Systemtherapeutische Zugänge in Erziehungsberatungsstellen für die Arbeit in Familien mit verhaltensauffälligen Kindern


Diploma Thesis, 2003

143 Pages, Grade: 1


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichtliche Entwicklung der systemischen Therapie

3. Grundlagen der Systemtheorie
3.1. Morphogenese und Morphostase
3.2. Homöostase und Kalibrierung
3.3. Strukturen
3.4. Regeln
3.5. Hierarchie
3.6. Autopoiese

4. Grundannahmen, Ziele und Voraussetzungen des systemtherapeutischen Ansatzes
4.1. Ressourcenorientiertheit
4.2. Aufgaben des Therapeuten und Ziele der Therapie
4.3. Die Verantwortung der Familie

5. Bedeutende Schulen in der systemischen Therapie und Weiterentwicklungen
5.1. Der strukturelle Ansatz nach Minuchin
5.1.1. Theoretische Aspekte
5.1.2. Praxisrelevante Aspekte
5.2. Der strategische Ansatz nach Selvini-Palazzoli [u. a.]
5.2.1. Theoretische Aspekte
5.2.2. Praxisrelevante Aspekte
5.3. Der entwicklungsorientierte Ansatz nach Satir
5.3.1. Theoretische Aspekte
5.3.2. Praxisrelevante Aspekte
5.4. Der psychoanalytisch orientierte Ansatz nach Stierlin
5.4.1. Theoretische Aspekte
5.4.2. Praxisrelevante Aspekte
5.5. Lösungsorientierte Kurztherapie (de Shazer [u. a.])
5.6. Das Reflecting Team (Andersen)
5.7. Narrative Ansätze (Anderson / Goolishian / White)
5.8. Die Familienaufstellung (Hellinger)

6. Verhaltensauffälligkeit
6.1. Erklärungsansätze für abweichendes Verhalten
6.2. Institutionen

7. Die Erziehungsberatung
7.1. Aufgaben und Arbeit einer EB-Stelle (Erziehungsberatungsstelle)
7.2. Geschichte der Erziehungsberatung
7.3. Rahmenbedingungen und gesetzliche Regelungen für EB-Stellen
7.3.1. Ausbildung der Mitarbeiter einer EB-Stelle (Erziehungsberatungsstelle)
7.3.2. Zugang zu den EB-Stellen
7.3.3. Die Finanzierung der EB-Stellen
7.3.4. Personalplanung der EB-Stellen
7.3.5. Der zeitliche Rahmen der Beratungen
7.3.6. Ausstattung der Räumlichkeiten der EB-Stelle
7.4. Auftragsbestimmung in der EB-Stelle
7.5. Konzepte in EB-Stellen
7.6. Erstkontakt und Erstgespräch in der EB-Stelle

8. Der systemische Ansatz in der EB-Stelle
8.1. Die Behandlungseinheit im systemischen Ansatz
8.2. Die Anzahl der Berater / Therapeuten
8.3. Die Abstände zwischen den Sitzungen

9. Anwendung systemischer Methoden und Techniken in der Praxis der EB-Stelle
9.1. Neutralität
9.2. Zirkularität
9.3. Hypothetisieren
9.4. Joining
9.5. Fokussieren
9.6. Die eigene Veränderung bewirken
9.7. Das Formulieren positiver klarer Ziele
9.8. Das Problem nach außen verlagern (Externalisierung)
9.9. Kommunikationstraining
9.10. Systemisches Fragen
9.10.1. Zirkuläres Fragen
9.10.2. Hypothetisches Fragen
9.10.3. Die Wunderfrage
9.10.4. Fragen nach Ausnahmen
9.10.5. Fragen danach, was so bleiben soll, wie es ist
9.10.6. Verschlimmerungsfragen
9.11. Die Realitätssicht relativieren
9.12. Refraiming (einen neuen Rahmen geben)
9.13. Aufgaben
9.13.1. Symptomverschreibung
9.13.2. Die Verschreibung von Ritualen
9.14. Arbeit an den Grenzen
9.15. Mehrgenerationenperspektive
9.16. Geschichten und Metaphern
9.16.1. Geschichten erzählen
9.16.2. Der Gebrauch von therapeutischen Metaphern
9.16.3. Familienskulptur
9.17. Elterliche Präsenz

10. Schlusswort

11. Ausblick

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit systemtherapeutischen Ansätzen und deren Relevanz für die Arbeit in Erziehungsberatungsstellen (EB-Stellen) auseinander. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Behandlung von Familien, in denen ein Kind eine Verhaltensauffälligkeit aufweist. Mein persönliches Interesse gilt den systemtherapeutischen Ansätzen, da mich die Beschäftigung mit diesen sehr fasziniert hat, nicht zuletzt deshalb, weil sich dadurch eine Änderung meiner Gedanken bezüglich der Genese symptomatischen Verhaltens vollzogen hat.

In der systemischen Therapie gibt es viele verschiedene Ansätze. Es würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen, ginge ich auf jeden Ansatz ein. Ich beschränke mich deshalb auf die wichtigsten Ansätze, um den Leser ein grundlegendes Verständnis des systemischen Gedankenguts zu vermitteln und werde deren Konzepte und Methoden darstellen, die für den weiteren Verlauf meiner Arbeit von Bedeutung sein werden[1].

Die Arbeit soll wichtige Konzepte und Techniken darstellen, die aus verschiedenen systemischen Schulen stammen und die schulenübergreifend in der EB-Stelle angewandt werden können.

Meiner Arbeit liegt die Fragestellung zugrunde, wie systemische Ansätze in EB-Stellen angewandt werden können und ob diese dazu beitragen können, gerade ein Kind, das eine Verhaltensauffälligkeit aufweist zu entlasten, indem sein Verhalten als logisch in dem Kontext, in dem es auftritt interpretiert wird. Gerade Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten haben in unserer Gesellschaft einen schlechten Stand. Sie ernten oft nur negative Reaktionen, werden verurteilt oder für ihr Verhalten bestraft (vgl. Vernooij 2000, S. 32), ohne dass die Hintergründe, warum diese Kinder verhaltensauffällig werden, in Betracht gezogen werden.

Ich werde mich in meiner Arbeit mit dem System[2] Familie[3] auseinandersetzen, da dies meines Erachtens für die meisten Menschen das wohl wichtigste und somit einflussreichste System darstellt, gleichwohl ich nicht leugnen möchte, dass auch andere Systeme einen wichtigen Einfluss auf das Individuum haben und auch in der systemischen Therapie behandelt werden (vgl. Schweitzer 1995, S. 18). Da ich selbst in einer EB-Stelle hospitiert habe, habe ich erlebt, dass es in den meisten Fällen Familien waren, die die Beratung in Anspruch nahmen.

Zunächst wird jedoch die historische Entwicklungslinie der systemischen Therapie dargestellt. Dem Leser soll dadurch ermöglicht werden, sich ein Bild davon zu machen, durch welche Einflüsse sich die Entwicklung von einer individuumzentrierten zu einer systemischen Betrachtungsweise vollzogen hat. Im Anschluss daran werden die wesentlichen Grundlagen der Systemtheorie näher erläutert, und es wird auf deren, für das Verständnis der systemischen Ansätze relevanten Grundbegriffe eingegangen. Dabei soll deutlich gemacht werden, welche Rolle Begriffe aus der Systemtheorie für die systemtherapeutische Theoriebildung spielen.

Schließlich stelle ich wichtige systemtherapeutische Schulen dar und gehe auf Weiterentwicklungen aus der neueren Zeit ein. Dem Leser soll dadurch ein grundlegender Überblick darüber vermittelt werden, wie sich das systemische Gedankengut in unterschiedlichen Ansätzen manifestiert hat. Weiterhin soll aufgezeigt werden, welche Techniken und Methoden die systemischen Ansätze beinhalten und aus welchen Schulen diese jeweils stammen. Einige dieser Techniken und Methoden werde ich in meinem Hauptteil wieder aufgreifen und anhand von Beispielen deren Anwendung erläutern.

Im daran anschließenden Abschnitt meiner Arbeit beschäftige ich mich in erster Linie mit der Definition der Verhaltensauffälligkeit und mit dem systemischen Erklärungsansatz für diese. Sehr kurz stelle ich dem Leser dar, welche Institutionen es neben den Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten gibt, um ihm einen Überblick über die „Institutionenlandschaft“ und über mögliche Ansprechpartner im Konkretfall zu geben.

Der darauffolgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Erziehungsberatung. Ich werde die geschichtliche Entwicklung der Erziehungsberatung darlegen. Der Leser soll sich dadurch ein Bild machen können, wie sehr die Identität der Erziehungsberatung abhängig ist von der Zeit, in die sie eingebettet ist. Außerdem soll deutlich werden, dass auch hier lange Zeit die individuumzentrierte Sichtweise vorherrschend war, bis dann schließlich systemische Ansätze Einzug in die EB-Stellen fanden.

Anschließend wird die Arbeit in EB-Stellen behandelt. Ich setze mich jedoch ausschließlich mit der Einzelfallarbeit nach dem Schema der „Komm-Struktur“[4] auseinander, da ich während meiner Hospitation selbst in diesem Bereich Erfahrungen sammeln konnte, gleichwohl die Arbeitsfelder in Erziehungsberatungsstellen sehr vielfältig sind.

Weiterhin werden wichtige Rahmenbedingungen für EB-Stellen dargelegt[5].

Der daran anschließende Hauptteil meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung systemischer Interventionsmethoden bei Verhaltensauffälligkeiten in EB-Stellen.

