Mit meiner vorliegenden Arbeit möchte ich versuchen, die Philosophie des Kubismus in Arnold Gehlens Werk Zeit-Bilder erklärend darzustellen und einen Ein- und Überblick zu schaffen. Enden werde ich mit einem kritischen Resümee.
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Gehlen selbst hat sein Werk als soziologisches bezeichnet. Dennoch wird beim Lesen von Zeit-Bilder, neben der Kunstheorie, auch der philosophische Gehalt deutlich. Besonders Gehlens Philosophie des Kubismus enthält sehr interessante Standpunkte, die ein Nachgehen erwünschen. Der philosophische Grund des Buches wird von Gehlen selbst gleich in den ersten Sätzen seines Werkes deutlich (Gehlen, 1986, 7): „Wir wollen an die Malerei denkend, in der Absicht auf Erkenntnis herangehen."
Wissenschaftliche Erkenntnis und technische Neuerungen als integrale Momente der menschlichen Welt spielen in der Kultur-theorie Gehlens eine große Rolle. Kulturentwicklung wird von ihm in einem Prozess der Handlungserweiterung in Entlastungs-leistungen beschrieben, durch die der Mensch immer effizientere Möglichkeiten technisch vermittelter Lebensführung in die Hand bekommt. Gehlen sieht dabei einen Komplex von Kreisprozessen vorgängig, in denen das Handeln des Menschen dessen Bewusstsein verändert, das seinerseits die Handlungen neu bestimmt (vgl. Gehlen, 1956, 22).
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Über die so entstandene beständige Neubestimmungen und experimentelle Erprobung von Form und Gehalt ähnelt sich die moderne Kunst in ihrer Prozesshaftigkeit den anderen Wissen-schaften an. Gehlen sagt dazu (1986, 16): „Mit der Technik und den neuen Naturwissenschaften teilt sie die Verselbstständigung der Mittel und Effekte, das Sichbewegen am Erfolg, die Vorurteilslosig-keit der Selbstabschichtung von den Traditionen und die moralische Neutralität des Produktes.“
Neben vielen Irrungen ist in dieser Situation, als angemessene Kunstform, eine peinture conceptuelle hervor getreten, welche sowohl Geltung wie gestalterische Ausformung ohne Rückbezug auf bestehende Traditionen aus sich selbst zu schöpfen in der Lage ist. So auch der Kubismus, dessen Philosophie ich folgend versuchen werde darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Erkenntnis und Form
- 3 Konnotation und Wiedererkennen
- 4 Ursprünge und Probleme
- 4.1 Form, Farbe, Licht
- 4.2 Analytischer Kubismus
- 4.3 Kuben
- 5 Philosophie des Kubismus
- 5.1 Introvertierte Kunst
- 5.2 Das kubistische Formprinzip
- 5.3 Neue Definition des Bildes
- 5.4 Juan Gris
- 6 Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit hat zum Ziel, die Philosophie des Kubismus in Arnold Gehlens Werk "Zeit-Bilder" zu erläutern und einen umfassenden Überblick zu bieten. Der Fokus liegt auf der philosophischen Dimension von Gehlens soziologischer Betrachtung der Kunst. Die Arbeit endet mit einem kritischen Resümee.
- Gehlens Kunsttheorie und ihre philosophischen Implikationen
- Die Rolle von Erkenntnis und Form im kubistischen Werk
- Das Konzept der Konnotation und das Wiedererkennen in der kubistischen Malerei
- Der Einfluss technischer Entwicklungen auf die moderne Kunst
- Die Bedeutung des Kubismus als "peinture conceptuelle"
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Zielsetzung der Arbeit: eine erklärende Darstellung der Philosophie des Kubismus in Gehlens Werk "Zeit-Bilder". Sie betont den philosophischen Gehalt neben der kunsttheoretischen Perspektive und hebt die Bedeutung von wissenschaftlicher Erkenntnis und technischen Neuerungen in Gehlens Kulturtheorie hervor. Der Wandel des menschlichen Bewusstseins durch technische Fortschritte und die sich daraus ergebenden Veränderungen in der Kunst, insbesondere die Hinwendung zum Formalismus und zur Reflexion in der modernen abstrakten Malerei, werden angesprochen. Die Arbeit positioniert den Kubismus als eine "peinture conceptuelle", die ohne Rückbezug auf Traditionen Geltung und gestalterische Ausformung aus sich selbst schöpft.
2 Erkenntnis und Form: Dieses Kapitel erörtert Gehlens Verständnis von Erkenntnis und Form. Es werden drei etablierte Methoden der Erkenntnis (kunsthistorisch, stilanalytisch, ikonographisch) sowie eine vierte, vom Autor hinzugefügte Methode (das Nachdenken über die Bildunterschrift) vorgestellt. Gehlen argumentiert, dass sich der Gegenstand aus der Form entfaltet und durch ein Wiedererkennen erfasst wird. Die "Form im engeren Sinne" wird als eine rein optische, gedankenlos zugängliche Schicht beschrieben, die für Orientierung und inneren Zusammenhang der Wahrnehmung fundamental ist.
