Drei mögliche Erfolgsfaktoren zur Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungsebene

Tauglichkeitsanalyse


Bachelorarbeit, 2013

89 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Relevanz und Problemstellung
1.2. Forschungsfrage: Wie tauglich sind drei mögliche Erfolgsfaktoren bei der Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungsebene?
1.2.1. Erfolgsfaktor gemeinsame Reflexion
1.2.2. Erfolgsfaktor Umsetzungsplanung mit offenem Ergebnis
1.2.3. Erfolgsfaktor Konsequenz in der Umsetzung
1.3. Persönlicher Hintergrund – Vorannahmen
1.4. Innovationscharakter – Ziel

2. Aufbau und Methodik
2.1. Literaturrecherche
2.2. Quantitative Forschung

3. Begriffe
3.1. Management
3.2. Strategie
3.3. Strategische Planung
3.4. Ressort-/Unternehmensstrategie
3.5. Leitbild
3.6. Führungsgrundsatz
3.7. Handlungsrahmen
3.8. Vision
3.9. Steuerung
3.10. Lenkung (Steuerung und Regulierung)
3.11. Wirkungsorientierung
3.12. Wirkungsorientierte Steuerung
3.13. Wirkungsziel
3.14. Maßnahmen
3.15. Operative Ziele
3.16. Ressourcen-, Ziel- und Leistungspläne

4. Empirie
4.1. Empirie Sicherheitsgefühl
4.1.1. Subjektives Sicherheitsgefühl
4.1.2. Sicherheitsgefühl an verschiedenen Orten
4.1.3. Indikatoren, welche das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen
4.2. Zufriedenheit mit der Polizei
4.3. Umfrage Motivation und Arbeitszufriedenheit
4.3.1. Umfrage mittels Online Survey Service
4.3.2. Anonymität
4.3.3. Titel der Umfrage
4.3.4. Demographische Daten
4.3.5. Datenermittlung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter

Um die Arbeit leserfreundlich zu gestalten, wurde auf eine durchgehende Nennung beider Geschlechter verzichtet. Wo nur die männliche oder weibliche Form verwendet wird, kann davon ausgegangen werden, dass immer auch das andere Geschlecht gemeint ist.

Danksagung

Diese Arbeit ist meiner Familie gewidmet, die mich während des Studiums unterstützt hat.

Ich danke auch Frau Dr. Veronika Neumann, die mir immer mit Rat und Tat zu Seite steht.

Darüber hinaus sei auch meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Thomas JÄGER für seine Unterstützung und Bemühungen gedankt.

Kurzbiografie des Verfassers

Wolfgang Gabrutsch, MBA MBA geboren am 21.10.1968 in Villach, wohnt in St. Jakob im Rosental in einer Lebensgemeinschaft.

Der Verfasser ist leitender Polizeibeamter der Landespolizeidirektion Kärnten und leitet das Referat Dienstvollzug. Der Verfasser trägt den Dienstrang eines Oberst.

Nach der Reifeprüfung am Bundesoberstufen-Realgymnasiums in Klagenfurt absolvierte der Verfasser seinen Präsenzdienst bei der Militärmusik Kärnten.

Nach einer elfmonatigen Eignungsausbildung am Finanzamt in Klagenfurt absolvierte der Verfasser die Auswahlprüfung zum Polizeibeamten und trat seine Ausbildung bei der Bundespolizeidirektion Graz für die Bundespolizeidirektion Klagenfurt an.

Nach der Grundausbildung versah der Verfasser seinen Dienst bei der Bundespolizeidirektion Klagenfurt.

In den Jahren 1995/1996 absolvierte der Verfasser die Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres in Mödling.

In den Jahren 1996 und 1997 leitete der Verfasser die Personalabteilung des Zentralinspektorates der Bundespolizeidirektion Salzburg und war bei bedeutenden Einsätzen wie dem Papstbesuch, dem Weltwirtschaftsforum und den Chaos-Tagen in der Einsatzleitung eingesetzt.

Vom 01.01.1998 bis 01.07.2005 war der Verfasser als Kommandant der Verkehrsabteilung der Bundespolizeidirektion Villach und als stellvertretender Zentralinspektor eingesetzt.