2. Geschichtliche Entwicklung der systemischen Therapie

In der traditionellen Psychotherapie stand das Individuum losgelöst von seinem familiären und gesellschaftlichen Kontext im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Beziehungsnetz, in das das Individuum eingebettet war, wurde nicht als relevant für die Entwicklung von Störungen erachtet.

In den 50er Jahren vollzog sich dann eine Wende, im Zuge derer erkannt wurde, wie bedeutsam die Prozesse, die zwischen den Individuen ablaufen, für die Entwicklung des Menschen sind (vgl. Textor 1984, S. 7f.). Die Familie in ihrer Bedeutung für die Entwicklung von Störungen rückte in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit (vgl. Textor 1985, S. 11f.).

Die psychoanalytische Bewegung, die Schizophrenieforschung, Einflüsse aus den Child-Guidance-Clinics und die Entwicklung systemischer und kybernetischer Theorieansätze können als einige der Vorläufer einer Entwicklung von einer individuumzentrierten zu einer systemzentrierten[6] Therapieform gelten (vgl. Beck 1985, S. 37).

Die Familientherapie wurde in den 50er Jahren in Amerika entwickelt. In ihren Anfängen wurde sie aber zunächst nur bei der Behandlung schizophrenogener Familien eingesetzt (vgl. Textor 1984, S. 12).

Es lässt sich in der Familientherapie nicht von einem spezifischen Begründer sprechen, sondern mehrere Therapeuten entwickelten unabhängig voneinander familientherapeutische Ansätze (vgl. Textor 1984, S. 10; Schiepek 1999, S. 34). Es lässt sich auch nicht von einem einheitlichen Ansatz sprechen, sondern es entstanden sehr unterschiedliche Ansätze, abhängig davon, von welcher theoretischen Richtung die Therapeuten geprägt waren (vgl. Textor 1984, S. 12; Stierlin 1997, S. 348; Beck 1985, S. 28).

Die ersten Ansätze waren jedoch stark psychoanalytisch und kommunikationstheoretisch geprägt (vgl. Textor 1984, S. 12).

Zu Anfang der 60er Jahre fand eine Erweiterung der Familientherapie statt. Es wurden nun auch Familien behandelt, in denen es Alkoholprobleme, Probleme mit Drogensucht, Aggression und Kriminalität gab.

Im Jahre 1965 wurden erstmals auch psychosomatische Kinder familientherapeutisch behandelt. Die Behandlungen wurden dabei von Minuchin[7] an der Child-Guidance-Clinic in Philadelphia durchgeführt (vgl. Textor 1984, S. 12f.).

Die Familientherapie etablierte sich in ihrem Ursprungsland Amerika in den 60er Jahren (vgl. Textor 1985, S. 17).

Im deutschsprachigen Raum lassen sich erste familientherapeutische Ansätze ab den 60er Jahren finden (vgl. Ludewig 1996, S. 97).

In Deutschland waren die familientherapeutischen Konzepte zunächst vor allem psychoanalytisch geprägt (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 21; Beck 1985, S. 73).

Richter, der als einer der Pioniere der Familientherapie in Deutschland gilt, veröffentlichte 1963 das erste familientherapeutische Buch unter dem Titel „Eltern, Kind, Neurose“ (vgl. Textor 1984, S. 13).

Als ein weiterer Begründer familientherapeutischer Konzepte in Deutschland gilt der psychoanalytisch orientierte Eckhardt Sperling und sein Arbeitsteam. Stierlin[8] und seine Mitarbeiter entwickelten das Heidelberger Modell, das zunächst psychoanalytisch ausgerichtet war, später durch verschiedene Einflüsse u. a. aus dem Mailänder Modell[9] abgewandelt wurde (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 22; www.if-weinheim.de/wasistsyst/famsyst.htm).

Im Verlauf der 70er Jahre erweiterte sich nunmehr die konzeptionelle Orientierung, und kommunikationstheoretische Konzepte fanden mehr und mehr Beachtung (vgl. Beck 1985, S. 73).

Die 70er Jahre lassen sich als die „Gründerjahre der Familientherapie in Deutschland” bezeichnen (Ludewig 1996, S. 98). In dieser Zeit wurden die ersten familientherapeutischen Ausbildungsinstitute gegründet (vgl. Textor 1984, S. 14), so beispielsweise im Jahre 1975 das Institut für Familientherapie in Weinheim von Maria Bosch.

Das Konzept dieses Instituts versucht verschiedene systemische Perspektiven zu integrieren. Es ist im deutschen Sprachraum weit verbreitet (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 22).

Immer mehr Therapeuten interessierten sich für die Familientherapie. Im Jahre 1978 wurde die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Familientherapie gegründet (vgl. Beck 1985, S. 14).

Mehr und mehr wurde aber auch Kritik laut, dass die Familie nur eine von vielen möglichen Formen eines sozialen Systems darstellt (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 17). In den 60er Jahren erweiterte sich der Blickwinkel der Familientherapie insofern, als nicht mehr nur die dysfunktionalen Beziehungsstrukturen des Familiensystems im Mittelpunkt standen, sondern mehr und mehr der Einfluss der außerfamilialen Umwelt auf die Entstehung von Dysfunktionen ins Auge gefasst wurde. Es wurden immer mehr auch andere soziale Systeme und deren Bedeutung für Individuen in Betracht gezogen (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 17; Textor 1984, S. 13).

Die Familie galt nun nicht mehr als das einzige soziale System, das einen Einfluss auf die Entwicklung von Individuen hat (vgl. Gerlicher 1977, S. 26) Die Weichen waren gestellt für eine neue Form der systemischen Therapie, die nicht mehr nur das System Familie als Behandlungseinheit betrachtete, sondern menschliche Systeme aller Art[10].

Im Folgenden möchte ich auf die zuvor erwähnten Vorläufer eingehen, die einen Einfluss auf die Entwicklung von einer individuumzentrierten zu einer systemischen Therapieform hatten.

Die Einflüsse aus der psychoanalytischen Bewegung

Freud gilt als der Begründer der psychoanalytischen Betrachtungsweise. Er entwickelte seine Theorie zu Beginn der 20er Jahre. Bei der psychoanalytischen Therapierichtung liegt das Augenmerk auf der frühen Kindheit eines Individuums. Dabei ging es vor allem um die frühen familiären Beziehungserfahrungen, in denen Freud einen wichtigen Grundstein für die weitere Entwicklung des Individuums sah (vgl. Beck 1985, S. 38). Freud erkannte, dass die Familienmitglieder einen Einfluss auf symptomatisches Verhalten eines anderen Familienmitgliedes haben und dieses sogar hervorrufen können (vgl. Textor 1984, S. 8f.). Obwohl in seiner Theorie die familiären Beziehungen also schon Beachtung fanden, behandelte Freud immer nur das einzelne Familienmitglied (vgl. Beck 1985, S. 38).

Der ebenfalls psychoanalytisch orientierte Alfred Adler[11] hingegen, zog in den 30er Jahren (in London) (vgl. Willi 1988, S. 174) die Eltern in die Behandlung mit ein und führte Familieninterviews durch (vgl. Textor 1985, S. 12). Im Jahre 1934 beschäftigte sich ein psychoanalytischer Kongress in Nyon für die Thematik „Familienneurose und neurotische Familie” (Beck 1985, S. 38). Es entwickelte sich also auch schon zu dieser Zeit ein Interesse an Theorien, die einen Bezug zwischen psychischen Störungen und den Beziehungsstrukturen und Interaktionsmustern in der Familie in Betracht zogen.

Die Einflüsse aus der Schizophrenie- und Kommunikationsforschung [12]

Ab den 30er Jahren wurde in den USA verstärkt im Bereich der Schizophrenie geforscht (vgl. Beck 1985, S. 39). 1959 wurde dann in Palo Alto (USA) das Mental Research Institute (MRI) von Don Jackson, Jules Riskin und Virginia Satir gegründet, später kamen dann Forscher wie Jay Haley, Paul Watzlawick, John Weakland, Richard Fisch und Gregory Bateson hinzu (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 20).

Im Zuge der Schizophrenieforschung gab es Beobachtungen, nach denen ein Patient, der nach einem stationären Aufenthalt wieder in seine Familie zurückkehrte wieder schizophrene Symptome entwickelte. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde die Forderung nach familientherapeutischen Ansätzen immer stärker (vgl. Beck 1985, S. 41). Watzlawick[13], Beavin und Jackson (vgl. Andolfi 1982, S. 119) entwickelten ihre Theorie der Kommunikation auf der Grundlage der Beobachtung von schizophrenen Patienten (vgl. www.tu-bs.de/institute/allg-paedagogik/Kommunikation/Die%20Kommunikationstheorie%20von%20Paul%20Watzlawick.ht-10K), bei der die Auswirkung von Kommunikation auf das Verhalten im Mittelpunkt steht (vgl. Marmon 1979, S. 36). Im Mittelpunkt der Forschungen stand deshalb das kommunikative Verhalten der Familienmitglieder und dessen Bedeutung für die Entwicklung von Störungen. Die Symptome wurden als in engem Zusammenhang mit der Kommunikation stehend betrachtet (vgl. Boeckhorst 1988, S. 12; Weakland [u. a.] 1984, S. 52). Kommunikation wird dabei betrachtet unter dem Aspekt des Input und Output.

„Wir halten dies für eine wichtige Neuorientierung, die es erlaubt, Symptome als Eingabe in das System der Beziehung statt als Ausdruck intrapsychischer Konflikte zu sehen.“ (Watzlawick [u. a.] 1996, S. 45).

