnischem Staatseigentum machte, gab es nicht genug Wächter für das große Areal, um es vor diesen Plünderern zu schützen. Weiterhin kehrten viele Vertriebene zurück in ihre Heimat und forderten die Grundstücke ein, auf denen ihre Familien so lange gelebt hatten. Da viele Häuser zerstört waren, machten sie sich auf die Suche nach geeigneten Materialien, um diese wieder zu errichten. Wincenty Hein, einer der ersten Museumsangestellten, erinnert sich:

„Die einheimische Bevölkerung versuchte zu den Orten, an denen ihre Häuser gestanden hatten, zurückzukehren (was natürlich verständlich ist) oder nahm die noch existierenden Lagerbaracken auseinander, um sie wegzubringen und an anderer Stelle wieder aufzustellen […].“[45]

Nachdem sich die erste große Unruhe gelegt hatte, wurde dem Museum Auschwitz-Birkenau vom Ministerium für Kultur und Kunst jeden Monat Unterhalt gewährt und die ersten Angestellten nutzen einige der Flächen des ehemaligen Lagergeländes, um Lebensmittel anzubauen und Tiere zu halten. Durch diese Versorgung mit dem Allernötigsten begannen die Beschäftigten mit ihrer Aufbau- und Konservierungstätigkeit.

„Am 2. Juli 1947 erließ das polnische Parlament (Sejm) das Gesetz über die Gründung des Staatlichen Museums in Auschwitz-Birkenau – über das Denkmal der Nationen. 1947 wurde in den Blocks des ehemaligen Stammlagers die erste Ausstellung eröffnet, die den Besuchern die Geschichte des KL Auschwitz veranschaulichte.“[46]

Die ersten Besucher zollten den Mitarbeitern immer wieder hohen Respekt vor ihrer beachtlichen Leistung.

2. Oświęcim und die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau im 21. Jahrhundert

Im Sommer des Jahres 2012 feierte die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau ihren 65. Geburtstag. Die Probleme der ersten Jahre gehören der Vergangenheit an. Durch Gelder aus den Führungen, staatliche und internationale Unterstützung, sowie Spenden verfügt die Gedenkstätte über mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr.[47] Alle Ausstellungsobjekte werden soweit wie möglich vor Diebstahl geschützt[48] und jährlich besuchen mehr als eine Million Menschen aus aller Welt die Gedenkstätte. Allerdings gibt es seit einigen Jahren einen neuen Konfliktherd, der die Gedenkstätte oder vielmehr seine Mitarbeiter und Unterstützer maßgeblich beschäftigt. Er besteht zwischen den verschiedenen Unterstützern der Gedenkstätte und den Bewohnern Oświęcims. Dieser Konflikt, der sich in vielfältigen Auseinandersetzungen widerspiegelt, muss im Folgenden erst erläutert werden, um dem gegenwärtigen Selbstverständnis aller betroffenen Personengruppen so nahe wie möglich zu kommen. Da die Anzahl der Streitpunkte zu beachtlich ist, um alle in ihrer ganzen Komplexität aufzuzeigen, wird die grundsätzliche Problematik anhand einiger Beispiele verdeutlicht.

2.1. Die Konflikte zwischen Oświęcim und der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

In der Stadt Oświęcim, die genau an das Museumsgelände Auschwitz-Birkenau grenzt, leben aktuell etwa 40.000 Menschen. Seit 1989 ist ein Fünftel der Bevölkerung weggezogen; die Arbeitslosenquote lag 2004 bei 17 %.[49]Interviews mit den Bewohnern der Stadt, sei es in Zeitungsartikeln oder vor allem in der filmischen Dokumentation „Die Auschwitz-Dialoge“ von Marian Ehret ergeben immer wieder das Bild, dass die Einwohner das Museum bzw. die Nähe zum ehemaligen KL für die schlechte ökonomische Lage, die Armut und den daraus resultierenden überdurchschnittlich hohen Alkoholismus und Drogenmissbrauch verantwortlich machen. Die Unterstützer des Museums hingegen können die Forderungen der Bewohner nach einem Supermarkt oder einer Diskothek[50] nicht nachvollziehen, handelt es sich für sie bei der Gedenkstätte doch auch um einen Friedhof, auf dem sich die sterblichen Überreste von über einer Million Menschen befinden.