In dieser Zeit arbeitete der Verfasser in mehreren Arbeitsgruppen des Bundesministeriums für Inneres (auch im Team04 – Zusammenführung der beiden Wachkörper Bundespolizei und Bundesgendarmerie) mit.

In der Vorbereitungs- und Umsetzungsphase der Wachkörperreform wurde der Verfasser vom Bundesministerium für Inneres als Regionaler Projektverantwortlicher für das Bundesland Kärnten eingesetzt.

Mit der Zusammenführung der beiden Wachkörper Bundespolizei und Bundesgendarmerie wurde der Verfasser mit der Leitung der Organisations- und Einsatzabteilung des Landespolizeikommandos für Kärnten betraut und ist Landestrainer für die Richtlinie für das Führungssystem der Sicherheitsexekutive in besonderen Lagen.

Der Verfasser löste während der Vorbereitungsphase im August 2007 den Regionalen Projektverantwortlichen für die Fußballeuropameisterschaft 2008 ab und übernahm dessen Projektverantwortung. Im Rahmen des Einsatzes hatte der Verfasser die Funktion des Leiters der Stabsarbeit (Chef des Stabes) und die Stellvertretung der Einsatzleiterin inne.

Von 2007 bis 2008 absolvierte der Verfasser den Lehrgang universitären Charakters „Akademischer Business Manager“ (am WIFI Klagenfurt in Kooperation mit der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) und schloss diesen im Frühjahr 2009 ab. Im Dezember 2009 schloss er den universitären Lehrgang „General Management“ am Joseph-Schumpeter-Institut und im September 2010 den universitären Lehrgang „Advanced Management“ an der Universität Klagenfurt mit je einem Master of Business Administration ab.

Im Jahr 2012 publizierte der Verfasser den Artikel „Risikomanagement“ in „Interdisziplinäre Managementforschung VIII“ der Wirtschaftsfakultät der Josip Juraj Strossmayer Universität Osijek in Kroatien und der Universität Pforzheim unter der ISSN 1847-0408 bzw. ISBN 978-953-253-105-3.

1. Einleitung

1.1. Relevanz und Problemstellung

Im Rahmen des Fachhochschul-Bachelorstudienganges „Polizeiliche Führung“ habe ich mich für die Forschung zum Thema Strategie entschieden. Obwohl oder gerade weil der Begriff „Strategie“ in manchen hierarchischen Ebene der Polizei noch immer belächelt wird oder eine Abwehrreakton auslöst, ist die Thematisierung für die Zukunft der Polizeiarbeit von besonderer Bedeutung.

Ich habe mich deshalb für den Bereich des mittleren Managements entschieden, weil Teamleiter, Gruppensprecher, Abteilungsleiter und Projektleiter der Motor eines jeden Unternehmens sind. „Ohne sie funktioniert meistens nichts. Doch sie stehen nicht im Rampenlicht. Im Gegenteil: Alle gehen davon aus, dass sie brav ihre Arbeit tun. Die Vorgesetzten verlassen sich auf sie, dass sie Strategien umsetzen und Ziele erreichen. Ihre Mitarbeiter erwarten von ihnen Führung und Motivation und beklagen sich, wenn es mal nicht so richtig läuft.“[1]

Das Bundesministerium für Inneres hat sich einem Wandel unterzogen. Ein Wandel bringt aber immer auch Unsicherheiten mit sich. So führt Huber zu dieser Situation aus: „In der Arbeitswelt vollzieht sich seit den 1990er Jahren eine Deinstitutionalisierung: Unternehmen reorganisieren sich immer schneller, Teams werden neu zusammengesetzt, Vorgesetzte wechseln relativ schnell, Unternehmen und Beschäftigungen werden instabiler, Karrierechancen schwinden in flachen Hierarchien. Das alles waren wichtige Größen für gesicherte Anerkennungen. Gleichzeitig bleibt in modernen Arbeitsgesellschaften die Arbeit eine wesentliche Quelle sozialer Anerkennung. Anerkennung ist aber ambivalent geworden, wir unterscheiden zwei Modi: erstens Würdigung, die auf Zugehörigkeit beruht, der Integration in einen Betrieb, der Entwicklung langfristiger sozialer Austauschbeziehungen in der Arbeit. In Gestalt von Dankbarkeit erkennt sie die langfristige Arbeitsleistung an, das Engagement für das Unternehmen oder für die Kollegen, etwa als Beschäftigungs- und Altersabsicherungen oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Betriebszugehörigkeit bedeutet per se Ansehen, Sicherheit oder Status […]. Davon unterscheiden wir Bewunderung als eine Anerkennung, die Differenz ausdrückt – anerkannt wird die Besonderheit, Karriere, große, herausragende Leistungen, beeindruckender Erfolg, vor allem Markt- und Verkaufserfolge. Sie setzt zwar einen gemeinsamen Bewertungshorizont voraus, bezieht sich aber eben nicht auf Zugehörigkeit: Bewunderung erregt der aktuelle Erfolg, nicht der langfristige normale Leistungsbeitrag. Diese Anerkennung ist immer kurzfristig, sie muss ständig neu erworben werden – es ist eine unsichere, fragile und „fluide“ Anerkennung.“[2]

