Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG)1 wird in Deutschland der Vertrieb von apothekenpflichtigen Arzneimitteln auf dem Versandweg erstmals grundsätzlich ermöglicht. Während § 43 Abs. 1 S. 1 AMG und § 73 Abs. 1 AMG in ihrer bisherigen Fassung ein gesetzliches Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln statuierten, 2 wird diese besondere Handelsform nunmehr in Art. 23 GMG zur Änderung des Arzneimittelgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen gestattet. § 43 Abs. 1 AMG regelt in seiner neuen Fassung ein gesetzliches Versandverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Weitere Vorschriften, die mit Art. 20 GMG zur Änderung des Apothekengesetzes sowie Art. 21 GMG zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung eingeführt werden, gestalten die speziellen Anforderungen an diese Vertriebsform näher aus. § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG erlaubt zudem die Versendung aus einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaates, falls dort entsprechende Qualitäts- und Sicherheitsstandards vorgeschrieben sind.
Der folgende Beitrag untersucht, welche juristischen Vorgaben die Freigabe des Versandhandels und dessen rechtliche Ausgestaltung zu beachten haben und ob die beschlossenen Regelungen diesen Anforderungen genügen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht spielen hier insbesondere die Grundrechte des Gesundheitsschutzes aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, des Eigentumsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie das Gleichbehandlungsgebot in Art. 3 Abs. 1 GG eine Rolle. Auf europarechtlicher Seite ist für die Bewertung vor allem an die Grundfreiheiten des Binnenmarktes, das Nichtdiskriminierungsgebot des Art. 12 EGV sowie Art. 152 EGV zu denken.
-----
1 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG), BGBl. 2003 I S. 2190.
2 Hierzu Sander, Der Vertrieb von Arzneimitteln über das Internet im Spannungsfeld von Freihandel und Gesundheitsschutz, 2002, S. 16 ff.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels, einschließlich europarechtlicher Bezüge
- I. Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- 1. Staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- 2. Auswirkungen des Versandhandels auf die Versorgungsstruktur
- II. Schutz der Patientengesundheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- III. Schutz der Berufsfreiheit des Apothekers
- IV. Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG
- V. Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG
- B. Europarechtliche Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels
- I. Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EGV
- II. Nichtdiskriminierung nach Art. 12 EGV
- III. Art. 152 EGV
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Freigabe des Arzneimittel-Versandhandels im Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG). Er untersucht, ob die neuen Regelungen mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere den Grundrechten auf Gesundheitsschutz, Berufsfreiheit und Eigentumsschutz, sowie den europarechtlichen Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels im Einklang stehen.
- Verfassungsrechtliche Vorgaben im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Arzneimittelversorgung
- Rechtliche Auswirkungen auf die Berufsfreiheit der Apotheker
- Europarechtliche Vorgaben zur Warenverkehrsfreiheit und Nichtdiskriminierung
- Einfluss des Versandhandels auf die Struktur der Arzneimittelversorgung in Deutschland
- Potenzielle Risiken und Chancen des Versandhandels für die Patientengesundheit
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Beitrag stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Freigabe des Versandhandels mit Arzneimitteln im GMG vor und skizziert die relevanten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben.
- A. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels, einschließlich europarechtlicher Bezüge: Dieser Abschnitt beleuchtet die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, die Auswirkungen des Versandhandels auf die Versorgungsstruktur und die Bedeutung des Schutzes der Patientengesundheit.
- I. Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG: Dieser Abschnitt untersucht die staatliche Schutzpflicht im Bereich der Arzneimittelversorgung und die Auswirkungen des Versandhandels auf die Versorgungsstruktur.
- II. Schutz der Patientengesundheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG: Dieser Abschnitt befasst sich mit den Anforderungen an die Regelungen des GMG im Hinblick auf den Schutz der Patientengesundheit.
- III. Schutz der Berufsfreiheit des Apothekers: Dieser Abschnitt untersucht den Schutzbereich und die Rechtfertigung des Eingriffs durch die Regelungen des GMG in die Berufsfreiheit des Apothekers.
- IV. Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG: Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Eigentumsschutz im Rahmen des GMG.
- V. Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG: Dieser Abschnitt beleuchtet das Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit dem Versandhandel.
- B. Europarechtliche Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels: Dieser Abschnitt analysiert die europarechtlichen Vorgaben für die Freigabe des Versandhandels, insbesondere die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EGV, das Nichtdiskriminierungsgebot nach Art. 12 EGV und Art. 152 EGV.
Schlüsselwörter
Arzneimittel-Versandhandel, Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), Arzneimittelgesetz (AMG), Apothekengesetz (ApoG), Apothekenbetriebsordnung, Grundrechte, Gesundheitsschutz, Berufsfreiheit, Eigentumsschutz, Gleichbehandlungsgebot, Warenverkehrsfreiheit, Nichtdiskriminierung, Europarecht, Staatliche Schutzpflicht, Versorgungsstruktur.
- Quote paper
- Dr. Gerald G. Sander (Author), 2004, Die Neuregelung des Arzneimittel-Versandhandels im Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28653