Ein bedeutsames Ergebnis der Forschungen in Palo Alto, die sich mit paradoxer Kommunikation beschäftigten, war die Double-Bind-Theorie (Doppelbindungs-Theorie) im Zusammenhang mit der Schizophrenie (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 20).

Der Empfänger einer Botschaft gerät dann in eine Situation der Doppelbindung, wenn er Botschaften empfängt, die logisch betrachtet in einem Widerspruch zueinander stehen (vgl. Marmon 1972, S. 94; Weiss 1988, S. 26). Bateson spricht von der Double-Bind Situation als einer Situation, „... in der eine Person, egal, was sie tut, „nicht gewinnen kann“.“ (Bateson 1983, S. 270). Eine Doppelbindung kann dann zu einer Schizophrenie führen, wenn der Empfänger der Botschaft keine Möglichkeit hat, sich der Situation zu entziehen und wenn über dieses Dilemma nicht gesprochen werden darf (vgl. Weiss 1988, S. 27).

An dieser Stelle sei erwähnt, dass Jackson und Bateson diejenigen waren, die damit begannen, systemisches Denken in die Psychotherapie einzuführen (vgl. Hennig / Knödler 2000, S. 25).

Einflüsse aus dem Bereich der Child-Guidance-Clinics

Die Child-Guidance-Clinics wurden in den 20er Jahren des 20 Jh. in den USA gegründet. Sie sind heilpädagogische Beratungsstellen. In den Child-Guidance-Clinics wurde zunächst individuumzentriert gearbeitet (vgl. Abel (1) 1998, S. 40). Ab den 40er Jahren begann man, therapeutische Intervention für Kinder und ihre Mütter anzubieten. Die Behandlungsform unterschied sich somit von den traditionellen Vorgehensweisen, bei denen die Aufmerksamkeit alleine auf dem Kind mit seiner Störung lag (vgl. Beck 1985, S. 42).

Einflüsse systemischer und kybernetischer Theorieansätze

Auch die Entwicklung der systemischen und kybernetischen Theorieansätze in den 50er Jahren hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung familientherapeutischer Ansätze.

Großen Einfluss hatte dabei die Allgemeine Systemtheorie des Biologen Ludwig von Bertalanffy. Er versuchte, seine Systemtheorie auf psychische Probleme zu übertragen.

Norbert Wiener entwickelte das Konzept der „kybernetischen Maschine”. Die kybernetische Maschine funktioniert nach den Prinzipien eines Regelkreises. Wiener versuchte ebenfalls, sein Konzept für das Verstehen von psychischen Problemen nutzbar zu machen[14] (vgl. Beck 1985, S. 43).

3. Grundlagen der Systemtheorie

Da die systemische Therapie auf den Erkenntnissen aus der Systemtheorie beruht, werde ich diese im Folgenden darstellen.

Die Systemtheorie ist eine Metatheorie, deren Erkenntnisse sich auf unterschiedliche Wissenschaftszweige anwenden lassen.

Zunächst wurde sie in der Biologie und der Physiologie entwickelt (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 50; vgl. Schweitzer 1995, S. 16).

Später wurden die Systemabläufe, die in den Naturwissenschaften beobachtet wurden, auf die Abläufe in sozialen Systemen übertragen.

Der Biologe Ludwig von Bertalanffy gilt als einer der wichtigsten Begründer der Allgemeinen Systemtheorie. Auf der Grundlage der Annahme der „Systemisomorphie“[15] übertrug er in den Naturwissenschaften festgestellte Systemeigenschaften auf alle Systeme. Demnach lassen sich grundlegende Gesetzmäßigkeiten für alle Systeme feststellen (vgl. Böse / Schiepek 1989, S: 218).

„Wir können uns...die Frage vorlegen, ob es nicht Prinzipien gibt, die für Systeme schlechthin gelten, gleichgültig, ob diese physikalischer, biologischer oder sozialer Natur sind. Wenn wir uns diese Fragen vorlegen und den Begriff des Systems entsprechend definieren, so finden wir, dass es Modelle, Prinzipien und Gesetze gibt, die für verallgemeinerte Systeme zutreffen, unabhängig von der besonderen Natur dieser Systeme,...“ (von Bertalanffy 1957, zit. in Böse / Schiepek 1989, S. 218).

System

Im Folgenden möchte ich den Begriff „System“ näher erläutern und die für die systemische Therapie relevanten Eigenschaften von Systemen darlegen.

Bei einem System handelt es sich um ein Gebilde, dessen einzelne Elemente wechselseitig aufeinander bezogen sind. Aufgrund dieses Wechselwirkungsverhältnis bewirkt eine Veränderung in nur einem Systemelement Veränderung auch in allen anderen Systemelementen (vgl. Mücke 2001, S.25).

Hall und Fagen definieren ein System folgendermaßen:

„Ein System ist eine Menge von Objekten zusammen mit Beziehungen zwischen diesen Objekten und zwischen ihren Merkmalen.“ (Hall / Fagen 1968, zit. in Böse / Schiepek 1989, S. 186).

Böse / Schiepek bemängeln jedoch an dieser Definition das Fehlen des Umweltbezuges eines Systems (vgl. Böse / Schiepek 1989, S. 186).

Offene Systeme kennzeichnen sich durch ihren Umweltbezug, d. h., Informationen aus der Umwelt dringen in das System und haben einen Einfluss auf dieses, und umgekehrt hat das System auch einen Einfluss auf seine Umwelt. Bei Familien handelt es sich um offene Systeme, da diese sich in einem ständigen Austausch mit ihrer Umwelt befinden (vgl. von Schlippe 1986, S. 29; Myschker 2002, S. 284).

Jedes System besteht aus einzelnen Komponenten, die aber zusammengenommen mehr sind, als die Summe ihrer Teile (vgl. Myschker 2002, S. 285).

Wenn ein System z. B. aus den Teilen A, B und C besteht, so lässt sich daraus nicht schlussfolgern: A+B+C=System. Die Addition der einzelnen Komponenten macht noch nicht das System aus, sondern die Beziehungen von A, B und C zueinander konstituieren erst das System. Dieses Prinzip wird mit dem Begriff der „Übersummation“ bezeichnet (vgl. www.systemische-beratung.de/systemtheorie/theorie.htm).

Die Teile eines Systems beeinflussen sich gegenseitig in einem kreislaufförmigen Prozess. Hier kommen die Erkenntnisse aus der Kybernetik ins Spiel.

Das Konzept der Kybernetik wurde von dem Mathematiker Norbert Wiener begründet und hatte einen großen Einfluss auf das systemische Denken (vgl. Böse / Schiepek 1989, S. 218).

Die Kybernetik beschäftigte sich ursprünglich mit der Steuerung technischer Systeme (vgl. Schweitzer 1995, S. 16). Die Erkenntnisse aus der Kybernetik sind aber auch für menschliche Systeme bedeutsam. Die Kybernetik geht davon aus, dass die Steuerungsprozesse „von Maschinen, Organismen oder sozialen Gebilden“ nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten funktionieren. Kybernetische Systeme sind Systeme, die nach den Prinzipien eines Regelkreises funktionieren (vgl. Böse / Schiepek 1989, S. 99).

Ihnen liegt die Annahme der Zirkularität zugrunde, d. h. der gegenseitigen kreislaufförmigen Beeinflussung der einzelnen Teile des Systems.

Auf menschliche Systeme übertragen bedeutet dies, um ein Beispiel zu nennen, dass Person A sich zu Person B auf eine Art und Weise verhält, die beeinflusst ist durch ein vorhergehendes Verhalten der Person B gegenüber A. Dieses vorhergehende Verhalten der Person B ist jedoch wiederum beeinflusst durch ein vorhergehendes Verhalten der Person A gegenüber B...usw..

„Durch rückgekoppelte Zusammenhänge bedingen sich die Systemelemente in ihrem So-Sein gegenseitig, d. h. es besteht ein rekursives Verhältnis.“ (Böse / Schiepek 1989, S. 219).

„Systemisches Denken dagegen betont Regelkreis- und Rückkopplungsprozesse (Kybernetik) statt linealer Ereignisabfolgen.“ (Böse / Schiepek 1989, S. 134).

Diese Erkenntnis, auf soziale Systeme übertragen, impliziert, dass sich kein Anfang von Interaktionen feststellen lässt. Demnach ist kein Verhalten alleine Ursache und kein anderes alleine Wirkung[16].

Die Annahme Verhalten A = Ursache und Verhalten B = Wirkung ist somit im systemischen Denken unzulässig. Vielmehr findet Verhalten kreislaufförmig statt, wobei ein Verhalten A gleichzeitig Ursache für ein Verhalten B darstellt, aber auch Wirkung auf ein vorhergehendes Verhalten B...usw.

Kybernetische Systeme besitzen weiterhin die Eigenschaft, sich selbst regulieren zu können. So muss sich die Familie in bestimmten Situationen verändern, wenn dies die äußerlichen Bedingungen erforderlich machen. Kybernetische Systeme sind empfänglich für Feedback aus der Umwelt, das sie darauf hinweist, wenn eine Veränderung im System notwendig ist. Es lässt sich unterscheiden zwischen positivem und negativem Feedback, wobei das negative Feedback darauf abzielt, dass das System stabil bleibt, während das positive Feedback darauf abzielt, dass sich die Familie verändert (vgl. Schwartz, R. 2000, S. 37f.; von Schlippe 1986, S. 25).

