Methoden zur Ermittlung von Schülervorstellungen


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was sind Schülerkonzepte/Schülervorstellungen?

3. Beispiele für Schülerkonzepte im Unterricht
3.1. Migration und Integration:
3.2. Die „Demokratiemaschine“

4. Methoden zur Ermittlung von Schülerkonzepten
4.1. Kartenabfrage, Mind Mapping und Concept Mapping
4.2. Auswertung in Form eines Interviews
4.3. Phänomenographie

5. Fazit

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Schülerkonzepte und Schülervorstellungen nehmen einen zentralen Punkt in der Didaktik ein, da sie die Voraussetzungen und Wünsche der Schülerinnen und Schüler sehr viel genauer widerspiegeln, als es ein Schulkonzept je tun könnte. Durch die Möglichkeit in der Unterrichtsgestaltung auf Schülerkonzepte zurückzugreifen hat die Lehrkraft die Chance, einen sehr schülernahen Unterricht zu gestalten und direkt auf etwaige Probleme der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Selbstverständlich können diese Erfahrungen für den Unterricht lernhinderlich oder lernförderlich sein. Auf jeden Fall aber bieten sie die Möglichkeit eines schülerzentrierten Unterrichts.

Meine Fragestellung lautet: „Ist das Berücksichtigen von Schülerkonzepten und Schülervorstellungen eine ernsthafte Alternative zurtraditionellenDurchführung eines Unterrichts im Fach Sozialwissenschaften?“

Anlehnend lautet meine These für die Hausarbeit: „Durch das Berücksichtigen von Schülervorstellungen wird ein sehr sinnvoller, individueller und breitgefächerter Einstieg in diffizile Thematiken des sozialwissenschaftlichen Unterrichts ermöglicht.“

2. Was sind Schülerkonzepte/Schülervorstellungen?

Schülerkonzepte unterscheiden sich in einem wesentlichen Aspekt von Schulkonzepten. Bei Schulkonzepten wird von der Schule vorgegeben wie, in welchem Umfang, mit welchen Materialien und mit was für Maßnahmen im Unterricht gearbeitet wird. Die Schule gibt also ein Programm vor, beispielsweise, dass man die Internetfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler[1]gezielter fördern sollte. Dieses Ziel wird dann von der Schule mit verschiedenen Maßnahmen verfolgt (Internetkurse, verstärkte Arbeit am Computer etc.). Die SuS sind bei der Gestaltung und Planung dieses Themenfeldes außen vor.

Bei Schülerkonzepten hingegen stehen die SuS im Mittelpunkt. Es sind „fachliche Denkkonzepte von Schülerinnen und Schülern“[2]mit Hilfe derer untersucht werden kann, welche Vorstellungen die SuS von einem bestimmten Themenkomplex haben ohne diesen vorher thematisiert zu haben. Es besteht also die Möglichkeit, einen unvoreingenommenen und unverfälschten Eindruck in die Auffassungen der SuS zu erhalten.

Lutter schreibt daher auch, dass der „Unterricht […] zu einem nicht unerheblichen Teil von den Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler geprägt [wird]“[3]. Schülervorstellungen sind die Aspekte, welche die SuS aus ihrem sozialen Umfeld in die Schulemitnehmen. Im sozialwissenschaftlichen Unterricht entspringen sie demnach dem Alltag, der vorunterrichtlichen Vermittlung und umgangssprachlichen Bedeutungszuschreibungen.[4]Diese Heterogenität der SuS zu bemerken und sich ihrer anzunehmen ist zentral in der Arbeit mit Schülerkonzepten und Schülervorstellungen. Die Vielfalt durch das unterschiedliche Geschlecht, die Ethnie, die Lebensumstände oder die Wertvorstellungen hat so die Möglichkeit mehr ins Zentrum der Betrachtung zu rücken, wenn man sich von starren Lehrmodellen lossagt. So schreiben Birke und Seeber, dass „Kinder aus der Mittelschicht mit dem Bankenvokabular vertrauter [sind], dafür kennen sich Kinder aus Arbeiterfamilien besser mit der Welt der Produktion aus.“[5]

Es sind diese Faktoren, die die Schülervorstellungen so einzigartig und individuell machen. Für Ebbers steht demnach ein handlungsorientierter Unterricht im Zentrum, in dem „die Vielfalt synergetisch wirken kann, weil die Schüler ihre individuellen Erfahrungen konstruktiv einbringen können.“[6]Die Berücksichtigung der Heterogenität steht dabei im Vordergrund.

