Was hilft bei Übergewicht im Kindes- und Jugendalter? Ernährungs-, Bewegungs- und andere Therapiemöglichkeiten


Texto Academico, 2004

24 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Ernährungstherapie

2 Bewegungstherapie

3 Verhaltenstherapie

4 Weitere Therapiemöglichkeiten
4.1 Chirurgische Maßnahmen
4.2 Medikamentöse Therapie

5 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Einleitung

Es ist heute unbestritten, dass eine frühzeitige Diagnose und darauf folgende Behandlung notwendig ist, um den Verlauf einer gesundheitlichen Schädigung durch die Adipositas zu stoppen. Es gibt eine Reihe von Therapiemöglichkeiten und Maßnahmen, mit denen an das Problem des Übergewichts und der Adipositas herangegangen werden kann. Zuvor sollte jedoch geklärt werden, ab wann solche Methoden und Maßnahmen wirklich notwendig sind und welche eingesetzt werden sollten.

Eine frühe Diagnose und nachfolgende Behandlung sind von großer Notwendigkeit, da es mit zunehmendem Alter und steigendem BMI immer schwieriger wird, das Problem in den Griff zu bekommen.

Die Empfehlungen einer US-amerikanischen Expertengruppe sehen folgendes vor:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Empfehlungen zur Gewichtsveränderung in Abhängigkeit vom Lebensalter, vom aktuellen BMI und vom Vorliegen von Adipositasassoziierten Komplikationen.

* Kinder, die jünger als 2 Jahre sind sollten an ein spezielles pädiatrisches Adipositas-Zentrum zur Therapie verwiesen werden.

§ Die Grenzwerte für den BMI wurden entsprechend den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) festgelegt mit Bezug auf die Referenzwerte für den BMI für deutsche Kinder (Kromeyer-Hausschild ) # Hier sind Adipositas-assoziierte Komplikationen wie Bluthochdruck, Dyslipoproteinämie und Insulinresistenz gemeint. Patienten mit akuten Komplikationen, wie Pseudotumor cerebri, Schlafapnoe-Syndrom und orthopädischen Komplikationen sollten an ein spezielles Adipositas-Zentrum verwiesen werden.[1]

Es ist sicher, dass ohne eine entsprechende Behandlung keine Gewichtsreduktion bei adipösen Kindern und Jugendlichen zu erwarten ist. Aber eine geeignete Therapie zu finden und die Kinder und Jugendlichen dafür zu motivieren, ist oft schwierig und frustrierend. Viele Menschen gehen noch davon aus, dass es gelingen muss, in kürzester Zeit viel Gewicht zu verlieren, damit eine Therapie ihren Zweck erfüllt. Dem ist aber nicht so: Oft ist es schon ein großer Erfolg, wenn ein Gewichtsstillstand erreicht wird und die Patienten es schaffen, ihr Gewicht über einen großen Zeitraum hinweg konstant zu halten.

Daher sind vornehmliche Ziele einer Adipositastherapie, die tägliche Energiezufuhr zu reduzieren und im Gegenzug den Energieverbrauch zu steigern, um so ein neues Energiegleichgewicht des Körpers zu erreichen. Dieses kann allerdings langfristig nur erreicht werden, wenn sich sowohl Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen ändern, als auch die ihrer Familien.[2]

Voraussetzungen für das erfolgreiche Gelingen einer Therapie ist eine ausreichende Motivation aller Beteiligten. Gerade die intrinsische Motivation (zu erkennen an Sätzen wie: „Ich möchte auch mal wieder lockere Kleidung tragen“ oder „Ich möchte beim Sport nicht mehr so schlecht Luft bekommen“) der Kinder und Jugendlichen kann von großer Bedeutung sein. Aber auch die extrinsische Motivation im Sinne von Belohnungen durch die Eltern beim Erreichen eines Therapieziels kann – bei vorhandener intrinsischer Motivation – unterstützend wirken. Sie sollte aber nicht als alleinige Motivation vorhanden sein.

In einem Gruppenprogramm ist häufig zu beobachten, dass die Kinder und Jugendlichen unter einem gewissen positiven Gruppendruck stehen.