Eigenschaften von Systemen

Im Folgenden werde ich für den Verlauf meiner Arbeit wichtige Eigenschaften von Systemen darstellen und diese exemplarisch für alle sozialen Systeme auf das System Familie übertragen.

3.1. Morphogenese und Morphostase

Die Kräfte, die dafür sorgen, dass ein System sich selbst regulieren kann, werden als Morphostase und als Morphogenese bezeichnet.

Die Morphostase zielt darauf ab, das System in seinem momentanen Zustand zu erhalten, während die Morphogenese auf Veränderung und Entwicklung ausgerichtet ist. Beide Mechanismen sind von Bedeutung für das Funktionieren des Systems und zwar insofern, als ersterer für den Erhalt des Systems sorgt, während letzterer dafür sorgt, dass das System fähig bleibt, sich angemessen an die Gegebenheiten der sich ändernden Umwelt anzupassen.

Damit die Familie ihr Gleichgewicht halten kann, ist es erforderlich, dass beide Kräfte in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die Morphostase ist, übertragen auf die Familie, insofern wichtig, als sie dazu beiträgt, dass die Familie trotz Wandel die gleiche Familie bleibt und somit Orientierung und Sicherheit für ihre Mitglieder bietet, während die Morphogenese dafür sorgt, dass sich die Familie weiterentwickelt und sich dem Wandel, dem sie ausgesetzt ist, auch anpassen kann (vgl. von Schlippe 1986, S. 24f.).

Eng verbunden mit den Begriffen der Morphogenese und der Morphostase ist der Begriff der Rückkopplung oder auch Feedback genannt.

Es gibt sowohl positive als auch negative Rückkopplungsprozesse. Erstere zielen darauf ab, den Zustand des Systems zu verändern, während letztere darauf abzielen, die Stabilität des Systems zu bewahren (vgl. Marmon 1979, S. 88; von Schlippe 1986, S. 24f.).

Somit lässt sich sagen, dass die positive Rückkopplung eine morphogenetische Kraft ist, während die negative eine morphostatische Kraft darstellt.

„Die Überlebensfähigkeit eines Systems hängt [...] entscheidend davon ab, ob beide Mechanismen abgestimmt zur Verfügung stehen.“ (Böse / Schiepek 1989, S. 101).

Beide Prozesse müssen demnach in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, damit die Familie in einem gesunden Gleichgewicht, der Homöostase bleibt (vgl. von Schlippe 1986, S. 25).

3.2. Homöostase und Kalibrierung

Alle Systeme sind darauf ausgerichtet, einen Gleichgewichtszustand zu erreichen und diesen zu halten. Dieser Zustand wird als Homöostase bezeichnet. Der homöostatische Zustand ist jedoch stets nur von kurzer Dauer und muss immer wieder von neuem erreicht werden. In diesem Sinne wird dieser Gleichgewichtszustand von einigen Autoren auch als Fließgleichgewicht bezeichnet (vgl. Welter-Enderlin 1986, S. 39; von Schlippe 1986, S. 25).

Der Begriff der Homöostase wurde von Jackson (1957) in die Familientherapie eingeführt, da auch das Familiensystem diesen Zustand anstrebt (vgl. Beck 1985, S. 21).

In der systemischen Therapie wird die Familie betrachtet als ein System, das sich selbst reguliert und das darauf ausgerichtet ist, seine Homöostase aufrechtzuerhalten (vgl. Weiss 1988, S. 29). Der Begriff der Homöostase ist eng mit dem Begriff der Kalibrierung verbunden. Unter dem Begriff der Kalibrierung versteht man einen Prozess, durch den das System seinen Gleichgewichtszustand in Entwicklungsphasen auf einer neuen Stufe zu erreichen versucht[17] (vgl. von Schlippe 1986, S. 26). Beispielhaft für eine Kalibrierung führt Linke die notwendige Neueinstellung eines Paares nach der Geburt des ersten Kindes auf die Elternrolle auf (vgl. Linke 2001, S. 43).

Im Laufe ihrer normalen Entwicklung muss jede Familie jedoch Phasen des Ungleichgewichts durchlaufen, wenn sie sich im Übergang von einem Entwicklungsstadium in ein anderes befindet. Solche Situationen stellen natürliche Herausforderungen für die Familie dar. Es müssen strukturelle Veränderungen in der Familie stattfinden, die Familie muss sich neu kalibrieren (einstellen; Anm. der Autorin), damit sie der neuen Situation wieder gewachsen ist und auf einer anderen Ebene ein neues Gleichgewicht erreichen kann. Andererseits darf sich die Familie aber auch nicht zu stark verändern, da sie sonst ihrer Funktion nicht mehr gerecht werden würde, den einzelnen Mitgliedern Sicherheit und Geborgenheit zu bieten. Diese Phasen des Übergangs, die im Lebenslauf einer Familie eintreten, werden von vielen Familien als Krisen erlebt, da sie sich nun diesen Veränderungen anpassen müssen und alte Muster zugunsten neuer Muster zum Teil aufgegeben werden müssen. In jeder Familie gibt es Bestrebungen für und Bestrebungen gegen Veränderungen (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 282). In diesen Phasen sind Familien also vor große Anforderungen gestellt (vgl. Textor 1996, S. 17; Wnuk-Gette / Wnuk 1995, S. 131). Die Familie hat in diesen Phasen den „Drahtseilakt“ zu vollziehen, notwendige Veränderung zuzulassen, aber dennoch die „alte“ Familie zu bleiben.

Es gibt jedoch Familien, die sich verändernden Bedingungen nicht anpassen, da sie Veränderungen und den damit einhergehenden, vorübergehenden Zustand der Unstabilität als bedrohlich erleben (vgl. Andolfi 1982, S. 200). Sie behalten dann alte Strukturen bei, die aber den neuen Situationen nicht angemessen sind. Die Strukturen sind dysfunktional geworden. Die Familie ist dadurch schlecht gerüstet für Aufgaben, die in der Zukunft anstehen, was sich auf diese und ihre einzelnen Mitglieder sehr belastend auswirken kann. Konflikte in der Familie können auftreten, es kann zur Entwicklung von Störungen kommen (vgl. Textor 1996, S. 18; Mücke 2001, S. 201; Weiss 1988, S. 29). Diese Familien versuchen ihr Gleichgewicht durch eine Symptombildung aufrechtzuerhalten (vgl. von Schlippe 1986, S.25; Beck 1985, S.56; Schmidt 1998, S. 416). Die Familie könnte aus dem Gleichgewicht geraten, wenn das Symptom als bindende Kraft nicht mehr vorhanden wäre. Der systemische Therapeut muss sich deshalb immer fragen, welche Rolle ein Symptom für die Homöostase der Familie, in der es auftritt, haben könnte[18] (vgl. von Schlippe 1986, S. 25).

Eine Familie, die mit Übergangssituationen angemessen umgeht und ihr „Strickmuster“ den neuen Bedingungen anpasst, wird in diesem Sinne als funktional bezeichnet (vgl. Weakland [u. a.] 1984, S. 53).

Als Übergangssituationen in die Familien im Laufe ihres Lebens geraten können, lassen sich beispielsweise ein Schuleintritt eines Kindes, die Geburt eines Kindes, eine Krankheit, Arbeitslosigkeit...etc. nennen (vgl. Wnuk-Gette / Wnuk 1995, S. 130).

Die Änderung, die sich vollzieht, verlangt nach einer inneren Umstrukturierung des Familiensystems. Somit kann zu einem weiteren Begriff übergegangen werden.

3.3. Strukturen

Jedes System bildet im Laufe der Zeit bestimmte Strukturen aus, die sich aufgrund der Regelmäßigkeiten im System etablieren. Die Strukturen bieten dem Einzelnen einerseits Sicherheit und Orientierung, schränken ihn auf der anderen Seite aber auch ein Stück weit ein (vgl. Minuchin 1984, S. 85). Die Strukturen ermöglichen dem System eine gewisse Stabilität (vgl. www.systemische-beratung.de/systemtheorie/theorie.htm). Ein geregelter Umgang wird durch sie erst ermöglicht (vgl. IFW, Abschnitt: „Verändern“ und „Bewahren“ in der systemischen Therapie).

Die systemische Theorie geht davon aus, dass die Struktur sozialer Systeme veränderbar ist. Systeme müssen, um sich selbst zu erhalten, sich den Veränderungen in ihrer Umwelt anpassen und ihre Struktur gegebenenfalls verändern (vgl. Böse / Schiepek 1989, S. 168).

Ist eine Familie dazu nicht in der Lage, kann sie ihre Funktionen nicht mehr angemessen erfüllen, wird also folglich dysfunktional (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 282).

3.4. Regeln

Durch Regeln ist das Verhältnis der einzelnen Teile eines Systems untereinander organisiert, durch sie werden die Umgangsformen der Familienmitglieder untereinander mitbestimmt[19].

Jede Familie entwickelt im Laufe des Zusammenlebens bestimmte Regeln (vgl. Hennig / Knödler 2000, S. 206).

Regeln sind wichtig für das Familiensystem, damit die Familienmitglieder wissen, wie sie sich untereinander zu verhalten haben (vgl. Textor 1996, S. 14). Damit die Regeln in einer Familie funktional bleiben, müssen sie flexibel und veränderbar sein (vgl. Gerlicher 1977, S. 27; Textor 1996, S. 14; Helming [u. a.] 1998, S. 283).