Der Bürgermeister Oświęcims, Janusz Marszałek, vertritt die Interessen seiner Einwohner und um der Armut und Hilfsbedürftigkeit entgegenzuwirken, hat er ein „Kinderdorf“ bauen lassen, in welchem Kinder und ganze Familien unterstützt werden. Als eine Einnahmequelle, um diese und andere Einrichtungen zu finanzieren, dient ein Parkplatz der der Stadt Oświęcim gehört und an die Gedenkstätte grenzt. Dieser Parkplatz ist mit einem Schild versehen, auf dem „Parking Muzeum“ steht. Für den offiziellen Parkplatz, dessen Einkünfte die Gedenkstätte unterstützen, stellt er somit eine Konkurrenz dar. Der Auschwitz-Rat[51] und andere Gedenkstättenunterstützer sind empört über diesen Zustand. Sie halten Marszałek für einen Betrüger und werfen ihm vor, Geld einzunehmen, welches eigentlich dem Museum zustünde. Der Bürgermeister hingegen betont, dass der Parkplatz zur Stadt gehöre und alle Einnahmen den Bürgern in Form verschiedener Projekte zu Gute kämen wie z. B. das Kinderdorf, ein neuer Skatepark und Hilfsangebote für ältere Menschen, die sich nicht mehr allein versorgen können.[52]

Ein weiterer Konfliktherd stellte die Inbetriebnahme einer Diskothek in dem leerstehenden Gebäude der ehemaligen Gerberei des KL, die sich einen Kilometer vom Museumsgelände entfernt befindet, dar. Die jungen Polen freuten sich sehr über die Diskothek; endlich gab es einen Ort zum Feiern und um andere Jugendliche zu treffen. Die Museumsvertreter andererseits waren entsetzt. Auch wenn in der alten Gerberei Menschen nicht gezielt ermordet wurden, so waren auch hier viele Häftlinge ums Leben gekommen, weil sie unmenschlichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt waren. Die Jüdin und KL-Überlebende Halina Birenbaum war so erbost, dass sie den zynischen Vorschlag machte, etwas Licht und eine Discokugel in die Gaskammern zu bringen, um auch diese zu einer Diskothek umzufunktionieren. Der politische nationale und internationale Druck wurde zu groß und führte zur baldigen Schließung des Tanzclubs.[53]Es gibt zahllose weitere Beispiele für Spannungen zwischen Bürgern und Museumsangestellten, Christen und Juden, Überlebenden und der jungen Generation.[54]Ihre unterschiedlichen Selbstverständnisse, die als Grundlage ihrer Ansichten und Handlungen fungieren, ergeben somit eines der Spannungsfelder in dem sich die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau befindet.

2.2. Das Spannungsfeld der Selbstverständnisse rund um die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Alle beschriebenen Kontroversen und Disharmonien von 1945 bis 2012 lassen sich auf unterschiedliche Umgangsweisen mit der Vergangenheit und somit auf mannigfaltige Selbstverständnisse zurückführen. Bereits 1945, wenige Tage nach Kriegsende, trafen rund um das ehemalige KL unterschiedliche Selbstverständnisse aufeinander: Es gab ehemalige Häftlinge, die vergessen wollten, das Land verließen und nie wieder zurückkehrten. Andere Häftlinge, wie Kazimierz Smoleń, sahen es als ihre ureigene Aufgabe, diesen Ort des Verbrechens für nachfolgende Generationen zu bewahren und seiner Opfer zu gedenken. In einem Gespräch mit dem amerikanischen Historiker Jonathan Huener berichtet Smoleń, dass das wichtigste Anliegen der ehemaligen Häftlinge und ersten Museumsmitarbeiter die Bewahrung und Instandhaltung der Gebäude, Objekte, Gegenstände und Aschegruben gewesen sei.[55]Im Gegensatz zu anderen Personen, die zur Linderung ihres Leids oder zur persönlichen Bereicherung verschiedene Objekte und Bausubstanzen vom Lagerareal entfernten, sorgten andere Überlebende, selbst unter härtesten Bedingungen, für den größtmöglichen Erhalt. Das früheste Selbstverständnis der Menschen rund um das Museum kann demnach zusammengefasst werden als unbedingter Wille zur „Rettung und Konservierung dessen, was noch existierte.“[56]