Sie können unter „Gleichgesinnten“ miterleben, dass sie mit ihren Sorgen, Ängsten und Problemen nicht allein dastehen. Durch die Erfahrung, dass Verhaltenänderungen für jeden Teilnehmer ein schwieriger Weg sind, können sie ihre individuelle Motivation stärken.[3]

Bis die Kinder und Jugendlichen sich aber auf ein Therapieprogramm einlassen und die Motivation und das nötige Durchhaltevermögen mitbringen, ist es oft ein schwieriger und problematischer Weg. Dass die Notwendigkeit der Behandlung von Übergewicht und Adipositas in unserer Gesellschaft von Ärzten, Krankenkassen und Eltern noch häufig verkannt wird, ist ein zusätzliches Problem. Gerade unser Gesundheitssystem birgt viele dieser strukturellen Probleme.

Die Unterbewertung von chronischen Krankheiten, die unzureichende Vergütung von interpersonellen Leistungen, mangelnde kommunale Voraussetzungen für langfristige Änderungen des Lebensstils und die Überbewertung von technischen Eingriffen sind nur einige Gründe, die Wirth anführt.[4]

Aber auch Therapieziele können zum Problem werden, wenn sie zu hoch gesteckt oder zu unrealistisch sind. „Je unrealistischer das Therapieziel des Patienten oder des Therapeuten ist, desto unwahrscheinlicher ist der Erfolg.“[5]

Hier einige Therapieziele, die deutlich machen, was bei einer Therapie der Adipositas im Vordergrund stehen sollte:

- eine Verringerung des Übergewichts durch einen Gewichtsstillstand,
- einer Verringerung der Komorbidität,
- eine langfristige und dauerhafte Umstellung der Verhaltensweisen, die zu Übergewicht führen,
- eine Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen (z.B. Essstörungen),
- Förderung von Ausdauer und Bewegung,
- eine Anpassung von Quantität, Qualität und zeitlicher Struktur der Nahrungsaufnahme,
- eine Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität,
- eine Vermeidung unerwünschter Therapieeffekte und
- die Förderung der normalen körperlichen, psychischen und sozialen Entwicklung und Leistungsfähigkeit.[6]

Aber ab wann sollte eine ambulante oder stationäre Behandlung in Betracht gezogen werden?

„Ambulante Programme zur Adipositasbehandlung sind in der Regel multidisziplinäre Gruppenprogramme, in denen Ernährungsberatung, Bewegungstraining, medizinische Aufklärung und Beratung und verhaltens- und familientherapeutische sowie gruppendynamische Elemente zur Anwendung kommen.“[7]

Eine ambulante Therapie ist dann sinnvoll, wenn das Übergewicht unter 35 – 40% liegt, also noch kein starkes Übergewicht vorliegt, das Problem rechtzeitig von allen Beteiligten erfasst wird und dazu günstige familiäre Bedingungen vorliegen. Außerdem muss das Verständnis für eine Therapiemaßnahme und eine geeignete Motivation bei den Kindern vorhanden sein. Des Weiteren sollten noch keine psychischen Störungen bei dem Kind vorliegen, es sollten noch normale Schulleistungen vom Kind erbracht werden und es sollten gute soziale Kontakte im Umfeld des Kindes bestehen. Zudem ist es sinnvoll, wenn eine frühzeitige Gewichtsreduktion vorgenommen wird (Alter: 10 – 13 Jahre, vor der Pubertät), keine Zuckerkrankheit (Diabetes) vorliegt, das Essverhalten noch nicht außergewöhnlich ist und das Kind sich noch sportlich betätigen kann.[8]

„Eine stationäre Behandlung adipöser Kinder und Jugendlicher sollte Frühmanifestationen im Kleinkindalter sowie schweren Formen mit BMI über P 97 beziehungsweise BMI >> P 97 vorbehalten bleiben.“[9]

Eine stationäre Behandlung ist notwendig, wenn ein suchthaftes Essverhalten zu beobachten ist und ein daraus resultierendes starkes Übergewicht vorliegt (≥ 35 – 40%), sich auf Grund dessen bereits zusätzliche Erkrankungen, z.B. orthopädische Leiden oder Fettstoffwechselstörungen entwickelt haben und dadurch die körperliche Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt ist. Außerdem ist eine stationäre Behandlung ratsam, wenn bereits seelische Störungen vorliegen, also eine „Brokenhome“- Belastungssituation besteht aus der sich ein stark eingeschränkter Kontakt zu anderen Kindern ergibt, bzw. wenn schlechte Schulleistungen erbracht werden.[10]