3 Konnotation und Wiedererkennen: Dieses Kapitel behandelt die Entstehung neuer Stile durch die Verschiebung von Form und Gegenstand. Es wird der Begriff der Konnotation eingeführt, um Bilder zu beschreiben, die ein herangetragenes Vorwissen erfordern. Das Werk besitzt neben dem primären, durch Wiedererkennen erfassten Motiv ein sekundäres, konnotatives Motiv. Der Verlust dieser Konnotation führt zu einem Verlust an Verständnis.
4 Ursprünge und Probleme: Dieses Kapitel untersucht die Ursprünge und Probleme des Kubismus. Es beleuchtet die Aspekte Form, Farbe und Licht, den analytischen Kubismus und die Rolle der Kuben in der kubistischen Malerei. Es wird die Entwicklung und die Besonderheiten des Kubismus im Kontext der technischen und kulturellen Veränderungen der Zeit eingeordnet.
5 Philosophie des Kubismus: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit der Philosophie des Kubismus. Es analysiert den Kubismus als introvertierte Kunst, untersucht das kubistische Formprinzip und die neue Definition des Bildes, die sich aus dieser Kunstform ergibt. Juan Gris wird als Beispiel für einen kubistischen Künstler genannt und dessen Werk in den Kontext der diskutierten Themen eingeordnet.
Schlüsselwörter
Kubismus, Arnold Gehlen, Zeit-Bilder, Kunsttheorie, Philosophie, Erkenntnis, Form, Konnotation, Wiedererkennen, Moderne Kunst, Formalismus, peinture conceptuelle, technischer Fortschritt, Kulturtheorie.
Häufig gestellte Fragen zu "Zeit-Bilder" und dem Kubismus
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Philosophie des Kubismus im Kontext von Arnold Gehlens Werk "Zeit-Bilder". Sie bietet einen umfassenden Überblick über die philosophischen Implikationen des Kubismus, untersucht die Rolle von Erkenntnis und Form, Konnotation und Wiedererkennen und beleuchtet die Ursprünge und Probleme dieser Kunstrichtung. Die Arbeit endet mit einem kritischen Resümee.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Gehlens Kunsttheorie und ihre philosophischen Implikationen, die Rolle von Erkenntnis und Form im kubistischen Werk, das Konzept der Konnotation und des Wiedererkennens in der kubistischen Malerei, den Einfluss technischer Entwicklungen auf die moderne Kunst und die Bedeutung des Kubismus als "peinture conceptuelle".
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit besteht aus sechs Kapiteln:
- Kapitel 1 (Einleitung): Beschreibt die Zielsetzung der Arbeit und den Kontext des Kubismus als "peinture conceptuelle" im Wandel des menschlichen Bewusstseins durch technische Fortschritte.
- Kapitel 2 (Erkenntnis und Form): Erörtert Gehlens Verständnis von Erkenntnis und Form und stellt verschiedene Methoden der Erkenntnis vor.
- Kapitel 3 (Konnotation und Wiedererkennen): Behandelt die Entstehung neuer Stile durch die Verschiebung von Form und Gegenstand und erklärt den Begriff der Konnotation.
- Kapitel 4 (Ursprünge und Probleme): Untersucht die Ursprünge und Probleme des Kubismus, beleuchtet Form, Farbe, Licht, den analytischen Kubismus und die Rolle der Kuben.
- Kapitel 5 (Philosophie des Kubismus): Analysiert den Kubismus als introvertierte Kunst, untersucht das kubistische Formprinzip und die neue Definition des Bildes und beleuchtet das Werk von Juan Gris.
- Kapitel 6 (Resümee): Bietet ein kritisches Resümee der gesamten Arbeit.
Welche Rolle spielt Arnold Gehlen in dieser Arbeit?
Arnold Gehlens Werk "Zeit-Bilder" bildet den theoretischen Rahmen für die Analyse des Kubismus. Seine Kunsttheorie und soziologische Betrachtung der Kunst stehen im Mittelpunkt der Arbeit. Die Arbeit untersucht die philosophischen Implikationen von Gehlens Ansichten auf den Kubismus.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die philosophischen Grundlagen des Kubismus im Lichte von Gehlens "Zeit-Bilder" zu erläutern und einen umfassenden Überblick über seine philosophische Dimension zu bieten. Der Kubismus wird als eine "peinture conceptuelle" verstanden, die sich ohne Rückbezug auf Traditionen aus sich selbst heraus entwickelt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt?
Kubismus, Arnold Gehlen, Zeit-Bilder, Kunsttheorie, Philosophie, Erkenntnis, Form, Konnotation, Wiedererkennen, Moderne Kunst, Formalismus, peinture conceptuelle, technischer Fortschritt, Kulturtheorie.
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- Norman Franz (Author), 2013, Philosophie des Kubismus in Arnold Gehlens "Zeit-Bilder", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271333