Nachdem diese Arbeiten weitestgehend abgeschlossen waren, sich das Museum etabliert hatte und viele Zeitzeugen den Ort regelmäßig aufsuchten, änderte sich auch das Selbstverständnis. Das Museum wurde mehr zu einer Begegnungsstätte der älteren und jüngeren Generationen. Die Zeitzeugen waren von allergrößter Wichtigkeit für das Museum. Hier kamen die Menschen zu ihnen und erfuhren von einer Vergangenheit, die sie nicht erlebt hatten, aus erster Hand. Die ehemaligen Häftlinge hingegen hatten ihr ganz eigenes Selbstverständnis dieses Ortes: Hier waren sie gequält worden, hier hatten sie gelitten und allergrößte Angst ausgestanden, hier waren ihre Eltern, Geschwister, Familien und Freunde ermordet worden. Auschwitz war für sie der Ort, an dem eines der schlimmsten Verbrechen der Geschichte stattgefunden hatte und sie waren seine Opfer. In dem Film „Die Auschwitz-Dialoge“ äußert sich Halina Birenbaum zu diesem Ort: „Auschwitz ist der Ort in der menschlichen Geschichte, an dem das Schlimmste passiert ist, was überhaupt geschehen kann zwischen Menschen. Es ist der größte Maßstab, die größte Zahl von Toten; eine gigantische Todesfabrik.“[57]Für alle Überlebenden ist das ehemalige Lagerareal ein Friedhof, auf dem ihre Familien in Massengräbern oder Aschegruben begraben liegen. Die Zeit dieses Selbstverständnisses findet jedoch noch in diesem Jahrzehnt ein Ende, da die Generation der Überlebenden ausstirbt. Vor 20 Jahren begann daher ein Umdenken im Hinblick auf die Art und Weise der Erinnerung.

[...]


[1] Im Folgenden im Fließtext immer FAZ abgekürzt.

[2] Nolte, Ernst (1986): Vergangenheit, die nicht vergehen will. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung: 06.06.1986.

[3] Vgl. Oswalt, Vadim und Hans-Jürgen Pandel (2009): Einführung. In: Dies. (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach/Ts.: Wochenschau, S. 11.

[4] Im Folgenden immer als KL abgekürzt. Für diese Abkürzung hat sich die Verfasserin dieser Arbeit, im Gegensatz zur Abkürzung KZ, bewusst entschieden, da die Abkürzung KZ die primär von den Nationalsozialisten verwendete Abkürzung des Wortes Konzentrationslagers war.

[5] Duden online: Selbstverständnis.

[6] Im Verlauf der gesamten Arbeit wird strikt zwischen den Namen Auschwitz und Oświęcim unterschieden. Auschwitz bezeichnet dabei immer das KL, Auschwitz-Birkenau die Gedenkstätte, die sich auf dem ehemaligen Lagerareal befindet und Oświęcim bezeichnet die Stadt, die sowohl damals als auch heute an das KL bzw. die Gedenkstätte grenzt. Es muss sehr kritisch darauf hingewiesen werden, dass ein Großteil der themenrelevanten Literatur diese Namen nicht eindeutig voneinander trennt, teilweise synonym verwendet oder vollkommen sinnwidrig gebraucht.

