In der aktuellen Diskussion um die Schmiergeldaffäre der Siemens AG ist in der Öffentlichkeit auch der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich v. Pierer in die Schusslinie geraten. Denn die Vorwürfe, dass 420 Mio € aus dem Siemens-Konzern in schwarze Kassen geleitet wurden, betrifft die Zeit, in der v. Pierer selbst Vorstandsvorsitzender der Siemens AG war (1992-2005). Die Einsetzung externer Aufklärer durch den Aufsichtsrat, also mit v. Pierer als handelnden Auftraggeber, lässt viele Beobachter Interessenskonflikte vermuten, ob hier nicht bei der Auftragsvergabe an diese externen Aufklärer tatsächlich die Besorgnis bestehen muss, dass sich hier eine verantwortliche Person im Ergebnis selbst kontrolliert.
Daher wird mit Hinweis auf die „Corporate Governance“ bzw. mit dem deutschen „Corporate Government-Kodex“ empfohlen, v. Pierer möge das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden für die Zeit der Untersuchungen ruhen lassen bzw. gleich zurücktreten . Dem treten diejenigen entgegen, die wegen der unbestrittenen Verdienste v. Pierers in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzenden einen Rücktritt für entbehrlich halten. Diese geschieht auch mit dem Hinweis auf die seinerzeit von v. Pierer selbst initiierte Anti-Korruptionsstrategie der Siemens AG .
Unabhängig davon, wie sich v. Pierer im Laufe des Skandals entscheiden wird, ist hier eine der ersten wesentlichen Nagelproben für die Beurteilung von Interessenskonflikten nach den neuesten Entwicklungen des Aktienrechts zu begutachten. Wie ist diese Frage rechtlich zu beurteilen?
Inhaltsverzeichnis
- Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern
- Worin besteht hier überhaupt ein Konflikt?
- Lösungsansätze nach CGK
- Handelt es sich bei dem CGK nur um Getöse?
- Vorrang der Gesellschaftsinteressen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit dem Thema Interessenkonflikte im Aufsichtsrat, insbesondere im Kontext des Siemens-Skandals und der Rolle des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Heinrich v. Pierer als Aufsichtsratsvorsitzender. Die Arbeit analysiert die rechtliche Beurteilung von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat und beleuchtet die Relevanz des Corporate Governance Kodex (CGK) in diesem Zusammenhang.
- Rechtliche Beurteilung von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat
- Relevanz des Corporate Governance Kodex (CGK)
- Vorrang der Gesellschaftsinteressen
- Pflichtenkollision im Falle von Interessenkonflikten
- Kontrollfunktion des Aufsichtsrats
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Problematik von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat und stellt verschiedene Konfliktfelder vor, wie z.B. die hauptberufliche Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds für ein konkurrierendes Unternehmen oder die Funktion von Aufsichtsräten der Arbeitnehmerseite. Es wird deutlich, dass derartige Konflikte in der Praxis geduldet wurden, da sie bei der Vielzahl von Aufsichtsräten und den unterschiedlichen Interessen der einzelnen Mitglieder unvermeidbar seien.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem konkreten Fall von Heinrich v. Pierer und der Frage, wie er als Aufsichtsratsvorsitzender die Amtszeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden v. Pierer mit Hilfe externer Aufklärer kontrollieren will. Es wird die mögliche persönliche Betroffenheit v. Pierers thematisiert, die sich auf seine Amtsführung als Vorstandsvorsitzender und mögliche Haftungsfragen auswirken könnte.
Das dritte Kapitel analysiert die Lösungsansätze des Corporate Governance Kodex (CGK) im Hinblick auf Interessenkonflikte. Es wird die Empfehlung des CGK zur Offenlegung von Interessenkonflikten und die Frage nach der Verbindlichkeit des Kodex diskutiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Vorrang der Gesellschaftsinteressen im Falle von Interessenkonflikten. Es wird argumentiert, dass der Aufsichtsratsvorsitzende v. Pierer die Verpflichtung hat, zum Wohle des Unternehmens tätig zu sein und die Unternehmensinteressen im Zweifel den Vorrang zu geben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Interessenkonflikte, Aufsichtsrat, Corporate Governance Kodex (CGK), Siemens-Skandal, Heinrich v. Pierer, Pflichtenkollision, Gesellschaftsinteressen, Kontrollfunktion, Rechtliche Beurteilung, Unternehmensethik, Aktienrecht.
- Citation du texte
- Prof. Dr. Gerrit Horstmeier (Auteur), 2007, Interessenskonflikte im Aufsichtsrat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276716