Biologische Killer. Epidemien und Pandemien


Textbook, 2014

246 Pages


Excerpt


Inhalt

Die Pest – Eine Krankheit, eine Geschichte
I. Einleitung
II. Die Pest und ihre Geschichte
III. Die große Pest im Mittelalter
IV. Schlussbetrachtung
V. Quellen- und Literaturverzeichnis

Das Krankheitsbild der „Spanischen Grippe“ von 1918/19 als Motivation für die Entwicklung der Virologie
1. Einleitung
2. Die Influenza als Infektionskrankheit
3. Die Influenza von 1918/19
4. Vergleich der Krankheitsbilder
5. Die Viruserforschung im 20. Jh. und die Suche nach dem Grippevirus von 1918
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
8. Abkürzungsverzeichnis

Die Grippe – Epidemie trotz Impfung?
Kapitel 1: Einleitung
Kapitel 2: Influenza – Das Krankheitsbild
Kapitel 3: Epidemisches Verhalten des Grippevirus
Kapitel 4: Die Impfung und ihre Wirkung
Kapitel 5: Fazit und Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis

Die Geschichte des Ebolavirus
1. Einleitung
2. Klinisches Erscheinungsbild
3. Geschichte des Ebolavirus
4. Ebolavirus als möglicher Verursacher anderer Pandemien der Vergangenheit
5. Die Suche nach dem Wirt
6. Filoviridae als Biowaffe
7. Schluss
Literaturverzeichnis

Ebola. Black death of the 21st century. Analysis of the Ebola epidemic 2014
Introduction
Globalization and Ebola
Ebola, Health and Health systems
Ebola and the work of organization
The way forward…
References

AIDS in Afrika und Pest in Europa – Krankheit als soziales Phänomen. Voraussetzungen für und Auswirkungen von Epidemien im historischen Vergleich
1. Einleitung
2. Pest und AIDS – zwei Epidemien im Vergleich
3. Fazit
4. Anhang – Verzeichnis der wichtigen Pestereignisse 7000 v. Chr. bis heute
Verzeichnis der verwendeten Literatur:

Pandemie AIDS in Afrika: Ursachen, Bekämpfungsstrategie und Folgen von AIDS in Schwarzafrika
1. Einleitung:
2. Definitionen und Begriffsklärungen:
3. HIV/AIDS als multidimensionales Phänomen
4. Fallstudien
5. Ländervergleich: Südafrika und Uganda
6. Schlussbemerkung:
7. Abkürzungsverzeichnis:
8. Quellen- und Literaturverzeichnis

Informationen, Symptome und Maßnahmen zu EHEC und dem HUS-Syndrom. Enterohämorrhagische Escherichia coli und das hämolytisch-urämische Syndrom
1. Einführung
2. Bisheriger Verlauf
3. Ursachen, Symptome und Maßnahmen
4. Fazit: Einschätzung der Lage
5. Literatur

Einzelbände

I. Einleitung

„Es gibt, so scheint es, keine Hoffnung auf die ersehnte Rettung. Unzählige Leichenzüge seh’ ich nur, wohin ich meine Augen wende, und sie verwirren meinen Blick. Die Kirchen hallen von Klagen wider und sind mit Totenbahren gefüllt. Ohne Rücksicht auf ihren Stand liegen die Vornehmen tot neben dem gemeinen Volk. Die Seele denkt an ihre letzte Stunde, und auch ich muß mit meinem Ende rechnen. [...] Schon wird die Erde knapp für die Gräber...“1

Eben jener Auszug einer zeitgenössischen Darstellung schildert die Hoffnungslosigkeit der Menschen, welche sich mit der großen Seuche von 1347 bis 1352 konfrontiert sahen. Heutzutage ist es jedoch umstritten, ob es sich bei dieser Seuche, dem sogenannten „Schwarzen Tod“, wirklich ausschließlich um die Pest handelte. Jedoch ist die Forschungslage alles andere als eindeutig, auch unter den Wissenschaftlern besteht Uneinigkeit darüber, ob wirklich allein die Pest für den drastischen Bevölkerungsrückgang im 14. Jahrhundert verantwortlich war.2

Die Pest galt über Jahrhunderte hinweg als größte Seuche der Menschheitsgeschichte und wurde, mehr oder weniger, erst durch den HIV-Virus abgelöst. Noch heute wird ein großes Übel als „Pest“ bezeichnet. Nicht umsonst steht das lateinische Wort „pestis“ für Unglück, Seuche und Verderben. Die Bezeichnung „Schwarzer Tod“ prägte die Krankheit im Laufe der Zeit selbst, da die braunen oder schwarzen Flecken, nach Simon de Corvino, auch das Gesicht der Infizierten schwärzlich erscheinen ließen.3

Der antike Autor Homer4 schreibt in seinem Heldenepos „Ilias“ bereits von einem Phänomen, das für die Menschen über Jahrhunderte unerklärlich blieb – überall wo Ratten in dichtbevölkerte Gebiete einwanderten, breitete sich der „Schwarze Tod“ aus.

In der Ersten großen Pestwelle5 starben über 20 Millionen Menschen in nur fünf Jahren. Historiker werten diese einschneidendste demographische Katastrophe für den größten apokalyptischen Siegeszug der Pandemie6, den die Menschheit je erlebt hat.

Im Folgenden sollen verschiedene Aspekte, die Pest betreffend, näher beleuchtet werden. Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen dabei Beschreibungen der verschiedenen Übertagungswege, die vier Pestvorkommen im Allgemeinen, sowie die verheerenden politischen und demographischen Auswirkungen der Pestepidemien im Mittelalter. Zusätzlich muss jedoch immer bemerkt werden, dass es sich dabei lediglich um einen kurzen Überblick über den weit gefächerten Themenkomplex der Pest handelt.

II. Die Pest und ihre Geschichte

II.1 Die Entdeckung

Die Pest ist eine hochgradig ansteckende, in Epidemien auftretende bakterielle Infektionskrankheit, die sowohl Nagetiere als auch Menschen befallen kann. Sie ist bereits seit der Antike bekannt und hat seitdem unzählige Todesopfer gefordert. Erreger der Erkrankung ist das Bakterium „Yersinia Pestis“. Das Bakterium verdank seinen Namen dem Entdecker des Erregers: Alexandre Yersin.

Aufgrund des Pestausbruchs in Hongkong, entdeckte der Schweizer das Bakterium im Juni 1894. Zeitgleich konnte auch der japanische Arzt Shibasaburo Kitasato den Schlüsselpunkt in der Pestforschung nachweisen. Beide fanden den Erreger in den Leistenlymphknoten von Erkrankten.7 Unter dem Mikroskop wurde beiden deutlich, dass es sich beim Pesterreger um ein „unbewegliches, stäbchenförmiges und nur zwei Mikrometer kleines Bakterium“8 handelt. Dieses wurde jedoch bis 1971 zunächst als „Pasteurella pestis“ bezeichnet.

Um Yersin und Kitasato entwickelte sich ein Prioritätenstreit. Kitasato entdeckte nur kurz vor Yersin den Erreger, Yersin war jedoch letztendlich derjenige, dem es gelang, das Bakterium in einer Reinkultur zu züchten. Somit wurden jegliche Rechte schließlich ihm zugesprochen. Dem Franzosen Paul Louis Simond ist es schließlich zu verdanken, dass der Übertragungsweg der Pest aufgedeckt werden konnte. Der Floh „Xenopsylla Cheopsis Roth“ wurde 1898 durch Simond als „Beginn der Infektionskette“9 diagnostiziert.

II.2 Das Pestbakterium und der Übertragungsweg

Neben dem sogenannten „Pestfloh“10, dem Xenopsylla Cheopsis, welcher als häufigster Überträger fungiert, eignen sich noch weitere Arten als Infektherd. Die Frage, welche weiteren Floharten, neben dem Rattenfloh, an der Übertragung der Pest beteiligt sind, wurde seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts unter Naturwissenschaftlern und Medizinhistorikern kontrovers diskutiert. Mittlerweile ist Fakt, dass sich etwa dreißig Floharten als Überträger der Pestbakterien eignen,11 darunter auch der Menschenfloh.12 Flöhe sind Parasiten, die sich von außen an ihren Wirt heften, selber aber gelegentlich auch Parasiten in ihrem Inneren beherbergen und ihren Wirt mit diesem Parasiten infizieren können. Das Pestbakterium ist ein solcher Parasit.

Tatsächlich ist das Pestbakterium ein Kokkobazillus13 aus der Gruppe der Pasteurellen. Selbst ohne tierischen Wirt kann das Bakterium mehrere Monate überleben. In vor Austrocknung geschützten Erdböden, in Staub, Kot oder auf Tierkadavern ist der Bazillus über Monate vermehrungsfähig und virulent. Auf Lebensmitteln bleibt er bis zu vier Wochen aktiv. Im Wasser kann er mehrere Tage bestehen bleiben.

Der Entwicklung eines Rattenflohs bedarf es bei normalen klimatischen Bedingungen 20 bis 70 Tage. Der Höhepunkt der Flohentwicklung liegt, aufgrund der bevorzugten Temperaturen, die den Entwicklungsprozess bei 24 bis 27 °C positiv beeinflussen und auf 30 Tage verkürzen, im Spätsommer.

1906 entdeckte Charles Rothschild in einer Pionierstudie den Übertragungsmodus von Bakterium und Floh.14 Wenn der Floh einen erkrankten Wirt sticht, so fand Rothschild heraus, werden Erreger in hoher Konzentration in seinen Proventriculus15 gesaugt und verklumpen bzw. verstopfen eben diesen. Durch Sterben des infizierten Wirtes und gleichzeitigem Erkalten seines Körpers geht der wärmeliebende Floh auf das nächste Opfer über. Durch Verstopfen des Magendarmtraktes verspürt der Floh unstillbaren Hunger und sticht somit immer wieder seinen Wirt. Bei jedem Stich pumpt er dadurch jeweils große Mengen von Bakterien in die Bisswunde und dadurch in den Blutkreislauf seines Opfers.

Neben einem Flohstich oder einer Infektion durch Einreibung von infiziertem Kot in eine Hautverletzung, kann der Erreger auch durch eine Tröpfcheninfektion über den Weg des Nasen-Rachen-Raumes übertragen werden.16 Dabei bedingt der Übertragungsweg die unterschiedlichen Formen der Pest, auf die im Folgenden eingegangen wird.

Als primäre Wirte der Flöhe dienen in erster Linie Nagetiere wie Ratten, wobei aus historischer Sicht zwischen zwei Arten von Ratten unterschieden werden muss: als bevorzugter Infektträger dient die schwarze Hausratte17, neben der braunen oder grauen Wander- oder Feldratte.18 „Nur eine einzige Tierfamilie“, so schreibt Georg Sticker, „zeigt sich bei allen Arten der Pestbeteiligung (…) als Vorboten, als Warner, als Verbreiter, als Opfer der Pest.“19 Aber auch Eichhörnchen und Kaninchen oder Hauskatzen konnten bereits als Wirt nachgewiesen werden.

Im Mittelalter spielte besonders die Hausratte eine große Rolle. „Zur Zeit des Albertus Magnus“20, so meint Sticker, „(…) war sie in ganz Deutschland als wahres Haustier heimisch.“21 Die Hausratte lebte im Mittelalter quasi in einer Wohngemeinschaft mit dem Menschen. Als sesshaftes Tier ließ sie sich, vor dem Zeitalter der Pestizide und Insektizide, nur schwer verjagen und ungemein schlecht bekämpfen. Für gewöhnlich fand man sie direkt unter dem Dach, wo ihre beliebte Temperaturkonstante von 38°C herrschte und die Menschen des Mittelalters ihre Nahrungsmittel aufbewahrten. Bei einer Körperlänge von 16 bis 22 Zentimetern (der Schwanz ist in der Regel jedoch etwas länger), ist die Hausratte auch heute noch das ganze Jahr über geschlechtsaktiv. Bei der geringen Tragzeit von nur 24 Tagen wirft ein Weibchen in der Regel acht Junge.22

Man geht davon aus, dass allein die Hausratte bedeutungstragend für die Pest und die Menschen im Mittelalter war, da die Existenz der Wanderratte zwar bereits 1553 vom Naturforscher Conrad Gesner in einem Tierbuch skizziert wurde, geschichtlich belegte Erstbeobachtungen jedoch erst aus dem 18. Jahrhundert vorliegen.23

Vor Entdeckung des Bakteriums war die Frage nach einem spezifischen Pestkeim immer wieder aufgeworfen und erörtert. Nach Sticker waren zum Ersten Pariset und Lagasquie Vertreter der Ansicht, dass „das Pestgift ein Schmutz ist, der unter bestimmten Voraussetzungen an verschiedenen Orten der Erde entstehen und sich immer wieder neu bilden kann, aus unreinlicher Lebensweise und engem Zusammenleben, aus stinkenden Misthaufen, aus verwesenden Menschen- und Tierleichen.“24 Als Vertreter der zweiten Ansicht ist Heinrich Häser zu nennen. Er meint, dass die Pest „durch Umwandlung und die Weiterentwicklung bösartiger Fieber entstehen. Pestartige und typhöse Fieber waren die Vorgänger und Erzeuger der wahren Pest.“25 Creighton vereint beide Vorreiter und formuliert so den dritten Aspekt für das Entstehen der Pest: Die Pest sei „als ein Bodengift aus verfaulten Leichen“26 entstanden.

II.3 Das Krankheitsbild

Die Inkubationszeit bei Pesterkrankten ist enorm kurz. Zwischen Ansteckung und ersten Symptomen liegen, abhängig von der Pestart, 48 Stunden bis zehn Tage.

Das Yersiniabakterium ist so gefährlich, weil es das menschliche Abwehrsystem komplett entwaffnet. Aus diesem Grund zählen Fieberschübe, Benommenheit, Schüttelfrost und Kopfschmerzen zu den ersten Auffälligkeiten.27

II.3.1 Beulenpest

Die Beulenpest28 ist die am häufigsten auftretende Form der Pest. Mehr als neunzig Prozent aller Fälle verlaufen auf diese Art.29

Von der Bissstelle des Flohs aus wandert der Bazillus in die nächstgelegenen Lymphknoten. In den Lymphen pflanzt sich der Erreger fort. An der primären Infektionsstelle lässt sich jedoch keine entzündliche Veränderung nachweisen.30 Der Mittelwert der Inkubationszeit bei einer Beulenpest liegt bei sechs Tagen. Von scheinbar völligem Gesundheitszustand kommt es anfangs zu einem Fieberanstieg von bis zu 40°C. Die Symptome reichen von Kopf- und Gliederschmerzen über Schwäche- und Schwindelgefühl bis hin zu Nasenbluten, Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung. Viele Betroffene klagen auch über ein Druckgefühl über dem Herzen. Meist folgen dem noch Bewusstseinsstörungen. Danach verfärben sich die Lymphknoten der Infizierten bläulich und schwellen an. Diese werden dann als Pestbeulen oder auch Bubonen bezeichnet. Diesem Symptom verdankt diese Form der Pest ihren Namen.

