„Die zahlreichen Anmerkungen zum Übersetzen kreisen im Grunde immer um den grundsätzlichen Streit zwischen der abbildend-wörtlichen und der sinngemäßübertragenden, also der ‚treuen’ und der ‚freien’ Übersetzung.“
Im Prinzip wird dieser Streit um die Grundfrage geführt, ob sich eine Translation der Ausgangs- oder der Zielsprache zu verpflichten hat. Die zentrale Frage lautet folglich: Besteht das Ziel einer Translation darin, den Duktus des Originals zu erhalten und ihn in wortgetreuer Übersetzung einem breiteren Publikum der Zielsprache verständlich zu machen oder ein zweites Original zu erschaffen, das dem ersten zwar im Sinn entspricht, diesen aber unter Beachtung der sprachlich-kulturellen Konventionen des Zielpublikums realisiert. In diesem grundsätzlichen Streit der Translationstheorien nimmt die Synchronisation von Filmen/Fernsehspielen eine Sonderrolle ein. Trotz oder gerade wegen dieser Sonderrolle wurde sie in der bersetzungswissenschaftlichen Untersuchung bisher weitgehend vernachlässigt. Während bei anderen Übersetzungsformen (frei) gewählt werden kann, ob sich das Translat mehr oder weniger wortgetreu nach dem Original richten soll, ist dies bei der Synchronisation im Prinzip bereits vorgegeben. Da die Bildspur auch in der synchronisierten Fassung für gewöhnlich unverändert bleibt, muss sich die Übersetzung des Textes den Regeln der Synchronität unterwerfen, um sprachlich realisiert werden zu können. Die denotative Ebene des Begriffs „Synchronisation“ verleitet hierbei dazu, lediglich an eine zeitliche Synchronisierung von Bild- und Tonspur/Sprachspur zu denken, dass also lediglich eine Übersetzung gefunden werden muss, die zeitlich auf die Sprechlänge des Schauspielers passt. Es muss jedoch nicht nur auf eine Anpassung an zeitlich synchrone Abläufe wie die Dauer der Lippenbewegung Wert gelegt werden. Der Zieltext muss auch in seiner sprachlichen Realisierung zum gesamten Habitus des Schauspielers und zur allgemeinen Stimmung der gezeigten Szene passen. Es entsteht somit eine Form der Übersetzung, die weniger der Maxime übersetzerischer Äquivalenz3 als der Synchronität Rechnung tragen muss. Dies führt wiederum zu einem Zieltext, der in den seltensten Fällen ein wortnahes Translat des Ausgangstextes darstellt und in Extremfällen sogar im krassen Widerspruch dazu steht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Untersuchungsmaterial
- Bearbeitung des Untersuchungsmaterials
- Allgemein-übersetzungswissenschaftliche Theorien und deren Anwendung auf die Synchronisation
- Die strukturalistische Betrachtungsweise
- Die prototypologische Betrachtungsweise
- Die texttypologische Betrachtungsweise
- Die soziokulturelle Betrachtungsweise
- Ausgewählte Aspekte der „parole-Übersetzung“
- Auditive Aspekte
- Die Stimme
- Der Akzent
- Visuelle Aspekte
- Mimik und Gestik
- Lippensynchronität
- Quantitative/Temporale Lippensynchronität
- Qualitative Lippensynchronität
- Beschreibung des kulturellen Transfers an Hand der rhetorischen Figurenlehre
- Einzelne Grundtypen der Filmsynchronisation
- Gesprochene, gesungene Worte (Auslassungen)
- Gesprochene, gesungene Worte (Hinzufügungen)
- Gesprochene, gesungene Worte (Austausch)
- Geräusche (Übernahme)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den kulturellen Transfer vom Englischen ins Deutsche bei der Synchronisation von Spielfilmen. Sie analysiert eine eigens synchronisierte Szene aus dem Film Down by Law, um die spezifischen Herausforderungen und Strategien der Übersetzung in diesem Kontext zu beleuchten.
- Die Rolle der Synchronisation im Kontext der Übersetzungswissenschaft
- Die Beziehung zwischen Bild- und Tonspur bei der Synchronisation
- Die Bedeutung der „parole“ und der „langue“ im Übersetzungsprozess
- Die Analyse der Synchronisation anhand der rhetorischen Figurenlehre
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten des kulturellen Transfers bei der Synchronisation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung der Synchronisation als Sonderform der Übersetzung, die sich sowohl an der Ausgangs- als auch an der Zielsprache orientiert. Sie führt den Leser in die zentralen Fragestellungen der Arbeit ein und erläutert die gewählte Vorgehensweise. Kapitel 2 beschreibt das Untersuchungsmaterial – eine Szene aus dem Film Down by Law – und die angewandte Methode der Übersetzungswissenschaftlichen Analyse. Kapitel 3 widmet sich den wichtigsten Theorien der Übersetzungswissenschaft und deren Anwendung auf die Synchronisation. Kapitel 4 betrachtet auditive und visuelle Aspekte der „parole-Übersetzung“, insbesondere die Stimme, den Akzent und die Lippensynchronität. Kapitel 5 beschreibt den kulturellen Transfer anhand der rhetorischen Figurenlehre und analysiert die verschiedenen Grundtypen der Filmsynchronisation.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die Thematik der Synchronisation von Spielfilmen mit Fokus auf den kulturellen Transfer vom Englischen ins Deutsche. Zentrale Begriffe sind Übersetzungswissenschaft, „parole“, „langue“, rhetorische Figurenlehre, Bild- und Tonspur, Stimme, Akzent, Lippensynchronität, Kulturelle Unterschiede und Übersetzungstypen.
- Arbeit zitieren
- Thomas De Filippi (Autor:in), 2014, Found in Translation. Interkulturelle Verständigung durch die Synchronisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272791