Aus den bisherigen Ausführungen wird deutlich, dass nicht eine Therapieform alleine ausreicht, um das Übergewicht oder die Adipositas in den Griff zu bekommen und womöglich noch vollständig zu „heilen“. Es sind vielmehr komplexe Programme notwendig, die alle Bereiche einer erfolgversprechenden Therapie umfassen.

Diese Bereiche sollten den folgenden vier Säulen der ganzheitlichen Beeinflussung der Adipositas im Kindes- und Jugendalter entsprechen:

1) Ernährungstherapie,
2) Bewegungstherapie,
3) Verhaltenstherapie und
4) in Ausnahmefällen medikamentöse Therapie oder chirurgische Eingriffe.

Auf jede dieser vier Säulen soll in der folgenden Arbeit näher eingegangen werden.

1 Ernährungstherapie

Grundsätzlich unterscheiden sich die Empfehlungen für die Ernährung von Adipösen nicht von denen der allgemeinen Kinderernährung. Aus wissenschaftlicher Sicht sind auf die Nährstoffzufuhr und die späteren ernährungsbedingten Krank-

heiten zu achten, aus praktischer Sicht dagegen sollten nährstoffbezogene Empfehlungen in lebensmittel- und mahlzeitbezogene Empfehlungen umgesetzt werden. Dieses ist notwendig, damit sie für Eltern und ihre Kinder verständlicher werden. Außerdem sollte auch auf die Essensvorlieben der Kinder eingegangen werden, weil diese auf Dauer doch nur das essen würden, was ihnen schmeckt.

Reinehr empfiehlt auf dieser Grundlage das entwickelte Konzept der Optimierten Mischkost „optimiX“. Dieses würde im Gegensatz zur herkömmlichen Ernährung die Eiweiß-, Fett-, Zucker- und Kohlenhydratzufuhr vermindern und einen hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel beinhalten.[11]

Laessle u.a. dagegen empfehlen den Ernährungskreis der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1996), der sieben Nahrungsmittelgruppen unterscheidet, die in unterschiedlich großer Menge zu sich genommen werden sollen.

Die Reihenfolge sieht in etwa so aus:

1. Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln
2. Gemüse und Hülsenfrüchte
3. Obst
4. Getränke
5. Milch und Milchprodukte
6. Fisch, Fleisch und Eier
7. Fette und Öle

Hinzu kommt, dass sich die Nahrungsaufnahme auf insgesamt fünf Mahlzeiten, drei größere und zwei Zwischenmahlzeiten, am Tag verteilen sollte. Die größte Mahlzeit wird im günstigsten Fall mittags eingenommen.

Nach Meinung der DGE führt eine optimierte Mischkost, wie Reinehr sie vorschlägt, zu unerwünschten Effekten (Jojo-Effekt), und die erfolgende Gewichtsreduktion würde sich negativ auf die körperliche Entwicklung von Kindern auswirken.[12]

Noch vor 25 Jahren wurde häufig eine befristete, absolute Nahrungskarenz zu Beginn einer Diät stationär durchgeführt, da es als die wirksamste Methode zur Reduzierung des Körpergewichts galt.

Die Medizin ist heute so weit, dass ein absolutes Fasten - gerade bei Kindern - ein völlig falsches Mittel zur dauerhaften Verringerung des Körpergewichts ist. Genauso wie eine Unterernährung mit Eiweißen führt eine Nahrungskarenz zu Entwicklungsstörungen des Kindes. Empfohlen wird stattdessen, in den ersten 2 – 3 Wochen eine Diät mit ca. 30% des altersentsprechenden Energiebedarfs zu verabreichen. Anschließend wird die Energiezufuhr auf etwa 60% der Soll-Energie angehoben.[13]

