Quo Vadis Pflegeversicherung? - Eine Betrachtung der deutschen sozialen Pflegeversicherung unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit


Trabajo de Seminario, 2003

33 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Grundlegungen
B. I. Ziele und Wirkungen der Pflegeversicherung
B. II. Merkmale und Leistung

C. Die Zukunftsfähigkeit der Pflegeversicherung in Deutschland
C. I. Der Status quo
C. II. Prognose der künftigen Entwicklung
C. II. 1. Die Ausgabenseite
C. II. 2. Die Einnahmenseite
C. III. Die Reformvorschläge der „Rürup-Kommission“

D. Schlussbetrachtung und Ausblick

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anhang

A. Einleitung

Wohl kaum ein politisches Großprojekt hat von der Problemerkennung bis zur letztend-lichen gesetzlichen Normierung so lange gebraucht wie die Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Vom Erscheinen eines Gutachtens des Kuratoriums Deutsche Alters-hilfe, welches 1974 auf die zunehmend finanziell prekäre Lage pflegebedürftiger alter Menschen hinwies,[1] bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit,[2] am 1. Januar 1995, sollten über zwanzig Jahre vergehen. Heute, keine zehn Jahre danach, steht Deutschland, so scheint es, am Scheideweg: Neben der Renten- und der Kranken-, ist es auch die Pflegeversicherung,[3] die auf Grund des demographischen Wandels offenbar an die Grenze der Finanzierbarkeit gestoßen ist. Der Grund dafür scheint einfach, das umlagefinanzierte deutsche, soziale Pflegeversicherungs-system ist auf die Einzahlungen möglichst vieler gesunder Menschen angewiesen, um die laufenden Auszahlungen für die – meist älteren – Pflegebedürftigen bestreiten zu können. Das Problem dabei lässt sich ebenso schlagsatzartig wie zutreffend folgendermaßen charakterisieren: Die Deutschen werden immer älter und sind offensichtlich immer weniger bereit, für ausreichend Nachwuchs zu sorgen. So kommt es jetzt schon zu einem Rückgang der Einzahlungen von Gesunden in die Pflegeversicherung, während die Aus-zahlungen an Pflegebedürftige ständig ansteigen.

Stimmt diese – zugegebenermaßen stark vereinfachende – Grundbeschreibung der pro-blematischen Lage der Pflegeversicherung? Ist Schwarz-Weiß-Malerei angesagt? Wie steht es denn nun allgemein um die Zukunftsfähigkeit der sozialen Pflegeversicherung in Deutschland? Fragen, welche die vorliegende Hausarbeit zu beantworten versucht. Dazu sind zunächst Grundlagen zu schaffen: Kapitel B will sich zuerst mit den Zielen der Pflegeversicherung beschäftigen und feststellen, welche Auswirkungen ihre Einführung bis heute hatte. Anschließend soll auf die allgemeinen Merkmale eingegangen und kurz die Leistungen benannt werden, die ein Anspruchsberechtigter derzeit erwarten darf.

Im Hauptteil (Kapitel C) wird die Zukunftsfähigkeit des deutschen Pflegeversicherungs-systems zu untersuchen sein. Ausgehend vom Status quo, soll eine Betrachtung dabei sowohl der Ausgaben- als auch der Einnahmenseite erfolgen. Die Zukunftsfähigkeit wird also in dieser Arbeit vornehmlich unter dem Aspekt der weiteren Finanzierbarkeit be-trachtet. Anhand von vorliegenden Prognosen verschiedener Provenienz, soll die wahr-scheinlich zu erwartende Entwicklung der Pflegeversicherung erfasst werden. Die ver-wendete Methode wird dabei der Vergleich sein. Die zentrale Frage ist dabei: Wie wird sich die finanziellen Situation der Pflegeversicherung bei Beibehaltung der derzeitigen Struktur und unter Berücksichtigung der Entwicklung der Haupteinflussgrößen, verglichen mit der heutigen Situation, entwickeln? Schließlich soll noch auf das Reformkonzept der sogenannten „Rürup-Kommission“ eingegangen werden, welche einen diskussionswür-digen Ansatz zur Umgestaltung der Pflegeversicherung entwickelt hat. Eine Schlussbe-trachtung mit Wertung und Ausblick wird diese Hausarbeit abschließen.

