Die Ikonographie in Raffaels Werk "Transfiguration"


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2011

20 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
I.1. Auftraggeber
I.2. Bestimmungsort

II. Beschreibung
II.1. Bibelstelle
II.2. Kompositorische Umsetzung

III. Werkgenese
III.1. Modello aus der Albertina in Wien
III.2. Modello aus dem Louvre
III.3. Endfassung

IV. Ikonographie
IV.1. Traditionelle Ikonographie
IV.2. Raffaels Neuerungen
IV.3. Mögliche Gründe für den Bruch mit ursprünglichen Bildtraditionen
IV.3.1. Wettbewerb mit Sebastiano del Piombo
IV.3.2. Mediceische Deutung
IV.3.3. Künstlerische Entwicklung

V. Schluss

VI. Anhang

I. Einleitung

Die Transfiguration (Abb. 1) wird als Raffaels letztes Werk angesehen und wurde vor allem nach dem Tod des Künstlers als etwas ganz Besonderes und Außergewöhnliches bezeichnet. Man erzählte sich damals, Raffael sei mit dem Pinsel an der Leinwand dieses Gemäldes gestorben. „An einem Karfreitag des Jahres 1483 soll Raffael geboren worden sein, am Karfreitag, dem 6. April 1520, starb er in Rom über der Vollendung des Werkes, das unter seiner Hand zu einer der lebendigsten Verkörperungen christlicher Heilsgewissheit geworden war.“[1] Raffael umgab ein Mythos, der sich besonders an dieses Bild heftet.[2]

Das Werk entstand zwischen 1516 und 1520, parallel zu einem weiteren Bild von Sebastiano del Piombo mit dem Titel „ Die Auferweckung des Lazarus “ (Abb. 2). Beide Bilder mit den nahezu identischen Maßen 405 x 287 cm (Transfiguration) bzw. 381 x 287 cm (Auferweckung des Lazarus) waren als Altarbild gedacht. Raffael malte sein Gemälde in Öl auf Holz. Es liegt auf der Hand, dass sich die Künstler in einer Art Wettbewerb befanden, vor allem da beide Bilder von ein und derselben Person in Auftrag gegeben wurden und Beide wahrscheinlich für denselben Ort bestimmt waren. Diese Annahme wurde schon von Vasari und durch einige Briefwechsel belegt. Ich werde etwas später noch genauer auf den Wettstreit und dessen Bedeutung für die kompositorische Entwicklung der Transfiguration eingehen.

Zunächst werde ich kurz auf den Auftraggeber und die Frage über den ursprünglichen Bestimmungsort eingehen, möchte dann das Bild genauer analysieren und werde anschließend detaillierter auf Raffaels Bildfindung und die Entwicklung des Gemäldes eingehen. Am Schluss soll geklärt werden inwiefern man behaupten kann, dass die Transfiguration ein Schlüsselwerk und einen Wendepunkt in Raffaels Leben darstellt und ob er tatsächlich mit der traditionellen Ikonographie bricht.

I.1. Auftraggeber

1516 gab Kardinal Giulio de Medici, Cousin, Vizekanzler und Hauptberater von Papst Leo X. sowohl die Transfiguration als auch die Auferweckung des Lazarus in Auftrag.[3] Die Transfiguration sollte von Raffael, das zweite Gemälde von Michelangelo ausgeführt werden. Doch Letzterer lehnte den Auftrag ab. Vielleicht war er sich bewusst, dass es ihm unmöglich sei gegen Raffaels Malerei ankommen zu können. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Kardinal bewusst einen Wettstreit zwischen zwei der bekanntesten und berühmtesten Künstler seiner Zeit provozierte, um erstens sicher zu stellen, dass beide ihre Werke selbstständig ohne die Hilfe ihrer Werkstatt anfertigen würden, und zweitens auf diese Weise grandiose Gemälde zu erhalten.

Giulio de Medici war ein kunstinteressierter Mann und gab einige weitere herausragende Kunstwerke in Auftrag.

Er wurde am 26. Mai 1478 in Florenz geboren und begann schon sehr früh seine klerikale Karriere. Er trat dem Johanniterorden bei und wurde später Prior in Capua. Seit dem 14. Februar 1515 war er Erzbischof von Narbonne. Giulio hatte die dortige Kathedrale Saint-Just-et-Saint-Pasteur de Narbonne nie gesehen, stiftete jedoch diese beiden Altarbilder.

Kurz nach dem Tod Raffaels, am 18. November 1523 wird Kardinal Giulio de Medici zum Papst ernannt und acht Tage später gekrönt.

I.2. Bestimmungsort

Es wird in der Forschung davon ausgegangen, dass die beiden großformatigen Altarbilder für die noch unvollendete Kathedrale des Erzbistums Narbonne gedacht waren. Nicht nur die riesigen Maße der Bilder würden zu dem genannten Bestimmungsort passen, sondern auch die Tatsache, dass relativ kurz bevor der Auftrag 1516 gegeben wurde, Giulio de Medici zum Erzbischof von Narbonne ernannte wurde. Daher würde ein solches Geschenk für die dortige Kathedrale durchaus passen. Identifiziert man noch dazu die beiden Personen am linken Bildrand der Transfiguration als Justus und Pasteur, die Titularheiligen der Kathedrale, scheint sie der eindeutige unwiderlegbare Bestimmungsort zu sein.[4]

Es werden jedoch auch Gegenstimmen laut, die zum einen darauf aufmerksam machen wollen, dass es keine Dokumente gebe, die die Kathedrale als eindeutigen Bestimmungsort nennen, und zum anderen noch Belege dafür, dass es sich bei den beiden Personen auf Raffaels Bild um Justus und Pasteur handle.[5]

Diese Frage möchte ich zunächst offen lassen, wobei es mir sehr plausibel erscheint, dass die beiden Altarbilder ursprünglich für die Saint-Just-et-Saint-Pasteur de Narbonne gedacht waren.

