Die vorliegende Seminararbeit besitzt den Themenschwerpunkt der Gemeinwesenarbeit (GWA). Ein gemeinwesenorientierter Ansatz, der die Komplexität eines Systems ganzheitlich wahrnimmt, mit Hilfe von Partizipation und kooperativer Arbeit Strukturen in ihrem Kern modifizieren kann, ist von äußerster Notwendigkeit, besonders wenn wir die Ziele des Strafvollzugs in den Blick nehmen: „Im Vollzug der Jugendstrafe sollen die jungen Gefangenen dazu erzogen werden, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“, besagt § 1 JVollzGB und demonstriert damit den mit der Altersklasse der 14 bis 21-jährigen verbundenen Erziehungsauftrag. Ziel des Strafvollzugs ist laut § 2 JVollzGB I, dass dieser insbesondere dem Schutz der Bevölkerung dient, als er auch „einen Beitrag für die Eingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft, die innere Sicherheit und den Rechtsfrieden [zu] leisten“ hat. Welch triviale Paradoxie sich dahinter verbirgt, wird deutlich, wenn wir die Ziele gegenüberstellen: Einerseits soll der Gefangene isoliert und separiert von der Gesellschaft untergebracht sein, andererseits soll er parallel dazu in eben diese Gesellschaft eingegliedert werden. Dieser Konflikt soll im Folgenden unter der zentralen Fragestellung „Welche Möglichkeiten einer rückfallpräventiven GWA gibt es im Jugendstrafvollzug?“ diskutiert werden und die Möglichkeiten einer Öffnung des Vollzugs zum Gemeinwesen als Gesellschaft hin überprüft werden.
Daher beginnt diese Arbeit zunächst mit einigen Hintergründen zum deutschen Jugendstrafvollzug. Dieses Kapitel greift wesentliche Erkenntnisse der vergangenen Arbeit erneut auf und stellt, fokussiert auf die (große) Gruppe der Rückfalltäter, mögliche Hypothesen für ein Misslingen des Erziehungs- und Resozialisierungsauftrags des Strafvollzugs dar. Auf Grund des Rahmens dieser Studienarbeit habe ich mich bewusst ausschließlich auf die kritischen Faktoren des Strafvollzugs konzentriert. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit theoretischen Hintergründen der GWA, wobei vertieft die drei Formen der GWA aufgegriffen und in Bezug zum Jugendstrafvollzug und den gebildeten Hypothesen bzw. einer Rückverfallverhinderung gesetzt werden. Es werden spezifische Gestaltungsmöglichkeiten „Brainstorming“ -ähnlich angesetzt und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rückfallquote 78%: Sozialisationsbedingungen im Jugendstrafvollzug
- Der „Haftalltag“: kritische Regelungen und Hintergründe
- Negative Einflüsse des Strafvollzugs auf den Sozialisationsprozess männlicher Adoleszenter
- Das „Gemeinwesen Jugendknast“
- Was ist überhaupt Gemeinwesenarbeit?
- Gemeinwesenarbeit im Strafvollzug als territoriale, funktionale und kategoriale GWA
- Territoriale GWA im Jugendstrafvollzug
- Die institutionell-funktionale GWA im Jugendstrafvollzug
- Die kategoriale GWA im Jugendstrafvollzug
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Frage, welche Möglichkeiten einer rückfallpräventiven Gemeinwesenarbeit (GWA) im Jugendstrafvollzug bestehen. Sie untersucht die negativen Einflüsse des Strafvollzugs auf die Sozialisation männlicher Adoleszenter und analysiert, wie ein gemeinwesenorientierter Ansatz diese Herausforderungen bewältigen könnte. Die Arbeit nimmt dabei den hohen Rückfallquote von 78% nach einer verbüßten Jugendstrafe als Ausgangspunkt und beleuchtet die problematischen Strukturen des Strafvollzugs.
- Die Herausforderungen des Strafvollzugs für die Sozialisation männlicher Adoleszenter
- Die Notwendigkeit eines gemeinwesenorientierten Ansatzes im Jugendstrafvollzug
- Die verschiedenen Formen der Gemeinwesenarbeit und ihre Anwendung im Kontext des Strafvollzugs
- Mögliche Gestaltungsmöglichkeiten für eine rückfallpräventive GWA
- Die Bedeutung von Partizipation und Kooperation für eine effektive Gemeinwesenarbeit im Strafvollzug
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Sozialisationsbedingungen im deutschen Jugendstrafvollzug und analysiert die Ursachen für die hohe Rückfallquote. Es werden kritische Faktoren wie Entpersönlichung, strenge Regeln und negative Einflüsse der Subkultur auf die Sozialisation junger Gefangener dargestellt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen der Gemeinwesenarbeit. Es werden die drei Formen der GWA (territorial, funktional und kategorial) erläutert und in Beziehung zum Jugendstrafvollzug gesetzt. Die Arbeit diskutiert, wie die GWA die Herausforderungen des Strafvollzugs bewältigen und die Rückfallquote senken könnte.
Schlüsselwörter
Jugendstrafvollzug, Rückfallquote, Sozialisation, Gemeinwesenarbeit, GWA, territoriale GWA, funktionale GWA, kategoriale GWA, Partizipation, Kooperation, Resozialisierung, Subkultur, Haftdeprivationen
- Citation du texte
- Julie Bergé (Auteur), 2014, Das "Gemeinwesen Knast". Rückfallpräventive Gemeinwesenarbeit im Jugendstrafvollzug, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278931