Es muss unterschieden werden zwischen funktionalen und dysfunktionalen Regeln. Erstere sorgen für einen angemessenen Umgang der Familienmitglieder untereinander, sie sorgen dafür, dass das Zusammenleben gut funktioniert und tragen somit dazu bei, dass die Familie ihre Funktion[20] erfüllen kann. Letztere stehen dem gesunden Funktionieren der Familie im Wege (vgl. Hennig / Knödler 2000, S. 206).

Weiterhin muss man unterscheiden zwischen expliziten und impliziten Regeln. Implizite Regeln sind häufiger als explizite Regeln (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 61).

Die impliziten Regeln sind unausgesprochene Regeln, die den Familienmitgliedern oft nicht bewusst sind (vgl. von Schlippe 1986, S. 29), die aber gerade deshalb eine große Macht über die Familienmitglieder haben. Sie sind schwerer zu verändern, als die expliziten Regeln, da man nicht über sie verhandeln kann. Sie werden befolgt, ohne hinterfragt zu werden. Sie schweben in diesem Sinne über der Familie, wie das berühmte „Damoklesschwert“. Bewusst werden solche Regeln beispielsweise dann, wenn gegen sie verstoßen wird (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 285). Wenn implizite dysfunktionale Regeln bewusst gemacht werden, haben sie einen großen Teil ihrer Wirkungskraft eingebüßt. Diese nun bewussten Regeln können nun nicht mehr unhinterfragt verfolgt werden. Sie sind nun, da sie bewusst sind, verhandelbar geworden (vgl. von Schlippe 1986, S. 29; vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 284).

3.5. Hierarchie

Komplexe Systeme lassen sich in kleinere Einheiten zerlegen, nämlich in ihre Subsysteme[21] (vgl. Schweitzer / von Schlippe 2000, S. 57). Diese Subsysteme sind hierarchisch geordnet (vgl. von Schlippe 1986, S. 26f.). Auf die Familie übertragen bedeutet dies, dass sie aus untergeordneten Subsystemen besteht, z. B. dem ehelichen Subsystem, dem geschwisterlichen Subsystem...etc. Diese bestehen wiederum aus den Subsystemen der Individuen. Die Familie selbst ist ein Subsystem eines größeren Systems (z. B. der Nachbarschaft, der Gemeinde, in der sie lebt...etc.) Da die Subsysteme miteinander verknüpft sind, hat eine Veränderung in einem Subsystem zur Folge, dass sich auch das Gesamtsystem ändert, genauso hat eine Veränderung im Gesamtsystem eine Veränderung in den einzelnen Subsystemen zur Folge (vgl. Textor 1996, S. 14; Helming [u. a.] 1998, S. 204).

Auf die Familie übertragen hieße dies beispielsweise, dass eine Veränderung im ehelichen Subsystem auch eine Veränderung des geschwisterlichen Subsystems zur Folge hat. Wenn z. B. der Vater seine Arbeitsstelle verlieren würde, so könnte sich das auf die Kinder so auswirken, dass diese nun auf Dinge verzichten müssen, die sie gerne getan haben, so kann es sein, dass sich die Familie den Fußballverein der Kinder nicht mehr leisten kann. Weiterhin kann es sein, dass die Kinder sich nun ihr Taschengeld durch einen Nebenjob selbst dazuverdienen müssen, da die Eltern ihnen kein Taschengeld mehr geben können. Auch könnte der geplante Urlaub der Familie wegfallen, was für alle Familienmitglieder eine Belastung darstellen würde. Auch auf die außerfamiliären Systeme könnte dies Konsequenzen haben. So können die Eltern nun beispielsweise weniger mit ihrem Bekanntenkreis unternehmen, z. B. ins Kino / Theater gehen, Essen gehen...etc. Sie sind öfter zu Hause, isolieren sich von ihrem Bekanntenkreis, was wiederum negative Auswirkungen auf die häusliche Atmosphäre und damit rückwirkend auf das familiäre Subsystem zur Folge haben kann. Die Stimmung kann sich aufladen und es kann zu Streitigkeiten der Eltern kommen, die sich wiederum negativ auf die Kinder auswirken können[22].

3.6. Autopoiese

Das Konzept der Autopoiese wurde von Maturana und Varela entwickelt (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 67).

Mit dem Begriff der Autopoiese werden Systeme beschrieben, deren Teile durch die Struktur des Systems in ihrer Veränderung determiniert sind. Es ist nur eine Veränderung in einem bestimmten Rahmen möglich. Über die Art und Weise der Veränderung entscheidet die Struktur des Systems (vgl. Schmidt 1998, S. 421). Autopoietische Systeme sind Systeme, die sich selbst organisieren, selbst erhalten und selbst herstellen (vgl. Willke 1993, S. 9).

Von besonderer Bedeutung für den Verlauf meiner Arbeit ist die Erkenntnis, dass die autopoietischen Systeme nicht instruktiv von ihrer Umwelt gesteuert werden können. Sie können allenfalls von dieser verstört werden, wobei die spezifische Reaktion auf die Verstörung dem System vorbehalten bleibt (vgl. Schweitzer / von Schlippe 2000, S. 68).

Die Erkenntnisse bezüglich der Autopoiese wurden auf die Systemtherapie übertragen, wobei dies vielfacher Kritik unterlag (vgl. Schweitzer / von Schlippe 2000, S. 70).

Jedoch sind sie insofern bedeutsam für die systemische Therapie, als sich der Therapeut bewusst machen muss, dass er nie antizipieren kann, in welche Richtung seine Interventionen wirken. Er hat nicht die Macht, die Familie zu verändern, aber er kann ihr Anstöße und Anregungen geben und die Bedingungen schaffen, die es der Familie ermöglichen, sich selbst zu verändern (vgl. Ludewig 1987, S. 184f.; Ludewig, 2000, S. 468; Schweitzer 1995, S. 16f.).

Fritz Simon und Gunthard Weber beschreiben diese Erkenntnis sehr schön anhand eines Beispieles aus der Schifffahrt. Wenn man ein Schiff navigieren will, so kann man nicht davon ausgehen, dass wenn man das Steuer um 30° Grad nach links dreht, sich auch das Schiff um 30° Grad nach links dreht. Es lässt sich nicht mit Gewissheit vorhersagen, wie das Schiff auf die Handlung reagiert, da noch andere Bedingungen eine Rolle spielen, so z. B. die Windrichtung und die Windstärke (vgl. Simon / Weber 1987, S. 356).

4. Grundannahmen, Ziele und Voraussetzungen des systemtherapeutischen Ansatzes

Von Schlippe / Schweitzer beschreiben folgende Prämissen des systemischen Modells:

- „Jedes Verhalten macht Sinn, wenn man den Kontext kennt.
- Es gibt keine vom Kontext losgelösten Eigenschaften einer Person.
- Jedes Verhalten hat eine sinnvolle Bedeutung für die Kohärenz des Gesamtsystems.
- Es gibt nur Fähigkeiten. Probleme ergeben sich manchmal daraus, dass Kontext und Fähigkeit nicht optimal zueinander passen.
- Jeder scheinbare Nachteil in einem Teil des Systems zeigt sich an anderer Stelle als möglicher Vorteil.“ (von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 179).

Als die grundlegenden Fragen der systemischen Therapie bezeichnen Schweitzer / von Schlippe folgende:

1. „Was ist wirklich?“
2. „Wie steht es mit der Kausalität?“
3. „Welche Rolle spielt die Sprache in diesem Zusammenhang?“ (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 86).

Zu 1.:

Eine Prämisse der systemischen Therapie ist zunächst, dass ein System aus der Perspektive eines Beobachters erkannt werden muss, um als solches definiert werden zu können (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 86).

Diese Erkenntnis führt zu der allgemeinen systemischen Grundannahme, die an die Theorie des Sozialen Konstruktivismus[23] anlehnt, dass Realität relativ sei (vgl. www.if-weinheim.de/wasistsyst/famsyst.htm). Menschen werden als die Konstrukteure ihrer Realität angesehen, d. h. das, was sie wahrnehmen, ist ihr persönliches Bild von der Wirklichkeit (vgl. Mücke 2001, S. 26f. + 188ff.; Helming [u. a.] 1998, S. 196ff.). Die konstruktivistische Perspektive impliziert, dass es unterschiedliche Sichtweisen der Wirklichkeit gibt, je nachdem für welchen Standpunkt man sich entscheidet.

Diese Sichtweise wird als „konstruktivistisch“ bezeichnet und stellt eine Grundlage der Systemtheorie dar (von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 87).

Zu 2.

In der systemischen Therapie wird das gängige Prinzip der linearen Kausalität ersetzt durch ein Prinzip der zirkulären Kausalität, d. h. es wird davon ausgegangen, dass einem bestimmtes Verhalten einer Person keine bestimmte Ursache zugeordnet werden kann, sondern das Verhalten wird als den Regeln der Zirkularität folgend betrachtet[24]. Dies bedeutet, dass eine eindeutige Zuordnung von Ursache und Wirkung nicht möglich ist. Ein Verhalten einer Person A kann für eine Person B sowohl Ursache für deren nachfolgendes Verhalten sein, als auch Wirkung auf das vorhergehende Verhalten der Person B (vgl. von Schlippe 1986, S. 23; Helming [u. a.] 1998, S. 204; Brunner 1986, S. 9). Schuldzuweisungen sind somit im systemischen Ansatz unzulänglich, da sich die Familienmitglieder in ihrem Verhalten gegenseitig bedingen (vgl. Myschker 2002, S. 285).

Zu 3.

Auf der Grundlage der Annahme, dass die Wirklichkeit relativ sei und der Konstruktion der Akteure unterliege, stellt sich die Frage, wie Menschen es anstellen, eine gemeinsame Realität zu erzeugen.