[7] Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Selbstverständnis einer Gruppe nicht dargestellt werden kann: Das der im KL Ermordeten. Das KL überlebte eine kleine Gruppe von Menschen – der Großteil der Gefangenen wurde ermordet. Dies betraf vor allem die jüdischen Insassen von Auschwitz. Aus diesem Grunde ist das „Selbstverständnis“ der Überlebenden – so die These – vor allem von polnischen Überlebenden bestimmt.

[8] Der Begriff „Holocaust“ wird in dieser Arbeit durchgängig für die Ermordung der jüdischen Bevölkerung Verwendung finden, auch wenn die ursprüngliche Bedeutung „Brandopfer“ nicht unbedingt angemessen erscheint. Der Begriff „Holocaust“ hat sich jedoch in der internationalen Forschung im Gegensatz zu anderen Begriffen wie etwa „Shoah“ oder „Churb(a)n“, die eigentlich ihrer Herkunft wegen, angemessener erscheinen, weitgehend durchgesetzt. Zu der Verwendung und der Begriffsgeschichte von „Holocaust“ vgl. etwa Wyrwa, Ullrich (1999): „Holocaust“. Notizen zur Begriffsgeschichte. In: Benz, Wolfgang und Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung (Hg.): Jahrbuch für Antisemitismusforschung. Frankfurt a.M.; New York: Campus, S. 300-311.

[9] Silbermann, Alphons und Manfred Stoffers (2000): Auschwitz: Nie davon gehört? Berlin: Rowohlt.

[10] „Zur Forschungsmethode ist anzumerken: Die Befragung erstreckte sich auf das gesamte Bundesgebiet. Die regionale Verteilung der Interviews entsprach der Verteilung der Bevölkerung auf die statistischen Bezirke. Die Befragung erfolgte in Form mündlicher Interviews in der Zeit vom 5.5.1997 bis zum 27.5.1997 durch das Emnid-Institut, Bielefeld. Es wurde eine Gesamtfallzahl von n=2197 Interviews erreicht.“ Silbermann/Stoffers 2000: S. 27.

[11] Angesichts der medialen Repräsentation und der ausführlichen Behandlung des „NS-Themas“ ist es kaum vorstellbar, dass 31 % der deutschen Bevölkerung versicherten, noch nie von Auschwitz gehört zu haben. Vermutlich stecken hinter diesen hohen Prozentzahlen vor allem Jugendliche mit einem Hang zur Provokation. Hinzu kommen wahrscheinlich ältere Mitbürger, welche die Chance zur Aufarbeitung des „NS-Themas“, aus welchen Gründen auch immer, verpasst haben.

[12] Die Studie unterscheidet nicht zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmern.

[13] Vgl. Silbermann/Stoffers 2000: S. 22. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, muss kritisch darauf hingewiesen werden, dass auch hier keine Unterscheidung zwischen Auschwitz und Oświęcim getroffen wird.

[14] Steinbacher, Sybille (2000): „Musterstadt“ Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien. München: K.G. Saur, S. 23.

[15] In der Literatur zum Thema verwenden einige Autoren die deutschen Namen der Städte und Flüsse, andere die polnischen. In dieser Arbeit werden im Folgenden nur die deutschen Namen verwendet. Die einzige Ausnahme dieser Regel ist die Stadt Oświęcim, um auch optisch sehr deutlich zwischen dem deutschen KL Auschwitz und der polnischen Stadt Oświęcim zu trennen.

[16] Helms, Hans G. (2007): Oświęcim – Oshpitsin – Auschwitz. Zentrum jüdischen Lebens, Stätte des Massenmords. Berlin: Verlag 8.Mai, S. 8.

[17] Im Zuge einer differenzierten Darstellung des Bevölkerungsverhältnisses wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit von Polen, Deutschen und Juden gesprochen, obwohl die jüdische Bevölkerung selbstverständlich ebenso polnisch oder deutsch war, wie ihre katholischen Mitbürger. Allerdings eignen sich diese plakativen Bezeichnungen besser, um den religiösen Konflikt herauszuarbeiten.

[18] Als ein Beispiel kann Jakob Haberfeld dienen. Vgl. Broder, Henryk M.: Unser Haus in Oświęcim. In: Der Spiegel 33/1998.

