Extrait
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Bayreuther Festspiele: Historie & Aufführungspraxis,
3. Wagners Meistersinger von Nürnberg
3.1. Handlung
3.2. Die Meistersinger in Bayreuth
4. Katharina Wagners Inszenierung
4.1. Die Transformation des Auditiven auf die visuelle Ebene
4.2 Allegorie, Mimesis und Transformation
5. Resümee
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Schwierigkeiten mit den Meistersingern, das sind auch Schwierigkeiten mit Wagner, mit Bayreuth und mit der Oper im Allgemeinen. Jugend und Oper scheinen ebenso wie die Wagnerianer und die Moderne ein Gegensatz zu sein. Moderne Opern-Inszenierungen bieten demnach eine enorme Reibungsfläche. Alteingesessene Opern-Fans zeigen sich kritisch, Kritiker objektiv und Teile des Publikums begeistert.
Die Inszenierung der Meistersinger von Nürnberg von Katharina Wagner steht im Mittelpunkt dieser Arbeit, da diese äußerst vielschichtig ist und Raum für Interpretationen lässt. Von besonderem Interesse ist, warum das Stück und die damit verbundene Modernität, die nicht erst 2007 in Bayreuth Einzug erhält, auf Ablehnung stieß.
Die Meistersinger von Nürnberg haben eine lange Inszenierungs-Geschichte bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth. Und wurden größtenteils nur von Mitgliedern der Wagner-Familie inszeniert. Festzustellen ist, dass dabei der Versuch unternommen wurde das Stück durch die Adaption moderner Inszenierungspraxis in das Hier und Jetzt zu transformieren und das Werk nicht als starre Geschichte einer vergangenen Zeit über die Bühne gehen zu lassen. Im Jahr 2007 macht die Ur-Enkelin Wagners, Katharina Wagner, auf sich aufmerksam, indem sie die Meistersinger neu interpretiert. Auch hier sind die Meinungen divers.
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, dass die Inszenierung von Katharina Wagner die Moderne und auch die Innovation endgültig nach Bayreuth bringt. Die Inszenierung macht mit Bayreuth das, was Walther von Stolzing mit dem regeltreuen Nürnberg macht - sie bricht durch Innovation mit den, in manchen Köpfen immer noch unantastbaren Vorgaben, die das Original-Werk bietet.
Die Grundlage für die Ausführung bilden allen voran Die Meistersinger von Nürnberg1 und die filmisch dokumentierte Aufführung von Katharina Wagners Inszenierung aus dem Jahre 2008 2. Um die Bayreuther Geschichte und dessen Standpunkt darzustellen, erwies sich das Werk von Frederic Spotts3 als hilfreich. Für die Darstellung der Problematik der in Bayreuth nicht bedingungslos akzeptierten Modernisierung und Neukontextualisierung der aufgeführten Werke ist vor allem die Publikation des Dramaturgen Robert Sollich ausschlaggebend. „Angst vor der Zerstörung - Der Meister Künste zwischen Archiv und Erneuerung“4 ist die Dokumentation zu einem anlässlich der Neuinszenierung veranstalteten Symposium. Weitere Hintergrundinformationen sind der DVD „Baptism of Fire - Katharina Wagners Feuertaufe“5 entnommen, welche einen Einblick in Proben zur Erstaufführung 2007 gewährt und Interviews mit einigen Beteiligten beinhaltet.
Nach einer Einführung in die Bayreuther Festspiele und einem kurzen biographischen Abriss zum Komponisten Richard Wagner folgt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Wagners Oper. Ein daran anschließender Überblick über die Bayreuther Inszenierungen und dessen bedingte Problematik ermöglicht den Übergang zu der Inszenierung von Katharina Wagner und die Erläuterungen bezüglich der Innovation im Bayreuther Aufführungsstil. An dieser Stelle ist der Fokus auf die Transformation des Auditiven auf die visuelle Ebene und auf die Wandlung der Haupt-Charaktere im Stück gerichtet. Auf Grund dessen werden einige Passagen der Produktion in der Zusammenfassung der Handlung nicht berücksichtigt. Im Schlussteil gilt es dann eine Verbindung zwischen der Meistersinger-Handlung und den Inszenierungs-Umständen herzustellen sowie einen Ausblick auf die vielen im Umfang dieser Arbeit leider nicht beantwortbaren Fragen zu geben. 2. Die Bayreuther Festspiele: Historie & Aufführungspraxis
In der bayrischen Stadt Bayreuth finden jährlich die ältesten und international bekanntesten Festspiele statt.6 Seit 1876 werden in dem Zeitraum von Ende Juli bis Ende August verschiedene Wagner-Werke aufgeführt.7
Der Komponist Richard Wagner wird am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren. Nachdem er sich seiner künstlerischen Talente bewusst wird, beginnt er mit seinen ersten Kompositionen. 1830 wird die „Ouvertüre für Orchester in B-Dur“ als erstes seiner Werke im Leipziger Theater öffentlich aufgeführt. Zwei Jahre später erscheint die „Klaviersonate in B-Dur“ bei Breitkopf & Härtel.8 Zeit seines Lebens veröffentlicht Wagner außerdem einige Schriften, darunter „Oper und Drama“9 sowie „Das Kunstwerk der Zukunft“ und begründete darin unter anderem seine Idee zum „Gesamtkunstwerk“10 das in den Bayreuther Festspielen seine reale Manifestation erhalten sollte.
