Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Forschungsstand
Definition
Auswirkung auf die Mitarbeitenden
Positive Auswirkungen
Negative Auswirkungen
Auswirkung auf das Unternehmen
Der Zusammenhang zwischen organisationaler Identifikation und Arbeitsleistung
Maßnahmen zur Veränderung der organisationalen Identifikation
Allgemeine Ansatzpunkt zur Beeinflussung organisationaler Identifikation
Das Image der Organisation als mögliche Beeinflussung der organisationalen Identifikation
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird unsere Gesellschaft als Informations- und Wissensgesellschaft verstanden. Soziologen wie Bell und Castells beschreiben die Entwicklung der Industriegesellschaft hin zu einer neuen Form der Gesellschaft. In der alten Gesellschaftsform waren Arbeit, Kapital und Rohstoffe die entscheidenden Ressourcen, während diese in der post-industriellen Gesellschaft nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Die zentrale Ressource der Wissensgesellschaft ist theoretisches Wissen, welches durch Bildungsinstitutionen in institutionalisierter Form an die Menschen weitergegeben wird. Durch diese neue Ressource hat sich auch das Bild der Arbeit grundlegend verändert. Neben der Ware Arbeitskraft kann ein Arbeiter nun eigenes Wissen einbringen und hat spezielle Fähigkeiten, die ihn zu einer hochqualifizierten Arbeitskraft werden lassen. Dieser Typus der Arbeitskraft wird als Arbeitskraftunternehmer beschrieben, in dessen Leben Arbeit eine besondere Bedeutung findet. Aus Sicht der Arbeitenden ist ihre Tätigkeit nicht mehr eine Notwendigkeit zur Erhaltung des Lebensunterhalts, sondern ein Bestandteil des Lebens, welchen man gerne ausübt.
Als Folge der Globalisierung ist es zu einem nationalen und internationalen Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen gekommen. Dieser Wettbewerb wird insbesondere von großen wirtschaftlichen Organisationen ausgetragen, die um hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werben, um ihren wirtschaftlichen Erfolg zu festigen oder auszubauen. Steigende Nachfrage nach Arbeitskräften bei gleichbleibendem Angebot an qualifizierten Arbeiterinnen und Arbeitern haben Unternehmen vor die Herausforderung gestellt, neue Arbeitskräfte anzuwerben, an sich zu binden und der Mitarbeiterfluktuation entgegenzuwirken. Die Identifikation mit dem Unternehmen hat sich als eine Möglichkeit herausgestellt, wie Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg und Mitarbeiterbindung kombinieren können.
Diese Arbeit soll aufzeigen, welche Folgewirkungen die Identifikation mit einer wirtschaftlichen Organisation für die Arbeitskräfte und das Unternehmen hat. Insbesondere soll die Frage beantwortet werden, warum organisationale Identifikation für Unternehmen von Relevanz ist und wie diese auf die Stärke der Identifikation Einfluss nehmen können.
Dabei wird zunächst dargestellt was organisationale Identifikation ist und wie sie sich bei Mitgliedern einer Organisation einstellt. Daraufhin werden positive und negative Folgewirkungen aufgezeigt, wobei zwischen den Auswirkungen auf die Angestellten und das Unternehmen differenziert wird. Als entscheidendes Interesse für ein Unternehmen wird der wirtschaftliche Erfolg vorausgesetzt, weshalb der Zusammenhang zwischen organisationaler Identität und Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter explizit dargestellt wird. Anschließend werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie das Unternehmen die Identifikation ihrer Angestellten beeinflussen kann. Speziell wird auf die Rolle des Images einer Organisation eingegangen, welche Auswirkungen es auf Identifikation hat und wie deren Beeinflussung organisationale Identifikation steigern kann.
Dabei ist zu beachten, dass es viele weitere Möglichkeiten gibt, organisationale Identifikation zu beeinflussen (z.B. Mitarbeiterbeteiligung, Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden oder Sozialleistungsmanagement im Unternehmen) – eine Verknüpfung aller Konzepte würde jedoch den Rahmen der Arbeit übersteigen.