[19] Steinbacher 2000: S. 36.

[20] Vgl. ebd.: S. 46.

[21] Steinbacher 2000: S. 47.

[22] Ebd.

[23] Ebd.: S. 55.

[24] Vgl. Frei, Norbert und Sybille Steinbacher (2001): Auschwitz. Die Stadt, das Lager und die Wahrnehmung der Deutschen. In: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Auschwitz. Sechs Essays zu Geschehen und Vergegenwärtigung. Dresden: Sächsisches Druck- und Verlagshaus. S. 48. Eine genaue Aufschlüsselung der Opferzahlen nach Jahren, Herkunft, Transport und Todesart findet sich bei Pieper, Franciszek (1993): Die Zahl der Opfer von Auschwitz. Oświęcim: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oświęcimiu (polnische Erstveröffentlichung 1992).

[25] Um sich dieser Thematik zu nähern eignen sich besonders die Tagebücher und Biographien von KL-Häftlingen wie z.B. Sobolewicz, Tadeusz (1999): Aus der Hölle zurück. Von der Willkür des Überlebens im Konzentrationslager. Frankfurt a.M.: Fischer.

[26] Um einen genaueren Einblick in die Planung der deutschen „Musterstadt“ zu erhalten, siehe: Aly, Götz und Susanne Heim (1997): Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung. Frankfurt a. M.: Fischer.

[27] Die massiv steigende Anzahl der Ankünfte neuer Häftlinge hatte später einen weiteren Selektionsraum in Birkenau zur Folge.

[28] Frei/Steinbacher 2001: S. 45.

[29] Vgl. Steinbacher, Sybille (2004): Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte. München: C.H. Beck, S. 21-25.

[30] Eine Chronologie der Geschehnisse innerhalb der Vernichtungsstätte Auschwitz-Birkenau findet sich bei Czech, Danuta (1989): Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939 – 1945. Hamburg: Rowohlt.

[31] Eine detaillierte Darstellung findet sich bei Wagner, Bernd C. (2000): IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941-1945. München: K.G. Saur.

[32] Z.B. sorgte es rasch für die Entlassung der jüdischen Mitarbeiter.

[33] In Spitzenzeiten beschäftigte das Unternehmen 11.000 Häftlinge, insgesamt arbeiteten dort über 35.000 Häftlinge. Vgl. Steinbacher 2004: S. 42. Unter Berufung auf Pieper geht Hans G. Helms von noch höheren Zahlen aus. Seinen Aufzeichnungen nach arbeiteten allein 1944 insgesamt 30.000 Häftlinge für die I.G. Auschwitz. Vgl. Helms 2007: S. 19 und Pieper 1993: S. 20-31.

[34] Helms 2007: S. 16.

[35] Vgl. Steinbacher 2004: S. 42/183 und Strzelecki, Andrzey (1995): Endphase des KL Auschwitz. Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers. Oświęcim: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oświęcimiu. S. 81-85. Nach Kriegsende wurden viele ranghohe Vertreter dieser Unternehmen schwer bestraft. Hierzu siehe auch Pankowicz, Andrzej (1990): Prozeß gegen IG Farben. In: Hefte von Auschwitz 18. Oświęcim: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oświęcimiu, S. 312-345.

[36] Vgl. Steinbacher 2004: S. 101.

[37] Vgl. Helms 2007: S. 23.

[38] Steinbacher 2004: S. 103.

[39] Vgl. Chowaniec, Tadeusz (1964): Epilog. In: Hefte von Auschwitz 8. Oświęcim: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oświęcimiu, S. 123-133. Die hier nur im Ansatz beschriebenen Zustände können sich die Besucher der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau dort in einem Film ansehen, der von den ersten Soldaten auf dem Gelände gedreht wurde.

[40] Vgl. Smoleń, Kazimierz (1987): Auschwitz 1940-1945. Ein Gang durch das Museum. Kattowitz: Krajowa Agencja Wydawnicza, S. 40.