Huber führt aber auch aus, dass ein Unternehmen nicht dazu da ist, Mitarbeitern Anerkennung zu spenden, sondern profitabel zu wirtschaften: Der Vertag „Arbeitskraft gegen Entgelt“ gilt selbst für faire Unternehmen. Unternehmen müssen sich würdigende Anerkennungen also nicht nur leisten wollen, sondern auch können. Selbst wenn es unsicher ist, ob der Spruch stimmt: „Wer Leistung sät, wird Anerkennung ernten“, bleibt doch die moralische Erwartung an die Unternehmen: „Wer keine Anerkennung sät, sollte auch keine Leistung ernten.“[3]

Auch Caye beschäftigt sich mit dem mittleren Management und führt aus: „Middle managers are critical to improving overall engagement and corporate performance. They see the vision at the top of the organization and the pain at the bottom. Middle managers, however, frequently do not have support of senior management or effective levers to do their jobs and provide assistance to their employees. In fact, for the past decade, middle managers have been cast aside or neglected. The organization of the future, however, will require this group to be strong, effective, and prepared. Middle managers, who supervise the majority of employees, are key to bringing engagement back.”[4]

De Vries stellt in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Im Brennpunkt“ folgende These auf: „Eine fundierte Strategie, also ein langfristig ausgerichtetes und planvolles Vorgehen zur Erreichung der Unternehmens-Ziele, ist die Grundlage dafür, dass ein Unternehmen nicht „irgendwo“ ankommt, sondern sich […] positionieren und […] bestehen kann.“[5]

Diese These können wir vollinhaltlich auch auf den Bereich der Bundespolizei übertragen. Zielausrichtungen in der Kriminalitätsbekämpfung, in der Verhinderung von Kriminalität oder im Bereich der Verkehrssicherheit führen zur Positionierung und der professionellen Aufgabenbewältigung durch die Polizei.

Es ist überflüssig, negativen Druck auf die Mitglieder einer Organisation ausüben, um die Strategieumsetzung zu forcieren. In zahlreichen Strategieprozessen wurde erlebt, dass Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gut durchdachte Strategie positiv aufnehmen und bereit sind, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, Veränderungen für ihren eigenen Arbeitsbereich abzuleiten und vereinbarte Maßnahmen auch umzusetzen.[6]

„Überlegungen rund um Motivation sollen eine (Teil-)Antwort auf das „Warum“ menschlichen Verhaltens liefern. Dabei stehen meist zwei Bereiche im Vordergrund: Erstens die Beibehaltung einer bestehenden oder der Wechsel zu einer neuen Verhaltensrichtung oder –qualität und zweitens die Verstärkung bzw. Intensivierung von Verhalten.“[7]

Pircher-Friedrich normiert drei Quellen der sinnorientierten Leistungsmotivation. Diese lassen sich durch die Begriffsdefinitionen von Führung, Motivation und Leistung definieren. Führen bedeutet in diesem Zusammenhang Geisteshaltungen zu entwickeln, durch die sinnvolle Rahmenbedingungen für optimale Motivationsbedingungen geschaffen werden. Motivation bedeutet in diesem Zusammenhang die richtige Geisteshaltung zur Arbeit zu entwickeln, um sein Bestes zu geben und sein volles Persönlichkeitspotential zu entfalten. Die dritte Quelle der sinnorientierten Leistungsmotivation ist die Leistung. Leisten in diesem Zusammenhang bedeutet: etwas erbringen, sich einbringen; was wir tun mit einem kräftigen „JA“ unterlegen, damit Sinnerfüllung in der Arbeit erlebt wird.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Quellen sinnorientierter Leistungsmotivation[9]