Die Pestbeulen gelten als ziemlich schmerzhaft und können innerhalb von zwei Tagen auf Walnuss- bis Faustgröße anschwellen. Sie sind meist in der Leistengegend zu finden, selten aber auch in Achselhöhle, Kniekehle und Ellenbeuge oder am Hals.31

Musehold unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten der Bubonen: primäre Burbonen sind ausschließlich diejenigen, „welche entstanden sind: durch Einführung des Pesterregers von der Eingangspforte aus bis in die befallenen Lymphdrüsen lediglich auf dem Wege der Lymphbahnen.“32 Als sekundäre, oder auch metastatische Bubonen, werden solche bezeichnet, die, „nach Uebergang der Pesterreger vom primären Affect aus in die Blutbahn an allen Stellen des Körpers, an denen es überhaupt Lymphdrüsen gibt, entstehen können (...)“.33

Pestbeulen können aufbrechen oder eine Bindegewebeentzündung verursachen. Im schlimmsten Fall können die Geschwüre auch zerfallen, nachdem sie eitrig eingeschmolzen sind.

Bei fünfzig bis neunzig Prozent der unbehandelten Fälle gelangt der Erreger von den Lymphknoten in den Blutkreislauf und verursacht dort, zwischen dem vierten und sechsten Krankheitstag, eine zum Tode führende Sepsis34.35

II.3.2 Lungenpest

Bei der Lungenpest tritt abermals eine Differenzierung auf.

Die primäre Lungenpest ist hochgradig ansteckend, da sie durch direkte Tröpfcheninfektion übertragen wird. Bei einer Inkubationszeit von nur wenigen Stunden bis hin zu drei Tagen, setzen anfangs Symptome wie Schüttelfrost und steiler Fieberanstieg ein. Kurz darauf kommt es zu Tachypnoe36, Cyanose37 und Dyspnoe38. Verbunden mit diesen Anzeichen setzen zunehmend ein heftiger Hustenreiz sowie ein bedrohliches Absacken des Kreislaufs ein. Gegen Ende der Krankheitsentwicklung wird ein schwarz-blutiger Auswurf mit schleimig-schaumiger Konsistenz, unter enormen Schmerzen, abgehustet.39 Daraus entwickelt sich letztendlich ein Lungenödem, was zum Kreislaufversagen und nach zwei bis fünf Tagen zum Tod führt.

Durch die Beulenpest können die Pestbakterien in die Blutzirkulation geraten und so viele Organe befallen. Dadurch entsteht die zweite Form der Lungenpest: die sekundäre Lungenpest.40 Es handelt sich hierbei also um eine Mutationsform der Pest. Der Krankheitsverlauf ähnelt dem der primären Lungenpest.

Beide Formen verlaufen wesentlich heftiger und schmerzhafter als die Beulenpest. Ebenfalls tritt bei beiden Arten der infektiöse Bluthusten erst gegen Ende auf. Bei der Lungenpest liegt die Sterblichkeitsrate geradezu bei hundert Prozent.41

II.3.3 Pestsepsis

Von einer primären Pestsepsis spricht man, wenn die Erreger nicht nur ins Blut gelangen, sondern „wenn das Blut selbst eine Vermehrungsstätte für den Pesterreger geworden ist.“42 Eine mögliche Ursache dafür ist zum Beispiel das Platzen der bei der Beulenpest auftretenden Pestbeulen.

Durch Verteilen der Bakterien durch den Blutstrom in den gesamten Körper werden so gut wie alle Organe befallen. Nach Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Unwohlsein kommt es innerhalb von Kürze zu großflächigen Haut- und Organblutungen. Die Sterblichkeit einer Pestsepsis liegt bei 98 Prozent und tritt spätestens 36 Stunden nach Infizierung ein.43

Nach Musehold ist jedoch „die Fähigkeit des Pesterregers, im Blute des Menschen zu wuchern, (…) eine ziemlich beschränkte. Eine primäre Septicämie in Folge [einer] Einführung von Pesterregern unmittelbar ins Blut giebt es beim Menschen kaum.“44

II.3.4 Abortive Pest

Die Abortive Pest ist 45 die harmloseste Form der Pest, mit einer milden Verlaufsform. Ohne Vorhandensein von toxischen Allgemeinerscheinungen treten lediglich Symptome wie leichtes Fieber und geringes Anschwellen der Lymphknoten auf.46

Nach überstandener Infektion bilden sich Antikörper, die eine lange Immunität gegen alle Formen der Pest versprechen.

II.4 Pestepidemien im geschichtlichen Überblick

Allein durch die Bibel lassen sich die47 sogenannten „vorchristlichen Seuchen“48 zusammenfassen.

Die ersten und ältesten Aufzeichnungen über ein Auftreten der Pest sind im Alten Testament zu finden und belaufen sich auf die Zeit 1320 vor Christi Geburt.49 Ägypten wurde zu jener Zeit von zehn Plagen heimgesucht – die sechste war die Pest. Auch wenn diese nicht namentlich erwähnt wird, ist dort doch die Rede von einer Krankheit, die in Beulenform über ganz Ägypten hereinbricht. Somit verweisen nicht nur die Symptome, sondern auch ein Massensterben durch eine infektiöse Krankheit auf die Pest. Sticker stellt diese Erwähnung sogar an den Beginn seiner „Jahrbücher der Pest“.50

1060 v. Chr. spricht man, ebenfalls laut Altem Testament, von der „Pest der Philister“. Sticker hat kaum Zweifel, „daß es sich um die wirkliche Beulenpest gehandelt hat“.51 Gott strafte demzufolge die Philister mit Beulen. Zusätzlich wird in gleichem Zusammenhang auch von einer Mäuseplage gesprochen.

Sticker spricht noch von sechs weiteren vorchristlichen Pestvorkommen:52 1000 v. Chr. ist von der „Pest in Palästina“ die Rede; 700 v. Chr. wütete sie abermals in Ägypten; die „Pest bei Hippokrates“ wird auf 460-377 v. Chr. datiert; 300 v. Chr. herrschte die „Pest an der Levante“; die „Pest in Nordafrika“ 125 v. Chr. und als letzte führt Sticker die „Pest in Lybien“ 50 v. Chr. an.

Zu Beginn der nachchristlichen Zeit erwähnt Sticker von 503 bis 540 Pestvorkommen zum Beispiel in Marseille, in Konstantinopel oder in Rom.53

Nicht die erste, aber mit Sicherheit die größte Seuchenkatastrophe der frühmittelalterlichen Geschichte, ist die „Justinianische Pest“.54 Sticker setzt sie zeitlich auf 532-595 fest.55 Ihren Namen verdankt sie dem byzantinischen Kaiser Justinian, der sich damals in seinem fünften Regierungsjahr befand. Sie hatte ihren Ursprung in Ägypten, zog ostwärts weiter entlang der Häfen der Levante und erreichte, laut Aufzeichnungen, im Frühjahr 542 Konstantinopel. Bis zum Winter 543 wanderte die Seuche im Osten bis Aserbaidschan, im Westen über Nordafrika bis nach Spanien. In Reims und Trier ließen unzählige Menschen ihr Leben. Am Lauf der Flüsse und, durch die Schifffahrt mobil geworden, bedeckte sie bald ganz Westeuropa. 544 erklärte Justinian die Pest fälschlicherweise für ausgelöscht. So trat sie weiterhin konstant epidemisch auf.56

„Von den insgesamt dreizehn Seuchenschüben, die vom 6. bis zum 8. Jahrhundert erfolgten, hatte der letzte von 740 bis 750 die verheerendsten Auswirkungen.“57

Über ein halbes Jahrtausend fiel in Europa kein Mensch der Pest zum Opfer.58 Dafür sollte die Seuche das gesamte Abendland im 14. Jahrhundert jedoch härter treffen als jemals zuvor.59

Seit dem 14. Jahrhundert hatte sich der „Schwarze Tod“ nicht nur in Europa, sondern mittlerweile in der ganzen Welt eingenistet. Er löste immer wieder Panik aus, „legte den Handel lahm und entvölkerte ganze Landstriche, ehe [die Pest] zu Beginn des 18. Jahrhunderts ihren Rückzug (…) antrat.“60

Das letzte Mal suchte sie 1720 Marseille heim und hinterließ einen enormen demographischen Einschnitt.61

Doch auch in der Neuzeit bleibt die Pest bestehen. 1906 trat sie abermals in Djiddah62 auf. 1910-1911 verteilte sie sich von der Mandschurei aus über die Hauptverkehrswege, innerhalb von sieben Monaten über 2.700 Kilometer, und kostete 60.000 Menschen das Leben. 1937/38 wurde der „Schwarze Tod“ in Bolivien und 1946 in Algerien registriert.

Von 1919 bis 1928 fielen der Pest noch 170 300 Menschen zum Opfer. In den Jahren von 1939 bis 1948 konnte diese Zahl bereits auf 21.800 Todesfälle eingedämmt werden. In den 50er Jahren handelte es sich nur noch um ungefähr 10.000 Pestopfer. Die Weltgesundheitsbehörde meldete in dem Zeitraum von 1980 bis 1986 insgesamt 4.522 Krankheitsfälle aus 17 Ländern der Erde, von denen 431 tödlich endeten.63

II.5 Die Pest heute

Schon im Jahr 1897 wurde der erste Impfstoff gegen die Pest entwickelt. Die Behandlung mit lebenden, aber abgeschwächten Bakterien ist allerdings sehr umstritten. Das eingesetzte Antibiotikum versichert jedoch lediglich eine Immunität von drei bis sechs Monaten. Es schützt ausschließlich gegen die Beulenpest, nicht aber gegen die weitaus infektiösere Lungenpest. Eberhard-Metzger und Ries äußern allerdings Bedenken aufgrund der schlechten Verträglichkeit der Schutzimpfungen.64 Wegen der gravierenden Nebenwirkungen wird die Impfung auch nur als Reservemedikament eingesetzt. Behandelt werden deshalb nur Risikogruppen wie Versuchslabormitarbeiter, Bauern, Landarbeiter oder Jäger, die in gefährdeten Regionen arbeiten.

Fälschlicherweise gilt die Pest in der Öffentlichkeit heute mittlerweile als besiegt. Diesen Optimismus kann die Weltgesundheitsorganisation65 jedoch nicht teilen. Allein von 1979 bis 1992 wurden der WHO 1.451 Todesfälle aus 21 Ländern gemeldet.66

Als letzte Pestwelle „größerer Art“ gilt die im Oktober 1994 im indischen Surat aufgetretene. Von 6.344 vermuteten Fällen wurden 234 als Pest diagnostiziert, von denen 56 tödlich endeten. Erschwerend kommt hierbei hinzu, dass es sich bei dieser Pestwelle um einen mittlerweile mutierten Erreger des Yersinia-Bakteriums handelte.67

Nach 50 Jahren, kam es 2003 in Algerien erneut zum Auftreten der Pest. Im Februar 2005 konnte die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ein Ausbreiten der Lungenpest im nordwestlichen Kongo verhindern.68 Einige Provinzen im Kongo melden jedoch, laut WHO, bis zu 1000 Pesttote jährlich.69 2008 fielen in Madagaskar 18 Menschen der Pest zum Opfer, in Uganda wurden 12 Fälle gemeldet, von denen drei tödlich endeten.

Der letzte Vorfall wurde im August 2009 im Nordwesten Chinas registriert.

III. Die große Pest im Mittelalter

Die schwerste aller Pandemien beherrschte Europa von 1347 bis 1352 und wird von etlichen Autoren als die „Katastrophe des Mittelalters / des 14. Jahrhunderts“ getitelt.70

„[Sie] bildete den infernalischen Auftakt in einer langen Reihe verheerender Pestepidemien und erschütterte das Ordnungsgefüge der spätmittelalterlichen Gesellschaft in allen Lebensbereichen bis auf ihre Grundfesten.“71

Sie kostete rund einem Drittel der damals 75 Millionen europäischen Einwohner das Leben.72 Heute ist bekannt, dass es dem Pestbakterium gelang, sich innerhalb von nur drei Monaten über 300 km auszubreiten.

