Dexter. Eine parasoziale Beziehung zu einem Serienkiller?


Trabajo Escrito, 2010

13 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Parasoziale Interaktion und parasoziale Beziehung

3 DEXTER

4 PSI-Prozesse bei DEXTER
4.1 Perzeptiv-kognitive PSI-Prozesse
4.2 Affektive PSI-Prozesse
4.3 Konative PSI-Prozesse

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Diese Arbeit befasst sich mit den Grundzügen von parasozialen Interaktionen (PSI) und parasozialen Beziehungen (PSB), die seit ihrer Einführung vor 60 Jahren einen hohen Stellenwert innerhalb der Rezeptionsforschung genießen.1 Darüber hinaus werden die Gründe und Einflüsse parasozialer Effekte und Prozesse anhand der US-amerikanischen Serie DEXTER2 genauer betrachtet und der Frage nachgegangen, ob es möglich ist, eine parasoziale Beziehung zu einem Serienkiller aufzubauen.

2 Parasoziale Interaktion und parasoziale Beziehung

Will man sich dieser Fragestellung nähern, gilt es zunächst zu klären, was man unter PSI und PSB versteht. Festzuhalten ist, dass beide „dominante Konzepte in der kommunikationswissenschaftlichen Rezeptionsforschung“3 darstellen und in nahezu allen Medien vorkommen können.4 Geprägt wurden sie insbesondere durch Donald Horton und R. Richard Wohl,5 die dem Medium Fernsehen in diesem Zusammenhang eine gesonderte Position innerhalb der Massenmedien attestierten,6 „da es als audiovisuelles Medium die Illusion einer face-to-face- Situation zwischen Zuschauer/inne/n und Darstellern bzw. Akteuren“7 ermögliche. PSI und PSB sind die Prozesse, die während einer solchen face-to-face-Interaktion stattfinden können. Sie bilden eine Interaktionsform, die der face-to-face-Situation ähnelt, jedoch einige soziale Elemente nicht beinhaltet.8

Die Differenz zwischen PSI und PSB besteht in ihrer Intensität und ist rezeptionsgebunden.9 PSB kann dabei als Folge der PSI gesehen werden, die „zu stabileren Beziehungsgefügen, […], führen kann“10. Diese äußern sich dadurch, dass eine Kette von Interaktionen in Kraft tritt, die das Verhältnis zwischen Medienfigur und Rezipient prägt. Weiterhin besteht eine Interaktion zwischen Rezipient und der Medienfigur immer nur scheinbar, da letztere nicht die Möglichkeit hat, auf Handlungen des Zuschauers zu reagieren.11

Dennoch scheint es, als würden Interaktionen mit Medienfiguren ähnliche Prozesse auslösen, wie mit realen Personen.12 Gründe für dieses Phänomen sehen Kommunikationswissenschaftler insbesondere darin, dass auf der Wahrnehmungsebene des Rezipienten „minimale Faktoren ausreichen, um die Illusion einer sozialen Entität“13, einer so genannten Persona,14 herzustellen, weshalb die Zuschauer auch auf „deutlich von der Wirklichkeit abweichende Abbildungen sozial reagieren“15. Hervorzuheben ist dabei, dass sich der Rezipient im Zuge einer PSI der Medialität der Persona bewusst ist.16 Andernfalls sprechen Horton und Wohl von einer pathologischen Interaktion. 17 Dies trifft jedoch nicht zu, falls der Rezipient in Einzelsituationen kurzzeitig die Medialität der Persona vergisst.18

Als entscheidende Voraussetzung für jede Interaktion, und somit auch für PSI, gilt die individuelle Personenwahrnehmung des Rezipienten.19 Während dieses Prozesses selektiert der Zuschauer automatisch und unbewusst „aus einer Vielzahl an Sinneseindrücken und fügt bestimmte Informationen zu einem ersten kohärenten Bild, zu einer sozialen Entität, zusammen“20. Grund dafür ist, dass der Zuschauer dabei auf sein bisheriges Verhaltens- und Reaktionsrepertoire in interpersonalen Situationen zurückgreift und es auf ähnliche Situationen, wie zum Beispiel den Fernsehkonsum, anwendet.21 Dabei hängt die Wahrnehmung sowohl vom Rezipienten, als auch vom Medienangebot ab.22 So können beispielsweise Erwartungen und Bedürfnisse des Rezipienten und besondere Reize des Medienangebots die Selektierung beeinflussen.23

