Der Abend des 31. Oktober 1938. Menschen flüchten aus den Städten. Unzählige Anrufe gehen bei der Polizei ein. Orson Welles veranstaltet ein denkwürdiges Hörspiel-Spektakel im Hörfunk. Der Mythos, das Hörspiel "The War of the Worlds" (1938) habe eine Massenpanik verursacht, wird selbst in heutiger wissenschaftlicher Literatur noch teilweise aufrechterhalten. Dabei gibt es gute Gründe anzunehmen, diese Massenpanik habe, wenn überhaupt, zumindest in wesentlich kleinerem Ausmaß stattgefunden, als behauptet wird. Es ist aber nicht Ziel dieser Arbeit, den Wahrheitsgehalt der Geschichte zu überprüfen. Vielmehr wird der Mythos als Möglichkeit angenommen und es wird untersucht, in welchem Zusammenhang er mit dem Einsatz des Stilmittels der Pause steht.
Die Pause ist nur eines von vielen Mitteln, die das Hörspiel so realistisch gestaltet haben, dass die Annahme einer Massenpanik plausibel wirkt. Es ist aber das Mittel, das in Anbetracht der Medialität des Radio-Hörspiels von besonderem Interesse ist, da die Einsinnigkeit des Hörfunks einen besonderen Wirkungsspielraum für die Pause eröffnet. Hörfunk und Hörspiel sind mit der inhärenten Eigenschaft ausgestattet, dass sie lediglich über den Gehörsinn mit dem Publikum kommunizieren können. Diese Kommunikationssituation veranlasst den Zuhörer zwangsläufig zu einer anderen Art der Rezeption als in anderen Medien. Wird dieser eine Sinn, auf den der aufnahmebereite Zuhörer angewiesen ist, durch eine Pause oder Stille nicht mehr mit Informationen bedient, so entsteht zunächst ein befristeter Kontrast zur vorangegangenen Lautlichkeit. In diesem Kontrast schaltet sich dann die Vorstellungskraft ein und erzeugt unter Umständen Furcht. Davon ausgehend werden unterschiedliche Kategorien von Pausen bestimmt und untersucht. Bei der Aufstellung der Kategorien wurde in The War of the Worlds anhand des Anteils an Lautlichkeit bzw. Stimmlichkeit an der Pause vorgegangen. Entsprechend wird die These untersucht, dass die Imagination umso mehr zur sinnlichen Wahrnehmung beitragen muss, je weniger Informationen der Mensch über seine Sinne erhält.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Pause im monosensualen Medium Hörfunk
- Kategorien von Pausen
- Die Überbrückungs-Pause
- Die Informationspause durch Nullinformation
- Die Kommentar-Unterbrechung
- Die abrupte Pause
- Die Pause als Ort der Imagination
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle von Pausen im Radio-Hörspiel "The War of the Worlds" von Orson Welles und ihre Wirkung auf die Imagination des Hörers. Der Mythos, dass das Hörspiel eine Massenpanik auslöste, wird als Ausgangspunkt genommen, um die Rolle der Pause als stilistisches Mittel zu analysieren.
- Die spezifischen Eigenschaften des Mediums Hörfunk und die Einschränkungen der monosensualen Wahrnehmung
- Die Bedeutung der Pause als Kontrastmittel zu Geräuschen, Musik und Sprache im Hörfunk
- Die Verwendung von Pausen als narrative Mittel, um Spannung und Realismus zu erzeugen
- Die unterschiedlichen Kategorien von Pausen und ihre spezifischen Wirkungen auf die Imagination
- Die Verbindung zwischen der Informationsverzögerung durch Pausen und der Aktivierung der Vorstellungskraft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel stellt das Thema und den historischen Kontext des Radio-Hörspiels "The War of the Worlds" vor. Es beleuchtet den Mythos der Massenpanik und erklärt die Forschungsfrage nach dem Einsatz der Pause als stilistisches Mittel.
- Die Pause im monosensualen Medium Hörfunk: Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung der Pause im Kontext der monosensualen Wahrnehmung im Hörfunk. Es werden die Unterschiede zu anderen Medien wie Theater und Film erläutert und die spezifischen Effekte der Stille im Radio-Hörspiel hervorgehoben.
- Kategorien von Pausen: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Kategorien von Pausen im Hörspiel "The War of the Worlds" und analysiert ihre Funktion und Form. Es wird die Annahme aufgestellt, dass Pausen als Informationsdefizit oder -verzögerung die Imagination des Hörers aktiv gestalten.
Schlüsselwörter
Radio-Hörspiel, Orson Welles, The War of the Worlds, Massenpanik, Pause, Stille, Imagination, monosensual, Informationsdefizit, Informationsverzögerung, narrative Mittel, Stilmittel, Hörfunk, Medialität.
- Citar trabajo
- Viktoria Freya Weigel (Autor), 2014, Krieg der Stille. Die Pausen und ihre Imaginationswirkung in Orson Welles‘ Radio-Hörspiel "The War of the Worlds" von 1938, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286641