Möglichkeiten und Grenzen der Vermarktung nachhaltiger Produkte am Beispiel von Ökostrom


Thèse de Bachelor, 2014

80 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Begriffsabgrenzung
2.1 Das Konzept der Nachhaltigkeit
2.2 Konsum
2.3 Nachhaltiger Konsum
2.4 Nachhaltige Produkte
2.5 Ökostrom

3 Der Ökostrommarkt in Deutschland
3.1 Rahmenbedingungen
3.1.1 Strommarkt vor der Liberalisierung
3.1.2 Energiewirtschaftsgesetz 1998
3.1.3 Energiewirtschaftsgesetz 2005
3.1.4 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)
3.1.5 Energiekonzept 2050
3.2 Die Besonderheiten von Strom als Produkt
3.3 Marktstruktur
3.3.1 Anbieter
3.3.2 Preisstruktur

4 Nachhaltiges Konsumentenverhalten
4.1 Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in der Bundesrepublik Deutschland..
4.1.1 Abweichung zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
4.1.2 Die ökologische Verhaltenslücke
4.1.3 Das Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens
4.2 Ökonomische und sozialpsychologische Erklärungsansätze
4.2.1 Rational Choice-Theorie.
4.2.2 Low-Cost-Hypothese des Umweltbewusstseins
4.2.3 Theorie des geplanten Verhaltens
4.2.4 Schlussfolgerung aus der theoretischen Betrachtung

5. Möglichkeiten und Grenzen der Vermarktung von Ökostrom
5.1 Produktpolitik
5.2 Preispolitik
5.3 Distributionspolitik
5.4 Kommunikationspolitik
5.5 Zusammenfassung des Marketing-Mix für Ökostrom

6. Empirische Studie
6.1 Stichprobe
6.2 Fragebogendesign
6.3 Untersuchungsverlauf
6.4 Ergebnisse der Untersuchung

7. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen für die Praxis

Literaturverzeichnis
a) Literaturquellen
b) Internetquellen

Anhang A – Tabellen

Anhang B – Fragebogen

Anhang C – SPSS Datenauswertung

Eidesstattliche Versicherung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell

Abbildung 2: Stromkennzeichnung gemäß §42 Energiewirtschaftsgesetz

Abbildung 3: Versorgerwechsel privater Haushalte in der Stromversorgung – 2006 bis 2011

Abbildung 4: Preisbestandteile von Ökostrom für private Haushaltskunden 2012

Abbildung 5: Stellenwert des Umweltbewusstseins in der Bundesrepublik Deutschland - 1996 bis 2012

Abbildung 6: Ökologische Verhaltenslücke im Ökostrommarkt

Abbildung 7: Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens

Abbildung 8: Low-Cost-Hypothese des umweltorientierten Konsumentenverhaltens

Abbildung 9: Theorie geplanten Verhaltens nach Ajzen

Abbildung 10: Preis für Ökostrom mit dem „Grün Strom Label“ im Vergleich zu konventionellem Strom im Postleitzahlenbereich 10249

Abbildung 11: Werbeausgaben der Energie- und Bierbranche im Vergleich – 2007 bis 2012

Abbildung 12: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten auf dem Strommarkt

Abbildung 13: Gründe für die geringe Wechselbereitschaft zu einem Ökostromanbieter

Abbildung 14: Mögliche Eigenschaften von Ökostromangeboten

Abbildung 15: Bereitschaft einen monatlichen Mehrpreis für Ökostrom zu zahlen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Auswirkungen der Liberalisierung auf das Marketing der Stromanbieter

Tabelle 2: Ökostromanbieter in Deutschland - Top 10 Ranking

Tabelle 3: Studien zum Thema Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

Tabelle 4: Bekanntheit von Ökostrom-Labels & Ökostromzertifikaten

Tabelle 5: Möglichkeiten und Grenzen für die Vermarktung von Ökostrom

Tabelle 6: Produkt- und Preisübersicht für Grün Strom zertifizierte Stromanbieter im Postleitzahlenbereich 10249

Tabelle 7: Häufigkeitstabelle - Geschlecht der Teilnehmer

Tabelle 8: Häufigkeitstabelle - Höchster Bildungsabschluss der Teilnehmer

Tabelle 9: Häufigkeitstabelle – Monatliches Einkommen der der Teilnehmer

Tabelle 10: Häufigkeitstabelle- Personen je Haushalt

Tabelle 11: Häufigkeitstabelle - Alter der Teilnehmer

Tabelle 12: Häufigkeitstabelle- Personen je Haushalt

Tabelle 13: Häufigkeitstabelle - Jährlicher Stromverbrauch der Teilnehmer

Tabelle 14: Häufigkeitstabelle – Höhe der monatlichen Stromrechnung der Teilnehmer