Selbstverständlich ist es möglich, dass die Schülervorstellungen, also ihre Denkkonzepte „fachlich durchaus 'falsch'“[7]seien, da es sich um Ideen und Vorstellungen der SuS handelt, aber es besteht trotzdem weiterhin die Chance, einen wichtigen Anknüpfungspunkt für den Unterricht herzustellen. Daher werden sie von Lutter auch nicht alsfalschsondern als „Startpunkte des Lehrens und Lernens“[8]betrachtet. Gerade im Fach Sozialwissenschaften oder im Fach Politik ist es sehr schwierig, den Unterricht über einen längeren Zeitraum zu strukturieren, da man ständig auf neue Sachverhalte reagieren, und den Unterricht dahingehend umgestalten muss. Schülerkonzepte können hier helfen, auf aktuelle Thematiken genauer einzugehen um so das Ziel des Politikunterrichts und des Sozialwissenschaftsunterrichts zu erreichen, nämlich „nachhaltiges und fruchtbares Lehren und Lernen [zu] fördern“[9]und aus den SuS „mündige Bürgerinnen und Bürger“[10]zu machen.

Ein Problem könnte sein, dass Schülervorstellungen den Erwerb der Fachkompetenzen erschweren, weil sie resistent gegen „unterrichtliche Belehrungsversuche“[11]sein können. Es sollte daher versucht werden, die Schülervorstellungen in einen Austausch mit fachlichen Erklärungskonzepten zu bringen um sich besser der politischen Wahrnehmung der SuS zu nähern.

3. Beispiele für Schülerkonzepte im Unterricht

Im folgenden Gliederungspunkt werden nun zwei Beispiele für die Arbeit mit Schülerkonzepten und Schülervorstellungen im sozialwissenschaftlichen Unterricht genannt und erläutert, um die Anwendbarkeit der Arbeit mit Schülervorstellungen zu verdeutlichen.

3.1. Migration und Integration:

Das erste Beispiel, mit dem man sich der Schülervorstellungen im speziellen im Politikunterricht annehmen kann ist das ThemenfeldMigration und Integration.Dieses Themenfeld ist besonders spannend, da die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass die Schülervorstellungen sehr verschieden sind und alle SuS eine Meinung haben, da es nach an deren Lebenswelt verortet ist. Kinder mit Migrationshintergrund haben natürlich eine andere Vorstellung von Migration und Zuwanderung als hier geborene.

Im Text von Lutter werden ein Schüler und eine Schülerin einer elften Klasse der Gesamtschule als Beispiel genannt, wobei das Mädchen keinen Migrationshintergrund hat, der Junge schon (seine Eltern emigrierten aus der Türkei). Die Grundvoraussetzungen der beiden SuS sind also komplett verschieden, sodass man davon ausgehen kann, ihre Vorstellungen sind auch unterschiedlich. Um die Voraussetzungen der SuS allerdings genauer zu verstehen ist es auch wichtig nicht nur die Frage nach der Herkunft zu beachten, sondern auch die soziale und kulturelle Perspektive im Auge zu behalten. Das Mädchen hat zwar keinen Migrationshintergrund, wird aber als „politisch interessiert“ bezeichnet und hat zudem „Erfahrungen im Umgang mit Flüchtlingen gesammelt“[12]. Es ist sehr wichtig diese Voraussetzungen in seine Interpretation der Ergebnisse mit einfließen zu lassen, da dieses Mädchen sicherlich anders antworten würde als jemand, der überhaupt keine Erfahrungen mit Migration gesammelt hat. Es fällt also auf, dass die Voraussetzungen, welche die SuS in den Unterricht mitbringen, bei der Interpretation ihrer Arbeitsergebnisse nicht außen vor gelassen werden dürfen.