Weiters stellt Pircher-Friedrich in ihrem Buch “Mit Sinn zum nachhaltigen Erfolg“ fest: „Wenn Führende und Mitarbeiter/-innen sich der Selbstverantwortung für ihre Leistungsmotivation, ihre [sic!] Sinnfindung und ihre [sic!] Entwicklung in der Arbeit stellen, schaffen sie damit die Grundvoraussetzung für menschliches und unternehmerisches Wachstum, Lebensqualität und eine berechtigte Hoffnung auf eine gute Zukunft. Weil Sinn immer das Positive für alle Prozessbeteiligten intendiert, hat Sinnorientierung salutogene – Gesundheitserhaltenden [sic!] Charakter und führt aus der Sackgasse destruktiver Verhaltensweisen zu einer humaneren Arbeitswelt.“[10]

Für Mayrhofer ist ein besseres Verständnis von Arbeitsmotivation vor allem aus drei Gründen von besonderer Bedeutung:

- „Erstens ist es für das Überleben von Organisationen notwendig, dass Menschen in die Organisation eintreten, ihre Mitgliedschaft zumindest über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten, die ihnen übertragenen Aufgaben in einer ungefähr vorhersagbaren Weise ausführen und darüber hinaus auch kreativ, spontan und innovativ handeln. Ein besseres Verständnis motivationaler Prozesse fördert die Wirksamkeit von Gestaltungsmaßnahmen, die auf diese kritischen Punkte abzielen.

- Zweitens klaffen individuelle Interessenslagen und organisationale Zielsetzungen i.d.R. sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch des Prozesses der Zielerreichung weit auseinander. Die wenigsten Menschen haben von sich aus Interesse, zu einer bestimmten Zeit auf eine stark vorstrukturierte Art und Weise mit Personen und Rahmenbedingungen, die sie sich nicht selbst haben aussuchen können, Ziele zu verfolgen, die allerhöchstens teilweise die ihren sind. Daher ist es notwendig, die Beschäftigten wenigstens zu einem Mindestmaß für das Erreichen der Unternehmensziele anzuspornen/zu motivieren.“[11]

Eberl, Görlich und Vokenandt führen zum Thema Strategie und Ehrlichkeit aus: „Tabulose Ehrlichkeit ist Voraussetzung einer erfolgreichen Strategieumsetzung, ansonsten geht man in einem „Sumpf von Taktik und politischen Spielchen“ unter. Zu dieser Ehrlichkeit gehört auch, ein Strategiedokument nicht mit irrelevanter Historie zu überfrachten, denn die Historie wird selten mit guter Absicht beschrieben. Gern werden auch Umsetzungsvorgaben gemacht, die nur persönliche Interessen und Vorlieben widerspiegeln, auch das ist nutzlos.“[12]

1.2. Forschungsfrage: Wie tauglich sind drei mögliche Erfolgsfaktoren bei der Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungsebene?

„Der General, der eine Schlacht gewinnt, stellt vor dem Kampf im Geiste viele Berechnungen an. Der General, der verliert, stellt vorher kaum Berechnungen an. So führen viele Berechnungen zum Sieg und wenig Berechnungen zur Niederlage – überhaupt keine erst recht!“[13] führte bereits Clavell aus.

De Vries beschäftigt sich mit dem Nutzen der Stategie und stellt dazu klar: „Strategische Aussagen über die Zukunft des Unternehmens werfen bei jedem/-r Mitarbeiter/-in Fragen auf, die seine [sic!] eigene Zukunft betreffen: […] Welchen Nutzen bringt diese neue Strategie dem Unternehmen und mir persönlich?

