Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland

Volkswirtschaftliche Effekte des Offshoring


Dossier / Travail, 2013

16 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Daten zur Produktionsverlagerung ins Ausland

3. Volkswirtschaftliche Effekte der Produktionsverlagerung ins Ausland
3.1 Verlust von Arbeitsplätzen
3.2 Verlust von Entwicklungskompetenz
3.3 Sinkende Steuereinnahmen
3.4 Reduzierung des Lohnniveaus in Deutschland
3.5 Rechtliche Risiken
3.6 Entstehung von Abhängigkeiten
3.7 Veränderungen im Arbeitsprozess / Unsicherheit bei den Beschäftigten
3.8 Wohlfahrtsteigernde Effekte durch Offshoring

4. Entwicklung zu einer Basar-Ökonomie

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Zahlreiche deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion oder Teile davon ins Ausland. So wollen einheimische Unternehmen vor allem den hohen deutschen Lohnkosten entgehen, indem arbeitsintensive Teile der Wertschöpfungskette in ausländische Standorte verlagert werden. Dieser Verlagerungsprozess wird auch als Offshoring bezeichnet. In der Öffentlichkeit wird dieses Thema intensiv diskutiert, wobei bisweilen die Meinung zu hören ist, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland durch die Produktionsverlagerungen ins Ausland gefährdet ist.

Im Folgenden wird nun untersucht, welche volkswirtschaftlichen Aspekte mit der Verlagerung einheimischer Produktion ins Ausland verknüpft sind. Dabei ist es naheliegend, anzunehmen, dass der deutschen Volkswirtschaft dadurch vor allem Arbeitsplätze und Steuereinnahmen entgehen. Gleichsam gehen zahlreiche Ökonomen davon aus, dass Offshoring in beiden beteiligten Länder zu wohlfahrtssteigernde Effekte führen kann. Zum Schluss der Arbeit werden die Ansätze des Präsidenten des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, vorgestellt. Sinn proklamiert, dass die Produktionsverlagerung ins Ausland maßgeblich dazu beiträgt, dass sich Deutschland zu einer sogenannten Basar-Ökonomie entwickelt.

2. Daten zur Produktionsverlagerung ins Ausland

Bevor auf die volkswirtschaftlichen Aspekte von Offshoring eingegangen wird, soll zunächst aufgezeigt werden, ob der Trend zur Produktionsverlagerung in Deutschland anhält.

Im Jahr 2009 verlagerten etwa 1.800 Unternehmen des produzierenden Gewerbes einen Teil oder sogar ihre gesamte Fertigung in Ausland. Etwa 600 Unternehmen holten ihre Produktion oder Teile davon aus dem Ausland zurück nach Deutschland. Das Frauenhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat in einer repräsentativen empirischen Untersuchung entdeckt, dass nur 9 Prozent der befragten Unternehmen im Zeitraum von 2007 bis Mitte 2009 ihre Produktion oder Teile davon ins Ausland verlagert haben. Nur sieben Prozent aller befragten Unternehmen gaben an, innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Produktions-verlagerung vorzunehmen. Eine zentrale Ursache für die Rückverlagerung der Produktion ins Inland ist, dass die Unternehmen die Lohndynamik in einigen Ländern nicht ausreichend berücksichtigt haben. Die meisten Rückverlagerungen kommen aus Osteuropa und aus China, wo deutsche Unternehmen neben den steigenden Lohnkosten auch Qualitätsprobleme und mangelnde Flexibilität von Produktion und Zuliefernetzwerk beklagen. Der Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), Willi Fuchs, wertete die Studie des Fraunhofer-Instituts dahingehend, dass die Verlagerung ins Ausland gebremst ist und der Produktionsstandort Deutschland eine Renaissance erlebt.[1]

Dass die jährlichen Offshoringquoten in früheren Zeiten wesentlich höher waren als im – in der angesprochenen Umfrage berücksichtigten - Zeitraum von 2007 bis Mitte 2009, illustriert die folgende Abbildung. So lagen in den 2000er Jahren die Quoten jährlich im Bereich von acht Prozent, während sie im 2,5 Jahre umfassenden Zeitraum 2007 bis Mitte 2009 bei insgesamt neun Prozent lag.[2]