Bedeutsam wird hier das Phänomen der Sprache. Sprache und die Konstruktion von Realität stehen in einem engen Zusammenhang. Mit Hilfe der Sprache ist es uns möglich, anderen Menschen mitzuteilen, was wir wahrnehmen, wie wir die Welt sehen. Dazu von Schlippe / Schweitzer:

„Wir erzählen uns selbst und uns gegenseitig ständig, wie die Welt ist und halten sie damit stabil.“ (Schweitzer / von Schlippe 2000, S. 94).

Brunner erwähnt, dass es sich bei dem systemischen Ansatz nicht nur um eine im Gegensatz zu den traditionellen Therapiemethoden veränderte Vorgehensweise handelt, sondern, dass mit diesem Ansatz auch eine neue Betrachtungsweise eingeleitet wurde (vgl. Brunner 1986, S. 8).

Während in den traditionellen Psychotherapieansätzen der Standpunkt vertreten wird, dass die Ursache für ein Symptom im Individuum zu lokalisieren sei und somit die Wechselwirkung zwischen den Dingen nicht berücksichtigt wird, wird das Symptom, das ein Einzelner aufweist, aus systemtherapeutischer Sicht als ein Hinweis darauf gesehen, dass etwas in dem Beziehungsnetz, in das dieser Mensch eingebettet ist, nicht in Ordnung ist (vgl. Hennig / Keller 1993, S. 72). In den traditionellen Therapieansätzen ist die Behandlung individuumszentriert, in den systemischen Ansätzen hingegen sind der Gegenstand der Behandlung die Beziehungen zwischen den Individuen, die gemeinsam ein System bilden. Etwas verlangt in diesem sozialen System nach einer Veränderung (vgl. Brunner 1986, S. 8; von Schlippe 1986, S. 12). Aus diesem Grund wird diejenige Person, die das Symptom aufweist, auch als der „Indexpatient“ (vgl. www.if-weinheim.de/wasistsyst/famsyst.htm) „identifizierte Patient“ oder als der „Symptomträger“ (Minuchin / Fishman 1983, S. 50) bezeichnet, da ihr Symptom als Hinweis dafür gilt, dass in dem System, in dem sie lebt, etwas gestört ist.

Nach der systemischen Sichtweise ist die Verhaltensauffälligkeit eines Kindes ein Symptom dafür, dass in dem Beziehungsnetzwerk, in dem es lebt, etwas falsch läuft, es weist also auf Störungen in den Beziehungen hin (vgl. Textor 1996, S. 43).

„...Verhaltensauffälligkeiten des Kindes sind aktive Äußerungen einer Beziehungsstörung.“ (Voß 1995, S. 87).

„Alle therapeutischen Maßnahmen müssen sich demnach auf die Einheit des Kindes in seiner Lebenswelt beziehen.“ (Voß 1995, S. 88).

Das Individuum wird in diesem Sinne auch nicht als „krank“ bezeichnet, sondern sein Verhalten wird als sinnvoll in einem gestörten System betrachtet. Sein Symptom wird als ein Lösungsversuch betrachtet, mit einer konfliktträchtigen Situation umzugehen (vgl. Mücke 2001, S. 29).

„Deshalb gilt aus systemischer Sichtweise: Im psychosozialen Kontext gibt es weder Krankheiten noch Heilungen, sondern ausschließlich Probleme und Lösungen.“ (Mücke 2001, S. 36).

Das Verhalten der Systemmitglieder wird als sinnvoll aufeinander bezogen betrachtet (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 202).

Das Beziehungsnetz wird als ein System verstanden, das nach seinen eigenen Regeln funktioniert und das im Laufe der Zeit seine eigenen Interaktionsmuster ausgebildet hat, die die Struktur des Systems bilden (vgl. Minuchin / Fishman 1983, S. 27). Sind die Interaktionen funktional, dann wirkt sich das positiv auf die Mitglieder des Systems aus, sind sie jedoch dysfunktional, so stehen sie der gesunden Entwicklung der einzelnen Systemmitglieder im Wege. Es kann dann zur Ausbildung eines Symptoms kommen (vgl. Beck 1985, S. 155).

Für die meisten Menschen stellt die Familie wohl das wichtigste Beziehungsnetz dar[25].

Die systemtherapeutische Sichtweise impliziert den Gedanken, dass, wenn sich das Verhalten einer einzelnen Person ändern soll, sich die Art und Weise der Beziehungen, in die diese Person eingebettet ist, ändern muss (vgl. von Schlippe 1986, S. 16).

„Das Interesse gilt in den systemischen Theorien dem Aufeinanderbezogensein der verschiedenen Elemente, deren gemeinsamer Organisation und den Wechselwirkungen.“ (Helming [u. a.] 1998, S. 202). Aufgrund der zirkulären Vernetztheit hat eine Verhaltensänderung eines Familienmitglieds gleichzeitig eine Veränderung im gesamten Beziehungsnetz zur Folge. (vgl. Mücke 2001, S. 25; www.ibs-network.de/ferkel/pelzer-systemische-leitideen.shtml, S. 10). Der systemische Ansatz geht davon aus, dass eine Veränderung an einem beliebigen Punkt des Systems immer auch eine Veränderung im gesamten System zur Folge hat (vgl. Molnar / Lindquist 1995, S. 28). Das System Familie ist mit einem Mobilé vergleichbar. Wenn man nur ein Teil des Mobilés bewegt, dann kommt gleichzeitig auch Bewegung in die anderen Teile. Pelzer beschreibt, dass schon eine Änderung eines einzelnen Familienmitgliedes dazu führen kann, dass das „eingespielte“ Familienmuster unterbrochen wird und es zur Suche nach neuen Möglichkeiten kommen kann (vgl. www.ibs-network.de/ferkel/pelzer-systemische-leitideen.shtml, S. 10).

Wenn nun eine Person eine Verhaltensauffälligkeit aufweist, dann muss die Struktur ihres Umfeldes geändert werden, damit sich die Auffälligkeit verändern kann. Die dysfunktionalen Interaktionsmuster in ihrer Umgebung müssen in funktionale Interaktionsmuster umgewandelt werden, denn wenn, wie wir festgestellt haben, das Symptom einen Lösungsversuch für eine konfliktträchtige Situation darstellt, dann muss etwas an der Situation geändert werden, damit das Symptom letztendlich aufgegeben werden kann. Das Symptom muss demnach seinen Sinn verlieren, den es im Kontext des Beziehungsnetzes der Person hatte (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 203). In der systemischen Therapie geht es nicht darum, nach einer Ursache für ein Symptom zu suchen, sondern darum, zu erkennen, welchem Zweck dieses Symptom dient, um es letztendlich überflüssig zu machen (vgl. Mücke 2001, S. 49; von Schlippe 1986, S. 87).

Der systemisch orientierte Therapeut stellt sich somit die Frage, welchen Sinn das Symptom für die Familie hat, er fragt nicht „Warum ist das Symptom da?“, sondern „Wozu ist das Symptom da?“ (vgl. www.systemische-beratung.de/systemtheorie/theorie.htm)

Nach systemischer Sicht kann ein Kind Symptome entwickeln, um die Aufmerksamkeit seiner Eltern auf sich zu ziehen, so dass diese gebunden ist. Die Eltern richten dadurch ihre Aufmerksamkeit nicht auf ihre eigenen Probleme, die sie miteinander haben, dadurch kommt es zu weniger Streit (vgl. Textor 1996, S. 15; Andolfi 1982, S. 52/53).

Ein Beispiel hierfür wäre eine Familie, bei der sich die Eltern oft streiten, und bei der aus der Sicht des Kindes die Gefahr einer möglichen Trennung der Eltern gegeben ist. Auffälliges Verhalten des Kindes könnte unter diesen Umständen einen verzweifelten Versuch darstellen, die Familie zusammenzuhalten (vgl. Hobl / Schmidt 2000, S. 200).

Durch sein Verhalten kann es die Aufmerksamkeit seiner Eltern auf sich ziehen, die sich um ihr Kind sorgen.

Dadurch, dass die Aufmerksamkeit nun auf das Symptom des Kindes gerichtet ist, beschäftigen sich die Eltern nun weniger mit ihren eigenen Konflikten. Aufgrund dessen, dass sie sich Sorgen um ihr Kind machen, kommt es wieder zu einem gemeinsamen Gesprächsthema zwischen den Eltern. Sie tun etwas Gemeinsames, indem sie sich um ihr Kind sorgen. Sie arbeiten nun miteinander für eine gemeinsame Sache und nicht mehr gegeneinander, wie sie dies in den Streitsituationen getan haben. Der Konflikt ist aufgrund der Verhaltensauffälligkeit des Kindes vorübergehend entschärft (vgl. von Schlippe 1986, S. 25f.; Textor 1996, S. 15). Das Symptom des Kindes hat somit eine Bezogenheit innerhalb des Familiensystems (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 203).

Die systemischen Ansätze berücksichtigen aber nicht nur das Beziehungsnetz der Familie, sondern es wird auch berücksichtigt, dass das System Familie selbst wiederum Teil eines übergeordneten Systems ist (vgl. Heekerens 1989, S. 230f.). So ist die Familie z. B. eingebunden in die Gesellschaft und tritt in Beziehung mit deren Organen und Institutionen. Diese außerfamilialen Beziehungen der Familie beeinflussen wiederum die Beziehungen innerhalb der Familie und somit das einzelne Familienmitglied (vgl. Helming [u. a.] 1998, S. 204f.; von Schlippe 1986, S. 22; Andolfi 1982, S. 32).