Um diese Fragen zu beantworten und die dabei entstandenen Unsicherheiten zu überwinden, bedarf es der wiederholten persönlichen Diskussion und Auseinandersetzung der Führungskräfte mit den Mitarbeiter/-innen, anstatt einer „Einbahnstraßen-Kommunikation“ anhand verschiedener Medien. […] Es kann gelingen, die Strategie im Unternehmen zum Leben zu erwecken, wenn entscheidende systemische Zusammenhänge im weiteren Prozess berücksichtigt werden.“[14]

Somit wird hier die Forschungsfrage gestellt, wie tauglich die drei möglichen Erfolgsfaktoren, „Gemeinsame Reflexion“, „Umsetzungsplanung mit offenem Ergebnis“ und „Konsequenz in der Umsetzung“, die De Vries beschreibt, bei der Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungseben sind.

1.2.1. Erfolgsfaktor gemeinsame Reflexion

De Vries führt weiter aus, dass niemand, und erst recht kein Medium, die neue Strategie glaubwürdiger vermitteln können, als diejenigen, die sie selbst entwickelt haben. „In der Regel wird die Strategie von der Geschäftsleitung entwickelt und sollte als „subjektiv beste Lösung“ auch von dieser an alle Mitglieder der Organisation vermittelt werden. Häufig wird diese Aufgabe aber an die Führungskräfte der zweiten Ebene delegiert. Dann muss im Vorfeld dieser „zweitbesten Lösung“ zumindest die gemeinsame Reflexion zwischen Geschäftsleitung und diesen Führungskräften gewährleistet sein. Der Führungskraft müssen dabei die Auswirkungen der Unternehmens-Strategie auf den eigenen Organisations-Bereich deutlich werden, damit sie für sich eine eigene Bereichs-Strategie daraus ableiten kann. Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht in der gemeinsamen Reflexion nicht darum, die Strategie in Frage zu stellen. Die Strategie ist für diejenigen, die sie nicht formuliert und entschieden haben, nicht diskutabel. Sie ist der festgelegte Rahmen für die Ausrichtung des gesamten Unternehmens und jedes einzelnen Organisations-Bereichs. Dieser Umstand muss unmissverständlich kommuniziert werden!“[15]

1.2.1.1. Detaillierte Darstellung der neuen Strategie

De Vries führt in seinem Artikel „Drei Erfolgsfaktoren zur Strategiearbeit auf mittlerer Ebene“ weiter aus: „Die gemeinsame Reflexion dient vielmehr der detaillierten Auseinandersetzung mit der neuen Strategie. Jede Führungskraft und jeder/-e Mitarbeiter/-in der Organisation soll hier Klarheit gewinnen, welche Auswirkungen die Strategie im eigenen Organisations-Bereich hat und was die Strategie für ihn persönliche bedeutet; und so ein klares Bild der Details der Zukunft entwickeln.

Diese Klarheit bedeutet natürlich nicht zwangsläufig Einverständnis mit der neuen Strategie. Führungskräfte und Mitarbeiter/-innen, die die Strategie offen oder verdeckt nicht mittragen, werden im weiteren Verlauf zu Bremsern des Gesamt-Prozesses. Mit ihnen kommt es beispielsweise zu wiederkehrenden Konflikten oder sie fühlen sich selbst mit den neuen Anforderungen überfordert und blockieren trotz Unterstützungsangeboten Veränderungen im eigenen Bereich. Die unausweichliche Trennung voneinander wird dann von beiden Seiten meist viel zu lange hinausgezögert. Die in der gemeinsamen Reflexion erzielte Klarheit kann helfen, notwendige Entscheidungen frühzeitig zu treffen.“[16]

1.2.1.2. Austausch

Gruppen von 3 bis 5 Personen, die nicht jeden Tag miteinander zu tun haben, beantworten sich gegenseitig folgende Fragen:

"Was habe ich Relevantes zur neuen Strategie gehört? Was bedeutet das Gehörte für mich?

"Welche Chancen ergeben sich durch die neue Strategie für unser Unternehmen, für unseren Bereich, für mich? Welche Risiken ergeben sich?"

"Welche Stärken unseres Unternehmens /Bereiches können wir einsetzen, um die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren?"

1.2.1.3. Offene Fragen

Zum Abschluss beantwortet jeder Teilnehmer für sich die Frage:

"Welche Fragen habe ich noch zur neuen Strategie?"