Abbildung 1: Offshoring im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland (in Prozent pro Jahr)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Baumgarten et al (2011), im Internet unter:

http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2011/01/lohneinbussen-durch-offshoring-auf-die-taetigkeit-kommt-es-an/;

3. Volkswirtschaftliche Effekte der Produktionsverlagerung ins Ausland

3.1 Verlust von Arbeitsplätzen

In der volkswirtschaftlichen Literatur wird oftmals die Ansicht vertreten, dass eine Verlagerung von Produktionsstätten in Niedriglohnländer zu einer Verdrängung arbeitsintensiver Produktionsprozesse im Inland führt, wodurch insbesondere die geringqualifizierten Beschäftigten schlechter gestellt werden.[3] Denn in Folge einer kostenorientierten Verlagerung werden häufig vor allem arbeitsintensive Prozesse ins Ausland verlagert. Dies führt dann im Inland tendenziell zu einer kapitalintensiveren Produktion und somit mitunter zu erzwungenem höheren Qualifizierungsgrad der Mitarbeiter. Der Verlust an (geringqualifizierte) Arbeitsplätzen wird zudem dadurch gesteigert, dass inländische Unternehmen, die im Inland produzieren, einem Kostendruck durch billigere Produktion der Mitbewerber ausgesetzt sind, der auch bei ihnen zu Rationalisierungsmaßnahmen und Personalabbau führt.[4]

Egger (2005) vertritt dagegen die These, dass durch das Offshoring eine Kostenersparnis realisiert werden kann, die wiederum eine Expansion des betreffenden Sektors zur Folge hat. Demnach stellt sich ein Expansionseffekt ein, von dem auch Geringqualifizierte im Inland profitieren können.[5]

Eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes brachte das Ergebnis, das deutsche Unternehmen, die einen Teil ihrer Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland verlagerten, hierzulande nur 37 Prozent der Stellen für Geringqualifizierte mit neuen Arbeitskräften besetzten. Anders sieht es dagegen bei Arbeitskräften mit einer Meisterqualifikation oder einem Hochschulabschluss aus. So haben die deutschen Unternehmen die ins Ausland verlagerten Arbeitsplätze für Hochqualifizierte im Inland wieder zu 94 Prozent kompensiert.[6]

Dieckheuer (2001) vertritt die Ansicht, dass die meisten ans Ausland verlorenen Arbeitsplätze auch dann über kurz oder lang verloren gegangen wären, wenn die Unternehmen auf die Produktionsverlagerung verzichtet hätten.[7] Denn relative Produktionskostennachteile „führen bei offenen Märkten zwingend dazu, dass Unternehmungen, die im Preiswettbewerb international nicht mehr konkurrenzfähig sind, vom Markt verdrängt werden, wenn sie nicht Wege zur Überwindung dieser Nachteile finden“[8].

Die potenziell hohe Gefahr, die mit Produktionsverlagerungen in Ausland verknüpft ist, ist darauf zurückzuführen, dass die Produktion in Deutschland einen zentralen Stellenwert für die Volkswirtschaft besitzt. So waren im zweiten Quartal 2010 etwa 7,7 Millionen Menschen im verarbeitenden Gewerbe tätig, was einem Anteil von 20,1 Prozent aller Erwerbstätigen entspricht.[9] Möller et al. (2011) zufolge können 45 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen in Deutschland dem produzierenden Gewerbe zugerechnet werden.[10]

Der Produktionssektor hat zudem – vor allem im Gegensatz zur Dienstleistungsbranche – einen Multiplikatoreffekt, denn Veränderungen im Produktionssektor haben große Auswirkungen auf andere Industrien. Auch die Dienstleistungsbranche ist in starkem Maße abhängig vom Produktionssektor.[11]