III.1 Herkunft und Verbreitung

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge brach die Seuche am Balchaschsee in der Wüstensteppe Ostkasachstans aus. Archäologen fanden dort in christlichen Katakomben Hinweise auf ein plötzliches Massensterben um das Jahr 1340. Die Pest wird auf mehreren Grabinschriften als Todesursache angeführt.73

Von dort aus gelang die Seuche in den Folgejahren im Osten Richtung China und im Westen Richtung Südrussland. Für das Jahr 1346 sind für diese Regionen zwei Pestausbrüche historisch belegbar: die am Wolgadelta liegenden Karawanenstationen Astrachan und Sarai. Beide lagen an einer Seidenhandelstrasse, auf der der kostbare Stoff nach Europa transportiert wurde.74 Die Seuche wanderte somit weiter in westlicher Richtung auf die Halbinsel Krim. Dort traf die Seuche 1347 erstmals auf die europäische Bevölkerung.75

Die reiche genuesische Handelsstadt Kaffa76, am Schwarzen Meer gelegen, wurde in jener Zeit von den Tartaren77 belagert. Im Frühjahr 1347 wurden die Tartaren-Truppen um Djam Bek von der Pest heimgesucht. Da sich die Truppenstärke in so geringer Zeit dezimierte, entschloss sich Djam Bek, die Belagerung zu beenden. Bevor er aber das Feld räumte, entschied er sich, einige Pestleichen über die Stadtmauer zu schleudern, um die Christen zu verpesten.78 Der Augenzeuge Gabriele de Mussis, ein Notar und Jurist aus Piacenza, der seit kurzem in Kaffa lebte, schilderte diesen Vorgang in seinem Bericht „Über die Krankheit oder Seuche, die im Jahre des Herrn 1348 auftrat“: „Zu diesem Zeitpunkt befiel die Seuche die Tartaren. Ihr ganzes Heer geriet in Panik, und täglich starben Tausende. (…) Als die nunmehr von Kampf und Pest geschwächten Tartaren bestürzt und völlig verblüfft zur Kenntnis nehmen mussten, dass ihre Zahl immer kleiner wurde, und erkannten, dass sie ohne Hoffnung auf Rettung vor dem Tod ausgeliefert waren, banden sie die Leichen auf Wurfmaschinen und ließen sie in die Stadt Caffa hineinkatapultieren, damit dort alle an der unerträglichen Pest zugrunde gehen sollten. Man sah, wie sich die Leichen, die sie auf diese Weise hineingeworfen hatten, zu Bergen türmten. Die Christen konnten sie nämlich weder wegschaffen noch vor ihnen fliehen.“79

Eberhard-Metzger und Ries verweisen jedoch darauf, dass der Infektionsweg in die Stadt Kaffa, heute unter Historikern als sehr umstritten gilt. Mittlerweile stellte sich heraus, dass sich der „Zeitzeuge“ de Mussis zu besagter Zeit nicht in der Stadt aufhielt. Heute wird die Theorie, dass die Pest bereits zuvor in die Stadt gelang und sich die Bewohner infizierten, für glaubwürdiger gehalten, da sich unzählige Ratten auf beiden Seiten der Stadtmauer tummelten, die vermutlich pestverseuchte Flöhe in ihrem Pelz trugen.80

Für Historiker liegt der Grund für die Verbreitung der größten Pestwelle in den Handelsgewohnheiten des 14. Jahrhunderts. Murmeltierfelle galten als begehrtes Exportmittel und spielten dabei eine der entscheidendsten Rollen. Sie starben aufgrund einer heftigen Epidemie sehr rasch. Die Felle der toten Tiere wurden eingesammelt und mit Hilfe mehrerer Zwischenhändler in den Westen verkauft. Die riesigen Rattenpopulationen auf den Handelsschiffen boten den pestverseuchten Fellen der Murmeltiere beste Vermehrungsmöglichkeiten. Da Kaffa als eine der bedeutendsten Handelsstädte am Schwarzen Meer galt, brachten die Handelsschiffe die Seuche von hier aus nach ganz Europa.81

Eberhard-Metzger und Ries wissen von zwölf pestverseuchten Galeeren, aus Kaffa kommend, zu berichten, denen an unzähligen Häfen auf Sizilien das Anlegen untersagt wurde – so verpesteten sie auf ihrer Fahrt von Hafen zu Hafen ganz Sizilien.82

Am 1. November 134883 wurden die Geisterschiffe vor Marseille gesichtet und verbreiteten auch dort zügig Tod und Leid. Von da aus zog die Seuche rasch in die Provence, wo sie 50 bis 70 Prozent der Bevölkerung vernichtete. Währenddessen transportierten bereits infizierte Handelsschiffe die Pest weiter in ganz Europa.

Am 1. Januar 1349 wurde die Pest in Pisa gemeldet, am 25. Januar dann in Venedig. Täglich ließen bis zu 600 Menschen ihr Leben. „Von diesen Häfen aus wurde ganz Kontinentaleuropa verseucht, von Sevilla bis Bergen, von Chester bis Moskau.“84

III.2 Umgang und Leben mit der Pest

Die extrem hohe Sterblichkeitsrate sowie der rasche Verlauf der Krankheit brachten Angst und Schrecken über die Menschen des 14. Jahrhunderts. „Alle dachten, das Ende der Welt sei gekommen.“85, schreibt ein Chronist aus Siena.

Diese Angst machten sich Gruppen eigenartiger Männer zu Nutzen. Bereits ab dem Frühjahr 1349, als die Nachrichten der ersten Pesttoten in Mitteleuropa eintrafen, tauchten die sogenannten Geißler86 auf. Durch ihr Treiben und ihr Aussehen erweckten sie schnell Aufmerksamkeit in der Bevölkerung.

Nach Graus war der Ausgangspunkt der Geißlerbewegung im deutschsprachigen Raum zu suchen. Die südlichen deutschen Reichsgebiete wurden jedenfalls als Erstes von den Bewegungen erfasst, um sich dann von dort aus weiter auszubreiten. Der genaue Ausgangspunkt lässt sich bis heute jedoch nicht bestimmen.87 Sie – wobei es sich ausschließlich um Männer handelte, da Frauen für das Ritual als „verunreinigend“ galten – zogen jeweils für 33 ½ Tage mit besonderen Hüten mit Aufdruck eines roten Kreuzes, eigenen Fahnen, Kerzen und Glockengeläut, paarweise geordnet durchs Land und geißelten sich halbnackt, unter einem strengen Ritual, selbst, um Buße zu tun und von Sünden zu befreien.88 Sie betraten die Städte, auf die sie während ihrer Reise stießen, erst, nachdem sie eine Erlaubnis der Stadtobrigkeit erbeten und erhalten hatten oder eingeladen wurden.89 Historiker sind sich heute jedoch sicher, dass erst die Geißler die Pest in manche Städte brachten, denn sie zogen von einigen bereits verseuchten Städten in noch uninfizierte Städte und trugen somit teilweise Flöhe in ihrer Kleidung mit oder waren selbst bereits erkrankt. So wurden sie vielerorts vertrieben oder auch als Ketzer gehandelt.

Überall wo die Pest wütete, suchte man nach Schuldigen. Diese wurden schnell gefunden – Juden. Wie bereits die Geißler ihren Ursprung im deutschsprachigen Raum fanden, so verbreitete sich auch „das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen vergiftet. Sie seien schuld am Wüten des Schwarzen Todes.“90 von hier aus. Ihnen wurde durch Giftmischerei und Brunnenvergiftung die Schuld am Ausbruch der Epidemie zugesprochen. Vor allem im Norden Frankreichs, aber hauptsächlich im deutschen Reichsgebiet, kam es aufgrund dessen zu den blutigsten und weitreichendsten Judenpogromen des Mittelalters, die erst durch den Holocaust durch Adolf Hitler im 20. Jahrhundert an Ausmaß und Brutalität übertroffen wurden. Dies führte in vielen Teilen Europas zu einem Aussterben der jüdischen Gemeinden. Die kirchliche und weltliche Macht verlor angesichts der Hilflosigkeit, mit der sie der Pandemie begegnete, rapide an Autorität. „Papst Clemens VI. hatte bereits am 26. September 1348 verboten, Zwangstaufen an Juden vorzunehmen, diese zu ermorden und ihnen ihre Habe zu rauben. Der Text der päpstlichen Bulle betonte, dass die Seuchensterblichkeit unter den Juden ebenso hoch sei wie unter den Christen. Dennoch blieb die Wirkung der Bulle begrenzt.“91 So beschrieb auch der Dichter Boccaccio in seinem Dekameron: „Während dieser Zeit des Elends und der Trauer war die ehrwürdige Macht der göttlichen und menschlichen Gesetze in unserer Vaterstadt fast völlig gebrochen und aufgelöst, da ihre Hüter und Vollstrecker gleich den übrigen Menschen entweder tot oder krank oder von ihren Untergebenen im Stich gelassen waren, so daß keiner seinen Dienst mehr versehen konnte und es jedem freistand, zu tun und zu lassen, was ihm gefiel.“92 Historiker betonen heute aber zusätzlich, wie bereits Graus in seiner Studie zu Pest, Geißlerbewegung und Judenmord,93 dass die Hetzen auf die jüdische Bevölkerung bereits stattfanden, noch bevor die Pest eine Stadt überhaupt erreichte.

„Je maßloser die Pest wütete, desto verzweifelter suchten die Menschen nach Mitteln und Wegen, dem unfaßbaren Schrecken Einhalt zu gebieten.“94 So beschreibt Eberhard-Metzger die katastrophale medizinische Lage im 14. Jahrhundert. Da an den meisten mittelalterlichen Universitäten die medizinischen Lehren von der Kirche festgelegt wurden und es keine Möglichkeit zur Forschung gab, machten die meisten Ärzte die Gestirne für die hereinbrechende Seuche verantwortlich95 und „verließen sich in ihrem Kampf gegen den Schwarzen Tod auf antike Fachautoritäten wie Hippokrates, Galen und einige spätantike Autoren (...)“.96

Es entstanden viele fragwürdige Rituale zur Bekämpfung der Pest, wie zum Beispiel das Aufdrücken gedörrter Kröten auf die Pestbeulen oder auch das Auflegen lebender gerupfter Hähne. Das Aufstechen der Bubonen stellte sich schnell als völlig unproduktiv heraus. Neben Opfergaben und strengen Pestgelübden97 war der sogenannte Aderlass die am häufigsten angewandte Methode zur Behandlung der Pest. Beim Aderlass wurde die den geschwollen Drüsen am nahestehendste Ader „geschlagen“ und das herausströmende Blut wurde in einem Gefäß aufgefangen und weggeschüttet.98 Vasold verweist darauf, dass diese „eher schädliche als nützliche“ Methode durch das verunreinigte Blut ihr Übriges zur Verbreitung der Seuche beigetragen hat.99 Ein ebenfalls weit verbreitetes Mittel zur Pestbekämpfung war die Reinigung der „verpesteten Luft“. Durch Entzünden von Feuern, in denen wohlriechende und auch weniger angenehme Stoffe verbrannt wurden, hoffte man auf Besserung. Diese Methode konnte durchaus wirksam sein, so Vasold, denn Ratten lassen sich mit Kampfer und Schwefel vertreiben.100

In Genua entwickelte man bereits 1348 ein Konzept, das die Ansteckung eindämmen sollte: die Quarantäne. Jegliches Fremde wurde 40 Tage lang abgesondert, zum Beispiel Reisende, die Obdach suchten, Schiffe und auch Waren.101 Orte in Italien und Frankreich folgten zügig diesem Beispiel.

Doch als letzter, aber auch beliebtester Ausweg galt die von Martin Luther später für völlig legitim erklärte Flucht. Zumindest für die, die es sich leisten konnten. Dabei wurden kranke Angehörige zurückgelassen – Hab und Gut wurde jedoch mitgenommen. Dies führte durch das Einnisten des „Pestflohs“ in Kleidung wiederum zur weiteren Verbreitung der Seuche.

III.3 Theorien über die mittelalterliche Pest

Bereits im Mittelalter, aber vor allem in der Neuzeit, entstanden etliche Theorien und Erklärungen für das immense Wüten der Pest sowie für den drastischen Bevölkerungsrückgang.

Von religiösen Mutmaßungen, wie zum Beispiel, dass „das Urvertrauen in Gott“ verschwand und somit „den von ihm geplanten Lauf der Geschichte“ beeinflusste, sodass „der Mensch (…) nun sein Schicksal selbst in die Hand [nahm]“,102 wich man schnell zurück. Auch die Korrumpierung der Luft durch Miasmen103, wobei man annahm, dass krankheitserregende Stoffe in der Luft durch den Atem und die Poren der Haut in den Körper gelangten und ihn somit infizierten, wurde ab dem 17. Jahrhundert verworfen.104

Seit der neuzeitlichen Forschung wurden eher plausiblere Theorien aufgegriffen. So geht Herlihy zum Beispiel von einer „Kleinen Eiszeit“ aus, die die Bevölkerung, auch ohne Einwirken der Pest, im Mittelalter105 ohnehin bereits dezimierte. Im Hochmittelalter106 herrschte ein „Klimaoptimum“, das lange und warme Sommer sowie milde Winter mit sich brachte. Dadurch kam es zu einem starken Zuwachs der Nahrungsmittelproduktion und zu Nahrungsmittelüberschüssen in der Landwirtschaft. Das beeinflusste ein starkes Ansteigen der Bevölkerungszahlen zunehmend positiv. Herlihy führt das Beispiel Englands „[b]ased on the Domesday survey“107 an, wobei die Bevölkerungszahlen von 1086 mit 1,1 Millionen Einwohnern mit den Zahlen des Hochmittelalters mit 3,7-7 Millionen Einwohnern verglichen werden. Ab 1200 vollzog sich dann ein klimatischer Umschwung, der kurze verregnete Sommer und lange, extrem kalte Winter mit sich zog. Durch die Verkürzung der Vegetationsperioden und das Vorrücken der Alpengletscher in ehemals fruchtbares Ackerland wurden Weide- und Anbauflächen zerstört. Durch starke Regenfälle und Überschwemmungen erlagen sowohl Ernten als auch Infrastruktur dem Klima. Dadurch bedingt erfolgte ein starker Einbruch der Bevölkerungszahlen zwischen 1348 und dem beginnenden 15. Jahrhundert, was sich erst ab 1460/70 mit steigenden Bevölkerungszahlen wieder änderte.108

Die „Kleine Eiszeit“ bedingte jedoch auch eine weitere Theorie – die Agrarkrise. Die Agrardepressions-Theorie basiert auf den Annahmen des Briten Thomas Malthus109 und geht von vier Prämissen aus, die zur Agrarkrise führten. Zu Beginn spricht er von einer „Stockung der Bevölkerungszunahme“, dann von einer „Abnahme der ländlichen Siedlungen“, was zu einem „Leistungsabfall der landwirtschaftlichen Erzeugung“ führt, woraus sich der „Rückgang der Preise für Agrarprodukte“ ergibt.110 Die Agrarkrise geht von klimatischen Entwicklungen aus, die von sozialen Problemen verstärkt werden.

Aufgrund des Klimaoptimums, was den sprunghaften Anstieg der europäischen Bevölkerung im 11./12. und 13. Jahrhundert positiv beeinflusste, kam es bis 1250 zu einer Knappheit der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, was zu einem Absinken der Produktionsüberschüsse führte, bei jedoch weiterhin hoher Geburtenrate. Zusätzlich wechselten die Anbaumethoden zu einer Monokultur und einer Abkehr von der Weidewirtschaft. Resultierend daraus, fehlten Proteinquellen und die Äcker wurden ausgelaugt. Dann kam es zu dem bereits erörterten Klimaumschwung, wodurch es zu gravierenden Ernteausfällen kam und die Ernährungssituation sich immer mehr verschärfte. Alles führte zu einer erheblichen Teuerung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.111 Gleichzeitig vollzog sich eine Rückkehr zum alten Feudalsystem. Einige wenige Familien konzentrierten die Mehrheit des Landes unter ihrer Herrschaft, wodurch es zu einer Abnahme von freien Bauern kam. Bauern konnten nicht mehr durch Naturalien oder Barzahlungen ihre Arbeitskraft ersetzen, sondern wurden, angesichts der steigenden Getreidepreise, zunehmend auf dem Grundbesitz ihrer Feudalherren eingesetzt. Dies geschah eben genau zu jener Zeit, in der die Bauern ihre eigenen Felder hätten bestellen müssen. Durch den Wegfall der Ernährungsgrundlage kam es zu Hungerkrisen, die zu massiver Landflucht führten.