Tabelle 15: Häufigkeitstabelle – Wechsel des Stromanbieters in der Vergangenheit

Tabelle 16: Mittelwerte – Umweltbewusstsein

Tabelle 17: Häufigkeitstabelle – Umweltverhalten

Tabelle 18: Mittelwerte – Gründe, warum Verbraucher keinen Ökostrom beziehen

Tabelle 19: Häufigkeitstabelle – Vertrauen in Öko-Labels bzw. Öko-Zertifikaten

Tabelle 20: Häufigkeitstabelle – Bekanntheit von Öko-Labels bzw. Öko-Zertifikaten

Tabelle 21: Häufigkeitstabelle – Unterschiede der Ökostrom-Labels bzw. Ökostromzertifikate bekannt

Tabelle 22: Mittelwert – Wichtige Eigenschaften von Ökostromangeboten

Tabelle 23: Häufigkeitstabelle – Preissensibilität Ökostrom (monatlich)

Tabelle 24: Häufigkeitstabelle – Genutzte Medien zur Suche nach Informationen und Preisen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

Bei der Vorstellung des fünften Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (in der Folge IPCC genannt) in Stockholm, sagte der chinesische IPCC-Verhandlungsleiter Qin Dahe, dass der Klimawandel eindeutig sei und unvermindert weitergehe.

„Warming of the climate system is unequivocal, and since the 1950s, many of the observed changes are unprecedented over decades to millennia. The atmosphere and ocean have warmed, the amounts of snow and ice have diminished, sea level has risen, and the concentrations of greenhouse gases have increased„ (IPCC 2013a, S. 2.).

Diese Aussage wird durch den Uno-Klimareport gestützt, in dem die aktuellen Forschungsergebnisse zum Klimawandel festgehalten worden sind. Die Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Über den Zeitraum von 1880 bis 2012 hat sich die global gemittelte Oberflächentemperatur um 0,85 Grad Celsius erhöht (Ebd., S. 3). Zeitgleich wurde ein Anstieg des weltweiten Meeresspiegels um durchschnittlich 19 Zentimeter festgestellt, was durch das Schmelzen von Eis und Schnee beschleunigt wird (Ebd. S. 9). So haben Sattelitenmessungen aufgezeigt, dass sich Grönlands Eisschild zwischen 2002 und 2011 annähernd sechsmal mehr verringert hat als in dem gleichen Zeitraum zwischen 1992 bis 2001 und die Antarktis jährlich 71 Milliarden Tonnen Eis verliert (Ebd.). Weiterhin hat sich die Kohlendioxid Konzentrationen seit der vorindustriellen Zeit um 40 Prozent erhöht (Ebd.).

Mit einer 95 prozentigen Wahrscheinlichkeit, im vorherigen Bericht waren es noch 90 Prozent, sehen die Klimaexperten den Menschen als wesentlichen Verursacher des Klimawandels und der damit verbundenen globalen Erwärmung (IPCC 2013b, S. 127). Im Wesentlichen ist dieses auf den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zurückzuführen, den der Mensch in die Atmosphäre emittiert. Die emittierten Treibhausgase behindern die natürliche Wärmeabstrahlung der Erde, in dessen Folge sich die Atmosphäre erwärmt. Hinzukommt, dass durch die wärmere Luft die Wasserverdunstung zunimmt, was wiederum den Treibhauseffekt verstärkt.

Je länger und stärker der CO2Ausstoß anhält, desto massiver wird die Erderwärmung ausfallen. Dass der CO2Ausstoß unvermindert anhält, zeigen die jüngsten Messergebnisse. Im Mai dieses Jahres wurden erstmals mit 400,03 ppm[1], die höchste CO2-Konzentration seit mindestens 800 000 Jahren gemessen (Vgl. Seemann 2013).

Gerade die Erzeugung von Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen wie beispielsweise Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und Erdöl tragen maßgeblich zu einer immer höheren CO2-Emission bei. Bei der konventionellen Stromerzeugung werden durchschnittlich 605g CO2pro kWh Strom freigesetzt (Schächtele/Hertle 2011, S. 112). Im Gegenzug verursacht die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen eine vergleichsweise geringe CO2-Emission von circa 40g CO2pro kWh Strom (Ebd.). Mit 32g Co2 pro kWh (Ebd.) hat Strom, der mittels nuklearen Energieträgern gewonnen wird, die vergleichsweise geringste CO2-Emissionen. Da jedoch die Endlagerung in Deutschland noch nicht geklärt ist und wegen der jüngsten Reaktorkatastrophe in Fukushima Daiichi, bleibt Atomstrom umstritten. Diese Zahlen machen deutlich, dass der Konsument durch die Wahl des Stromtarifs – Ökostrom oder herkömmlicher Strommix - einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der CO2-Emission und den Umgang der Ressourcen hat.

Jedoch ist der Ökostrommarkt seit der Marktliberalisierung im Jahr 1998 hart umkämpft. Neben den Ökostrompionieren wie Naturstrom oder Lichtblick, drängen immer mehr klassische Anbieter wie RWE oder E.ON auf den Markt. Diese bieten neben dem konventionellen Strom mittlerweile auch Ökostromtarife an. Doch Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom. Nachhaltiger Ökostrom kennzeichnet sich vor allem dadurch aus, dass ein gewisser Betrag je kWh in den Bau regenerative Anlagen und in den Ausbau der Infrastruktur investiert wird. Nur so können nachhaltige Effekte erzielt werden.