Um eine dauerhafte Ernährungsumstellung zu erreichen, ist es wichtig, den Kindern ein Grundwissen über Ernährung zu vermitteln. Die Kinder müssen lernen, selbstständig zu beurteilen, welche Lebensmittel in welchem Maße für sie eher förderlich oder schädlich sind. Zu beachten ist allerdings, dass auch auf die individuellen Vorlieben der Kinder eingegangen wird. So sollte ein gewisses Maß an Schokolade, Chips o.ä. mit in den Ernährungsplan aufgenommen werden, damit nicht das Gefühl entsteht, von nun an auf alle „Genüsse“ verzichten zu müssen. So wird einem unkontrollierten Verzehr an Süßigkeiten vorgebeugt.

Um einen Überblick über die Ernährungsgewohnheiten der Kinder zu bekommen, ist es sinnvoll, sie zu Beginn der Behandlung einen Ernährungsplan führen zu lassen.

Im Laufe der Therapie lernen die Kinder ihre Mahlzeiten über den Tag sinnvoll zu verteilen und zu strukturieren. Dabei werden, wie schon erwähnt, fünf Mahlzeiten pro Tag eingenommen: Die Hauptmahlzeiten sind Frühstück, Mittagessen und Abendessen, vormittags und nachmittags werden kleinere Zwischenmahlzeiten eingenommen.

Während der Behandlung und darüber hinaus bietet ein Ernährungsplan die Möglichkeit, sich selbst zu kontrollieren.

Kindgerechte Materialien (z.B. Essregeln, Ernährungshaus) helfen den Kindern, ihre Ernährung umzustellen. Natürlich spielen die Eltern in diesem Bereich eine große Rolle. Deswegen müssen sie in die Behandlung mit einbezogen werden und die Konzepte der Therapeuten kennen.[14]

[...]


[1] vgl. Wabitsch, Adipositas. Empfehlungen 2000, S. 292.

[2] vgl. Stachow, Rainer; Tiedjen, Uwe; Westenhöfer, Joachim: Ziele der Adipositas-Schulung. In: aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e.V.: Trainermanual. Leichter, aktiver, gesünder. Interdisziplinäres Konzept für die Schulung übergewichtiger oder adipöser Kinder und Jugendlicher 2004, S. 12ff.

[3] vgl. www.ksw.ch/kliniken/downloads/klinikkind_artikel_adipos.pdf vom 03.08.2004

[4] vgl. Wirth, Adipositas. Epidemiologie 2000, S. 220.

[5] a.a.O., S. 223.

[6] vgl. Reinehr, Dobe, Kersting, Therapie der Adipositas 2003, S. 12. & Laessle u.a., Adipositas Basiswissen 2001, S. 19. & Pudel, Adipositas 2003, S. 28.

[7] vgl. www.ksw.ch/kliniken/downloads/klinikkind_artikel_adipos.pdf vom 03.08.2004

[8] vgl. www.diabetes-world.net/de/50856 vom 17.07.2004

[9] vgl. ksw.ch/kliniken/downloads/klinikkind_artikel_adipos.pdf vom 03.08.2004

[10] vgl. www.diabetes-world.net/de/50856 vom 17.07.2004

[11] vgl. Reinehr, Dobe, Kersting, Therapie der Adipositas 2003, S. 14.

[12] vgl. Laessle u.a., Adipositas. Bassiswissen 2001, S. 19f.

[13] vgl. Koinzer, Prävention 1997, S. 71f.

[14] vgl. Laessle u.a., Adipositas. Basiswissen 2001, S. 27ff.

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Was hilft bei Übergewicht im Kindes- und Jugendalter? Ernährungs-, Bewegungs- und andere Therapiemöglichkeiten
Universidad
University of Osnabrück
Calificación
1,0
Autor
Año
2004
Páginas
24
No. de catálogo
V285894
ISBN (Ebook)
9783656857983
ISBN (Libro)
9783656864202
Tamaño de fichero
515 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
übergewicht, kindes-, jugendalter, ernährungs-, bewegungs-, therapiemöglichkeiten
Citar trabajo
Christian Knoll (Autor), 2004, Was hilft bei Übergewicht im Kindes- und Jugendalter? Ernährungs-, Bewegungs- und andere Therapiemöglichkeiten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285894

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