Wer sich mit dem Thema der Pflegeversicherung beschäftigt, wird bei der Literatur-recherche immer wieder auf Publikationen des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen stoßen. Diese Einrichtung publiziert schon über zehn Jahre regelmäßig zum Thema, vor allem der Mitarbeiter Heinz Rothgang zeichnet sich durch zahlreiche Ver-öffentlichungen aus, die vor allem dazu dienten, einen Überblick über das Thema zu ge-winnen. Darüber hinaus ist das Buch Die Pflegeversicherung von Berthold Dietz hervor-zuheben, welches derzeit wohl das aktuellste und umfassendste Werk zum Thema darstellt und zur Lektüre uneingeschränkt empfohlen werden kann. Nicht zuletzt basiert diese Arbeit auch auf Daten und Publikationen verschiedener Bundesministerien und Ämter, die während der letzten Jahre involviert waren. Hier sollen insbesondere die sehr guten Internetseiten des Statistischen Bundesamtes und des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung mit ihren zahlreichen Download-Möglichkeiten erwähnt werden.

B. Grundlegungen

B. I. Ziele und Wirkungen der Pflegeversicherung

Die Ziele der Pflegeversicherung in Deutschland stellen sich als dichotom dar, will heißen, sie lagen und liegen im Spannungsfeld zwischen Sozial- und Fiskalpolitik. Dabei muss das bereits erwähnte Gutachten des KDA als sozialpolitisch motiviert eingeschätzt werden. Mit deutlicher Kritik machte es auf die prekäre finanzielle Situation einer zunehmenden Zahl älterer Menschen aufmerksam, die alleine durch die Notwendigkeit einer (meist statio-nären) Pflege zu Sozialhilfeempfängern geworden waren. Bei diesen Pflegebedürftigen, welche oft genug die beiden Weltkriege erlebt und durchlitten, sowie die „Wohlstands-bundesrepublik“ mit aufgebaut hatten[4], reichten weder die Spar- noch die Rentenbeträge aus, um die Pflege- und Heimkosten zu decken. Neben der durch Alterung und/oder Krankheit entstandenen Pflegbedürftigkeit selbst, trug also auch die finanzielle Situation zu einer häufig würdelosen Situation dieser Menschen bei. Die Sozialhilfeträger über-nahmen die nicht gedeckten Kosten der Pflege, die Bedürftigen wurden zu bloßen „Ta-schengeldempfängern“ degradiert.

Die Zunahme von Sozialhilfeempfängern unter den Pflegebedürftigen in der BRD führte nun andererseits dazu, dass die Kommunen als Träger der Sozialhilfe unter einen starken Kostendruck gerieten.[5] So stieg der Anteil der Pflegekosten an den Gesamtausgaben für Sozialhilfe von 26 % im Jahre 1963 auf über 35 % in 1975.[6] Als Maßnahmen zur Kosten-dämpfung nicht von Erfolg gekrönt waren, strebten die Kommunen letztendlich eine grundsätzliche Lösung des Problems an. Dies ist der Punkt an dem die sozialpolitisch motivierte Problemgenese durch die eher fiskalpolitisch dominierte Motivation der Kostenträger abgelöst wird. Nun soll hier den zuständigen Stellen, resp. ihren Mitarbeitern, nicht vorgeworfen werden, sie hätten rein aus ordinären finanziellen Interessen gehandelt. Sicher war auch die Lage der Pflegebedürftigen mit ausschlaggebend, die Frage muss jedoch erlaubt sein, ob die gesetzliche Regelung der Absicherung des Pflegerisikos, wie wir es heute kennen, so gelöst worden wäre, wenn die Sozialhilfeträger nicht unter einem derartigen Finanzierungsdruck gestanden hätten.[7]