Die Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung neue Kunden zu gewinnen und Bestandskunden zu halten. Doch viele Ökostromanbieter verzeichnen rückläufige Kundenzahlen. So muss das Hamburger Unternehmen Lichtblick gegenüber 2011 einen Kundenrückgang von minus 10.000 Privatkunden hinnehmen (Vgl. E&M 2013, S. 9). Im gleichen Zeitraum verlor die ENTEGA GmbH & Co. KG knapp 54.000 Kunden und der Wettbewerber Greenpeace Energy konnte lediglich 2.570 Neukunden akquirieren (Ebd., S.10).

In Anbetracht der Tatsache, dass die leichten Zuwachsraten an den Ökostrompionieren vorbeigehen und zeitgleich eine Art Wechselmüdigkeit bei den Konsumenten besteht, ist die Entwicklung von wirksamen Maßnahmen zu Steigerung der Nachfrage nach Ökostromtarifen unumgänglich. Deshalb ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Faktoren aufzuzeigen, die zu einer Divergenz zwischen dem bekundeten Umweltbewusstsein und tatsächlichen Verhalten führen sowie daraus Möglichkeiten und Grenzen für die Vermarktung von Ökostrom ableiten zu können.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zunächst werden in Kapitel zwei das Konzept der Nachhaltigkeit und in Kapitel drei die Rahmenbedingungen des Ökostrommarkts in Deutschland erläutert. Auf dieser Grundlage, werden in Kapitel vier das Umweltbewusstsein und das Umweltverhalten in der Bundesrepublik beleuchtet und eine mögliche Verhaltenslücke mittels ökonomischen und sozialpsychologischen Erklärungsansätzen begründet. Kapitel fünf geht der Frage nach, welche Möglichkeiten und Grenzen sich bei der Vermarktung von Ökostrom ergeben. In Kapitel sechs werden die in den vorangegangenen Abschnitten gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis anhand einer empirischen Studie überprüft. Ziel ist es, einzelne Bestandteile des Marketing-Mix zu beleuchten, um mögliche Nutzenpotenziale für Unternehmen aufzuzeigen. Abschließend fasst Kapitel sieben die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammen und leitet daraus Handlungsempfehlungen für die Praxis ab.

2 Begriffsabgrenzung

Der folgende Abschnitt dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung des Konzeptes der Nachhaltigkeit. Ziel des Kapitels ist es, einen Überblick über die Geschichte der Nachhaltigkeit zu geben und eine gültige Definition zu erarbeiten. Weiterhin wird aufgezeigt, welchen Einfluss der Mensch durch sein Kauf- und Konsumverhalten auf die heutigen Umweltprobleme hat.

2.1 Das Konzept der Nachhaltigkeit

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ lässt sich auf die Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts zurückführen und wurde erstmalig vom Freiberger Oberbergbauhauptmann H. C. von Carlowitz verwendet. 1713 veröffentlichte er das Werk „Sylvicultura oeconomica“. In dieser Abhandlung geht von Carlowitz darauf ein, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch eine planmäßige Aufforstung durch Pflanzen sowie Säen nachwachsen kann, um auf Dauer gleichbleibende Erträge zu sichern. Damit formulierte er zum ersten Mal das Prinzip der Nachhaltigkeit. Im siebten Kapitel seiner Abhandlung schrieb er:

„Wird derhalben die größte Kunst/Wissenschaft/Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen / wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen [sei], daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe“ (von Carlowitz 1732, S. 105–106).

Von Carlowitz´ Lösung basierte auf der damaligen Problematik der Entwaldung Europas und der daraus resultierenden Knappheit der Ressource Holz. Holz war zur damaligen Zeit der wichtigste Rohstoff. Dieser wurde zum Beispiel zum Bauen, als Energieträger, als wesentlicher Bestandteil für viele vorindustrielle Produktionsprozesse, wie beispielsweise dem Schiffbau, genutzt oder zur Gewinnung von Eisenerz. Ziel der Überlegung von H. C. von Carlowitz war, durch eine nachhaltige Forstwirtschaft die langfristige ökonomische Nutzung der Wälder garantieren zu können.

Ein weiteres entscheidendes Ereignis auf dem Weg zur heutigen Auffassung von Nachhaltigkeit war der vom Club of Rom im Jahr 1972 veröffentlichte Bericht „Grenzen des Wachstums“ (engl. The Limits to Growth), der den ökologischen Kollaps der Welt in weniger als 100 Jahren voraussagte. Dieser Bericht und der am 10. Juli 1976 ereignete Dioxin-Unfall in Seveso/Italien[2] zeigten den damaligen geringen Handlungsspielraum der Umweltpolitik auf.