„Nach der systemischen Betrachtungsweise haben wir es bei dem vorgestellten Problem nicht mehr mit dem Synonym einer psychischen Störung zu tun, wie es dem einzelnen Individuum innewohnt, sondern mit einem auf dem Weg über die Interaktionen der Gruppe entstandenen Konglomerat aus familialen und außerfamilialen Spannungen“ (Andolfi 1982, S. 99).

„Systemisches Problemlösen bedeutet danach, die Umgebung, die Umwelt, letztlich die ganze Welt in den Blick zu nehmen.” (vgl. Myschker 2002, S. 285).

Da die vollständige Berücksichtigung aller Einflussfaktoren jedoch in der systemischen Praxis nicht realisierbar ist, beschränkt man sich auf kleinere Beziehungssysteme, wie z. B. die Familie, Paare, Arbeitsteams...etc. (vgl. Myschker 2002, S. 286; Mücke 2001, S. 19).

4.1. Ressourcenorientiertheit

In der systemischen Therapie wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass Menschen das Potential haben, eine für sie belastende Situation zu verändern, es muss nur geweckt werden. Der Kunde[26] wird nicht aus einem defizitären Blickwinkel betrachtet, dem etwas fehlt, sondern ihm muss lediglich dabei geholfen werden, die Ressourcen, die er besitzt, für sich zu nutzen (vgl. www.ibs-network.de/ferkel/pelzer-systemische-leitideen.shtml, S. 6; Mücke 2001, S. 170; Schiepek 1999, S. 66). Es wird also an den Fähigkeiten der Familienmitglieder angesetzt, anstatt daran, was sie falsch machen oder nicht können. Der Familie sollen ihre Ressourcen bewusst gemacht werden und es sollen Wege aufgezeigt werden, wie diese genutzt werden können. Pelzer bemerkt, dass dadurch, dass der Fokus der Aufmerksamkeit auf den Ressourcen liegt, die Aufmerksamkeit auf Lösungen gelenkt wird (vgl. www.ibs-network.de/ferkel/pelzer-systemische-leitideen.shtml, S. 6f.). Ich denke, dadurch, dass der Fokus der Aufmerksamkeit auf den Ressourcen liegt, hat dies auch einen Einfluss auf die Selbstwahrnehmung der Familie in eine positive Richtung.

Eine sehr große Rolle in der systemischen Therapie spielt der Respekt und die Wertschätzung der Kunden. Lösungsversuche, die die Familie bisher schon unternommen hat, sollen anerkannt werden, positive Eigenschaften, Kompetenzen und Ressourcen von Personen sollen hervorgehoben werden um die Familie zu ermutigen (vgl. Mücke 2001, S. 261). Der Therapeut sucht immer wieder nach Möglichkeiten, wie er die Familienmitglieder würdigen kann und nach Dingen, die er an der Familie wertschätzen kann (vgl. Herwig-Lempp 2002, S. 58). Dadurch soll auch die Schwellenangst vor der Therapie-Situation abgeschwächt werden (vgl. Hennig / Knödler 2000, S. 111ff.).

4.2. Aufgaben des Therapeuten und Ziele der Therapie

Der Therapeut beobachtet das Interaktionsverhalten der Familienmitglieder. Der Therapeut versucht in den Interaktionen[27] der Familienmitglieder eine Regelhaftigkeit zu erkennen und danach zu suchen, welche Regeln dazu beitragen, dass eine Störung entstehen konnte (vgl. Wnuk-Gette / Wnuk 1995, S. 134). Er versucht, sich durch die Beobachtung ihrer Interaktionen einen Überblick über die Dynamik in der Familie zu verschaffen. Hat er ein erstes Bild darüber gewonnen, versucht er, den Familienmitgliedern diese bewusst zu machen (vgl. Gerlicher 1977, S. 40). Die Aufmerksamkeit soll auf die Familiendynamik gerichtet sein und nicht auf das Kind als Symptomträger (vgl. Textor 1985, S. 155). Aufgabe des Therapeuten ist es daher, den Familienmitgliedern eine zirkuläre Sichtweise der Problementstehung zu vermitteln, ihnen soll im Laufe der Therapie bewusst gemacht werden, was in ihrer Interaktion das Symptom begünstigt (vgl. Zimbardo 1992, S. 560).

Durch diese Bewusstmachung ist die Basis zu einer Änderung in der Familieninteraktion gelegt. Es soll also hierbei nicht ein einzelnes Individuum mit seinem Symptom behandelt werden, sondern der Akzent liegt auf den Möglichkeiten der Veränderung in der Beziehung zwischen den Mitgliedern des betroffenen Systems.

Der Therapeut hat die Aufgabe, die Struktur des Familiensystems zu erkennen und der Familie zu helfen, deren dysfunktionale Komponenten zu verändern, so dass ein „gesundes“ Funktionieren aller Familienmitglieder wieder möglich wird (vgl. Brunner 1986, S. 19).

Ziel ist eine gut funktionierende Kommunikation, die die Familienmitglieder auf positive Weise beeinflusst und die der gesamten Entwicklung jedes einzelnen Familienmitgliedes nicht im Wege steht (vgl. Textor 1985, S. 155).

Der Therapeut muss der Familie Impulse geben, um gewohnte Handlungsmuster zu unterbrechen, die die Familie beeinträchtigen, wodurch eine Veränderung im Familiensystem bewirkt werden soll (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 123; Ludewig 1987, S. 184f.).

Er soll mit der Familie gemeinsam Bedingungen schaffen, die Veränderung erst möglich machen. Die Veränderung an sich, liegt dann in der Verantwortung der Familie (vgl. www.if-weinheim.de/wasistsyst/famsyst.htm). Der Therapeut hat die Aufgabe, günstige Bedingungen für eine Veränderung in menschlichen Systemen zu schaffen (vgl. Schiepek 1999, S. 65).

Ein weiteres Therapieziel besteht darin, die Familienmitglieder in ihrer Selbstständigkeit und Weiterentwicklung zu fördern, außerdem soll die Entwicklung positiver Selbstwertgefühle gefördert werden (vgl. Textor 1985, S. 153).

4.3. Die Verantwortung bei der Familie

Grundsätzlich werden die Kunden im systemischen Ansatz als handlungskompetent angesehen. Ihnen selbst wird die Verantwortung zugesprochen, sich zu verändern. Die Kunden sollen dazu ermutigt werden, die Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen (vgl. Mücke 2001, S. 170). Es ist somit nicht die Aufgabe des Therapeuten, der Familie fertige Lösungen zu bieten. Vielmehr soll er die Familie darin unterstützen, ihre eigenen Ressourcen zu nutzen und nach Lösungen zu suchen. Der Therapeut bestimmt nicht das Ziel, er kann aber der Familie verschiedene Wege aufzeigen, die sie gehen können, um ihr Problem selbstständig zu lösen. Die tatsächliche Lösung obliegt jedoch der Familie. Eberle Egli schreibt dazu folgende, meines Erachtens einschlägige therapeutische Stellungnahme: „Jede Familie hat ihren eigenen Stil, ihre eigene Art zu leben. Ich kann Ihnen deshalb in den Gesprächen keine Rezepte vermitteln. Wir können miteinander gangbare Wege aufzeigen. Außerdem möchte ich Ihnen helfen, dass Sie miteinander - auf Grund Ihrer Wünsche und Vorstellungen - eine Lösung finden, die für Sie alleine stimmt.“ (Eberle Egli 1990, S. 48)

Der Therapeut darf nicht die Verantwortung für die Veränderung der Familie übernehmen, sondern er soll versuchen, die Familie dazu zu bringen, selbst etwas zu tun, um an ihrer Situation etwas zu verändern (vgl. Hennig / Knödler 2000, S. 103).

Wenn er die Verantwortung übernehmen würde, würde er die Familie in eine passive Rolle drängen. Die Ressourcen- und Selbstheilungskräfte der Familie würden dann nicht geweckt werden. Der Therapeut muss in diesem Sinne die Verantwortung für die Interventionen übernehmen, nicht jedoch für die eigentliche Veränderung (vgl. Walkemeyer / Bäumer 1990, S. 35).

5. Bedeutende Schulen in der systemischen Therapie und Weiterentwicklungen

Im Verlauf meiner Arbeit werden systemtherapeutische Methoden und Techniken bedeutsam, die aus den Ansätzen von Vertretern unterschiedlicher Schulen der systemischen Familientherapie stammen. Im Folgenden möchte ich deren Ansätze für eine bessere Übersicht darstellen. Zunächst gehe ich dabei auf die klassischen Modelle der systemischen Familientherapie ein und werde im Anschluss daran die Weiterentwicklung der systemischen Therapie skizzieren, wie sie sich in unterschiedlichen Ansätzen manifestiert hat [28].

Klassische Modelle

Zu den „klassischen systemtherapeutischen Modellen“ gehören:

1. Der psychoanalytische Ansatz (Hauptvertreter: Stierlin / Richter)
2. Der strukturelle Ansatz (Hauptvertreter: Minuchin)
3. Der entwicklungsorientierte Ansatz (Hauptvertreter: Satir)
4. Der strategische Ansatz (Hauptvertreter: Selvini-Palazzoli (Mailänder Schule))

(vgl. Vernooij 2000, S. 39; www.if-weinheim.de/wasistsyst/famsyst.htm).