Genau diese Landflucht bedingte einen weiteren Faktor für den Bevölkerungsrückgang im Mittelalter: Wüstungen.112

„Mögliche Ursachen der Wüstungen des 14. Jh.: klimatische und biologische Faktoren (rückläufige landwirtschaftliche Erträge und periodische Hungerskrisen), anthropologische Veränderungen (Verschlechterung der Seuchenresistenz und endemisches Auftreten der Seuchen), ökonomische Widrigkeiten (Stadt-Land-Gefälle) und soziale Motive.“113 Durch diese Wüstungen kam es zur Aneignung teilweise bereits infizierter Kleidung oder auch Eigentums Erkrankter, wodurch die Pest immer weiter getragen wurde.

Eine der weitverbreitetsten Theorien ist allerdings, dass es neben der Pest im Mittelalter bereits andere Krankheiten gab. Durch die bereits angesprochene desaströse medizinische Lage im 14. Jahrhundert konnten Krankheiten weder voneinander unterschieden werden noch richtig behandelt werden, um nicht tödlich zu enden. Erschwerend kam noch hinzu, dass die hygienische Grundlage Infektionen meistens noch zusätzlich begünstigte. Neben Krankheiten wie Trachom und Malaria gab es auch Krankheiten, die leicht mit der Pest zu verwechseln waren. Tuberkulose zum Beispiel war ebenfalls eine Infektionskrankheit, die per Tröpfcheninfektion übertragen wurde und zu Hustenanfällen mit gelb-grünem Auswurf und Hitzewallungen führte, ähnlich wie bei einer Pesterkrankung. Auch Lepra, was ebenfalls per Tröpfcheninfektion übertragen wurde, jedoch langen Kontakt mit Infizierten bedurfte, ähnelte durch absterbende Nerven und Venenverstopfung dem „Schwarzen Tod“. Bis heute kann deswegen nicht eindeutig davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Massen an Toten im Mittelalter wirklich ausschließlich um Pestopfer handelte.

IV. Schlussbetrachtung

„Unsere medizinischen Kenntnisse über die Pest verdanken wir in Erster Linie [der] Pandemie, die zwischen 1894 und 1920 weite Teile Ostasiens berührte und Millionen von Menschen in den Tod riß.“114 Doch endgültige Kenntnis wird man wohl nie erlangen. Durch Boccaccios Dekameron ist zwar ein geringfügiger Einblick in das Leben und Leiden der Menschen zur Zeit der größten Pestwelle möglich, jedoch immer noch schwer nachvollziehbar. Die Hilflosigkeit, mit der die Menschen dem „Schwarzen Tod“ gegenüber treten mussten, lässt sich leider nicht rekonstruieren.

“Auf heutige Verhältnisse übertragen, müßte man ihr Wüten mit einem weltweiten Atomkrieg vergleichen.“115, zitieren Eberhard-Metzger und Ries die französischen Medizinhistoriker Jacques Ruffié und Jean-Charles Sournia. Aufgrund dessen steigt gerade heute, zu Zeiten der steigenden Kriegsvorkommnisse und Streben nach Weltmachtstellung, die Angst vor biologischen Waffen. Mögliche biologische Kriegsführung, durch gezielten Einsatz von Pesterregern, hätte vermutlich apokalyptische Ausmaße.

Einem kleinen Floh ist es zu verdanken, die Menschheit in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Grundfesten zu erschüttern. Dieser kleine Floh, der es heute noch immer möglich macht, zu Zeiten der modernsten Technik, Wissenschaft und Forschung, an die Oberfläche zu drängen und Menschen ohne jegliche Hoffnung auf Heilung zu Tausenden in den Tod zu reißen.

Die Pest wurde immer wieder fälschlicherweise für ausgelöscht erklärt und kehrte doch immer wieder zurück – heute auch teils in mutierter Form, was die Behandlung erschwert und die Forschung an ihre Grenzen treibt. Die Forschung, die über 150 Jahre brauchte, um allein den Erreger dingfest zu machen.116

Es liegt vermutlich in der Natur des Menschen, Kontrolle besitzen zu wollen. Aber Krankheiten wie AIDS, Krebs und eben auch die Pest zeigen der Menschheit, wie fehlbar und machtlos sie angesichts von Seuchen sein kann. Noch heute ist der Erreger aktiv, lässt sich nicht lokalisieren, nicht eindämmen, nicht kontrollieren und vor allem nicht ausrotten. Dem „Schwarzen Tod“ wird somit, verhängnisvollerweise, nicht die nötige Ehrfurcht entgegen gebracht, mit der man ihm gegenüber treten sollte.

Das letzte Pestopfer ließ vor kaum einem Jahr sein Leben. Noch immer sollte man also mit Respekt vor dem Erreger leben. Und vor dem kleinen Floh, der mit bloßem Auge kaum sichtbar ist, aber Millionen Menschen das Leben kosten kann.

V. Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen

Boccaccio, Giovanni: Das Dekameron. Erster bis Fünfter Tag (deutsche Übersetzung), Berlin und Weimar 71975.

Boccaccio, Giovanni: Das Dekameron. Sechster bis Zehnter Tag (deutsche Übersetzung), Berlin und Weimar 71975.

Literatur

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Bergdolt, Klaus: Die Pest. Geschichte des Schwarzen Todes, München 2006.

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Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996.

Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996.

Graus, František: Pest – Geissler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit, Göttingen 31994.

Herlihy, David: Der Schwarze Tod und die Verwandlung Europas, Berlin 1998.

Herlihy, David: Outline of Population Developments in the Middle Ages; In: Herrmann, Bernd; Sprandel, Rolf (Hrsg.): Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, Weinheim 1987, S. 1-23.

Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005.

MacNeill, William H.: Seuchen machen Geschichte. Geisseln der Völker (aus d. Amerik. übertr. von Joachim Frhr. Von Richthofen), München 1978.

Musehold, Dr. P.: Die Pest und ihre Bekämpfung, Berlin 1901.

Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 1 Die Geschichte der Pest, Gießen 1908.

Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 2 Die Pest als Seuche und als Plage, Gießen 1910.

Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991.

Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998.

Wilderotter, Hans (Hrsg.): Das große Sterben. Seuchen machen Geschichte, Dresden 1996.

Internet

http://www.medizinpopulaer.at/archiv/medizin-vorsorge/details/article/die-pest-heute.html (eingesehen am 19.07.2010 um 20.39Uhr)

http://www.who.int/en/ (eingesehen am 20.07.2010 um 18.17Uhr)

Lotta Schmachtenberg:

Das Krankheitsbild der „Spanischen Grippe“ von 1918/19 als Motivation für die Entwicklung der Virologie 2009

1. Einleitung

„Jedes Jahr ist ein Influenzajahr – sowohl auf der nördlichen als auch auf der südlichen Halbkugel der Erde.“117 So sagen es Georg Vogel und Werner Lange, Ärzte und Autoren von Ratgebern, die sich mit der Influenza auseinandersetzen. Sie sehen in der Influenza die am häufigsten unterschätzte Infektionskrankheit, die auch heute noch zu den als weltweit unausrottbaren Krankheiten gezählt wird.118

Trotz der jahrhundertelangen Bekanntheit der Influenza rückte sie erst Anfang des 20. Jh. in den Mittelpunkt des medizinischen Interesses. Grund dafür war zweifelsfrei die verheerende Pandemie, die 1918 ihren Anfang nahm. Ihr geographischer Ursprung ist bis heute unklar. Ein möglicher Ausgangspunkt war China, von wo aus sie sich in die USA und Europa ausbreitete. Ein anderer Ursprungsort könnte in den USA gelegen haben, von dort aus soll sie weiter nach Europa und Asien gezogen sein.119 „Many more victims were stricken than were ever afflicted by plague, smallpox, or cholera. Those pestilences, all with a much higher risk of mortality, never had nearly so many victims, and therefore killed substantially fewer than the 1918 influenza epidemic.“120 Weltweit starben zwischen 20 und 50 Millionen Menschen an einer Krankheit, die der Influenza so ähnlich schien, deren Krankheitsbild aber von einer vorher nie da gewesenen Heftigkeit charakterisiert war. Die Krankheit trat zudem in mehreren Wellen auf, wovon die erste in einer ihr sehr untypischen Zeit ihren Höhepunkt hatte: Im Juli des Jahres 1918.

Diese Arbeit beschäftigt sich zunächst mit der Darstellung der Influenza als Infektionskrankheit. Anfangs wird die Virologie der Influenza und ihre Besonderheit zur Mutation erklärt. Daran anschließend der Weg der Übertragung und die Infektion der Zelle. Es folgt die Darstellung des Krankheitsbildes, wie es heute in der medizinischen Literatur erklärt wird. Ein wichtiger Teil des Krankheitsverlaufes ist die Wirkung der Influenza in Kombination mit anderen Erkrankungen. Hierbei kommt es oft zu Komplikationen, auf die ebenfalls eingegangen wird. Abschließend werden hier die heutigen Therapiemöglichkeiten erläutert. Vor diesem Hintergrund wird anschließend das Krankheitsbild der Influenzapandemie von 1918/19 aufgezeigt und analysiert. Nach einem kurzen Blick auf die besonderen Merkmale, wird das Krankheitsbild mit Hilfe zeitgenössischer Quellen dargestellt. Insbesondere die Komplikationen, die mit der damaligen Influenzapandemie einhergingen, sind hier von Interesse. Erläutert werden auch Maßnahmen und Möglichkeiten, die in der Therapie zur Verfügung standen und zum Einsatz kamen. Mit Hilfe der Darstellung der Unterschiede in den Krankheitsbildern, wie wir sie heute kennen und wie es sich 1918/19 zugetragen hat, soll anschließend die Aggressivität des damals wütenden Virus deutlich gemacht werden.

Die Ohnmacht angesichts der getätigten Erklärungen, den Erreger dieser Krankheit zu bestimmen, soll in das letzte zu behandelnde Thema einführen: die Geschichte des Versuches, den Virus von 1918/19 über Jahrzehnte lang aufzuspüren, zu erforschen und vor allem zu entschlüsseln. Die ersten Versuche Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts blieben erfolglos. Es mussten erst viele Jahre vergehen, bis auch die Technik und die molekularpathologischen Verfahren ihren Fortschritt machen konnten, um den Erreger zu dekodieren.

2. Die Influenza als Infektionskrankheit

2.1 Virologie

Influenza ist eine akute respiratorische, d.h. die Atemwege betreffende Infektionskrankheit. Sie wurde und wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Erkältung, Grippe, grippaler Infekt oder Virusgrippe bezeichnet, wobei in der Medizin deutlich zwischen diesen Begriffen unterschieden wird.121 Influenza tritt weltweit gehäuft in der kalten Jahreszeit auf. Verursacher bzw. Erreger ist ein Virus, der selten sporadisch, häufiger epidemisch auftritt.122

Influenzaviren werden in drei Typen unterteilt: Typ A kommt bei Mensch und Tier vor und bringt häufig neue Subtypen und Varianten hervor. Diese können sich schnell ausbreiten und neue Epi- und Pandemien mit schweren Erkrankungen verursachen. Typ B kommt nur beim Mensch vor und hat nur einen einzigen Subtyp. Dieser kann jedoch relativ häufig neue Varianten hervorbringen, die kleinere Epidemien verursachen können. Typ C bewirkt beim Menschen allenfalls harmlose Erkrankungen.123

Jeder neu isolierte Influenza-A-Virus erhält nach internationaler Übereinkunft, i. d. R. vom nationalen Referenzzentrum oder vom isolierenden Laboratorium, eine Bezeichnung, aus der Typ, bei Tieren die Spezies, Fundort, laufende Nummer der Isolierung und das Jahr hervorgehen. Dabei werden die A-Viren nach den antigenetischen Eigenschaften der Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase in Subtypen unterteilt.124 Derzeit sind 16 Hämagglutinin- (H1 bis H16) und 9 Neuraminidase-Typen (N1 bis N9) nachweisbar. Hämagglutinin ist ein Protein, welches die Adsorption des Viruspartikels an Rezeptoren der Wirtszelle im Zuge der Infektion vermittelt. Es ist in der Lage, an fast alle Arten von Körperzellen zu binden, ist aber weitestgehend auf die Epithelzellen, also die obersten Zellschichten des Respirationstraktes beschränkt, weil hier das zur Hämagglutinin-Spaltung benötigte Enzym vorhanden ist. Neuraminidase hingegen ist ein Protein, das mit der Abspaltung von Säure, Rezeptoren an der Zelloberfläche zerstört und somit die Freisetzung neu gebildeter Viruspartikel fördert. Nur drei der Hämagglutinin- und drei der Neuraminidase-Subtypen sind bisher beim Menschen aufgetreten.125 Dazu zählen H1, H2 und H3 sowie N1, N2 und N8.126

Die Besonderheit der Influenzaviren ist ihre Fähigkeit zur Veränderung ihrer Antigenstruktur. Dabei kommt es während der Vermehrung in den befallenen Wirtszellen zu spontanen Punktmutationen, vor allem im Hämagglutinin, sodass eine neue Variante des Virus entsteht. Dieser Mechanismus wird „antigenic drift“ bezeichnet. Mit dem „antigenic shift“ oder dem „Reassortment“ wird der Gen-Austausch zwischen verschiedenen Influenza-Viren benannt. Dieser findet während der Virus-Vermehrung in einer Zelle statt, wenn sich ein Individuum mit zwei unterschiedlichen Virenstämmen infiziert hat. Es entsteht ein neuer unbekannter Virus, der als Subtyp bezeichnet wird. Dieser ist in der Lage, Epi- und Pandemien auszulösen.127

2.2 Infektion und Übertragung

Influenzaviren werden über Tröpfcheninfektion übertragen. Beim Husten, Niesen, Sprechen oder Atmen gelangen mit Viren beladene Schleimtröpfchen in die Luft und durch das Einatmen auf die Schleimhäute des Gegenübers. Dabei reichen geringe Virusmengen für eine Infektion aus, die in erster Linie von bereits infizierten und erkrankten Menschen ausgeht. Bereits einen Tag vor dem Auftreten von Symptomen und bis zu fünf Tage nach dem Auftreten der Erkrankung werden infektionstüchtige Viren im Körper des Infizierten freigesetzt. Diese sind in der Außenwelt nur für kurze Zeit überlebensfähig. Die Inkubationszeit des Virus liegt bei weniger als einem bis maximal drei Tage.128 Spätestens dann „stellt die infizierte Atemepithelzelle […] die eigene Versorgung mit Nahrungssubstanzen ein. Ihr Stoffwechsel dient nur noch der Produktion von Viruspartikeln […]. Die umfunktionierte Wirtszelle degeneriert dabei, wird nekrotisch und löst sich ab. […] Durch den Zellverlust fällt die Selbstreinigungsfunktion der Atemwege […], die für den Abtransport von Schmutzpartikeln, Krankheitserregern, Zelltrümmern usw. verantwortlich ist, ganz oder teilweise aus.“129 Die Viren könne sich dann über den ganzen Atemtrakt ausbreiten, indem sie entweder von der infizierten direkt in eine nicht infizierte Zelle übergehen, durch die Atmung über Aerosole in andere Bereiche des Atemtraktes gelangen oder mit dem auf den Zellen befindlichen Schleim befördert werden. Als Folge dieser Ausbreitung werden die Bronchien, die tiefere Luftröhre und die Lunge infiziert.