Forschungsstand
Es gibt zahlreiche Studien und Beiträge zur Bedeutung von Identifikation mit Organisationen. Viele Arbeiten befassen sich zunächst nur allgemein mit den Folgen von organisationaler Identifikation für Menschen und Organisationen. Vor allem in der Sozialpsychologie haben die Autoren Tjafel und Turner im Jahr 1978 mit ihrer Arbeit zur sozialen Identität eine Grundlage geschaffen, infolgedessen Identifikation mit Organisationen vermehrt zum Forschungsgegenstand wurde. Erst Studien des späten 20. und 21. Jahrhunderts befassen sich mit den Folgewirkungen von Identifikation für wirtschaftliche Organisationen.
In diesen Arbeiten werden Begrifflichkeiten der organisationalen Identifikation und des Commitments oftmals gleich behandelt oder sogar als Synonym verstanden. Aufgrund des begrenzten Umfangs, verzichtet diese Arbeit darauf die Abgrenzung zwischen Identifikation und Commitment darzustellen. Verwendet wird das Verständnis von organisationaler Identifikation als eigenständiges Konstrukt, das sowohl begrifflich, als auch empirisch von Commitment abgrenzbar ist (Gautam et al. 2004: 301ff.).
Definition
Unter organisationaler Identifikation versteht man die umfassende Bindung der Angestellten an die Organisation bzw. das Unternehmen. Der Einzelne entwickelt, aus dem Wissen über die Zugehörigkeit zur Organisation, spezielle Einstellungen und Gefühle, die sein zukünftiges Handeln beeinflussen (van Dick 2004: 2). Die wissenschaftliche Grundlage bildet die Theorie der Sozialen Identität, die zunächst zwischen personaler und sozialer Identität trennt und die soziale Identität „als den Teil des Selbstkonzepts einer Person [definiert], der dem Wissen über die Mitgliedschaft einer sozialen Gruppe entstammt, zusammen mit dem Wert und der emotionalen Bedeutung, die mit dieser Mitgliedschaft verbunden sind“ (van Dick 2004: 14). Ein Individuum ist gleichzeitig Mitglied mehrerer sozialer Gruppen. Der Kontext bestimmt dabei, welche Zugehörigkeit in der Situation bedeutsam ist (Tajfel 1978: 30f.). Ein Unternehmen kann ganzheitlich als eine soziale Gruppe angesehen werden bzw. eine Organisation ist die Gesamtheit vieler verschiedener Untergruppen unter einem übergeordneten Ziel (Witte 2002: 151). Die Erweiterung der Theorie der Sozialen Identität durch die Selbstkategorisierungstheorie lässt das Verhalten eines Mitglieds einer sozialen Gruppe näher spezifizieren. Die bloße Zuschreibung zu einer Gruppe kann als Identifikation als Mitglied einer Gruppe verstanden werden. Ein solches Verständnis führt jedoch zu keiner Veränderung des Verhaltens. Erst dann, wenn ein Kontext auftritt, in dem die Mitgliedschaft zu einer sozialen Gruppe salient wird entsteht die Identifikation mit einer Gruppe, welche wichtige Konsequenzen für das individuelle Denken, Fühlen und Handeln mit sich bringt. Diese Selbstzuschreibung zu einer sozialen Gruppe wird Selbstkategorisierung genannt und bildet die notwendige Voraussetzung für ein durch Identifikation ausgelöstes Verhalten. Dieses Phänomen wird als kognitive Dimension der Identifikation verstanden (van Dick 2004: 13ff.).
Die Identifikation mit einer Gruppe besteht wiederum aus drei Dimensionen. Auf Basis der Definition von Tajfel (1978) setzt nach der kognitiven Komponente - das Bewusstsein über die Mitgliedschaft in einer sozialen Gruppe - die evaluative Komponente ein. Diese beschreibt die positive oder negative Bewertung, die mit der Mitgliedschaft assoziiert wird, d.h. die Wahrnehmung der Attribute, die der Gruppe von außen zugeschrieben werden (van Dick 2004: 15). Nach der Selbstkategorisierung und parallel zur Evaluation der Gruppenattribute kommt es zur affektiven Identifikation mit der Gruppe, die die gefühlsmäßige Bewertung der Gruppenmitgliedschaft bezeichnet (van Dick 2004: 16). Auswirkungen auf das menschliche Verhalten haben die konativen Aspekte der Identifikation, welche beschreiben wie stark der Einzelne sich auch im Verhalten für die Werte und Ziele der Gruppe einsetzt (Ellemers et. al. 1999: 372).