[41] Huener, Jonathan (2008): Die Entstehungsgeschichte des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau. In: Hefte von Auschwitz 23. Oświęcim: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oświęcimiu, S. 8.

[42] Ein Fehlen der jüdischen Perspektive in diesem Zusammenhang wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch thematisiert.

[43] Huener 2008: S. 12.

[44] Huener 2008: S. 16.

[45] Ebd.: S. 18.

[46] Strzelecki 1995: S. 271.

[47] Vgl. Homepage Staatliches Museum Auschwitz: Finances.

[48] Im Dezember 2009 wurde der Schriftzug „Arbeit macht frei“ vom Gelände der Gedenkstätte gestohlen. Nach wochenlangen Ermittlungen wurden die Diebe und Drahtzieher allerdings verhaftet. Dass von den Dieben in drei Teile zersägte Schild wurde gefunden und wieder zusammengesetzt. Über dem Eingang in das KL soll jedoch weiterhin eine Kopie hängen bleiben.

[49] Roser, Thomas (2004): Der lange Schatten. In: Frankfurter Rundschau. 24.03.2004. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die landesweite Arbeitslosenquote auf einem ähnlich hohen Niveau lag. Vgl. Wóycicka, Irena (2007): Die Herausforderungen des polnischen Arbeitsmarktes. Polen-Analysen Nr. 11, S. 8.

[50] Nach Meinungen der Leitung des Museums und der ehemaligen Häftlingen sollten solche Gebäude bzw. Etablissements nicht an einem Ort errichtet werden, der vormals zum 40 Quadratkilometer großen Lagerareal gehört hat.

[51] Diesem Rat gehören Überlebende des Holocaust sowie Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an. Eine seiner Aufgaben ist die Beaufsichtigung der Denkmalpflege auf dem Gelände der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau.

[52] Ehret, Marian (2007): Die Auschwitz-Dialoge. Sonstige Studios.

[53] Ehret 2007.

[54] Zur Kontroverse um das Karmel-Kloster siehe Ehret, Marian (2009): Polen und der Holocaust. Gedenkkultur und Öffentlichkeit am Beispiel des Konflikts um das Karmel-Kloster in Auschwitz. Darmstadt: Büchner. Siehe auch: Weiss, Avaraham (1991): Let the Nun Pray Elsewhere. In: Rittner, Carol und John K. Roth (Hg.): Memory offended – The Auschwitz Convent Controversy. New York: Praeger Publishers, S. 255-257. Zu den Konflikten zwischen Polen und Juden siehe Krzemiński, Ireneusz (2008): Über unser und euer Leiden – polnisches Gedächtnis und jüdisches Gedächtnis. In: Engelking, Barbara und Helga Hirsch (Hg.): Unbequeme Wahrheiten. Polen und sein Verhältnis zu den Juden. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 134-143.

[55] Vgl. Huener 2008: S. 15.

[56] Huener 2008: S. 17.

[57] Ehret 2007. Die Aussage von Birenbaum wurde von der Verfasserin dieser Arbeit an die deutsche Grammatik angepasst; der Inhalt blieb unverändert.

Excerpt out of 79 pages

Details

Title
Die Gedenkstätte Auschwitz im Spannungsfeld von Selbstverständnis und medialer Repräsentation.
Subtitle
Geschichtskulturelle Erkundigungen als Ausgangspunkt zum Lernen an Gedenkstätten?
College
Justus-Liebig-University Giessen
Grade
1,0
Author
Year
2012
Pages
79
Catalog Number
V265313
ISBN (eBook)
9783656549710
File size
2565 KB
Language
German
Keywords
gedenkstätte, auschwitz, spannungsfeld, selbstverständnis, repräsentation, geschichtskulturelle, erkundigungen, ausgangspunkt, lernen, gedenkstätten
Quote paper
Daniela Klein (Author), 2012, Die Gedenkstätte Auschwitz im Spannungsfeld von Selbstverständnis und medialer Repräsentation., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265313

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