Eine Konsequenz aus den Geschehnissen war, dass die Vereinten Nationen 1983 die „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung“ gründeten. Diese Kommission veröffentlichte im Jahr 1987 den Bericht „Our Common Future“, auch bekannt als Bundtland-Report[3], und prägte damit den englische Begriff „Sustainable Development“ (nachhaltige Entwicklung). Im Abschlussbericht wird „Sustainable development“ wie folgt definiert:

"Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs" (World Commission on Environment and Development (WCED 1987, S. 41).

Demnach ist „Sustainable development“ ein gesellschaftspolitisches Leitbild, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtern dürfen (Balderjahn 2013, S. 12).

Andererseits meint der Begriff, dass sich das Wohlstandsgefälle zwischen Arm und Reich einstellen soll (Ebd.). Folglich kann der Abschlussbericht der Brundtland-Kommission als ein Meilenstein in der umweltpolitischen Debatte angesehen werden, der zudem das Leitbild nachhaltiger Entwicklung entscheidend prägte.

Auf Grundlage der Erkenntnis, dass umweltpolitische Probleme nicht durch Einzelmaßnahmen gelöst werden können, stand der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ im Mittelpunkt der viel beachteten Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (engl. United Nations Conference on Environment and Development). Auf der Konferenz, die im Jahr 1992 in Rio de Janeiro abgehalten wurde, verpflichteten sich 178 Staaten zur gemeinsamen Verantwortung für den Erhalt der Lebensgrundlage der Menschheit. Unter dem Namen Agenda 21 verabschiedeten die Staaten einen gemeinsamen Aktionsplan für das 21. Jahrhundert, welcher zahlreiche Handlungsempfehlungen enthielt und zugleich Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung als weltweites Leitbild für die zukünftige Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt etablierte. Ziel der Agenda 21 ist es, einen Ausgleich im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen und umweltpolitischen Zielen zu erreichen und die Ökologie und Ökonomie in ein Fließgleichgewicht zu bringen (o.V. 2004, S. 1).

Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu unserem jetzigen Verständnis der Nachhaltigkeit war die Konzeptionierung des Drei-Säulen-Modell. 1995 entwarf die durch den Deutschen Bundestag eingerichtete Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ das „Drei-Säulen-Modell“, welches die Vernetzung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension skizziert (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Enquete-Kommission 1993, S. 32)

Dieses Modell zeigt, dass die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales die Stützpfeiler der Nachhaltigkeit sind. Dabei stehen die drei Säulen der Nachhaltigkeit gleichrangig nebeneinander und in einer gegenseitigen Wechselwirkung. Diese müssen wechselseitig koordiniert werden, da eine nachhaltige Entwicklung nur durch eine parallele und gleichrangige Umsetzung umweltbezogener, wirtschaftlicher und sozialer Ziele erreicht werden kann. Zudem verwiesen sie im Kommissionbericht auf die möglichen Konsequenzen, die sich aus ökologischen Maßnahmen für die Gesellschaft und Wirtschaft ergeben.

„Damit eine Entwicklung nachhaltig zukunftsverträglich sein kann, muss sie nicht nur ökologieverträglich, sondern auch sozial- und ökonomieverträglich sein." (Enquete-Kommission 1993, S. 32).

Nach Auffassung der Enquete-Kommission bilden daher nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern auch die ökologische, ökonomische und soziale Säule die Basis einer nachhaltigen Entwicklung. Somit hat die Enquete-Kommission den Begriff der Nachhaltigkeit von seiner rein ökologischen Bedeutung gelöst. Allerdings stehen die drei Dimensionen in einem gegenseitigen Zielkonflikt, da sich diese nicht immer miteinander vereinbaren lassen und ein Ziel zugunsten eines anderen aufgegeben werden muss. So stehen beispielsweise bei Entwicklungsländern die Zunahme von sozialem Wohlstand und die wirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund, wogegen sich Industriestaaten wie Deutschland auf ihr Defizit im Bereich Umweltschutz fokussieren.

2.2 Konsum

Schneider (2000, S. 11 ff.) definiert Konsum als eine Aktivität von Einzelpersonen oder privaten Haushalten, die auf die Entnahme von Gütern oder Dienstleistungen aus dem Markt gerichtet ist. Weiterhin beschreibt er den Konsum als ein soziales Handeln mit umfassender gesellschaftlicher und individueller Funktion (Ebd.).

Welche wirtschaftliche Bedeutung der Konsum für die Bundesrepublik Deutschland hat, wird bei deren anteiligen Betrachtung am Bruttoinlandsprodukt (nachfolgend BIP genannt) deutlich. 2012 betrug das BIP 2.644,20 Milliarden Euro. Demgegenüber betrugen die Ausgaben für privaten Konsum 1.523,69 Milliarden Euro. Dieses stellt einen Anteil von 57,62 Prozent am gesamten BIP und eine Steigerung i.H.v. 18,5 Prozent gegenüber 2002 (1.240,58 Milliarden Euro) dar. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Konsum einen bedeutsamen Einfluss auf die am Markt existierenden Produkte hat.