1.2.2. Erfolgsfaktor Umsetzungsplanung mit offenem Ergebnis

Nach der gemeinsamen Reflexion der neuen Unternehmens- und Bereichs-Strategie geht es im weiteren Prozess um die Umsetzung derselben. Hierbei haben Führungskraft und Mitarbeiter/-in die Möglichkeit, konkrete Umsetzungswege und Maßnahmen für den eigenen Bereich selbstverantwortlich zu entwickeln und zu vereinbaren, also ein gemeinsames „Bild“ in den vorhandenen Rahmen zu „malen“.

1.2.2.1. Partnerinterview

Ein erfolgreiches Mittel für den weiteren Prozess ist das Partnerinterview, bei dem folgende Fragen hilfreich sind:

"Wann hast DU in unserem Unternehmen /unserem Bereich bereits Punkt XY (z.B. "schnelle Produkteinführung", "hohe Beratungsqualität" ...) der Strategie erlebt?"

"Was ist genau geschehen?"

"Was machte dies möglich?"

"Was war DEIN Anteil daran?"

1.2.2.2. Bild der Zukunft entwickeln

Nach dem Partnerinterview wird von jedem Teilnehmer SEIN Bild der der Zukunft mit Hilfe der folgenden Fragen entwickelt:

"Angenommen, wir setzen in 5 Jahren noch mehr dieser positiven Beispiele und wir haben die neue Strategie umgesetzt und unsere Ziele erreicht:

"Was machen wir dann genau?"

"Was machen wir anders als heute?"

"Was hat sich bei Punkt XY der Strategie im Detail verändert?"

1.2.2.3. Maßnahmen ableiten

Die persönlichen Bilder werden im Plenum präsentiert und mit Unterstützung der Frage:

"Welche Maßnahmen können wir heute umsetzen, um dieses Bild in der Zukunft zu erreichen?", werden Maßnahmen beschlossen.

1.2.2.4. Maßnahmen vereinbaren

Die Maßnahmen werden in einer Matrix mit folgendem Inhalt vereinbart: Wer macht was mit wessen Unterstützung / Beteiligung bis wann?

1.2.3. Erfolgsfaktor Konsequenz in der Umsetzung

Das Umfeld von einem solch komplexen Thema wie der neuen Unternehmensstrategie zu überzeugen ist nur möglich, wenn man selbst vom Nutzen und der Umsetzbarkeit der für den eigenen Bereich verwertbaren Maßnahmen überzeugt ist. Nur wer sich als Führungskraft im Vorfeld des gemeinsamen Prozesses selbst intensiv genug mit der neuen Strategie und deren Auswirkungen auf den eigenen Bereich auseinandergesetzt hat, findet in der Diskussion mit den Mitarbeiter/-innen starke Argumente und hat dabei die nötige Authentizität.

Viele Strategien scheitern in dieser kritischen Phase, weil man zwar von den anderen erwartet, sich an die Vereinbarungen zu halten, selbst aber gute Gründe findet, dies nicht zu tun. Dies spricht dafür, sich gemeinsam nicht zu viel vorzunehmen und lieber weniger, aber dafür umsetzbare Vereinbarungen zu treffen.

Gemeinsame Reflexion, Unternehmensplanung und Konsequenz in der Umsetzung erfordern von Führungskräften viel Energie und Zeiteinsatz sowie in hohem Maße Geduld und Gelassenheit. Dieser Einsatz wird belohnt durch tragfähige Lösungen, mit denen Führungskräfte und Mitarbeiter/-innen einen gemeinsamen Beitrag zur Umsetzung der Unternehmensstrategie liefern.[17]

1.3. Persönlicher Hintergrund – Vorannahmen

Aufgrund meiner Tätigkeit als Leiter des Referates Dienstvollzug im Büro Organisation, Strategie und Dienstvollzug der Landespolizeidirektion Kärnten bin ich den Strategieprozess involviert. Immer wieder stelle ich fest, dass die Strategieinhalte zwar bekannt sind, jedoch kommt es in einigen Bereichen zu keiner bzw. einer imaginären Umsetzung; insbesondere der Sinn der Maßnahmen ist nicht bis ins Detail bekannt.

1.4. Innovationscharakter – Ziel

Das Ziel ist es, eine Möglichkeit zu schaffen, Kommandanten von Polizeiinspektionen, Fach- und Sachbereichsleitern das Vertrauen in den Strategieprozess zu geben und ihnen entsprechende Anleitungen für die Umsetzung von Maßnahmen bereitzustellen.