II. Beschreibung

Das eigentliche, vorgegebene Bildthema für Raffaels Gemälde ist die Transfiguration bzw. die Verklärung Christi. „Die Verklärung ist nichts anderes als die esoterische Offenbarung seiner göttlichen Natur an die drei erwählten »Intimen« unter den Jüngern, an Petrus, Johannes und Jakobus, denen […] die bis dahin verborgene Würde Christi als Sohn Gottes, Messias und Prophet enthüllt wird.“[6] Raffael visualisiert dieses Thema jedoch auf eine ganz neuartige Weise. Er verbindet das Ereignis der Transfiguration mit einem Weiteren und teilt das Bild in zwei Hälften. Die Untere scheint auf den ersten Blick in keinerlei Zusammenhang mit der obern Bildhälfte zu stehen.

Betrachtet man jedoch einmal die Bibelstelle, die Grundlage dieses Gemäldes ist, stellt man fest, dass die Besessenenszene, die den unteren Teil des Bildes einnimmt, in allen der vier Evangelien direkt auf die Verklärung folgt.

II.1. Bibelstelle

Ich möchte im Folgenden die Bibelstelle nach Matthäus in Auszügen zitieren, um dies zu verdeutlichen:

1. Und nach sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Jakobus und Johannes, seinen Bruder, und führte sie beiseits auf einen hohen Berg.
2. Und er ward verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne,
seine Kleider aber wurden weiß, als ein Licht.
3. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elias [...].
4. Petrus aber antwortete, und sprach zu Jesus: HERR, ist gut sein; willst du, so
wollen wir hier drei Hütten machen: dir eine, Mose eine und Elia eine.
5. Da er noch also redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und
siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an
welchen ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören!
6. Da das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht nieder und erschraken
sehr. [...]
9. Und da sie vom Berg herab gingen, gebot ihnen Jesus, und sprach: Ihr sollt
dies Gesicht niemand sagen [...]!
14. Und da sie zu dem Volk kamen , trat zu ihm ein Mensch und fiel ihm zu
Füßen,
15. Und sprach: HERR, erbarme dich über meinen Sohn! denn er ist
mondsüchtig und hat ein schweres Leiden: er fällt oft ins Feuer und oft ins
Wasser;
16. Und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihn nicht
helfen.
17. Jesus aber antwortete, und sprach: : O du ungläubige und verkehrte Art,
wie lange soll ich bei euch sein? [...] Bringet mir ihn hierher.
18. Und Jesus bedrohte ihn; und der Teufel fuhr aus von ihm, und der Knabe
ward zu derselben Stunde. [...]“[7]

II.2. Kompositorische Umsetzung

Raffael komponiert den oberen Teil des Bildes äußerst symmetrisch. Christus schwebt in der Mitte über einem Hügel, links und rechts neben ihm, in nahezu identischer Haltung, Moses und Elisas, die ebenfalls empor gehoben wurden. Moses wird durch seine Gesetzestafel, Elias durch sein Buch gekennzeichnet. Unter ihnen auf dem Hügel liegen die drei auserwählten Jünger, die Zeugen der Doppelnatur Christi werden. Alle drei sind durch die Farben ihrer Gewänder eindeutig zu bestimmen. Der mittlere Jünger ist blau gekleidet, die Farbe des Glaubens kennzeichnet ihn als Petrus, den Apostel des Glaubens. Johannes rechts neben Petrus wird durch die Farbe der Liebe, Rot, identifizierbar. Er war der Liebesjünger Jesus. Übrig bleibt dann nur noch der kniende Jünger links, der Jakobus sein muss.[8]

[...]


[1] R. Santi, Der Kunstbrief – Die Verklärung Christi von Raffael, S. 3

[2] ebd., vgl. S.3

[3] R. Preimesberger, Tragische Motive in Raffaels Transfiguration, vgl. S. 89

[4] Ch. Gardner von Teufel, Raffaels römische Altarbilder: Funktion und Bestimmung, vgl. S. 35

[5] C. King, The Liturgical and Commemorative Allusions in Raphael’s Transfiguration and Failure to Heal, vgl.

S. 150

[6] R. Preimesberger, Tragische Motive in Raffaels Transfiguration, S. 90

[7] http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-

Bibel+1912/Das+Neue+Testament/Das+Matth%C3%A4usevengelium/Matth%C3%A4us+17, aufgerufen am

10. März 2011, 13:57 Uhr

[8] R. Preimesberger, Tragische Motive in Raffaels Transfiguration, vgl. S. 99

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Ikonographie in Raffaels Werk "Transfiguration"
Université
LMU Munich  (Institut für Kunstgeschichte)
Cours
In der Werkstatt Raffaels
Note
1,3
Auteur
Année
2011
Pages
20
N° de catalogue
V270437
ISBN (ebook)
9783656617938
ISBN (Livre)
9783656617921
Taille d'un fichier
2909 KB
Langue
allemand
Mots clés
ikonographie, raffaels, werk, transfiguration
Citation du texte
Sophia Reinhard (Auteur), 2011, Die Ikonographie in Raffaels Werk "Transfiguration", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270437

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