Faktoren, die das Angebot beeinflussen sind beispielsweise rechtliche Regulierungen durch den Staat oder Marketingaktivitäten wie Preisbildung, der Aufbau eines Produktimages und die Durchführung von Werbeaktivitäten. Zudem werden Kaufentscheidungen durch soziale Beziehungen beeinflusst, da Produkte heutzutage eine Bedeutung haben die über ihren Gebrauchswert hinausgehen. Dieser Ansicht sind ebenfalls Davis/Kay/Star und schreiben: „… people buy not so much for themselves, but to signal something about themeselves to others.“ (Davis/Kay/Star 1991, S. 10).

2.3 Nachhaltiger Konsum

1997 veröffentlichte das Umweltbundesamt eine Studie mit dem Namen „Nachhaltige Entwicklung in Deutschland“. Diese Studie stellt fest, dass mindestens 30 bis 40 Prozent aller Umweltprobleme direkt oder indirekt auf die gegenwärtigen Konsummuster zurückzuführen sind (Umweltbundesamt 1997, S. 221). Dies Entwicklung wird zudem angetrieben durch die veränderte Altersstruktur in Deutschland und den daraus resultierenden Wandel in der Zusammensetzung und Anzahl der Privathaushalte. Im Vergleich zum Jahr 2000 stieg die Anzahl von Einpersonenhaushalten im Jahr 2012 um 16,51 Prozent auf 16,47 Millionen. In der gleichen Zeit sank jedoch die Anzahl von Vierpersonenhaushalten um 14,80 Prozent auf 3,74 Millionen. Diese ist von Interesse, weil die Inanspruchnahme von Umweltressourcen je Haushaltsmitglied in kleineren Haushalten in der Regel deutlich höher ist als in größeren Haushalten (Schoer, K./Buyny, S./Flachmann, C./Mayer, H. 2007, S. 100). Weitere Faktoren, die die bestehenden Umweltprobleme verstärken, sind die steigenden Konsumausgaben (vgl. Kapitel 2.2) und veränderte berufliche Mobilität.

Doch was ist nachhaltiger Konsum? Das Konzept der Nachhaltigkeit wurde bisher von einer Vielzahl politischer Akteure bearbeitet. Dies ist unter anderem ein Grund dafür, dass es bis heute keine einheitliche Definition für den Begriff „nachhaltiger Konsum“ gibt. Eine im englischen Raum weit verbreitete Begriffsbestimmung für nachhaltigen Konsum ist die Definition des „Oslo Symposium on Sustainable Consumption“ aus dem Jahr 1994. In dieser wird nachhaltiger Konsum wie folgt definiert:

„The use of services and related products, which respond to basic needs and bring a better quality of life while minimizing the use of natural resources and toxic materials as well as the emissions of waste and pollutants over the life cycle of the service or product so as not to jeopardize the needs of future generations” (UNEP 2011, S. 1).

Im deutschsprachigen Raum wird nachhaltiger Konsum als ein Handeln unter der Berücksichtigung zukünftiger Generationen beschrieben.

„Nachhaltig zu konsumieren bedeutet, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die Lebens- und Konsummöglichkeiten anderer Menschen (Prinzip der intragenerativen Gerechtigkeit) und zukünftiger Generationen (Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit) zu gefährden“ (Balderjahn 2013, S. 202).

Beide Definitionen entsprechen der Begriffsbestimmung der Brundtland-Kommission (vgl. Kapitel 2.1) und zielen auf die individuelle Bedürfnisbefriedigung sowie die Sicherstellung zukünftiger Lebensweisen durch einen ressourceneffizienten Konsum ab.

2.4 Nachhaltige Produkte

Unter einem nachhaltigen Produkt versteht man ein Gut oder eine Dienstleistung, welches die drei miteinander vernetzten Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – während der Herstellung, bei der Nutzung und der Entsorgung berücksichtigt (Balderjahn 2013, S. 28 ff.).

Ökonomisch nachhaltige Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Bedürfnisse des Konsumenten zu einem hohen Maß befriedigen und das zu vertretbaren Kosten. Dabei sind die Produkte entlang des gesamten Produktlebenszyklus möglichst ressourcenschonend und umweltverträglich in Produktion, Nutzung und Entsorgung (Ebd., S. 30). Sozial nachhaltige Produkte unterliegen Mindeststandards von Kontroll- und Zertifizierungsverfahren wie beispielsweise dem der Konvention der Menschenrechte der United Nations. Weiterhin werden die Produkte unter Einhaltung solcher Standards produziert sowie über faire Handels- und Vertriebsstrukturen importiert und vertrieben (Ebd., S. 28 ff.). Neben der individuellen Bedürfnisbefriedigung erbringt ein nachhaltiges Produkt einen gesellschaftlichen Nutzen und bietet eine Lösung zur Beseitigung bestehender ökologischer und sozialer Probleme.