Identifikation hat noch eine weitere Komponente. Die sogenannten Identifkationsfoci beschreiben die Möglichkeit sich mit mehreren sozialen Gruppen gleichzeitig zu identifizieren. Innerhalb der Theorie der sozialen Identität wurde bereits angesprochen, dass Menschen immer Teil diverser sozialer Gruppen sind, die insgesamt die soziale Identität bilden. Für die organisationale Identität hat dies zur Folge, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit verschiedenen Teil- und Untergruppen der Organisation identifizieren, z.B. mit der Arbeitsgruppe, einer Abteilung und der Gesamtorganisation (van Dick 2004: 20). In Folge der Selbstkategorisierung findet zusätzlich ein Vergleich mit anderen relevanten Gruppen (Outgroups) statt, wodurch die Zugehörigkeit zur eigenen sozialen Gruppe (Ingroup) gefestigt wird.
Organisationale Identifikation ist somit eine solche Identifikation die „die ganzheitliche Bindung an die Organisation (oder an Teile der Organisation, z.B. Abteilungen oder Arbeitsgruppen)“(Witte 2002: 151) beschreibt. Je mehr die einzelne Person sich mit der Organisation identifiziert, desto eher wird sie in ihrem Denken und Handeln die Perspektive der Organisation übernehmen und zu deren Vorteil agieren (van Dick 2004: 4). Die Folgewirkungen beziehen damit sich sowohl auf die Mitarbeitenden, als auch auf die wirtschaftliche Organisation.
Auswirkung auf die Mitarbeitenden
Positive Auswirkungen
Positive Auswirkungen können aus der Theorie der sozialen Identität abgeleitet werden, die besagt, dass Menschen nach einem positiven Selbstwertgefühl streben und diesen Zustand über die Mitgliedschaft zu sozialen Gruppen erreichen wollen (Blassweiler 2012:49).
Organisationale Identifikation kann zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse beitragen. Dazu gehört das Bedürfnis nach Sicherheit und das Bestreben Gefühle von Verletzlichkeit und Unsicherheit zu reduzieren. Das Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe kann sowohl die Wahrnehmung externer Bedrohungen, als auch die Angst sozialer Isolation, reduzieren (van Dick 2004: 11).
Innerhalb sozialer Gruppen können Individuen ihren Selbstwert erhöhen. Gegenseitige Bestätigung, Lob und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die in speziellen Situationen positiv abgrenzbar zu anderen Gruppen ist, kann zur Steigerung des Selbstwerts beitragen (ebd.: 11f.). Weiterhin können Menschen ihren Selbstwert erhöhen, indem sie die positiven Merkmale der Organisation auf sich selbst übertragen (Dutton et al. 1994: 247).
Ashford und Kollegen beschreiben das Streben nach Kontinuität, bzw. nach „self-continuity“ (Ashford et. al. 2008:335), als „maintaining a sense of wholeness across time“ (ebd.:335), das ebenso bedeutsam sei, wie das Streben nach einem positiven Selbstwert (ebd.:335). Kontinuität kann durch nachhaltige Personalpolitik und ein konsistentes Image des Unternehmens erzeugt werden (van Dick 2004: 11).
Eine Studie, zur generellen Identifikation mit dem Lehrberuf zeigt auf, dass Identifikation verschiedene Auswirkungen auf die Mitarbeitenden und das Unternehmen hat. Lehrerinnen und Lehrer, die stärkere organisationale Identifikation aufweisen (gemessen anhand eines Fragebogens von Wagner und Zick 1993), äußern weniger körperliche Beschwerden – d.h. sie scheinen weniger Belastung durch die Anforderungen des Jobs zu erfahren – empfinden ihre Arbeit als bedeutsamer, sind motivierter und zufriedener mit ihrem Beruf (Witte 2002: 159). De Moura und Kollegen (2009) bestätigen weiterhin den Zusammenhang zwischen Identifikation und Jobzufriedenheit (De Moura et. al. 2009: 550 ff.).
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