Die weiteren Vorgänge auf dem Wege zur Normierung des Pflegeversicherungsgesetzes darzustellen ist hier nicht der Raum, hierfür muss auf die Literatur verwiesen werden.[8] Schließlich war es 1992 endlich soweit, die damalige Bundesregierung legte einen Gesetzesentwurf vor,[9] bei dem die Zielsetzung eher vage formuliert war, was bei einem Reformwerk, welches eine damals achtzehn Jahre dauernde Diskussion beenden sollte, überrascht.[10] Letztendlich lassen sich aus den drei ersten Paragrafen des SGB XI, sowie dem Begründungsteil zum Gesetz, drei Primärziele eruieren: (1) Die Verbesserung der pflegerischen Infrastruktur, (2) das Herauslösen von Pflegebedürftigen aus der Sozialhilfe-abhängigkeit und (3) dem Vorrang der häuslichen vor der (teureren) stationären Pflege.[11] Interessant dabei ist, dass keines dieser Ziele auf die zukünftige demographische Entwick-lung eingeht. Erst im Ersten Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung des Jahres 1997, erweitert die Bundesregierung die drei benannten Ziele unter anderem um das der Berücksichtigung künftiger demographischer Entwicklungen.[12]

Betrachtet man abschließend den Verwirklichungsgrad der drei erstgenannten Ziele der Pflegeversicherung (die Diskussion der Zukunftsfähigkeit unter dem Aspekt der demo-graphischen Entwicklung wird ja Gegenstand des Hauptteils dieser Arbeit sein), so ist Folgendes festzumachen: Ohne Zweifel hat sich durch die Einführung der Pflegever-sicherung die pflegerische Infrastruktur in Deutschland verbessert, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Der Pflegbereich ist zu einem enormen Wirtschaftsfaktor geworden, die Zahl der Beschäftigten und der Pflegeeinrichtungen nimmt stetig zu,[13] wobei dieser Verdienst der sozialen Pflegeversicherung selbstverständlich nicht alleine zufällt, denn nicht unerheblich ist auch der Anteil der privat Pflegeversicherten, bzw. der Anteil der Beträge, die privat oder von der Sozialhilfe getragen werden müssen, weil die Pflegekosten die Zahlung der sozialen Pflegeversicherung übersteigen.[14] Ebenso kann angenommen werden, dass sich die Qualität der Pflege verbessert hat. Aufgrund der eingeschränkten Messbarkeit ist man hier auf Indikatoren angewiesen, deren Interpretation natürlich nicht immer fehlerfrei sein kann. Jedoch werden unter anderem die Verbesserung des Verhält-nisses von Pfleger und Gepflegten, sowie der Anstieg der Fachkraftquote allgemein als Indiz dafür gesehen, einen Qualitätsanstieg konstatieren zu können.[15]

[...]


[1] Vgl. Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), Gutachten über die stationäre Behandlung von Krankheiten im Alter und über die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen, Köln 1974. Das KDA wurde 1962 vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke und seiner Frau Wilhelmine ins Leben gerufen. Vgl. Internet-URL: http://www.kda.de/german/showarticles. php?id_art=94

[2] Normiert im elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI). Zuletzt geändert durch Art. 3 G. v. 23.12. 2002, I 4637

[3] Mit Pflegeversicherung ist im Folgenden nur noch die soziale Pflichtversicherung gemeint.

[4] Bei all den Hinweisen auf die Aufbauleistung der „Wirtschaftswundergeneration“ fehlt allerdings fast immer die Erinnerung an die vorausgegangene “Zerstörungsleistung“ der Nazi-Zeit!