2.5 Ökostrom

Der Begriff Ökostrom wird benutzt, um Produkte aus dem Portfolio eines Stomanbieters zu bezeichnen, die ökologisch aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Jedoch gibt es in der Europäischen Union keine Definition für den Begriff Ökostrom, sondern eine EU-Richtlinie die „Strom aus erneuerbaren Energiequellen“ definiert. Demnach ist Ökostrom:

„Strom, der in Anlagen erzeugt wurde, die ausschließlich erneuerbare Energiequellen nutzen, sowie der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Hybridanlagen, die auch konventionelle Energieträger einsetzen, einschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der zum Auffüllen von Speichersystemen genutzt wird, aber mit Ausnahme von Strom, der als Ergebnis der Speicherung in Speichersystemen gewonnen wird“ (EU-Richtlinie 2001/77/EG9 , Artikel 2, Abschnitt c).

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ebenso keine Begriffsdefinition für die Bezeichnung Ökostrom. Das „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien“, umgangssprachlich bekannt als das Erneuerbare-Energien-Gesetz, regelt die Arten erneuerbarer Energien wie folgt und bezieht sich dabei lediglich auf die Erzeugungsarten:

„Erneuerbare Energien“ [sind] Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie, Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Biomethan, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie“ (EEG 2012, §3 Nr. 3).

3 Der Ökostrommarkt in Deutschland

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen des Strommarktes sowie mit den aktuellen Vertragsstrukturen privater Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland. Dabei stellt dieser Abschnitt die charakteristischen Eigenschaften von Strom dar und gibt einen Überblick über die Veränderungen auf dem Strommarkt seit deren Liberalisierung. Ziel ist es, die Herausforderungen der Versorgungsunternehmen für deren Marketingaktivitäten aufzuzeigen.

3.1 Rahmenbedingungen

3.1.1 Strommarkt vor der Liberalisierung

Der 20. September 1882 kann als Meilenstein der Elektrifizierung angesehen werden. An diesem Tag nahm der damalige Berliner Oberbürgermeister Max von Forckenbeck 36 Bogenlampen in Betrieb, die von da an die Leipziger Straße beleuchteten. Nur wenige Monate später wurde der Potsdamer Platz elektrifiziert und im Jahr 1888 wechselte schließlich die Straßenbeleuchtung des Boulevards Unter den Linden von Gas auf Licht aus Strom.

In Folge dessen begannen die neu entstehenden Anbieter die vorab fest definierten Gebiete mit Strom zu versorgen. Diese Versorgungsgebiete waren vertraglich für den jeweiligen Wettbewerber geschlossen, was dazu führte, dass die Versorgungsunternehmen eine Monopolstellung am Markt einnehmen konnten und die Stromkunden dieser Situation regelrecht ausgesetzt waren. Diese Monopolstellung regelten bis Anfang 1998 die sogenannten Demarkationsverträge. Die Demarkation schützte den jeweiligen Stromanbieter durch die Zahlung einer Konzessionsabgabe vor Wettbewerbern im vertraglich vereinbarten Versorgungsgebiet und begünstigt somit deren Monopolstellung. Ein weiteres Merkmal der damaligen Monopolstellung war die staatliche Preisaufsicht, die in jedem Versorgungsgebiet einheitliche Strompreise festlegte.

3.1.2 Energiewirtschaftsgesetz 1998

Diese Situation änderte sich mit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 grundlegend. Anstoß der Liberalisierung war die durch die Europäische Union initiierte EU-Richtlinie zur Elektrizitätsmarktliberalisierung (Richtlinie 96/92) und das durch den Bundestag verabschiedete Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes (in Folge EnWG genannt) am 29. April 1998. Mit der Verabschiedung des Gesetzes waren die rechtlichen Voraussetzungen und Anforderungen für die Liberalisierung der deutschen Elektrizitätswirtschaft geschaffen und die bisherigen Versorgungsverträge wurden unwirksam und mussten neu verhandelt werden (Erdmann 2008, S. 197).

In Folge der Abschaffung der bis dahin starren Strukturen, wie beispielsweise dem Gebietsschutz und der preislichen Aufsicht, traten eine große Anzahl von Wettbewerbern auf der Erzeuger-, Handels- und Vertriebsseite in den Markt ein. Weiterhin konnten Verbraucher ihren Stromanbieter wechseln, was unter anderem dazu führte, dass aus Unternehmenssicht ein Margen- und Wettbewerbsdruck einsetzte (Ebd., S. 198). Weitere Auswirkungen der Liberalisierung des Strommarktes, die die Marketingaktivitäten der Unternehmen beeinflussen, zeigt die folgende Tabelle.

Tabelle 1: Auswirkungen der Liberalisierung auf das Marketing der Stromanbieter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kloubert 2001, S. 3

Im Folgenden werden die Auswirkungen der Liberalisierung auf das Marketing der Stromanbieter näher beschrieben.