Wird eine Medienpersona innerhalb des Angebots vom Zuschauer als solche wahrgenommen und identifiziert, so folgt PSI unweigerlich.24 Der Rezipient kann sich der PSI, auf Grund der unbewussten und automatisierten Prozesse, nicht entziehen,25 vorausgesetzt der Rezipient empfindet die Persona nicht als bedeutungslos.26 Allerdings kann der Zuschauer jederzeit aus der Interaktion aussteigen, was bei einer zwischenmenschlichen Interaktion weniger einfach zu vollziehen ist.27 Durch diesen Mangel an Abhängigkeit zwischen Rezipient und Medienpersona entstehen neue Freiräume für Handlungen innerhalb der PSI,28 wie zum Beispiel Beschimpfungen, die in wirklichen sozialen Situationen als unangemessen gelten würden. […] Regeln und Zwänge des zwischenmenschlichen Umgangs werden für die Zeit der Rezeption unbedeutend.29

Ein weiterer wichtiger Aspekt der PSI ist, dass sie sozial weniger aktiven Menschen, die wegen privater Umstände aus dem wirklichen Leben flüchten möchten, dennoch die Möglichkeit bietet, sozial zu interagieren.30 Hinzu kommt, dass Menschen auf Grund ihres tristen Alltags und oft unzufriedenen Lebens das Bedürfnis haben, über Medien zumindest für eine bestimmte Zeit aus der Realität auszusteigen, um sich reizvollen, interessanten und schönen Welten phantasievoll hinzugeben.31

Das Medium oder die PSI stellt also ebenso eine Flucht- oder Ausweichmöglichkeit dar. Neben der Funktion als ein der PSI vorausgehendes Phänomen, kann die Personenwahrnehmung den Rezipienten auch im Zeitraum des Aufbaus oder während der PSI beeinflussen.32 Dabei können mehrere PSI-Teilprozesse in Kraft treten, die es im Folgenden an Hand der Fernsehserie DEXTER zu erläutern gilt.

3 DEXTER

Die Geschichte der Serie DEXTER befasst sich mit dem gleichnamigen Hauptprotagonisten Dexter Morgan (Dexter),33 der neben seiner Tätigkeit als Blutanalyst des Miami Metro-Police Departement ein Serienkiller ist. Bei seinen Morden agiert er nach einem Code, der ihm von seinem Vater Harry Morgan gelehrt wurde. Dieser Code soll sicherstellen, dass Dexter nur Personen umbringt, die zum Abschaum der Gesellschaft gehören und den Tod verdient haben. Um sein wahres Ich seinen Mitmenschen gegenüber zu verbergen, hat sich Dexter im Laufe der Jahre eine Illusion seiner Selbst geformt und schafft es, als durchschnittliches Mitglied der Gesellschaft durch das Leben zu gehen, ohne dass diese seine dunkle Seite wahrnimmt. Er verschafft sich mit Hilfe dieser Illusion soziale Beziehungen, beispielsweise mit seiner Freundin Rita Bennett34 oder seiner Adoptivschwester Debra Morgan35 . Der Zuschauer ist, bis auf wenige Ausnahmen, die einzige Person, die Dexter so sieht, wie er wirklich ist. Im Zuge der Geschichte kommt es immer wieder zu neuen sozialen Beziehungsgeflechten oder Handlungen, die Dexter herausfordern und mit denen er umgehen muss.

[...]


1 Vgl. Hartmann, Tilo/Schramm, Holger/ Klimmt, Christoph: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion. In: Publizistik 49 (2004), Heft 1, S. 25-47, hier: S. 25.

2 DEXTER , USA 2006-2010, R: Michael Cuesta (Produzent: Robert Llyod Lewis), Erstausstrahlung (USA): 01.10.2006, Deutschsprachige Erstausstrahlung: 01.08.2008.

3 Hartmann, Tilo/Schramm, Holger/ Klimmt, Christoph: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren. In: Publizistik 47 (2002), Heft 4, S. 436- 459, hier: S. 436.