2.3 Krankheitsbild

Der Infizierte wird aus vollem Wohlbefinden heraus plötzlich krank. Eintretende Symptome sind neben Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen, schnell hohes Fieber, Schüttelfrost, Muskel- und Gliederschmerzen, Kreislaufschwäche bis hin zu Übelkeit mit Erbrechen und Durchfällen. „Der Patient ist und fühlt sich verschnupft, verheult und richtig krank. […] Um die Augen ist das Gesicht aufgedunsen. Die Haut bietet ein lilarotes Kolorit, Lippen und Schleimhäute sind zyanotisch verfärbt.“130 Ähnlich beschreibt es schon Höring 1948: „[…] wir können auch heute noch daran festhalten, daß das einzige einigermaßen sichere Organsymptom der Grippehals ist mit seiner dunkelroten, zuweilen fast enanthemartigen Pharyngitis [Entzündung im Rachenbereich] mit Einschluss des weichen Gaumens (Grippegaumen), dazu oft Konjunktivitis und überhaupt Gesichtsrötung, ferner die Grippezunge und die „Seitenstrang-Angina“ […].“131 Verläuft die Krankheit unkompliziert, bessert sich das Fieber spätestens nach einer Woche, die anderen Symptome verschwinden rasch. Die allgemeinen Beschwerden dauern i. d. R. sechs bis zehn Tage. Allerdings kann auch noch nach Wochen der Erkrankung eine allgemeine Schwäche zurück bleiben, die sich besonders bei körperlicher Anstrengung äußert. Besonders gefährdet für eine Infektion mit Influenza sind ältere Menschen und Kinder. Kinder einerseits, da sie durch den häufigen Kontakt mit vielen anderen Kindern in Schule und Kindergarten, den Erregern häufiger ausgesetzt sind und diesen somit in ihre Familien tragen können. Ältere Menschen andererseits, da sie durch ihren Aufenthalt in Pflegeheimen dem Erreger ebenfalls ausgesetzt sind und sich nicht durch Zurückziehen oder Vermeidung von Menschenansammlungen schützen können.

2.4 Komplikationen

Häufig kommt es im Zuge der Erkrankung mit Influenza zu Komplikationen. Besonders Patienten mit chronischen Krankheiten sind gefährdet, da die Influenza „[…] viele gerade noch kompensierte Organ- und Stoffwechselerkrankungen zur Dekompensation bringen [kann].“132 Das bedeutet, dass der durch die Infektion mit Influenzaviren geschwächte Körper die vorherige Erkrankung nicht mehr bewältigen kann. Besonders gefährdet sind in diesem Zusammenhang Patienten mit chronischen Herz- und Lungenkrankheiten wie Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelentzündungen, Asthma, Bronchitis und Tuberkulose. Des Weiteren auch Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes und Durchblutungsstörungen. Diese Komplikationen sind der Grund für die influenzaassoziierten Todesfälle, die mit der Übersterblichkeit gemessen werden. Dabei sind beispielsweise 10.000 bis 20.000 zusätzliche Todesfälle in den Wintermonaten in Deutschland nicht unüblich. Neben den Komplikationen gibt es im Zusammenspiel mit einer Influenzainfektion noch eine andere, besonders für die Medizin wichtige Erscheinung. Nach Auffassung von Lange trägt die durch die Viren verursachte Zellzerstörung im Atemtrakt dazu bei, dass sich Bakterien schnell und ungehindert ansiedeln und vermehren können. Im Gegenzug dazu seien die vorhandenen Bakterien bei der Ausbreitung von Viren hilfreich.133 Dieses Phänomen wird als Superinfektion, oft auch als Sekundärinfektion, bezeichnet: Bei der bereits bestehenden Infektion mit Influenzaviren kommt es zu einer erneuten Infektion, die durch den gleichen oder einen anderen Erreger verursacht wird. Häufig werden diese Superinfektionen durch Bakterien ausgelöst, die der Körper aufgrund seines durch die Influenzaviren geschwächten Immunsystems nicht mehr bekämpfen kann. Dieses sind vorwiegend Streptokokken, Haemophilus influenzae und Staphylococcus aureus. Die häufigste Komplikation, die in diesem Sinne auftritt, ist die viral-bakterielle Pneumonie.134 Daneben kann es aber auch zu Enzephalitis und bleibenden Schäden am Herz-Kreislaufsystem kommen.135

2.5 Therapie

Zur Therapie der Influenza empfiehlt Höring Bettruhe und bei intaktem Kreislauf Schwitzkuren. Des Weiteren Wadenwickel, gute Durchlüftung des Krankenzimmers sowie Nasen- und Mundpflege.136 In medizinischer Literatur werden heutzutage neben der strengen Schonung und Arbeitsruhe vor allem symptomatische Behandlungen der Beschwerden empfohlen. Daneben gibt es die antivirale Behandlung, für die Neuraminidase-Inhibitoren zur Verfügung stehen. Sie verhindern, dass sich vermehrte Viren im Körper verteilen, da durch ihn das Ausschwärmen der Viren aus den befallenen Zellen unterbunden wird. Besteht eine zusätzliche bakterielle Infektion, werden Antibiotika empfohlen.137

Bei der Infektion mit einem Influenza-A-Virus bildet das Immunsystem des Menschen lebenslang Antikörper gegen ihn, wird also immun. Aber Influenzaviren weisen die oben erwähnten Eigenschaften des „antigenic drift“ bzw. „antigenic shift“ auf. Hierdurch verändert sich ein Virus von Jahr zu Jahr in seinen Varianten und Subtypen. Dadurch ist die gebildete Immunität eines Menschen schnell wirkungslos. Die wirksamste Form der Influenzavorbeugung ist die Schutzimpfung, die eine Effektivität von etwa 70-80% hat. Wegen der Wandelbarkeit des Influenzavirus ist eine jährliche Impfung empfohlen, da auch der Impfstoff der Wandelbarkeit des Virus jährlich angepasst wird.138 Da die Übertragung der Influenza vor allem über die Tröpfchenausscheidung erfolgt, sollte man zur Vorsorge während der Influenzasaison große Menschenansammlungen meiden.

3. Die Influenza von 1918/19

3.1 Besonderen Merkmale

Beim Auftreten der Influenza im Frühsommer des Jahres 1918 war nicht von Anfang an klar, um welche Krankheit es sich handelte. Dass es die Influenza war, wurde zwar angenommen, aber dagegen sprachen drei Gründe: Der Pfeiffersche Influenzabazillus, der gemeinhin als Erreger der Influenza galt, wurde nur selten im Sputum der Erkrankten gefunden. Das Ausbreiten der Krankheit in der trocken-heißen Zeit widersprach der Natur der Influenza und in den Lungen der Erkrankten wurden pathologisch-anatomische Veränderungen gefunden, wie sie vorher noch nie im Zusammenhang mit der Influenza, geschweige denn im Zusammenhang mit einer Lungenentzündung, gesichtet wurden.139 „Der klinische Verlauf der schweren Erkrankungen war so ungewöhnlich, dass Beobachter zweifelten, ob es sich um Influenza handelte. 1918 waren die Symptome so ungewöhnlich, dass die Erkrankung anfangs als Denguefieber, Cholera oder Typhus fehldiagnostiziert wurde.140 Von „gewissen Eigentümlichkeiten“141 und „eigenartigen Komplikationen“142 der Epidemie war die Rede.

„Menschen brachen plötzlich auf der Straße zusammen. Die Krankheit zeigte derart schlimme Symptome, dass Zweifel aufkamen, ob es sich tatsächlich um die Grippe handelte.“143

3.2 Krankheitsbild

Aber nach sorgfältigen Untersuchungen des Krankheitsbildes wurde die Existenz der Influenza von ärztlicher Seite her bestätigt.144 Denn die mit Influenza infizierten Patienten litten an starken Kopf- und Gliederschmerzen, bekamen plötzlich hohes Fieber. Trockener Husten wurde begleitet von kirschroter Färbung des geschwollenen Rachenraumes. Diese Verfärbung hielt sich oft bis in die Rekonvaleszenz hinein. Dazu kamen bläschen- und herpesartige Ausschläge am Gaumen. Infolge einer Angina schloss „sich ein Katarrh des Kehlkopfes und der Luftföhre an, der sich dann weiter auf die Bronchien fortpflanzt[e].“145 Der erst trockene Husten wurde rasselnder, es entstand schleimiger bis eitriger Auswurf. „Die Symptome der Kranken wiesen eindeutig auf eine heftig verlaufende Form der Grippe hin.“146 Bei diesen ungewöhnlich intensiven Symptomen handelte es sich meistens um Lungenentzündungen. In Marburg z.B. wurden im Zeitraum vom 1. Juli 1917 bis zum 1. Juli 1918 17 Lungenentzündungen beobachtet, von denen zwei Patienten starben. Bis zum 22. Juli waren noch einmal 13 an einer Lungenentzündung Erkrankte zur Beobachtung in der Klinik, von ihnen verstarben fünf.147 Nach dem pathologisch-anatomischen Befund zeigten diese „ähnlich dem Meningitisfall, pseudomembranöse oder hämorrhagische Tracheitis, Bronchitis, hämorrhagische, eitrige bronchopneumonische Herde in den verschiedensten Teilen der Lunge, zum Teil mit beginnender Abszeßbildung. […] Die nicht verstorbenen Patienten geben durchweg das Bild katharrhalischer Pneumonie, zum Teil ausgedehnte, konfluierende Herde, sodaß schließlich doch ganze Lappen befallen sind, teils blutiger, großenteils rein eitriger, reichlicher Auswurf“148 wird als Begleiterscheinung beschrieben.

3.3 Komplikationen

Es schien, als bliebe kein Organ, kein Gewebe von der Influenzainfektion verschont.

Die schon während der ersten Welle im Juli beobachteten Komplikationen häuften sich im Verlauf der zweiten Welle, die im Oktober 1918 ihren Höhepunkt erreichte. Es wurde festgestellt: „Die Grippe wurde bösartig.“149 Sie nahm nicht nur an Ausbreitung stark zu, auch die Anzahl der schweren und tödlich verlaufenden Krankheitsfälle wurde größer.150 Schienen sich die Erkrankten schon auf dem Wege der Besserung zu befinden, „begann meist plötzlich nach einem bis drei fieberfreien Tagen ein neuer Temperaturanstieg, meist unter Schüttelfrost, mit bedeutender Störung des Allgemeinbefindens. Hierzu gesellten sich Schmerzen in der Brust oder Seitenstiche, heftige Hustenanfälle, und binnen kurzer Zeit waren alle Anzeichen einer Lungenerkrankung da.“151 Die Lungenentzündungen der Verstorbenen unterschieden sich aber von dem sonst bekannten Krankheitsbild einer Pneumonie. Etwa 30% der Fälle zeigten Besonderheiten auf, die allgemein hin noch nicht beobachtet worden waren. Eiteransammlungen „waren wohl in der Hälfte der Pneumoniefälle die Ursache des tödlichen Ausgangs, […] infolge [eines] Durchbruchs des Eiters in die Lunge.“152

Bei weiteren Komplikationen standen die schweren Veränderungen der Luftwege im Vordergrund. Geschwürbildung am Kehlkopf und in der Luftröhre ging der Bildung von Abszessen voran. Geschwollene Lymphdrüsen waren zum Teil mit der Halsmuskulatur verklebt.153 Daneben werden eitrige Meningitis, starkes Nasenbluten, blutige Enzephalitis, Brustfellentzündung, u.v.m. genannt. Man berichtete sogar von ausgedehnten Blutungen in der sich wachsartig veränderten Hals- und Bauchmuskulatur,154 sowie von Todesfällen durch Verlust der Reflexe und durch epileptische Krämpfe. Man war sich auch sicher, dass die Influenza „eine in der Verheilung begriffene Lungentuberkulose oder irgendwo im Körper schlummernde Tuberkulose zum Aufflackern bringen“155 und den Patient dadurch töten konnte. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Menschen damals erstickt und innerlich verblutet oder an einem septischen Schock und dem daraus resultierenden Multiorganversagen gestorben sind.156

Wenn man sich in der Frage des Erregers nicht sicher war, so war man dennoch davon überzeugt, dass die während der pathologischen Untersuchungen gefundenen Bakterien zur Heftigkeit dieses Krankheitsbildes beitrugen. Die Kennzeichen zu Beginn des Krankheitsverlaufes wurden der Wirkung des eigentlichen unbekannten Erregers zugeschrieben. Aber man war der Ansicht, dass der weitere Verlauf der Krankheit auf der Grundlage von anderen Bakterien seine Erscheinungsform bekam. Sehr häufig wurden Strepto-, Staphylo- und Pneumokokken in Auswurf und Organen gefunden.157 Ihnen wurde in der Funktion von Sekundärerregern ein entscheidender Anteil am Zustandekommen der verschiedenartigen klinischen und anatomischen Veränderungen zugesprochen. Die „hypothetischen Influenzaerreger [wurden verglichen] mit Pionieren, die den Angriff der Hauptkräfte nur vorbereiten, […] mit einer Pfeilspitze, die die Wundes schlägt, die der Sekundärerreger, das Gift, zu einer tödlichen machen kann. […] Eine Eigenart der primären Influenzainfektion [ist], dass sie einen Sammel- und Tummelplatz für all das Bakteriengesindel abgibt, dass sich überall herumtreibt, das aber nirgends so die Herrschaft erlangt wie bei der Influenza.“158

Der vermeintliche Erreger der Influenza, der Pfeiffersche Bazillus, wurde zwar im Körper der verstorbenen und überlebenden Infizierten gefunden, jedoch betrug dieser Anteil nur etwa 50%.