1. Bis 1998 war der Strommarkt vor allem durch geschlossene Versorgungsgebiete und die daraus resultierende Monopolstellung der Versorgungsunternehmen gekennzeichnet. Durch die Verabschiedung des „Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes“ konnten Versorgungsunternehmen ihre elektrische Energie in Fremdnetze einspeisen und Kunden ihren Strom von einem anderen Anbieter beziehen.
2. Ein kostenorientierter Marktpreis zeichnet sich dadurch aus, dass er niemals unterhalb der Grenzkosten des Anbieters liegt und sich aus den Selbstkosten plus einem angemessenen Gewinnzuschlag zusammensetzt. Wettbewerb im Markt drückt jedoch den Marktpreis auf Höhe der Grenzkosten und es profitiert der Wettbewerber, dessen Grenzkosten am geringsten sind (Vgl. Bester 2000, S. 91 ff.).
3. Durch die Wettbewerbssituation wandelte sich das Bild des Verbrauchers vom Abnehmer zum Kunden. Dabei liegt der Fokus nun auf Kundenorientierung, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit.
4. Bisher wurden Kunden wenig beachtet und es stand lediglich die Versorgung des Abnehmers mit Strom im Vordergrund. Durch die Veränderung der Marktsituation müssen Unternehmen ihren Schwerpunkt auf die Kundenaktivierung richten. Die Kunden möchten umworben werden und nur durch ein kundenorientiertes Angebot erzielen Unternehmen Erlöse.
5. Die Versorgung von Konsumenten mit Elektrizität bildet weiterhin die Basis der Leistungen der Energieunternehmen. Jedoch ist aufgrund des gestiegenen Wettbewerbs eine Differenzierung notwendig, so dass viele Stromanbieter als ein Versorgungsunternehmen mit Dienstleistungscharakter auftreten. Zusatzleistungen sind beispielsweise Energieberatung, Umzugsservice, 24h Telefonhotline oder die Analyse und Planung rund um den Hausbau.

3.1.3 Energiewirtschaftsgesetz 2005

Eine repräsentative Umfrage des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zum Wechselverhalten der Haushalte auf dem Strommarkt in Deutschland hat ergeben, dass die kumulierte Wechselquote der Haushalte seit der Liberalisierung im Jahr 1998 bei rund sieben Prozent liegt. Somit ist das Ziel, Wettbewerb auf dem Strommarkt zu initiieren, verfehlt worden, da man von der Wechselquote auf die Wettbewerbsintensität am Markt schlussfolgern kann. Die zu geringen Wechselzahlen und die weiterhin bestehende Marktmacht einiger Anbieter waren unter anderem Anstoß für die Novellierung des EnWG.

Im Juli 2005 verabschiedete der Deutsche Bundestag das „Zweite Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“ (EnWG 2005). Ziel der Neuregelung war es, den Wettbewerb auf dem Strommarkt zu fördern und die Marktposition der neu etablierten Versorgungsunternehmen zu verbessern, die Wechselbereitschaft der Verbraucher zu erhöhen und deren Rechte zu stärken. Die Veränderungen lassen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:

1. Der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post wurde die Zuständigkeit für die Energieregulierung übertragen und umbenannt in die Bundesnetzagentur. Ziel der Behörde ist es, neben anderen Aufgaben, die Netznutzungsentgelte um 20 Prozent zu verringern, um einen Wettbewerb am Markt zu fördern (Vgl. Erdman 2008, S. 198).
2. Versorgungsunternehmen müssen den gelieferten Strom auf der Stromrechnung des Kunden entsprechend kennzeichnen. Dieses beinhaltet die Art der Erzeugung des Stroms und deren Umweltauswirkungen (Vgl. Abb. 2).
3. Zudem wurden die Rechte der Verbraucher gestärkt, um deren Wechselbereitschaft zu erhöhen. Ein Lieferantenwechsel ist nun innerhalb von drei Wochen möglich, Bearbeitungsfristen wurden begrenzt und Schlichtungsstellen für die Verbraucher eingerichtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Stromkennzeichnung gemäß §42 Energiewirtschaftsgesetz vom 07. Juli 2005 (Quelle: ENSO Energie Sachsen Ost AG, abgerufen am 03.12.2013)

Die Analyse der Vertragsstrukturen privater Haushalte zeigt einen signifikanten Anstieg der Lieferantenwechsel (Vgl. Abb. 3). Im Jahr 2011 haben rund 3,86 Millionen. Verbraucher den Lieferanten gewechselt. Gegenüber dem Jahr 2006 ist dies ein Zuwachs von rund 80 Prozent. In 2011 muss jedoch die Insolvenz des Unternehmens Flexstrom mit mehr als 500.000 Kunden berücksichtigt werden[4]. Es ist davon auszugehen, dass die veränderte Wechselbereitschaft der privaten Haushalte auf die Kennzeichnungspflicht für Stromrechnungen sowie auf die kürzeren und einheitlichen Kündigungsfristen zurückführen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Versorgerwechsel privater Haushalte in der Stromversorgung – 2006 bis 2011 (Datenquelle: Bundesnetzagentur 2013, S. 122)

Setzt man jedoch die Wechselquote in das Verhältnis zu der Anzahl der privaten Haushalte in Deutschland, 40,40 Millionen Privathaushalte in 2011, beträgt die Wechselquote im Jahr 2011 lediglich 9,55 Prozent. Gleichzeitig beziehen vier Millionen private Haushalte in Deutschland Ökostrom. Dies hat die achte Ökostromumfrage der Fachzeitschrift „Energie & Management“ ergeben (E&M 2013).