Wagner sieht die „Festspiele als Protest gegen bestehende Theaterverhältnisse“11 und ist „überzeugt, daß Veränderungen im Bereich der Kunst nur auf der Grundlage gesellschaftlicher Veränderungen möglich sind.“12 Nachdem er mit Bayreuth den perfekten Ort für den Bau eines Festspielhauses findet, beginnt er zusammen mit Karl Brandt, einem Hoftheater-Maschinisten, die technische Ausrüstung und Gestaltung des Bauinneren zu planen.13 Am 22. Mai 1872, dem 59. Geburtstag Wagners, legt er den Grundstein für den Bau des Leipziger Architekten Otto Brückwald. Das Richtfest findet am 2. August 1873 statt.14 Der Innenraum wird nach den Wünschen Wagners eingerichtet, das Parkett steigt wie in einem Amphitheater an, das Orchester verschwindet in einem Graben und der Zuschauerbereich wird, in dieser Zeit noch ein Novum, verdunkelt.15
„Alle Baumaßnahmen dienen der einzigartigen Akustik und der Konzentration auf die musikdramatische Szene, nicht der gesellschaftlichen Repräsentation.“16
Ein besonderes Merkmal der Festspielhaus-Akustik ist die lange Nachhallzeit. Der Ton benötigt 1,55 Sekunden um zu zerbersten. Diese Verzögerung erweist sich als ideal für die Darbietung der „schweren“ Wagner-Klänge.17 Für die Sänger ist dies eine Herausforderung, da sie nicht einfach dem Taktstock des Dirigenten folgen können. Um mit dem Orchester eine klangliche Einheit zu bilden, müssen sie etwas hinter dem Takt sein, damit Gesang und Orchester gleichzeitig beim Publikum ankommen. Hier besteht bei der Aufführung der Meistersinger von Nürnberg ein Problem im praktischen Bereich: die von den Holzbläsern begleiteten Sänger werden von den Instrumentalisten kaum gehört und müssen sich ganz auf den Dirigenten verlassen.18
Die Leitung der Bayreuther Festspiele ist bis heute in der Hand der WagnerFamilie. Nach Richard Wagners Tod im Jahre 1883 übernimmt seine Witwe Cosima Wagner die Leitung. Ab 1806 nimmt ihr Sohn Siegfried die Stellung ein. Dessen Witwe Winifried übernimmt nach seinem Tod 1930 die Festspiel-Leitung. Winifried Wagner verlässt nach dem Zweiten Weltkrieg die Position und wird von ihren Söhnen Wieland und Wolfgang abgelöst.19 Von 1967 bis 2008 ist Wolfgang Wagner alleiniger Leiter der Festspiele. Mit Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner stehen seit 2009 in alter Tradition zwei Mitglieder der Familie an der Spitze der Richard-Wagner-Festspiele.20
Seit der Einführung der Festspiele durch Richard Wagner wurden keine Veränderungen in der Durchführung der Veranstaltung vorgenommen. Wagners Nachfolger stimmen stets gegen Erneuerungen im Bayreuther Ablauf - Vorschläge die Festspiele zu verlängern, das Repertoire zu wechseln oder Werke andere Künstler aufzuführen, stoßen seither auf deutliche Ablehnung.
Die Besucher der Festspiele sind ein weiterer Faktor, der die Arbeit in Bayreuth beeinflusst. Die Partiturkenntnis21 der Besucher und der daraus resultierende Wille jeden noch so kleinen Fehler vermeiden zu wollen, stellt sich jährlich als eine Schwierigkeit für das Team dar.22
[...]
1 Pahlen, Kurt: Richard Wagner - Die Meistersinger von Nürnberg. München 1982.
2 Wagner, Richard: Die Meistersinger von Nürnberg. DVD, 285 Minuten, Bayreuth 2008.
3 Spotts, Frederic: Bayreuth: eine Geschichte der Wagner-Festspiele. München 1994.
4 Sollich, Robert und Clemens Risi u.a. (Hrsg.): Angst vor der Zerstörung - Der Meister Künste zwischen Archiv und Erneuerung. Berlin 2008.
5 Krauß, Dagmar: Baptism of Fire - Katharina Wagners Feuertaufe. DVD, 82 Minuten, München 2008.
6 Vgl. Spotts (1994), S. 7.
7 Vgl. ebd. (1994), S. 15.
8 Vgl. Pahlen (1982) S.434f.
9 Siehe: Richard Wagner: „Oper und Drama.“ Stuttgart 1984.
10 Siehe: Richard Wagner: „Das Kunstwerk der Zukunft.“ Leipzig 1850.
11 Mack, Dietrich: Bayreuther Festspiele - Die Idee, der Bau, die Aufführungen. Bayreuth 1991, S. 3.
12 Ebd.
13 Vgl. ebd., S. 9.
14 Vgl. ebd., S. 11.
15 Vgl. ebd. S. 15f.
16 Ebd., S. 15f.
17 Vgl. Spotts (1994), S. 18.
18 Vgl. ebd., S. 25.
19 Vgl. ebd. S. 17.
20 Vgl. >http://www.bayreuther-festspiele.de/statistiken/dirigenten_sortiert_nach_festspielleitung_302.html<. Letzter Zugriff: 06.09.2012.
21 Siehe hierzu auch: Winfried Gebhardt und Arnold Zingerle: „Pilgerfahrt ins Ich: Die Bayreuther RichardWagner-Festspiele und ihr Publikum. Eine kultursoziologische Studie.“ Konstanz 1998.
22 Spotts (1994), S. 15.
- Citation du texte
- Karoline Ohde (Auteur), 2012, "Die Meistersinger von Nürnberg" in der Inszenierung von Katharina Wagner, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282559
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