Besonders auffällig war die Altersverteilung der an Influenza gestorbenen Erkrankten. Es waren überwiegend junge und kräftige Individuen, die der Influenza erlegen sind. Es wurde beobachtet, dass „gerade die kräftigsten Menschen die schwersten Pneumonien hatten, und dass die schwersten Pneumoniker schon nach zwei bis drei Tagen starben.“159 Für mögliche Ursachen dieser Beobachtungen sind mehrere Erklärungsansätze in der Literatur zu finden.

Zum einen wurde angenommen, dass gerade „jugendliche, kräftige Menschen durch ihre Tätigkeit, etwa durch den Militärdienst während des Krieges oder durch vermehrten Dienst junger, arbeitsfähiger Frauen während des Krieges, schon der Infektionsmöglichkeit mehr ausgesetzt waren.“160 Eine andere Ansicht war, dass die Körper der jungen und kräftigen Menschen infolge der Infektion besonders vitale Abwehrreaktionen erzeugten und ihre Körper durch die freiwerdenden Endotoxine überschwemmt wurden, sodass sie an ihrer eigenen Immunabwehr starben. Eine Möglichkeit, dass gerade die ältere Generation die Influenzapandemie einigermaßen gut überstand, ist, dass sie durch früher überstandene Grippeepidemien bereits zu einem gewissen Grade immunisiert waren.161 Infolgedessen verschonte der äußerst virulente Virus von 1918 Menschen, die älter als 40 Jahre alt waren, zu einem Großteil.162 Insgesamt gesehen waren 99% der Influenzaopfer jünger als 65 Jahre, im Kontrast zu den Opferzahlen von 1957, wo es nur 36%, und 1968, wo es 48% waren.163 Der Virus hatte eine Letalität von rund 2,5% und war damit „fünfundzwanzigmal tödlicher als eine gewöhnliche Grippe.“164

3.4 Therapie – Maßnahmen und Möglichkeiten

Zu der Frage nach den damaligen Therapiemöglichkeiten steht wohl als Antwort die Hilflosigkeit der Ärzte und des Pflegepersonals an erster Stelle. Die Therapie gegen Influenza im eigentlichen Sinne gab es nicht. Es wurde mehr oder weniger konzeptlos versucht, mit verschiedenen Chemikalien und therapeutischen Maßnahmen das Leiden der Patienten zu lindern und zu bekämpfen.165 „Die Therapeuten haben alle irgendwie geeigneten und leider auch ungeeigneten Mittel durchprobiert und durchstudiert, «um es am Ende gehen zu lassen, wie’s Gott gefällt». Alle Antipyretika: Chinin, Salizylsäure, Antipyrin, Phenacetin, die Derivate, Kombinationen und Modifikationen dieser Mittel kamen zur Anwendung. Manche von ihnen verschaffen dem Kranken vorübergehende Erleichterung, Heilung ist natürlich von keinem zu erwarten. […] Der Aderlaß kam bei der Pneumonie zur Anwendung, eventuell mit nachfolgender Injektion der Ringerschen Lösung. […] Das Wichtigste ist doch, dass die fiebernden Kranken von Anfang an Bettruhe haben und sie auch nach der Endfieberung ein paar Tage einhalten, bis die Gefahr eines Rückfalls vorbei ist. Die verschiedenen Krankheitsäußerungen erfordern symptomatische Behandlung.“166 An anderer Stelle wird zitiert: „Was die Behandlung der Influenza angeht, so ist nach dieser Richtung im Verlaufe der Epidemie wohl so ziemlich alles versucht worden, was in dem Heilschatze der älteren, neueren und neuesten Medizin überhaupt in Fragen kommen konnte. Ein sicher wirkendes spezifisches Mittel ist leider nicht gefunden worden.“167 So war die Pflege der Familienangehörigen und des Pflegepersonals mitunter die wichtigste Hilfe für die Erkrankten. Man kann der Medizin also nicht den Vorwurf der Tatenlosigkeit machen, sie war einfach nur hilflos.

Viele Grippepatienten, die die Pandemie überlebten, litten noch jahrelang an ihren Folgen. Neben der oft monatelang andauernden Schwäche, gab es eine Reihe von Folgeerkrankungen bzw. nicht abheilend wollenden Erkrankungen, die sich an die Influenzainfektion anschlossen. Hier werden neben Herzmuskelerkrankungen, Herzneurosen, toxischen Schäden durch Darmblutungen und vergrößerter Leber und Milz auch psychische Störungen genannt.168

4. Vergleich der Krankheitsbilder

Die drastischen Darstellungen der damals in Verbindung mit der Influenza gekommenen Ärzte und Pathologen zeigen die Hilflosigkeit, die angesichts des Grauens herrschte. Zahlreiche penibel durchgeführte Obduktionsberichte zeugen davon, wie sehr die Grippeopfer die Menschen überraschten.

Man kann feststellen, dass sich der Übertragungsweg der Influenza im Verlauf der Jahre eigentlich nicht geändert hat. Aber sicherlich standen 1918 mehr oder bessere Voraussetzungen einer Infektion zur Verfügung, insbesondere in Militärlagern oder bei öffentlichen Versammlungen.

Der heute beschriebene plötzliche Krankheitsbeginn einer Influenza mit typischer Symptomatik findet sich auch in den Beschreibungen der Ärzte und sonstigen Beobachter von 1918. Auch die vollständige Genesung nach dem Abklingen der Beschwerden war damals keine Seltenheit, denn es sind lange nicht alle der Influenza erlegen, die sich mit ihr infiziert hatten. In einigen Fällen bleibt heute noch eine lang andauernde Schwäche zurück, die ebenfalls 1918 schon zum Krankheitsgeschehen zählte. Auffällig ist die Vielzahl von influenzaassoziierten Komplikationen. Während solche Komplikationen heute i.d.R. möglich sind, gehören sie aber lange nicht zu typischen Begleiterscheinungen. Vor allem bei schneller und spezifischer Behandlung ist nicht mit schweren Komplikationen zu rechnen. Dieses Bild sah aber 1918 ganz anders aus. Viele der Erkrankten starben schon einige Tage nach der Infektion, obwohl sie weder alt waren noch an einer chronischen Krankheit litten. Die Ursache hierfür lag wohl in der von den Ärzten vermuteten Sekundärinfektion mit Bakterien. Diese kann zwar auch bei einer heutigen Infektion eintreten, aber die Heftigkeit des weiteren Krankheitsverlaufes würde wohl weniger schlimm ausfallen. Auffällig ist auch die Vielzahl der Erscheinungen, die bei den Obduktionen beobachtet wurden. Nahezu jedes Organ wurde damals in irgendeiner Weise beschädigt oder verändert. Häufig ist von inneren Blutungen (Hämorrhagien) die Rede, die überall im Körper mal mehr, mal weniger auftraten. Für diese Erscheinungen muss der Virus aggressiv genug gewesen sein, um den Bakterien die besten Voraussetzungen zur Ansiedlung und Vermehrung bereitet zu haben. Die Körper bzw. die Abwehrfunktion der Erkrankten waren nicht in der Lage, den Bakterien auch nur das Geringste entgegenzusetzen. So schlugen auch die Therapieanwendungen der Medizin fehl, den Patienten in irgendeiner Art zu helfen, ihn zu heilen oder ggf. nur die Schmerzen zu lindern. Die Isolation der Erkrankten wäre wohl die beste Maßnahme gewesen, um andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. Dies war aber einerseits aufgrund der beengten Wohnverhältnisse und andererseits aufgrund der überfüllten Pflegeeinrichtungen nicht möglich. Heute gibt es i.d.R. die Möglichkeit, zumindest in Industriestaaten, einem Grippepatienten die ihm gebührende Ruhe durch Isolation zu ermöglichen und somit auch andere Menschen vor einer Ansteckung zu bewahren.

Die anfängliche Unsicherheit in Bezug auf den Erreger der Influenza wurde durch das Auftreten der Krankheit in einer für sie untypischen Jahreszeit verstärkt. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass der Virus sehr aggressiv oder zumindest ungewöhnlich stark war.

5. Die Viruserforschung im 20. Jh. und die Suche nach dem Grippevirus von 1918

5.1 Die verzweifelte Suche nach dem Erreger der Influenza um 1918

„The field of virology can be said to have been born in 1892, the same year in which Pfeiffer published his claim for B. influenzae as the cause of influenza.”169 Schon bei der Influenzaepidemie 1889/90 soll der von Richard Friedrich Johannes Pfeiffer entdeckte, sogenannte „Pfeiffersche Influenzabazillus“ oder „Haemophilus influenzae“ der Erreger gewesen sein. Anfangs glaubte man auch, dass dieses Bakterium für die Influenzapandemie 1918/19 verantwortlich sei. Während der ersten Grippewelle wurden die Patienten von Medizinern auf das Bakterium untersucht. Allerdings wurden die Bakterien fast nie in den Atmungsorganen gefunden.

Bei einer Sitzung des Reichsgesundheitsrates im Juli 1918 sagte Richard Pfeiffer selbst über die Bedeutung des Influenzabazillus „daß das ursächliche Verhältnis dieses Bazillus zu der Krankheit wissenschaftlich noch nicht ganz habe festgestellt werden können, denn es fehle immer noch der Beweis, daß der Bazillus die Influenza zu erregen imstande sei. […] Da der Bazillus bei der jetzigen Epidemie verhältnismäßig selten gefunden werde, so sei nicht von der Hand zu weisen, dass er nur als Begleiter eines selbst bei der stärksten Vergrößerung jenseits der Sichtbarkeit stehenden Erregers in Frage komme.“170

Dieses Bild änderte sich bei Untersuchungen an Infizierten der zweiten Welle nur unwesentlich. Hier wurde der Bazillus bei einem Teil der Erkrankten gefunden, allerdings lange nicht bei allen.171 Selter formulierte es 1918 wie folgt: „Die jetzige Epidemie muß die Entscheidung bringen, ob wir die Influenzabazillen als die Erreger der Influenza anerkennen oder ob wir ihnen nur die Rolle von Begleitbakterien zuschreiben sollen.“172

Es wurden Versuche durchgeführt, in denen der Hals- und Rachenabstrich sowie nasaler Auswurf durch feine Siebe filtriert wurden. Die gröberen Bakterien blieben zurück. Aber man konnte den Erreger trotzdem nicht finden. Nach und nach kam man unter der Ärzteschaft zu der Anschauung, dass es sich um einen unbekannten Erreger aus der Gruppe der filtrierbaren und unsichtbaren Viren handeln musste. Man wusste, dass es so etwas wie einen Virus gab, gesehen hatte ihn aber noch niemand, auch weil das Elektronenmikroskop noch nicht erfunden worden war.173

Des Weiteren wurden Experimente durchgeführt, in denen die Übertragung der Krankheit getestet wurde. Neben dem direkten Übertragen der Sekrete von Erkrankten auf die Schleimhäute von Gesunden, wurde auch „infiziertes“ Blut unter die Haut von Freiwilligen gespritzt. Vielerorts wurde der Erreger gesucht, auch unter Zuhilfenahme von Tierversuchen an Affen, Hasen und Meerschweinchen, aber keiner konnte den überzeugenden Beweis liefern.174

Bei einer Grippewelle im Winter 1928/29 in Deutschland, wurde festgestellt, „daß die 1928/29 gehäuft auftretenden und sehr kontagiösen Erkältungskrankheiten mit der Grippe von 1918/19 eine sehr große Ähnlichkeit hatten; daß andererseits aber die Ätiologie in jeder Weise unklar ist. Bakteriologisch handelte es sich sicher nicht um Influenza.“175

5.2 Die Entdeckung und Erforschung der Viren

Während einer Grippeepidemie in England 1933 gelang es schließlich, mit bakterienfreien Filtraten von Grippekranken, die Grippe auf Frettchen zu übertragen. Die Grippeviren waren gefunden. Durch die Veröffentlichung hunderter Forschungsarbeiten in den 30er Jahren wurde die Influenza zur meist untersuchten und am besten ergründeten viralen Erkrankung dieser Zeit.176

In den folgenden Jahren wurden weitere Versuche mit den Viren unternommen, bei denen sich auch die Vermutungen zur Bildung der Antikörper und der Erlangung der Immunität bestätigen ließen.177 1941 wurde das Protein Hämagglutinin entdeckt, welches durch seine Eigenschaft, sich an rote Blutkörperchen zu heften und diese dadurch zu verklumpen, für den Nachweis von Viren noch an Bedeutung gewinnen sollte. Einige Jahre später wurden in den USA die ersten Impfungen gegen Influenza beim Menschen vorgenommen. Das Impfserum bestand aus in Hühnereiern gezüchteten und unschädlich gemachten Viren.