3.1.4 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)

Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, stellt den rechtlichen Rahmen für die Förderung und Vergütung von erneuerbaren Energien in Deutschland dar (Vgl. Kapitel 2.5). Das Gesetz regelt, dass Strom, der aus Wasserkraft, Biomasse, Geothermie, Windkraft, Deponie-, Klär- oder Grubengas sowie solarer Strahlungsenergie erzeugt wird, von den Netzbetreibern vorrangig abgenommen werden muss und die Erzeuger dafür eine garantierte Einspeisevergütung erhalten. Die Grundlage für die Regelungen bildet das aktuell gültige Erneuerbare Energien Gesetz vom 01. Januar 2012.

Seit dem Inkrafttreten des Erneuerbare Energien Gesetzes, hat sich der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von 6,4 Prozent im Jahr 2000 auf 22,9 Prozent in 2012 erhöht (Umweltbundesamt 2013, S. 4). Der steigende Anteil von erneuerbaren Energien zeigt auf, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im Stromsektor erfolgreich voranschreitet.

3.1.5 Energiekonzept 2050

Mit dem Energiekonzept und denen dazu dazugehörigen Gesetzen, welche die Bundesregierung am 28. September 2010 beschlossen hat, will Deutschland im Sinne des Konzepts der Nachhaltigkeit (Vgl. Kapitel 2.1) eine wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung für die Zukunft sicherstellen.

Die Aufgabe des Energiekonzeptes ist es, das angestrebte Ziel der Europäischen Union, den weltweiten Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen, zu unterstützen. Um die festgelegte Zwei-Grad-Grenze einzuhalten, ist die Reduzierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre notwendig. Hier kommt dem Energiesektor eine Schlüsselfunktion zu. Dieser ist derzeit der größte Emittent von Treibhausgasen und für 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich (Umweltbundesamt 2010, S. 4). Daraus ergeben sich folgend Minderungsziele für die Bundesrepublik Deutschland.

Bis 2020 strebt die Bundesregierung die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 an. 2030 um 55 Prozent, 2040 minus 70 Prozent und um 80 bis 95 Prozent im Jahr 2050 (Vgl. Umweltbundesamt 2010, S. 11). Gleichzeitig beabsichtigt die Bundesregierung einen 35 prozentigen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoenergieverbrauch im Jahr 2020. Die weiteren Ziele sind: 2030 bis 50 Prozent; 2040 bis 65 Prozent und 80 Prozent im Jahr 2050.

Derzeit beträgt der Anteil erneuerbarer Energien 22,9 Prozent am deutschen Bruttostromverbrauch (BMU 2013, S. 7), so dass die Erreichung der selbst definierten Ziele für das Jahr 2020 realistisch erscheinen.

[...]


[1] Gemessen am 09.Mai 2013 im Mauna Loa Observatorium auf Hawaii. Der an diesem Ort gemessene Wert gilt als weltweiter Referenzwert, da dieser Ort weit entfernt von großen Emissionsquellen liegt.

[2] Am 10. Juli 1976 entstand bei der Überhitzung eines Reaktors in der Fabrik Icmesa Dioxin. Durch ein defektes Ventil entwich es ins Freie und eine unbekannte Menge Dioxin wurde in die Umgebung freigesetzt. In der Folge verdorrten und welkten die Blätter von Bäumen, Tiere starben und Menschen erkrankten an Chlorakne.

[3] Benannt nach der damaligen norwegischen Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland.

[4] Der starke Anstieg an Versorgerwechsel in privaten Haushalten im Jahr 2011 ist unter anderem auf die Insolvenz des Stromanbieters Flexstrom sowie deren Tochtergesellschaften OptimalGrün und Löwenzahn zurückzuführen. Aufgrund der Insolvenz mussten sich über 500.000 private Haushalte einen neuen Stromanbieter suchen. Rechnet man diese Wechsel raus, würde die Wechselbereitschaft in 2011 ähnlich hoch wie in 2010 ausfallen.

Fin de l'extrait de 80 pages

Résumé des informations

Titre
Möglichkeiten und Grenzen der Vermarktung nachhaltiger Produkte am Beispiel von Ökostrom
Université
University of Applied Sciences Berlin
Note
1,3
Auteur
Année
2014
Pages
80
N° de catalogue
V269930
ISBN (ebook)
9783656606543
ISBN (Livre)
9783656606505
Taille d'un fichier
3216 KB
Langue
allemand
Annotations
- Bachelorarbeit mit Empirischer Studie (n=131) - Fragen zu Informationssuche, mögliche Produkteigenschaften von Ökostrom, Bekanntheit von Ökostromlabels, Preissensibilität uvm. - Ausführliche Auswertung im Anhang
Mots clés
Umweltmanagement, Marketing, Ökostrom, Nachhaltigkeit, Strommarkt, Umweltwissenschaft, BWL
Citation du texte
Tom Sperner (Auteur), 2014, Möglichkeiten und Grenzen der Vermarktung nachhaltiger Produkte am Beispiel von Ökostrom, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269930

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