[5] Dieses Problem wurde schon vor dem KDA-Gutachten vom Deutschen Städtetag erstmals 1969 erkannt. Vgl. Margret Dieck, Sozialpolitische Diskussion rund um die Sicherung bei Pflegebedürftigkeit in West-deutschland, in: Josef Kytir und Rainer Münz (Hrsg.), Alter und Pflege, Argumente für eine soziale Absicherung des Pflegerisikos, Berlin 1992, S. 44

[6] Vgl. Karin Haug und Heinz Rothgang, Das Ringen um die Pflegeversicherung, in: Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen, Heft 24 1994, S. 5.

[7] Auch die weitere Behandlung des Pflegeproblems lässt eine fiskalpolitische Dominanz erkennen. Vgl. Haug/Rothgang 1994, S. 11 f.

[8] Neben der schon zitierten Arbeit von Haug/Rothgang sei noch empfohlen: Ulrike Götting und Karl Hinrichs, Probleme der politischen Kompromissbildung bei der gesetzlichen Absicherung des Pflegefall-risikos – Eine vorläufige Bilanz, Arbeitspapier Nr. 9/92, vom Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), der Uni-versität Bremen, 1992. Hier wird besonders auf die Rolle der einzelnen Parteien im Meinungsbildungspro-zess eingegangen.

[9] Vgl. Bundestagsdrucksache 12/5262 vom 24. Juni 1992, Bonn

[10] Vgl. Berthold Dietz, Die Pflegeversicherung, Ansprüche, Wirklichkeiten und Zukunft einer Sozialreform, Wiesbaden 2002, S. 49

[11] Vgl. ebd., S. 51

[12] Vgl. Bundesregierung (Hrsg.), Erster Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung, Bundes-tagsdrucksache 13/9528 vom 19. Dezember 1997, Bonn

[13] Leider gibt es erst seit 1999 eine Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes. Diese soll alle zwei Jahre erscheinen. Erfreulich ist, dass von 1999 bis 2001 die Beschäftigtenzahlen im ambulanten und stationären Pflegbereich um 7,8 %, bzw. 34.000 gestiegen sind, davon 19.000 die „mehr als halbtags“ arbeiten. Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Pflegestatistik 2001 – Deutschlandergebnisse, Bonn 2003, S. 7

[14] So fällt z. B. nur etwa 54% des gesamten Umsatzes der ambulanten Pflegeeinrichtungen auf Leistungen nach SGB XI. Neben den im Text erwähnten privat bezahlten Pflegeleistungen, nimmt in der ambulanten Pflege allerdings auch die häusliche Krankenpflege einen bedeutenden Teil ein, welche mit den Kranken-kassen abgerechnet wird. Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (Hrsg.), Wirkungen der Pflegever-sicherung, Baden-Baden 2000, S. 92

[15] So erhöhte sich die Fachkraftquote im ambulanten Pflegebereich von 53% (1992) auf 63,5% (1999), das Verhältnis Pfleger (Vollzeit) zu Gepflegten sank im gleichen Zeitraum von 1 : 10,8 auf 1 : 4,9. Vgl. Dietz 2001, S. 162

Final del extracto de 33 páginas

Detalles

Título
Quo Vadis Pflegeversicherung? - Eine Betrachtung der deutschen sozialen Pflegeversicherung unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit
Universidad
Free University of Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Curso
Politik und demographischer Wandel in Deutschland
Calificación
1,7
Autor
Año
2003
Páginas
33
No. de catálogo
V28503
ISBN (Ebook)
9783638302623
Tamaño de fichero
635 KB
Idioma
Alemán
Notas
Mit insgesamt neun Anhängen und jede Menge aktueller Daten.
Palabras clave
Vadis, Pflegeversicherung, Eine, Betrachtung, Pflegeversicherung, Aspekt, Zukunftsfähigkeit, Politik, Wandel, Deutschland
Citar trabajo
Kai Posmik (Autor), 2003, Quo Vadis Pflegeversicherung? - Eine Betrachtung der deutschen sozialen Pflegeversicherung unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28503

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