Die eigentliche Geschichte der Virologie als eigenständige Wissenschaft begann nach dem zweiten Weltkrieg. Die Influenzaviren waren die einzigen, die man bis in die 50er Jahre relativ einfach untersuchen konnte.178 Allmählich wurde auch die Klassifikation für die Influenzaviren entwickelt: die Typen A, B und C. Sowie die Einordnung als Orthomyxovirus, also als Schleimvirus, wovon die Influenzaviren den einzigen Stamm darstellen.179

5.3 Die verzweifelte Suche nach dem Erreger der Influenza von 1918 ab 1950

Erst 1951 kam die Frage nach dem tödlichen Virus von 1918 wieder auf. Der aus Schweden stammende Johan V. Hultin reiste mit seinem Team von Iowa nach Alaska in ein von Inuit bewohntes Fischerdorf, um dort exhumierten Grippeopfern von 1918 Gewebeproben aus den Lungen zu entnehmen. Wieder in Iowa, verflüssigte er das gefroren transportierte Lungengewebe und tötete mit Antibiotika die darin enthaltenen Bakterien ab. Diese Lösung spritzte er in angebrütete Hühnereier und hoffte, dass sich die Viren darin vermehrten. Aber es geschah nichts, die Viren waren tot.180

Während der nächsten Jahrzehnte gab es noch weitere Grippe-Pandemien, die die Angst vor solch wiederkehrenden Ausmaßen, wie sie 1918 herrschten, weiter schürten. 1957 erlagen der Asiatischen Grippe 100.000 Menschen, bei der Hongkong-Grippe 1968 kamen 700.000 Menschen ums Leben.181 Die Massenpaniken wurden durch eine national ausgeweitete Impfaktion in den USA 1976 aus Angst vor Schweinegrippe weiter angeheizt. Der Virologe Edwin D. Kilbourne fand heraus, dass Influenzaviren in periodischer Regelmäßigkeit mutierten. „Das Virus der asiatischen Grippe von 1957 ähnelte angeblich einem Stamm, der sich 1889 über die ganze Welt verbreitet hatte. Das Virus der Hongkong-Grippe von 1968 glich dem Stamm, der 1898 eine Pandemie ausgelöst hatte. Es würde ihn daher nicht überraschen, so Kilbourne, wenn 1979 eine Grippe auftauchen würde, die jener von 1918 ähnlich war.“182 In den Zeitraum der Veröffentlichung dieser Äußerungen fiel auch das gehäufte Vorkommen von Influenza bei Schweinen sowie eine Reihe Grippekranker in Fort Dix. Die Analyse von Rachenabstrichen machte deutlich, dass sich einige Männer mit dem Schweinevirus infiziert hatten, obwohl es in der Umgebung keine Schweine gab. Die Annahme, dass es sich hierbei um einen Schweinevirus handeln musste, der von Mensch zu Mensch übertragbar war, lag nahe. Aber diese Erkenntnis war neu, denn bisher war nur bekannt, dass ein Influenzavirus zwar vom Tier auf einen Menschen übertragbar war, nicht aber von Mensch zu Mensch. Die daraufhin gestartete Impfkampagne musste aufgrund auftretender Komplikationen abgebrochen werden.183

Im Jahr 1995 sollte es zu großen Fortschritten in der Suche nach dem Grippeerreger von 1918 kommen. Jeffery Taubenberger war 1961 in Deutschland geboren und leitete das Molekularpathologische Labor am Armed Forces Institute of Pathology (AFIP) in Washington. Und er suchte nach einer Forschungsaufgabe, die Laborteams auf der ganzen Welt begeistern sollten.184 Seine Wahl fiel auf die Suche nach dem Virus von 1918. Durch seine Arbeitsstätte hatte Taubenberger die Möglichkeit, über Millionen von Gewebeproben zu verfügen, die seit über 80 Jahren kontinuierlich gesammelt und sorgsam verpackt in einem Lagerhaus untergebracht waren. Seit 1989 gab es zudem neue molekularpathologische Methoden, die es bereits möglich gemacht hatten, aus verwestem Delphingewebe einen Virus ausfindig zu machen.185

Im Gewebelager waren sechs Fälle vorhanden, die 1918 bereits kurz nach ihrer Infektion, aber spätestens eine Woche danach, an einer vermutlich virologisch verursachten Lungenentzündung gestorben waren. Am 19. März 1995 begann Ann Reid, eine Mitarbeiterin Taubenbergers, damit, das Gewebe dieser Fälle zu untersuchen. Aber der Virus von 1918 war darin nicht zu finden.186 Mehrere Proben von späteren Grippeepidemien waren positiv, so fanden sie z.B. den Grippevirus von 1957, ebenfalls aus Gewebeproben aus dem AFIP-Lager. Mit der Gewissheit, dass sich 40 Jahre alte Genfragmente rekultivieren ließen, starteten sie einen neuen Versuch mit dem Virus von 1918. Diesmal stammte die Gewebeprobe von einem 21-jährigen Soldat, der sich während der zweiten Welle im September 1918 mit Influenza infiziert hatte. Sechs Tage nach seiner Einlieferung ins Militärkrankenhaus in Camp Jackson, South Carolina, war er an einer Lungenentzündung verstorben.187 Während der linke Lungenflügel laut Obduktionsbericht eine bakterielle Sekundärinfektion aufwies, zeigte der rechte Lungenflügel nur vereinzelte Veränderungen. Dies wies auf eine primäre Influenzapneumonie hin. Das Experiment brachte die Bestätigung: In der Gewebeprobe waren Genfragmente der RNA des Influenzavirus von 1918 enthalten. „Sequence from 5 of the virus’s 10 genes indicated that the strain was of the H1N1 subtype and different from any other sequenced influenza strain. All of the sequenced genes were more similar to those influenza strains infecting mammals than to those that infact birds.”188

Im März 1997 wurde der Artikel über die Forschungen Taubenbergers in der Zeitschrift Science veröffentlicht, kurz bevor das H5N1-Virus in Hongkong einen Jungen das Leben kostete. Die Angst, H5N1 könne sich ebenso zu einem tödlichen Virus entwickeln, wie es der von 1918 getan hatte, wurde erneut in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Frage, wie sich ein Vogelgrippevirus zu einem von Mensch zu Mensch übertragbaren Virus entwickeln könnte, sollte so schnell wie möglich beantwortet werden.

Johan V. Hultin setzte sich über 40 Jahre nach seinem Versuch, den Virus von 1918 zu finden, mit Taubenberger in Verbindung und schlug ihm vor, noch einmal nach Alaska zu reisen, um ihm Gewebe der im Permafrost begrabenen Inuit zu besorgen. Taubenberger willigte ein und erhielt im August 1997 Gewebeproben der Lunge einer an Influenza verstorbenen Frau. Diese enthielten ebenfalls das gesucht Virus-Gen. In weiteren Experimenten entschlüsselte das Team um Taubenberger aus diesen Genfragmenten die Hämagglutinin-Genfolge des Virus von 1918. Um die Herkunft dieses Virus herauszufinden, verglichen sie es mit einem Vogel- und einem Schweinegrippevirus. Das Ergebnis war, dass das Virus von 1918 einem Vogelgrippevirus ähnelte, sich aber nicht direkt von einem Vogel auf den Menschen übertragen haben konnte. Das Virus musste sich also in den Jahren vor der großen Pandemie an einen Menschenvirus angepasst haben, und zwar entweder im Menschen oder im Schwein.189

Mit der Einordnung in die Kategorie der vogelgrippeähnlichen Viren ließ sich aber dennoch nicht erklären, warum das Virus von 1918 so tödlich gewesen war. Untersuchungen verschiedener Vogelgrippeviren zeigten, dass sich diese über Jahrzehnte kaum verändert hatten. Grund dafür ist, dass Vögel nur kurze Zeit überleben und damit auch die Immunität verloren geht. Somit ist der Virus nicht gezwungen, ständig zu mutieren.

Taubenberger verfolgte drei Thesen in Bezug auf die Letalität des Virus von 1918: Eine Veränderung des Hämagglutinin-Gens des Virus sollte es diesem möglich gemacht haben, auch Zellen außerhalb des Respirationstraktes zu befallen, die nicht das für die Hämagglutinin-Spaltung notwendige Enzym besaßen. Aber diese These wurde aufgrund der unveränderten Hämagglutinin-Genfolge verworfen. Eine weitere Möglichkeit war, dass eine Veränderung im Neuraminidase-Gen dem Virus dazu verhelfen sollte, sich außerhalb der Lunge zu vermehren. Aber auch hierfür wurde die Mutation des Neuraminidase-Gens nicht bestätigt. Seine dritte Erklärung war, dass das Virus von 1918 eine Neuheit war, die vorher noch nie jungen Menschen begegnet war und deswegen hätten sie auch keine Antikörper dagegen bilden können.190 Nachweise dafür fehlen aber noch, da ältere Influenzaviren als 1918 bisher nur in konserviertem Vogelgewebe nachgewiesen wurden.

2003 wurde die vollständige Gen-Sequenz des Virus von 1918 rekonstruiert und als „select agent“ dem Gesetz gegen den Bioterrorismus unterstellt. Tests mit dem rekonstruierten Virus zeigten, dass es anders als normale humane Influenzaviren in der Lage war, Mäuse zu töten und tiefer in die Lungen der Tiere einzudringen.191 „Es befiel auch menschliche Lungenzellen, sogar jene entlang der Luftsäcke, die normalerweise nicht von Influenzaviren befallen werden. Dies könnte erklären, warum die Lungen der Grippepatienten von 1918 sich mit Flüssigkeit füllten, bis die Grippeopfer regelrecht ertranken. […] Es handelte sich um ein Vogelvirus, das direkt auf den Menschen übergesprungen war.“192 Aber von welchem Vogel es stammt, ist weiterhin unklar.

Den kompletten Gen-Code des Influenzavirus H1N1 von 1918 zu rekonstruieren, dauerte neun Jahre. Wie viele Jahre es noch dauern wird, um Erklärungen für die Aggressivität dieses Virus festzustellen, ist unklar. Aber „identification of pre 1918 human influenza RNA samples would help us understand the timing of emergence of the 1918 virus. Surveillance and genomic sequencing of large numbers of animal influenza viruses will help us understand the genetic basis of host adaptation and the extent of the natural reservoir of influenza. Understanding influenza pandemics in general requires understanding the 1918 pandemic in all its historical, epidemiologic, and biologic aspects.”193 Wir dürfen also gespannt sein, was sich auf diesem Gebiet der Virologie in Zukunft noch entwickeln wird.

6. Schlussbetrachtung

Die Influenza als Infektionskrankheit ist heute eine im Allgemeinen gut heilbare Krankheit. Allerdings ist wegen möglicher Komplikationen bei bereits bestehenden Erkrankungen eine schnelle Behandlung nötig. Vor allem bei Risikopatienten empfiehlt sich eine jährliche Impfung, um nicht eventuelle andere chronische Krankheiten zu verschlimmern. Bei sorgfältiger Therapie stellt eine vollständige Genesung derzeit keine Ausnahme mehr dar.

In der damaligen Medizin gab es aber mehrere ungeklärte Zustände, denen die Menschen gegenüberstanden: Einerseits war es das Unwissen über den Erreger, da man aufgrund der technischen Entwicklung einfach noch nicht in der Lage war, Viren unter dem Mikroskop zu sehen. Andererseits war es die daraus resultierende Machtlosigkeit in den Möglichkeiten der Therapie. Ohne das Wissen um den Verursacher dieser Krankheit war man natürlich nicht in der Lage, diesen frühzeitig zu bekämpfen und die an ihm erkrankten Menschen dahingehend spezifisch zu behandeln. So kamen auch Behandlungsmethoden zur Anwendung, die eher gegenläufige Effekte auf die Genesung zur Folge hatten. Die sonst bekannte Krankheit der Grippe entwickelte sich zu einer Krankheit mit weit schlimmeren Ausmaßen als zunächst angenommen werden konnte.

In der medizinischen Entwicklung kann man feststellen, dass „die Bakteriologie in Deutschland [...] angesichts der Grippe 1918-20 eine Niederlage erlitten [hatte].“194 Heute weiß man, dass der Pfeiffersche Bazillus in Funktion als Primärerreger bei Säuglingen für Meningitis, Pneumonie, Sepsis, Sinusitis und Otitis media und als Sekundärerreger für respiratorische Erkrankungen verantwortlich ist.195

Die langwierige Suche nach dem Erreger von 1918 macht deutlich, dass die Menschen damals gar nicht in der Lage gewesen sind, den Nachweis des Erregers zu erbringen. Es hat fast ein Jahrhundert gedauert, den Erreger der Grippeepidemie von 1918/19 zu finden, obwohl man wusste, dass es ein Grippevirus war. Es dauerte fast weitere 10 Jahre, die man brauchte, um die RNA-Struktur dieses Virus zu entschlüsseln. Trotz fortgeschrittener modernster molekularpathologischer Technik, kann man heute immer noch keine endgültigen Aussagen darüber machen, warum gerade dieser Virus so tödlich und extrem ansteckend gewesen ist. Der Grund der Aggressivität bleibt vorerst unklar.

Das internationale Überwachungsnetzwerk der WHO macht die Vorsicht der Staaten vor einer wiederkehrenden Influenzapandemie deutlich. Influenza ist heute eine meldepflichtige Krankheit. Es existieren nationale und internationale Pandemiepläne, um solche Zustände wie 1918 zu vermeiden und die Menschheit vor einer schnellen Ausbreitung zu schützen. Die Angst vor einer wiederkehrenden Pandemie ist präsent und wurde zuletzt bei der H5N1 Vogelgrippe nachvollziehbar.

Der Grippevirus im Allgemeinen ist immer noch nicht durch die Medizin beherrschbar. Die Impfstoffzusammensetzung gegen Grippe muss jährlich den grassierenden Influenzavarianten und -subtypen angepasst werden. Um den Grippevirus und all seine Eigenschaften zu verstehen, sind weitere Untersuchungen, auch von früheren Influenzaviren, geplant.

7. Literaturverzeichnis

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8. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Vgl. Bergdolt, Klaus: Der Schwarze Tod in Europa. Die große Pest und das Ende des Mittelalters, München 31995, S.101.

2 David Herlihy stellt fest, dass überlieferte Beschreibungen der Pest, eher zum Krankheitsbild von Tuberkulose und Fleckenfieber passen. Siehe Herlihy, David: Der Schwarze Tod und die Verwandlung Europas, Berlin 1998, S. 18 ff.

3 Nach Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S. 74.

4 Im achten Jahrhundert vor Christi Geburt.

5 1347 bis 1352.

6 Als Pandemie bezeichnet man eine Erkrankung, die auf einem ganzen Kontinent oder weltweit auftritt.

7 Nach Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 95.

8 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 51 f.

9 Vgl. Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 96.

10 Umgangssprachliche Bezeichnung für den Xenopsylla Cheopsis.

11 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 52.

12 Der Menschenfloh trägt den wissenschaftlichen Namen „Pulex irritans“.

13 Ein Kokkobazillus ist ein anaerober, unbeweglicher, gramnegativer Bazillentypus.

14 Nach Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S. 79.

15 Das Proventricilus ist ein Ventil im Vormagen des Flohs.

16 Nach Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 96.

17 Die Hausratte trägt den wissenschaftlichen Namen „Rattus rattus“.

18 Die Wanderratte trägt den wissenschaftlichen Namen „Rattus norvegicus“.

19 Vgl. Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 2 Die Pest als Seuche und als Plage, Gießen 1910, S. 135.

20 Albertus Magnus lebte im zwölften Jahrhundert nach Christi Geburt.

21 Vgl. Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 2 Die Pest als Seuche und als Plage, Gießen 1910, S. 144.

22 Eine Hausratte wirft zwischen sechs und zwölf Junge. In Ausnahmefällen können es auch zwanzig sein.

23 Nach Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S. 76f.

24 Vgl. Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 2 Die Pest als Seuche und als Plage, Gießen 1910, S. 34.

25 Vgl. ebd. S. 35.

26 Vgl. ebd. S. 35.

27 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 52f.