In diesem Fall wurde den SuS aufgetragen eine Mind Map zu erstellen, in deren Mitte das WortIntegrationgeschrieben wird. Das sich die Ergebnisse der beiden Schüler deutlich unterscheiden ist im Bezug auf das eben geschriebene nicht groß verwunderlich.

Das Mädchen nimmt eine Position ein, welche die Integration von aufnehmender Seite her betrachtet.[13]Sie benutzt Begriffe wieAufnahmeundRespekt.Der Junge mit Migrationshintergrund hingegen sieht die Hauptaufgabe der Integration auf der Migrantenseite. Er benutzt Begriffe wieAnpassungundHineinleben.[14]Die beiden Positionen haben zwar das gleiche Ziel im Blick, nämlich eine gelungene Integration, haben jedoch unterschiedliche Vorstellungen davon, wer dafür Hauptverantwortlich ist, dieses Ziel zu erreichen.

Diese unterschiedlichen Vorstellungen von Integration liegen in der unterschiedlichen Herkunft der beiden Schüler begründet. Würde man sich die Mind Map eines dritten Schülers angucken, wären seine Vorstellungen von Integration eventuell nochmal ganz andere. Er könnte die Integration von Migranten zum Beispiel komplett ablehnen, da er zuhause derart erzogen wurde.

Nimmt man diese zwei Standpunkte als gegeben an, ist bemerkenswert, dass diese Positionen der beiden Schüler die Diskussion in unserer Bevölkerung widerspiegeln. Bei dem ThemaIntegrationsteht die Frage im Mittelpunkt ob die Integration von der aufnehmenden Gesellschaft oder von den Migranten getragen werden soll. Sicherlich ist das ein sehr schwieriges und weitverzweigtes Thema, welchem man im Unterricht nicht vollständig widmen kann, nichtsdestotrotz ist bei dem Thema Migration und Integration das Erfragen der Schülervorstellungen ein sinnvoller Weg, sich die Voraussetzungen der SuS für die Arbeit in diesem Komplex vor Augen zu führen.

[...]


[1]Im Folgenden mit SuS abgekürzt.

[2]Haarmann, Moritz-Peter; Lange, Dirk,Die Demokratiemaschine. Ein Weg zur Erhebung von Schülervorstellungen. In: polis 3/2009, S. 21.

[3]Lutter, Andreas,Methoden zur Diagnose und Evaluation von Schülervorstellungen im sozialwissenschaftlichen Unterricht. In: Bettina Zurstrassen, Was passiert im Klassenzimmer? Schwalbach/Ts. 2011, S. 92.

[4]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 94.

[5]Birke, Franziska; Seeber, Günther,Heterogene Schülerkonzepte für ökonomische Phänomene: ihre Erfassung und Konsequenzen für den Unterricht. In: Journal of Social Science Education, Volume 10, Number 2, 2011, S. 57.

[6]Ebbers, Ilona,Diversity Education in der ökonomischen Bildung. In: Seeber, Günther (Hrsg.) Befähigung zur Partizipation. Gesellschaftliche Teilhabe durch ökonomische Bildung. Schwalbach/Ts. 2009. S. 163.

[7]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 92.

[8]Ebd.

[9]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 95.

[10]Lange, Dirk,Kernkonzepte des Bürgerbewusstseins. Grundzüge einer Lerntheorie der politischen Bildung. In:Weißeno, Georg,Politikkompetenz. Was Unterricht zu leisten hat. Bundeszentrale für politische Bildung. Band 645. Bonn 2008, S. 246.

[11]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 93.

[12]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 95.

[13]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 96.

[14]Lutter,Methoden zur Diagnose, S. 95.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Methoden zur Ermittlung von Schülervorstellungen
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Didaktik der Sozialwissenschaften
Note
2.0
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V266477
ISBN (eBook)
9783656564812
ISBN (Buch)
9783656564768
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
methoden, ermittlung, schülervorstellungen
Arbeit zitieren
Julian Stasik (Autor:in), 2013, Methoden zur Ermittlung von Schülervorstellungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266477

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