2. Aufbau und Methodik

2.1. Literaturrecherche

Für die Erkenntnisgewinnung war eine umfassende Literaturrecherche notwendig. Diese erstreckte sich sowohl auf wissenschaftliche als auch auf berufsspezifische Literatur.

2.2. Quantitative Forschung

Die Forschung wurde auf zwei Säulen aufgebaut: Einerseits wurde auf bestehende aktuelle KIRAS-Forschungen, IFES- und IMAS-Studien zurückgegriffen und andererseits wurde eine quantitative Umfrage bei Polizeiinspektionskommandanten (PI-Kdt) sowie Fach- und Sachbereichsleitern der Landespolizeidirektion Kärnten durchgeführt.

3. Begriffe

Vor dem Eingehen auf die eigentliche Fragestellung wird der Fokus auf die Grundlagen zu dieser Thematik gelegt

3.1. Management

Malik definiert Management folgendermaßen: „Management ist die Transformation von Ressourcen in Nutzen - durch Gestaltung, Regulierung, Lenkung und Entwicklung von komplexen gesellschaftlichen Systemen.“[18] Weiters führt er aus: „Der Begriff >Management< kann auf verschiedene Weise verstanden werden:

Erstens, als eine Funktion, die es in jeder Art von Organisation gibt und geben muss, damit diese funktionieren kann. Das ist die sogenannte funktionelle Dimension von Management. Sie ist weder an Personen noch an organisatorische Elemente gebunden. Diese Funktion ist mit den Sinnesorganen nicht wahrnehmbar. Sie wird durch ein bestimmtes Handeln von Menschen verkörpert und wird dadurch wirksam.

Zweitens kann man den Begriff >Management< verstehen im Sinne der Summe von juristisch und/oder organisatorisch definierten Organen einer Institution. Gemeint ist dann zum Beispiel der Vorstand einer Aktengesellschaft, die Geschäftsführung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Regierung eines Landes, das Rektorat einer Universität. Man spricht hier von der institutionellen Dimension. Dazu gehören auch eine erweiterte Geschäftsleitung, eine Gruppenleitung, ein Führungskreis oder eine Partnerkonferenz. Wenn es um gesetzlich vorgeschriebene und/oder höhere Organe geht, sind die Zuständigkeiten, Rechte, Pflichten und Haftungen durch Reglements wie Gesetze, Statuten oder Satzungen geregelt. Für andere organisatorische Einheiten werden sie durch Hausverstand und Gewohnheit geklärt.

[...]


[1] (Fleig, 2013)

[2] (Huber, 2011, S. 60)

[3] Vgl. (Huber, 2011, S. 63)

[4] (Caye, et al., 2013, S. 2)

[5] (De Vries, 2008, S. 8)

[6] Vgl. (De Vries, 2008, S. 9)

[7] (Mayrhofer, 2009, S. 96)

[8] Vgl. (Pircher-Friedrich, 2007, S. 193)

[9] Vgl. (Pircher-Friedrich, 2007, S. 193)

[10] (Pircher-Friedrich, 2007, S. 193)

[11] (Mayrhofer, 2009, S. 98 f.)

[12] (Eberl, Görlich, & Volkenandt, 2012, S. Position 893)

[13] (Clavell, 2008, S. 22)

[14] (De Vries, 2008, S. 9)

[15] (De Vries, 2008, S. 10)

[16] (De Vries, 2008, S. 10 f.)

[17] Vgl. (De Vries, 2008, S. 12)

[18] (Malik, Management - Das A und O des Handwerks, 2007, S. 299)

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Drei mögliche Erfolgsfaktoren zur Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungsebene
Untertitel
Tauglichkeitsanalyse
Hochschule
Fachhochschule Wiener Neustadt  (Polizeiliche Führung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
89
Katalognummer
V272272
ISBN (eBook)
9783656643531
ISBN (Buch)
9783656644446
Dateigröße
10672 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strategie, mittlere Führungsebene, Erfolgsfaktor, sinnorientierte Leistungsorientierung, Topic_Polizei
Arbeit zitieren
Wolfgang Gabrutsch (Autor:in), 2013, Drei mögliche Erfolgsfaktoren zur Strategiearbeit auf mittlerer polizeilicher Führungsebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272272

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