28 Die Beulenpest wird auch als Bubonenpest bezeichnet.

29 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 52.

30 Nach Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S. 9.

31 Ebd., S. 9.

32 Vgl. Musehold, Dr. P.: Die Pest und ihre Bekämpfung, Berlin 1901, S. 112-113.

33 Ebd., S. 113.

34 Sepsis ist die fachsprachliche Bezeichnung für eine Blutvergiftung.

35 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 52.

36 Tachypnoe ist die wissenschaftliche Bezeichnung für eine überhöhte Atemfrequenz bei erhöhtem Sauerstoffbedarf. Sie tritt auf, wenn es zu einer Störung der Atemregulation kommt, weil eine verminderte Sauerstoffaufnahme aus der Atemluft vorliegt.

37 Cyanose ist der medizinische Fachbegriff für eine violett/bläuliche Färbung der Haut. Bei der Lungenpest färben sich speziell die Lippen der Infizierten in dieser Farbe.

38 Dyspnoe ist der fachsprachliche Ausdruck für Atemnot.

39 Nach Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998.

40 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S. 19.

41 Ebd., S.19.

42 Vgl. Musehold, Dr. P.: Die Pest und ihre Bekämpfung, Berlin 1901, S. 149.

43 Nach Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S. 10.

44 Vgl. Musehold, Dr. P.: Die Pest und ihre Bekämpfung, Berlin 1901, S.149.

45 Die Abortive Pest ist auch als „Pestis minor“ bekannt.

46 Nach Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S. 10.

47 Übernommen nach ebd., S.12.

48 Bezeichnung nach G. Sticker.

49 Nach Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 1 Die Geschichte der Pest, Gießen 1908, S. 17.

50 Vgl. ebd., S. 17ff.

51 Nach Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 1 Die Geschichte der Pest, Gießen 1908, S. 17.

52 Ebd., S. 18-23.

53 Ebd., S. 24.

54 Vgl. Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 96.

55 Nach Sticker, Georg: Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd.1 Die Pest, Teil 1 Die Geschichte der Pest, Gießen 1908, S. 24.

56 Nach Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 96-99.

57 Vgl. Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S. 27f.

58 Zumindest ist dies historisch nicht belegt.

59 Dazu siehe mehr in Punkt III.

60 Vgl. Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S. 21.

61 Ebd., S. 21.

62 Djiddah liegt in Saudi-Arrabien.

63 Alle Jahres- und Todesangaben nach Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S. 26f.

64 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S. 53.

65 Im Folgenden „WHO“ genannt.

66 Nach http://www.who.int/en/

67 Ebd.

68 Ebd. (dabei kamen 61 Menschen ums Leben)

69 Am 14.Juni 2006 wurden der WHO letztlich 100 Tote, die durch die Pest starben, gemeldet.

70 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.11. ; auch nach Bergdolt, Klaus: Die Pest. Geschichte des Schwarzen Todes, München 2006, S.41.

71 Vgl. Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S.99.

72 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.11.

73 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.42.

74 Ebd.

75 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.11f.

76 Heute Feodossija.

77 „Tartaren“ ist eine, seit dem Mittelalter überlieferte, Bezeichnung für verschiedene Völker oder Bevölkerungsgruppen. Speziell in Europa wurden die brandschatzenden und plündernden Horden des Dschingis Khan als „Tartaren“ bezeichnet.

78 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.42f.

79 Vgl. nach Gabriele de Mussis. In: Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S.99-100.

80 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.43.

81 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.12.

82 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.43f.

83 Ebd.

84 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.13.

85 Vgl. nach Agnolo di Turas. In: Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.45.

86 Auch Flagellanten genannt.

87 Nach Graus, František: Pest – Geissler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit, Göttingen 1994, S.38ff.

88 Ebd., S.38.

89 Ebd., S.39.

90 Vgl. Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S.101.

91 Ebd.

92 Vgl. Boccaccio, Giovanni: Das Dekameron. Erster bis Fünfter Tag (deutsche Übersetzung), Berlin und Weimar 1975, S.18.

93 Vgl. Graus, František: Pest – Geissler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit, Göttingen 1994.

94 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.13.

95 Nach Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S.88.

96 Vgl. Bergdolt, Klaus: Der Schwarze Tod in Europa. Die große Pest und das Ende des Mittelalters, München 1995, S.21.

97 Nach Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.46f.

98 Das Blut wurde hauptsächlich in fließenden Gewässern entsorgt.

99 Vgl. Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S.89.

100 Ebd., S.90.

101 Nach Eberhard-Metzger, Claudia: Seuchen, München 1996, S.13f.

102 Vgl. Bergdolt, Klaus: Die Pest. Geschichte des Schwarzen Todes, München 2006, S.50.

103 Das Wort Miasma kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Verunreinigung“, „übler Dunst“ oder auch, „sich mit etwas angesteckt haben“.

104 Werfing, Johann: Der Ursprung der Pestilenz. Zur Ätiologie der Pest im liomographischen Diskurs der frühen Neuzeit, Wien 1998, S.100f.

105 Bezogen auf den Zeitraum 1347 bis 1352.

106 Zu datieren auf 750 bis 1200.

107 Vgl. Herlihy, David: Outline of Population Developments in the Middle Ages; In: Herrmann, Bernd; Sprandel, Rolf (Hrsg.): Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, Weinheim 1987, S.11.

108 Nach Herlihy, David: Outline of Population Developments in the Middle Ages; In: Herrmann, Bernd; Sprandel, Rolf (Hrsg.): Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, Weinheim 1987, S.10ff.

109 Thomas Robert Malthus (geb.1766; gest.1834) war ein britischer Ökonom und zählte zu den Vetretern der klassischen Nationalökonomie.

110 Nach Herlihy, David: Outline of Population Developments in the Middle Ages; In: Herrmann, Bernd; Sprandel, Rolf (Hrsg.): Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, Weinheim 1987, S.14f.

111 Der Getreidepreis stieg von 1150 bis 1250 um bis zu 70 %.

112 Nach Herlihy, David: Outline of Population Developments in the Middle Ages; In: Herrmann, Bernd; Sprandel, Rolf (Hrsg.): Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, Weinheim 1987, S.14f.

113 Vgl. Dirlmeier, Ulf; Fouquet, Gerhard; Fuhrmann, Bernd: Europa im Spätmittelalter 1215-1378 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 8), München 2003, S.270.

114 Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, München 1991, S.71.

115 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia; Ries, Renate: Verkannt und heimtückisch. Die ungebrochene Macht der Seuchen, Basel 1996, S.43.

116 Nach ebd. S.51.

117 Vogel, Georg/Lange, Werner, Influenza – neue diagnostische und therapeutische Chancen, Stuttgart 2000, S.1.

118 Vgl. ebd., S. VII.

119 Vgl. Hsieh, Yu-Chia, Influenza Pandemics: Past, Present and Future, in: Formosan Medical Association H. 1 (2006), S. 1-6, hier S. 3.

120 Walters, John H., Influenza 1918: The contemporary perspective, in: Bulletin of the New York Academy of Medicine H. 9 (1978), S. 855-864, hier S. 860.

121 Vgl. Witte, Wilfried, Erklärungsnotstand: Die Grippe-Epidemie 1918-1920 in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung Badens, Herbolzheim 2006, S. 16f.

122 Vgl. Hildebrandt, Helmut, Artikel „Grippe“, in: Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch, Berlin 1998, S. 605.

123 Vgl. Lange, Werner/ Vogel, Georg E./Uphoff, Helmut, Influenza. Virologie, Epidemiologie, Klinik, Therapie und Prophylaxe. Wien 1999, S. 4.

124 Vgl. ebd., S. 5.

125 Vgl. Marre, Reinhard u.a., Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln, München 2008, S. 764 ff.

126 Vgl. Behrens, Doris, Influenza Report 2006, o.O., S. 29.

127 Vgl. Lange, Werner, Influenza: Risikogruppen und Impfstrategien, in: Die gelben Hefte H. 1 1997, S. 15.

128 Vgl. Marre, Klinische Infektiologie, S. 767.

129 Vogel, Influenza, S. 7 f.

130 Lange, Influenza, S. 65 f.

131 Höring, Felix O., Grippe und grippeartige Krankheiten, Stuttgart 1948. S. 30 f.

132 Vogel, Influenza, S. 13.

133 Vgl. Lange, Influenza, S. 70 f.

134 Vgl. ebd. S. 71.

135 Vgl. Behrens, Influenza Report, S. 172 f.

136 Vgl. Höring, Grippe, S. 39.

137 Vgl. Vogel, Influenza, S. 82 ff.

138 Vgl. ebd., S.96 f.

139 Vgl. Hirschbruch, Ueber die ansteckende Lungenentzündung (Spanische Krankheit), in: DMW Bd. 44 (1918), S. 935-937, hier S. 935.

140 Behrens, Influenza Report, S. 13.

141 Vgl. Schmorl, G., Pathologisch-anatomische Beobachtungen bei der jetzt herrschenden Influenzaepidemie, in: DMW Bd. 44 (1918), S. 937-938, hier S. 938.

142 Vgl. Schottmüller, N.N., Zur Aetiologie der Influenza, in: DMW Bd. 45 (1919), S. 795-796, hier S. 795.

143 Vasold, Grippe, Pest und Cholera. Eine Geschichte der Seuchen in Europa, Stuttgart 2008, S. 255.

144 Vgl. Bergmann, G., Die spanische Krankheit ist Influenza vera, in: DMW Bd. 44 (1918), S. 933-935, hier S. 934.

145 Dörbeck, Franz, Die Influenzapandemie des Jahres 1918, in: DMW Bd. 45 (1919), S. 716-718, hier S. 716.

146 Vasold, Grippe, Pest und Cholera, S. 255.

147 Vgl. Bergmann, Spanische Krankheit, S. 934.

148 Ebd.

149 Witte, Erklärungsnotstand, S. 100.

150 Vgl. ebd.

151 Dörbeck, Influenzapandemie, S. 717.

152 Ebd.

153 Vgl. ebd.

154 Vgl. Schmorl, Pathologie, S. 937.

155 Koopmann, Hans, die pathologische Anatomie der Influenza 1918/19, o.O. o.J., S 319-344, hier S. 321.

156 Vgl. Witte, Erklärungsnotstand, S. 281.

157 Vgl. Dörbeck, Influenzapandemie, S. 744.

158 Koopmann, Pathologische Anatomie, S. 325.

159 Hirschbruch, Lungenentzündung, S. 936.

160 Koopmann, Pathologische Anatomie, S. 320.

161 Vgl. Vasold, Grippe, Pest und Cholera, S. 255 und 267.

162 Vgl. Taubenberger, Jeffery K./Morens, David M, 1918 Influenza: the mother of all pandemics, in: Emerging infectious diseases H. 1 (2006), S. 5-20, hier S. 19.

163 Vgl. Reid, Ann H./Taubenberger, Jeffery k., The origin of the 1918 pandemic influenza virus: a continuing enigma, in: Journal of General Virology, H. 84 (2003), S. 2285-2291, hier S. 2286.

164 Kolata, Gina, Influenza. Die Jagd nach dem Virus. Frankfurt am Main 2001, S. 16.

165 Vgl. Witte, Wilfried, Die Grippe von 1918-20 in der medizinischen Debatte, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte Bd. 29 (2006), S. 5-20, hier S. 10.

166 Dörbeck, Influenzapandemie, S.745.

167 Bogusat, H., Die Influenza-Epidemie 1918/19 im Deutschen Reich, in: Arbeiten aus dem Reichsgesundheitsamt, Berlin 1923, S. 445. Zit. Nach: Witte, Erklärungsnotstand, S. 122.

168 Vgl. ebd, S. 217.

169 Taubenberger, Jeffery K., Hultin, Johan V., Morens, David M., Discovery and characterization of the 1918 pandemic influenza virus in historical context, in: Antivir Ther. H. 12 (2007), S. 581-591, hier S. 583.

170 Witte, Erklärungsnotstand, S. 111.

171 Vgl. Kolata, Influenza, S. 84 f.

172 Selter, H., Zur Aetiologie der Influenza, in: DMW Bd. 44 (1918), S. 932-933, hier S. 932.

173 Vgl. Kolata, Influenza, S. 40.

174 Vgl. Kolata, Influenza, S. 75 ff.

175 Külbs, F., Die Grippe im Winter 1928-1929, in: Klinische Wochenschrift H. 17 (1930), S. 791-793, hier S. 793.

176 Vgl. Taubenberger, Characterization, S. 586.

177 Kolata, Influenza, S. 95 ff.

178 Vgl. Witte, Erklärungsnotstand, S. 22.

179 Vgl. Hildebrandt, Grippe, S. 1163.

180 Vgl. Kolata, Influenza, S. 112-145.

181 Vgl. Witte, Medizinische Debatte, S. 13.

182 Kolata, Influenza, S. 161.

183 Vgl. ebd., S. 153 ff.

184 Vgl. ebd., S. 214-227.

185 Vgl. ebd.

186 Vgl. ebd., S. 231 ff.

187 Vgl. Reid, Ann H. u.a., Origin and evolution of the 1918 „Spanish“ influenza virus hemagglutinin gene, in: PNAS H. 96 (1999), S. 1651-1656, hier S. 1651.

188 Ebd.

189 Vgl. Kolata, Influenza, S. 330 f.

190 Kolata, Influenza, S. 335 ff.

191 Taubenberger, Characterization, S. 588.

192 Kolata, Influenza, S. 353.

193 Taubenberger, Mother of Pandemics, S. 21.

194 Witte, Erklärungsnotstand, S. 316.

195 Hildebrandt, Helmut, Artikel „Haemophilus influenzae“ in: Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch, Berlin 1998, S. 620.

Excerpt out of 246 pages

Details

Title
Biologische Killer. Epidemien und Pandemien
Authors
Year
2014
Pages
246
Catalog Number
V286307
ISBN (eBook)
9783656864660
ISBN (Book)
9783956871542
File size
1862 KB
Language
German
Keywords
biologische, killer, epidemien, pandemien
Quote paper
Maxi Pötzsch (Author)Lotta Schmachtenberg (Author)Matthias Neufeld (Author)Abdalla Ibrahim (Author)Johanna Sarre (Author)Sara Bottaccio (Author)Dervis Pehlivan (Author)Lena Kölblin (Author), 2014, Biologische Killer. Epidemien und Pandemien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286307

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