4 Vgl. ebd., S. 442.

5 Vgl. ebd., S. 436.

6 Vgl. Horton, Donald/Wohl, R. Richard: Mass Communication and Para-social Interaction: Observations on Intimacy at a Distance. In: Psychiatry 19 (1956), S. 215-229, hier: S. 215.

7 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 438.

8 Vgl. ebd., S. 439.

9 Vgl. ebd., S. 440f.

10 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 438.

11 Vgl. ebd.

12 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion, S. 26.

13 Ebd.

14 Vgl. Horton, Donald/Wohl, R. Richard: Mass Communication and Para-social Interaction: Observations on Intimacy at a Distance, S. 216.

15 Hartmann/Schramm/Klimmt: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion, S. 26.

16 Vgl. ebd., S. 25.

17 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 439f.

18 Vgl. ebd., S. 439f.

19 Vgl. ebd., S. 445.

20 Edb., S. 445.

21 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion, S. 27.

22 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 445f.

23 Vgl. ebd., S. 445f.

24 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion, S. 37.

25 Vgl. ebd., S. 29.

26 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 445.

27 Vgl. ebd. S. 451.

28 Vgl. Horton, Donald/Wohl, R. Richard: Mass Communication and Para-social Interaction: Observations on Intimacy at a Distance, S. 222.

29 Hartmann/Schramm/Klimmt: Desiderata und Perspektiven der Forschung über parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu Medienfiguren, S. 451

30 Vgl. ebd.

31 Ebd.

32 Vgl. Hartmann/Schramm/Klimmt: Personenorientierte Medienrezeption: Ein Zwei-Ebenen-Modell parasozialer Interaktion, S. 30.

33 Dexter Morgan (Dexter Moser) wurde als vierjähriges Kind von Harry Morgan, Polizist des Miami Metro-Police Departements, an einem Tatort gefunden und einige Jahre später adoptiert. Bedingt durch das Trauma, das Dexter während dieses Vorfalls erlitten hat, spürt er das Verlangen Lebewesen - erst Tiere, dann auch Menschen - zu töten. Im Laufe der Serie erfährt der Zuschauer mehr über Dexters Vergangenheit, wodurch sich neue Geschichts- und Beziehungskonstellationen ergeben.

34 Rita Bennett ist Dexters Freundin. Sie ist, auf ihre Weise, ebenso geschädigt, wie Dexter, weshalb er in ihr die perfekte Partnerin sieht. Sie wurde von ihrem Mann, der im Gefängnis eine Haftstrafe absitzt, mehrfach vergewaltigt und missbraucht. Aus der Ehe mit ihrem Mann gingen zwei Kinder hervor, Astor und Cody. Für sie wird Dexter eine Art Ersatzvater. Die Familie gewinnt von Staffel zu Staffel immer mehr Bedeutung in Dexters Leben und zeigt ihm neue soziale Verhaltensweisen an sich auf, die er bis dahin nicht kannte.

35 Debra Morgan ist Dexters Adoptivschwester und, laut Dexter, die einzige Person, für die er Gefühle haben würde, wenn er welche hätte. Sie ist ebenso wie ihr Vater Polizist des Miami Metro-Police Departements. Durch die Mithilfe ihres Adoptivbruders, der ihr mit Rat und Tat zur Seite steht, und ihrem hohen Engagement schafft sie es, Mitglied der Mordkommission zu werden, wodurch sie in der zweiten Staffel maßgeblich an der Fahndung des Bay Harbor Butchers, Dexter, beteiligt ist.

Final del extracto de 13 páginas

Detalles

Título
Dexter. Eine parasoziale Beziehung zu einem Serienkiller?
Universidad
University of Cologne  (Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft)
Curso
Übung: Einzelmedien und mediale Verbundsysteme – Fernsehen
Calificación
1,7
Autor
Año
2010
Páginas
13
No. de catálogo
V272943
ISBN (Ebook)
9783656651116
ISBN (Libro)
9783656651055
Tamaño de fichero
455 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
dexter, eine, beziehung, serienkiller
Citar trabajo
Christian Kresse (Autor), 2010, Dexter. Eine parasoziale Beziehung zu einem Serienkiller?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272943

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