3.2 Verlust von Entwicklungskompetenz

Mit der Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland ist verknüpft, dass zahlreiche Unternehmen auch ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilung an ausländische Standorte verlagern. Dadurch kann es innerhalb der deutschen Volkswirtschaft zu einem Verlust an Entwicklungskompetenz und somit zu einer Erosion der Wissensbasis in Deutschland  kommen. Dabei ist die Entwicklungskompetenz bzw. die Innovationsfähigkeit heimischer Industriebetriebe einer der zentralen Faktoren für die Aufrechterhaltung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung in Deutschland. Es ist zu betonen, dass der Anteil der Arbeitsplätze im Bereich Forschung und Entwicklung, die von deutschen Unternehmen ins Ausland verlagert wurden, im Verhältnis zu Produktionsarbeitsplätzen eher gering ist.[12] So war es bisher für die meisten Unternehmen üblich, dass bei Produktionsverlagerungen die entsprechende Produktionstechnologie respektive das Produktions-Know-how in Deutschland verbleibt. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine solche Aufteilung langfristig nicht tragfähig ist. Damit verbunden ist die Befürchtung, dass die Produktionstechnologie der verlagerten Produktion folgt.[13]

Verlagerungen im Bereich von Forschung und Entwicklung erfolgen vor allem in solche Länder, die ein gutes ingenieurwissenschaftliches Know-how mit niedrigen Arbeitskosten paaren.[14]

[...]


[1] Vgl. VDI Nachrichten (2009) Studie belegt: Der Produktionsstandort Deutschland ist derzeit höchst attraktiv. Im Internet unter: http://www.vdi-nachrichten.com/artikel/Studie-belegt-Der-Produktionsstandort-Deutschland-ist-derzeit-hoechst-attraktiv/45246/1

[2] Vgl. Baumgarten et al (2011), im Internet unter:

http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2011/01/lohneinbussen-durch-offshoring-auf-die-taetigkeit-kommt-es-an/;

[3] Vgl. Egger, Hartmut (2005) Outsourcing und Offshoring – eine makroökonomische Betrachtung. In: Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschaftspolitik. Ausgabe 9/2005, S.6 f

[4] Vgl. Böhm (2008) Daten zu Standortentscheidungen. In: Böhm (Hrsg.) (2008) Gestaltungsmöglichkeiten des Personalmanagements bei unternehmerischen Standortentscheidungen. Bielefeld, S.30

[5] Vgl. Egger, Hartmut (2005) Outsourcing und Offshoring – eine makroökonomische Betrachtung. In: Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschaftspolitik. Ausgabe 9/2005, S.6 f

[6] Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft (2009) Qualifizierte im Vorteil. In: IWD Informationsdienst. Ausgabe vom 26. März 2009. S.2

[7] Vgl. Dieckheuer (2001) Internationale Wirtschaftsbeziehungen. München, S.372

[8] Dieckheuer (2001) Internationale Wirtschaftsbeziehungen. München, S.372

[9] Vgl. Brecher et al. (2011) Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer. In: Gausemeier / Wiendahl (Hrsg.) (2011) Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland, S.20

[10] Vgl. Möller et al. (2011) Heutig und zukünftige Paradigmen des Produktionsstandortes Deutschland. In: Gausemeier / Wiendahl (Hrsg.) (2011) Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland, S.48

[11] Vgl. Brecher et al. (2011) Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer. In: Gausemeier / Wiendahl (Hrsg.) (2011) Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland, S.20

[12] Vgl. Kinkel / Maloca (2008) FuE-Verlagerungen ins Ausland – Ausverkauf deutscher Entwicklungskompetenz, S.1 ff

[13] Vgl. Brecher et al. (2011) Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer. In: Gausemeier / Wiendahl (Hrsg.) (2011) Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland, S.20

[14] Vgl. Kinkel / Maloca (2008) FuE-Verlagerungen ins Ausland – Ausverkauf deutscher Entwicklungskompetenz, S.5

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland
Sous-titre
Volkswirtschaftliche Effekte des Offshoring
Note
1,0
Auteur
Année
2013
Pages
16
N° de catalogue
V269613
ISBN (ebook)
9783656607366
ISBN (Livre)
9783656607335
Taille d'un fichier
483 KB
Langue
allemand
Mots clés
verlagerung, produktionsstätten, ausland, volkswirtschaftliche, effekte, offshoring
Citation du texte
Diplom-Soziologe / PR-Berater (DPRG) Tilmann Wörner (Auteur), 2013, Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269613

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur