Gruppenentscheidungen in der Beobachterkonferenz im Assessment Center

Verfahrensvorschläge zur Verbesserung der Entscheidungsqualität


Dossier / Travail, 2014

18 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärungen
2.1. Assessment Center
2.2. Beobachterkonferenz

3. Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen
3.1. Gruppendenken
3.2. Effekt des gemeinsamen Wissens

4. Zwei mögliche Gefahren von Fehlentscheidungen in der Beobachterkonferenz
4.1. Die Ausgangssituation
4.2. Fehlentscheidungen aufgrund des Gruppendenkens
4.3. Fehlentscheidungen aufgrund des Effekts des gemeinsamen Wissens

5. Handlungsempfehlungen für die Durchführung der Beobachterkonferenz

6. Stellungnahme und Einschätzung der Machbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen

7. Anhang
7.1. Literaturverzeichnis
7.2. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

"Mit der falschen Mannschaft an Bord ist keine Regatta zu gewinnen, mag das Boot noch so gut sein und der Wind auch aus der besten Richtung blasen." (Prof. Heinrich Schuler)

Dieses Zitat des Personalpsychologen Prof. Heinrich Schuler zeigt, wie wichtig die Auswahl eines geeigneten Teams. Dies gilt nicht nur für eine Regatta, sondern auch für Unternehmen der Wirtschaft bei der Personalauswahl. In seinem Konzept des Person-Environment Fit fordert von Rosenstiel daher auch, dass die Eignung der Person und die Anforderungen des Arbeitsplatzes übereinstimmen müssen (nach Scholz, 2009, S. 931). Durch einen geeigneten Prozess während der Personalauswahl sollten Unternehmen genau diese Übereinstimmung bei der Einstellung eines Mitarbeiters[1] sicherstellen. Es gibt jedoch zwei Fehler, die den Verantwortlichen der Personalauswahl unterlaufen können: Ein für die Stelle unpassender Bewerber wird angenommen (Fehler erster Art) oder ein passender Bewerber wird abgelehnt (Fehler zweiter Art) (nach Nerdinger, Blickle & Schaber, 2011, S. 244). Die Folgen von Fehlern erster Art können sowohl eine hohe Fluktuationsrate als auch eine steigende Anzahl an inneren Kündigungen sein. Beides hat für das Unternehmen weitreichende Konsequenzen. Mit jedem Mitarbeiterwechsel geht dem Unternehmen Knowhow verloren und eine hohe Fluktuationsrate könnte langfristig negative Auswirkungen auf das Image eines Unternehmens haben (Nink, 2014, S. 15). Weiterhin entstehen nicht unerhebliche Kosten für die Neubesetzung einer Stelle. Das folgende Schaubild zeigt diese Zusatzkosten, gestaffelt anhand von Einkommensklassen (EK):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1 Wiederbeschaffungskosten einer Stelle (Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, 2005, S. 13)

Weitere Kosten entstehen, wenn ungeeignete Mitarbeiter ihre Stelle als frustrierend wahrnehmen. Geringer werdende Motivation und Unzufriedenheit können in einem schleichenden Prozess zur inneren Kündigung führen (Bartscher, 2014). "Die volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund von innerer Kündigung belaufen sich auf eine Summe zwischen 98,5 und 188,4 Milliarden Euro jährlich." (Nink, 2014, S. 11)

Aus den genannten Gründen sollte es für Unternehmen im eigenen finanziellen Interesse liegen die Güte der Entscheidungen bei der Personalauswahl stetig zu verbessern.

Die bei Entscheidungen auftretenden Probleme und Möglichkeiten diese zu minimieren, werden im Folgenden konkret anhand der Entscheidungen der Beobachterkonferenz in Assessment Centern dargestellt.

2. Begriffsklärungen

2.1. Assessment Center

„Die AC-Methode gleicht vielfach einem Mysterium, einem Geheimnis, einer geheimen Kultur, eines nur den Eingeweihten bekannten und von diesen allein auszuübenden Ritus.“ (Schumacher, 2009, S.20)

Die DIN 33430, deren Ziel es ist, mit einheitlichen Standards zur Eignungsbeurteilung die Qualität von Personalentscheidungen zu verbessern (Klug, 2012, S. 1), definiert das Assessment-Center (im Folgenden mit AC abgekürzt) nicht als Mysterium, sondern als ein „systematisches Verfahren um (Verhaltens-)Leistungen festzustellen, bei dem von mehreren geschulten Beobachtern gleichzeitig mehrere Kandidaten beobachtet und beurteilt werden.“ (Reimann, 2009, S. 56) Bei Gruppenassessments werden wie beschrieben mehrere Kandidaten beobachtet. Bei der Sonderform des Einzelassessments erfolgt dies nur für einen einzelnen Kandidaten (Kanning, 2002, S. 527). Das AC kann sowohl für die externe und interne Personalauswahl genutzt werden (Kanning, 2002, S. 527) als auch in der Mitarbeiterentwicklung (Schuler, 2006, S. 162). Im Vergleich zu anderen Verfahren der Personalauswahl ist das AC ein sehr kostenintensives Verfahren. Die Zielgruppe wird daher in den meisten Unternehmen aus potentiellen (Nachwuchs-) Führungskräften bestehen (Kanning, 2002, S. 527). In einem idealtypischen AC durchlaufen die Teilnehmer verschiedene realitätsnahe Arbeitssituationen und Rollenspiele, bearbeiten Fallstudien und präsentieren alleine oder in der Gruppe ausgearbeitete Vorträge (Obermann, 2013, S. 1).Von den in der Literatur beschriebenen Musterformen weichen die in der Praxis eingesetzten Verfahren jedoch häufig ab (Schuler, 2006, S. 161). Ein Verfahren, dass entworfen wurde um die Eignung von Bewerbern beurteilen zu können, ist nach Schuler oft nur noch eine „Spielwiese für Laien“ (Schuler, 2007, S. 27).

2.2. Beobachterkonferenz

Während Kandidaten verschiedene Stufen eines ACs durchlaufen, werden sie von Beobachtern bewertet und beurteilt. Vielfach wird eine strikte Trennung von Beobachtung und Beurteilung bzw. Bewertung gefordert (z.B. Eck, 2007, S. 167; Schumacher, 2009, S. 87; Achouri, 2007, S. 31), allerdings "ist die Forderung nach Trennung zwischen Beobachtung und Beurteilung [...] eine sehr theoretische“ und „ scheint eher zum Gruppenbildungsprozess von AC-Verantwortlichen zu gehören.“ (Obermann, 2013, S. 165).

Die Zusammensetzung bezüglich des beruflichen Hintergrundes der Beobachtergruppe als auch die Anzahl der Beobachter können hierbei variieren. Einigkeit besteht darüber, dass pro Kandidat zwei Beobachter eingesetzt werden sollen (Eck, 2007, S. 18; Schumacher, 2009, S. 63; Achouri, 2007, S. 23). Dies sind meist Führungskräfte des Unternehmens bzw. der Abteilung, für die neue Mitarbeiter gesucht werden, sowie Psychologen oder erfahrene Personalberater (Schumacher, 2009, S.105). Die Forderung, dass Führungskräfte zwei Hierarchiestufen über der zu besetzenden Stelle stehen sollen (Schumacher, 2009, S. 105; Achouri, 2007, S. 23) kann und möchte sicher nicht von jedem Unternehmen erfüllt werden.

Die Beobachterkonferenz erfolgt klassisch als Abschluss des AC. Die Beobachter vergleichen und diskutieren unter der Aufsicht eines neutralen Moderators ihre gesamten Beobachtungen und Beurteilungen und kommen zu einem abschließenden Ergebnis, ob Bewerber für die Anforderung geeignet sind oder nicht (Kanning, 2002, S. 539).

In Einzelfällen werden nicht nur Diskussionen sondern auch statistische Hilfsmittel eingesetzt um zu einer finalen Entscheidung über die Kandidaten zu gelangen (Schuler, 2006, S. 171 ). Nach Obermann (2013, S. 227) können auch Mini-Konferenzen nach jeder Aufgabe stattfinden, die gegenüber einer Gesamtkonferenz einige Vorteile aufweisen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1. Mini-Beobachterkonferenz vs. Integration in Gesamtkonferenz (Obermann, 2013, S. 227)

Der zitierte Vorteil, „Aktionsraum für Machtpromotoren um Zielergebnis zu beeinflussen“, gibt anschaulich einen Kernpunkt der hier bearbeiteten Aufgabenstellung wieder.

3. Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen

Gruppenentscheidungen wie in der eben genannten Beobachterkonferenz gibt es in allen Bereichen der Wirtschaft und der Politik. Mit dem Wandel von einem tayloristischen hin zu einem humanistischen Verständnis der Arbeit setzt die Wirtschaft seit einigen Jahrzehnten zunehmend auf den Einsatz von Gruppenarbeit, u.a. mit dem Ziel der Motivationsförderung (Myers, 2008, S. 918).

Mit den Erkenntnissen von Janis (1972, 1982) rückten allerdings auch Probleme in den Vordergrund, die entstehen wenn eine Gruppe nicht nur zusammen arbeiten, sondern auch Entscheidungen treffen muss. Bei der Wahl zwischen dem Prozess der Einzel- oder Gruppenentscheidung ist aus qualitativen Aspekten nicht pauschal eine der beiden Möglichkeiten der anderen vorzuziehen (Werth, 2004, S. 306), allerdings gibt es eine Reihe von Faktoren und psychologischen Effekten, die die Entscheidung in Gruppen eher negativ beeinflussen können. Im Folgenden werden zwei ausgewählte Phänomene, das Gruppendenken und der Effekt des gemeinsamen Wissens, vorgestellt und erläutert.

3.1. Gruppendenken

In seinen Untersuchungen zu politischen Entscheidungen beschrieb Janis 1972 Merkmale des Gruppendenkens (Groupthink). Eine hoch kohäsive Gruppe mit einem hohen Streben nach Einmütigkeit wird in einer angespannten Situation oft Entscheidungen treffen, die im Nachhinein kaum nachvollziehbar sind. Vereinzelt werden wichtige Informationen vernachlässigt und scheinbar offensichtliche Risiken unterschätzt.
Diese Effekte treten nicht nur bei Politikern und hohen Entscheidungsgremien der Wirtschaft auf, sondern sind „unabhängig von Intelligenz, sozialem Status und Bildung“ (Obermann, 2013, S. 195).

Das folgende Schaubild auf der nächsten Seite fasst sowohl die Einflussfaktoren als auch die Folgen des Groupthink sehr anschaulich zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1. Entstehung und Folgen von Groupthink (Nerdinger, 2014, S. 56 nach Schulz-Hardt, 1997)

3.2. Effekt des gemeinsamen Wissens

Dieser Effekt (auch Pooling-Effekt) kann auftreten, wenn Gruppenmitglieder über eine Grundlage an gemeinsamen Wissen sowie persönlichem Spezialwissen verfügen. Man könnte den Effekt auch Austausch des gemeinsamen Wissens nennen, denn das einzigartige Wissen der Gruppenmitglieder bleibt der Diskussion oft vorenthalten und nur das von allen geteilte Wissen wird in die Entscheidungsfindung einbezogen (Stasser und Titus 1985, 1987 nach Werth, 2008, S. 364). Die so erarbeiteten Informationen reichen oft allerdings nicht aus, um ein Problem angemessen zu lösen oder eine qualitativ hochwertige Entscheidung zu treffen. „Dem Austausch von ungeteilten Informationen kommt also bei Gruppenentscheidungen eine wichtige Rolle zu.“ (Fischer, 2009, S. 4f)

Eine Erklärung für dieses Phänomen liefert die Statistik. Jedem Gruppenmitglied steht nur eine begrenzte Zeit für die Meinungsäußerung zu. Die Wahrscheinlichkeit ist deutlich höher, dass vielfach bekannte Informationen mehrfach genannt werden und eine Information, die nur eine Person besitzt, verborgen bleibt. (Stasser 1992 nach Werth 2008, S. 366).

[...]


[1] Aus Gründen der Einfachheit wird im Folgenden ausschließlich die männliche Form verwendet. Es sind aber stets beide Geschlechter gemeint, wenn es nicht um spezifische Einzelpersonen geht.

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Gruppenentscheidungen in der Beobachterkonferenz im Assessment Center
Sous-titre
Verfahrensvorschläge zur Verbesserung der Entscheidungsqualität
Université
( European University of Applied Sciences Hamburg )
Note
1,3
Auteur
Année
2014
Pages
18
N° de catalogue
V274183
ISBN (ebook)
9783656666288
ISBN (Livre)
9783656666219
Taille d'un fichier
720 KB
Langue
allemand
Mots clés
Assessment Center, Beobachterkonferenz, Gruppenentscheidungen
Citation du texte
Stephanie Müller (Auteur), 2014, Gruppenentscheidungen in der Beobachterkonferenz im Assessment Center, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274183

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