5.1. Der strukturelle Ansatz nach Minuchin

5.1.1. Theoretische Aspekte

Das Konzept des strukturellen Ansatzes wurde Mitte der 60er Jahre des 20 Jh. entwickelt (vgl. Textor 1985, S. 17). Es steht in einem engen Zusammenhang mit dem Begriff der Familienstruktur (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 24). Es wird davon ausgegangen, dass sich die Struktur der Familie auf das Innerpsychische ihrer Mitglieder auswirkt.

Minuchin interessiert sich insbesondere dafür, wie die Regeln in einer Familie gestaltet sind, wie die Familienmitglieder miteinander in Interaktion treten und wie die Familie organisiert ist. (vgl. von Schlippe 1986, S. 50)

[...]


[1] Wenn ich im Verlauf meiner Arbeit dennoch von „dem“ systemtherapeutischen Ansatz spreche, so meine ich eine Integration verschiedener Ansätze.

[2] In den systemischen Ansätzen werden menschliche Beziehungsgefüge als Systeme betrachtet.

[3] Wenn ich von der Familie spreche, beziehe ich mich nicht nur auf die klassische Kernfamilie, sondern meine beispielsweise auch Ein-Eltern-Familien, Stieffamilien, Pflegefamilien...etc.

[4] Der Begriff der „Komm-Struktur“ meint, dass die Kunden in die Beratungsstelle kommen, anders als der Begriff der „Geh-Struktur“, der u. a. Hausbesuche beinhaltet (vgl. Hundsalz 1995, S. 217; bezugnehmend auf ein Gespräch mit einer Systemtherapeutin der ÄPBG).

[5] Ich beziehe mich diesbezüglich ausschließlich auf EB-Stellen in Hessen, da es für unterschiedliche Bundesländer unterschiedliche Regelwerke gibt.

[6] Nicht mehr das einzelne Individuum galt als mögliche Behandlungseinheit, sondern auch das Beziehungsnetz (das System), in das das Individuum eingebunden war.

[7] Minuchin entwickelte das Konzept der strukturellen Familientherapie, auf das unter Punkt 5.1. eingegangen wird.

[8] Stierlin entwickelte das Konzept der „Transaktionalen Interaktionsmodi“, auf das unter Punkt 5.4. eingegangen wird.

[9] Auf das Mailänder Modell wird unter Punkt 5.2. eingegangen.

[10] Häufig werden die Begriffe „Familientherapie“ und „Systemtherapie“ in der Literatur synonym verwendet, was jedoch irreführend ist, da sich die Systemtherapie auch auf andere menschliche Beziehungssysteme außer die Familie beziehen kann (vgl. Mücke 2001, S. 20). So lässt sich zwar sagen, dass die Familientherapie eine Form der Systemtherapie ist, der Umkehrschluss ist jedoch nicht zulässig.

[11] Die Nachfolger von Adler gründeten die ersten Erziehungsberatungsstellen und Child-Guidance-Clinics (vgl. Textor 1985, S. 12).

[12] Textor betont, dass die Schizophrenie- und Kommunikationsforschung die Entwicklung der Familientherapie in hohem Maße beeinflussten (vgl. Textor 1984, S. 11; Beck 1985, S. 39). Aus diesem Grund werde ich diese etwas ausführlicher darstellen.

[13] Watzlawick entwickelte im Rahmen der Kommunikationstheorie fünf Axiome der Kommunikation. Für den weiteren Verlauf meiner Arbeit werden das 2., 3. und das 4. Axiom bedeutsam. Das 2. Axiom bezieht sich darauf, dass jede Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt hat, das 3. Axiom bezieht sich darauf, dass Kommunikation ihrer Natur nach kreislaufförmig ist und somit von Kommunikationssequenzen nicht als Ursache oder Wirkung gesprochen werden kann, dass Personen aber dennoch versuchen, der Kommunikation eine diesbezügliche Struktur zugrunde zu legen, das 4. Axiom bezieht sich darauf, dass menschliche Kommunikation sowohl auf digitaler (z. B. Zeichen, Buchstaben...etc.) als auch auf analoger (z. B. Gestik, Mimik...etc.) Ebene abläuft (vgl. von Schlippe 1986, S. 32f.) . Unter Punkt 9.9. werde ich inhaltlich noch ausführlicher auf die genannten Axiome eingehen. Interessierte Leser seien bezüglich der anderen Axiome auf von Schlippe 1986, S. 32ff. und Watzlawick [u. a.] 1996, S. 50ff. verwiesen.

[14] Sowohl auf Bertalanffy als auch auf Wiener werde ich im folgenden Abschnitt „Grundlagen der Systemtheorie“ noch näher eingehen.

[15] Isomorphie meint vereinfacht dargestellt, dass Prozesse in einem System A den Prozessen in einem System B ...usw. entsprechen (vgl. Böse / Schiepek 1989, S. 218).

[16] Dies entspricht dem 3. kommunikationstheoretischen Axiom nach Watzlawick.

[17] Aus systemischer Sicht vollzieht sich die Entwicklung von Systemen stufenförmig und nicht linear (vgl. von Schlippe 1986, S. 26).

[18] Die Hypothese, dass das Symptom eine Funktion für die Familie hat, wurde erstmals von Jackson (1957) erwähnt (vgl. von Schlippe / Schweitzer 2000, S. 108).

[19] Neben den Regeln wird die Umgehensweise der Familienmitglieder untereinander auch durch Erwartungen und Rollen mitbestimmt (vgl. Textor 1996, S. 14).

[20] Zu den Funktionen der Familie gehören die Ermöglichung eines Zugehörigkeitsgefühls für die Mitglieder, wie auch die Ermöglichung von Individuation. Die Familie muss also Bedingungen schaffen, die den Familienmitgliedern Wachstum ermöglichen (vgl. von Schlippe 1986, S. 51; Helming [u. a.] 1998, S. 282f.).

[21] Auf die Subsysteme wird unter Punkt 5.1.1. näher eingegangen.

[22] Für ein weiteres Beispiel siehe auch Burnham 1995, S. 44f.

[23] Interessierte Leser seien bezüglich der Theorie des Sozialen Konstruktivismus auf Berger / Luckmann 1998 verwiesen.

[24] Das Prinzip der Zirkularität möchte ich kurz, aber sehr anschaulich an folgendem Ausschnitt aus „Der kleine Prinz“ darstellen: Der kleine Prinz besucht einen Planeten, der von einem Säufer bewohnt wurde. Es war zwar nur ein sehr kurzer Besuch, aber er stimmte den kleinen Prinzen sehr nachdenklich.

„Was machst Du da?“ fragte er den Säufer, den er stumm vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen sitzend antraf. „Ich trinke“, antwortete der Säufer mit düsterer Miene.

„Warum trinkst du?“ fragte ihn der kleine Prinz. „Um zu vergessen“, antwortete der Säufer. „Um was zu vergessen?“ erkundigte sich der kleine Prinz, der ihn schon bedauerte. „Um zu vergessen, daß ich mich schäme“, gestand der Säufer und senkte den Kopf. „Weshalb schämst du dich?“ fragte der kleine Prinz, der den Wunsch hatte, ihm zu helfen. „Weil ich saufe!“ endete der Säufer und verschloss sich endgültig in sein Schweigen. Und der kleine Prinz verschwand bestürzt (de Saint-Exupéry 1956, S. 42f.).

[25] Aus diesem Grund werde ich in meinen weiteren Ausführungen den Begriff des „Systems“ durch dem Begriff der „Familie“ ersetzen, da sich die vorliegende Arbeit hauptsächlich auf das Familiensystem bezieht.

[26] In einem Vortrag des Instituts für systemische Theorie und Praxis Frankfurt (ISTUP) im Rahmen einer Vortragsreihe der STOFF e. V. an der Justus-Liebig-Universität Gießen, erklärte die Referentin, dass die Ratsuchenden im Institut als Kunden bezeichnet werden. Dies erklärte sie damit, dass sich aus dem Begriff „Kunde“ das Wort „kundig“ ableiten lasse, was impliziert, dass der Ratsuchende ein „Kundiger“ seiner Situation und seiner Ziele ist. Der Begriff spielt somit auf die Eigenverantwortlichkeit und Kompetenz der Ratsuchenden an und entspricht somit dem Prinzip der Ressourcenorientiertheit. Da mir der Begriff sehr gut gefallen hat und ich ihn in diesem Sinne als sehr einleuchtend erachte, werde ich ihn auch in meiner Arbeit verwenden.

[27] Interaktion und Kommunikation verwende ich synonym und berufe mich dabei auf Mutzeck, der unter Kommunikation soziale Interaktion versteht (vgl. Mutzeck 2000, S. 42).

[28] Ich erhebe bei der Vorstellung der verschiedenen Ansätze keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern beziehe mich nur auf diejenigen Aspekte, die für meine Arbeit und für das Verständnis der systemischen Therapie relevant sind.

Excerpt out of 143 pages

Details

Title
Systemtherapeutische Zugänge in Erziehungsberatungsstellen für die Arbeit in Familien mit verhaltensauffälligen Kindern
College
Justus-Liebig-University Giessen  (Institut für Heil- und Sonderpädagogik der Justus-Liebig-Universität Gießen)
Grade
1
Author
Year
2003
Pages
143
Catalog Number
V28507
ISBN (eBook)
9783638302661
File size
986 KB
Language
German
Keywords
Systemtherapeutische, Zugänge, Erziehungsberatungsstellen, Arbeit, Familien, Kindern
Quote paper
Yvonne Popp (Author), 2003, Systemtherapeutische Zugänge in Erziehungsberatungsstellen für die Arbeit in Familien mit verhaltensauffälligen Kindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28507

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