Französisch in Kamerun. Analyse einer außergewöhnlichen Sprachsituation


Term Paper, 2012

20 Pages, Grade: 2,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung...Seite 3
2. Das Land Kamerun...Seite 4
2.1. Geographie und Wirtschaft...Seite 4
2.2. Bevölkerung...Seite 4
2.3. Geschichte...Seite 5
3. Sprachsituation...Seite 6
3.1. Einheimische Sprachen und Vehikularsprachen...Seite 7
3.2. Offizieller Bilingualismus...Seite 8
3.3. Das ,,français camerounais" ...Seite 10
3.3.1. Lexikalische Besonderheiten...Seite 11
3.3.2. Phonetische Besonderheiten...Seite 13
3.3.3. Soziolinguistische Einteilung...Seite 14
3.4. Die Hybridsprache camfranglais...Seite 15
4. Zusammenfassung...Seite 17
5. Literaturverzeichnis...Seite 19

3
1. Einleitung
,,Le cameroun, c'est l'afrique en miniature", so charakterisiert der momentan
amtierende Staatspräsident Paul Biya Kamerun, ein Land in Zentralafrika, das sich
durch seine Diversität in sämtlichen Bereichen auszeichnet und somit ein Spiegelbild
für den gesamten afrikanischen Kontinent darstellt. So zählt es zu den sprachenreichsten
Ländern der Welt und stellt daher ein interessantes Forschungsfeld für
Sprachwissenschaftler dar. Derzeit zählt man bis zu 286 Sprachen in Kamerun.
Offizielle Amtssprachen sind das Französische und das Englische, die sich im Zuge der
europäischen Kolonisierung fest etabliert haben und heute einen Großteil der Sprecher
in Kamerun ausmachen.
Die vorliegende Arbeit soll die heterogene Sprachsituation Kameruns erläutern. Hierzu
soll zunächst kurz ein allgemeiner Überblick zur Geographie, Wirtschaft und
Bevölkerung des Landes gegeben werden. Anschließend erfolgt ein kurzer Rückblick
auf die Geschichte, der für ein Verständnis der momentanen Sprachsituation
unerlässlich ist, da er eine Beschreibung und Erklärung für den offiziellen
Bilingualismus des Landes liefert, der innerhalb des Landes zu einem diglossischen
Verhältnis einerseits zwischen den einheimischen Sprachen und dem Französischen,
und andererseits zwischen dem Englischen und dem Französischen geführt hat
1
. Nach
einer kurzen Vorstellung der einheimischen Sprachen, sowie der Bedeutung der
Vehikularsprachen des Landes, soll auf den offiziellen Bilingualismus und dessen
Umsetzung eingegangen werden. Daraufhin soll das Hauptaugenmerk auf das français
camerounais gelegt werden. Dabei soll es genauer untersucht werden, indem einige
linguistische Besonderheiten, vor allem innerhalb der Lexik und Phonetik,
herausgestellt werden, die im Einfluss durch Lokalsprachen und das Englische
entstanden sind und einen Unterschied zum français standard darstellen. Daraufhin
erfolgt eine kurze soziolinguistische Einteilung innerhalb des français camerounais.
Zum Schluss erfolgt eine Betrachtung der Hybridsprache camfranglais, die eine
neumodische Erscheinung der 1970er Jahre darstellt und bevorzugt von Jugendlichen
gesprochen wird.
1
vgl. Jäger, Oliver: ,,Frankophonie, Varietäten und Mehrsprachigkeitin Kamerun" (2002),
< https://pub.uni-bielefeld.de/luur/download?func=downloadFile&recordOId=2305269
&fileOId=2305272> [28.01.2011], S. 70.

4
2. Das Land Kamerun
Bevor die genaue Sprachsituation in Kamerun detaillierter analysiert werden kann, soll
zunächst eine kurze Einführung über die allgemeinen Fakten des Landes informieren,
also über Geographie, Wirtschaft und Bevölkerung. Daraufhin erfolgt ein kurzer
Rückblick in die Geschichte des Landes, der für diese Ausarbeitung unabdingbar ist, da
die Geschichte Kameruns eine auschlaggebende Richtung für die heutige sprachliche,
sowie politische Situation des Landes vorgegeben hat.
2.1. Geographie und Wirtschaft
Kamerun liegt an der Atlantikküste im Westen von Zentralafrika. Es grenzt an folgende
Länder: Nigeria, Tschad, Zentralafrikanische Republik, Republik Kongo, Gabun und
Äquatorialguinea. Mit der Gesamtfläche von nahezu 475.000 km
2
ist der Staat etwa ein
Drittel größer als Deutschland. Die Hauptstadt des Landes Yaoundé zählt etwa 1,7 Mio
Einwohner. Die größte Stadt aber und zugleich Wirtschaftszentrum des Landes ist das
an der Küste gelegene Douala mit ca. 2 Mio. Einwohnern. Administrativ unterteilt sich
Kamerun in zehn Regionen, davon stehen zwei unter englischer und die restlichen acht
unter französischsprachiger Verwaltung.
Der wichtigste Wirtschaftssektor ist traditionell die Landwirtschaft mit 44 %, gefolgt
vom Dienstleistungssektor mit 39 % und der Industrie mit 17 % des Bruttosozial-
produkts.
2
Hauptanbauprodukte sind Kaffee, Kakao, Tabak, Holz und Baumwolle. Die
restlichen Arbeitsplätze gibt es in der Industrie und dem öffentlichen Dienst. Dennoch
liegt die Arbeitslosenrate einer Studie von 2001 zu Folge bei ca. 30%.
3
2.2. Bevölkerung
,,L'afrique en miniature", wie der Staatspräsident das Land beschreibt,
spiegelt sich in
der ethnischen Vielfalt Kameruns wider. Die Bantuvölker, u.a. Ewondo, Bulu und
Bassa, und die Pygmäen bevölkern überwiegend den Süden, während Semibantu,
darunter beispielsweise die Bamilekevölker den Westen des Landes besiedeln. Im
Norden findet man die Sudanvölker und teilweise auch Araber. Diese ethnische Vielfalt
2
Riedel, Gudrun (2012): ,,Kamerun" ­ Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit:
<http://liportal.inwent.org/kamerun.html> [02.03.2012]
3
Barrientos, Miguel: ,,Index Mundi: country statistics, charts and maps": <http://www.indexmundi.com/
cameroon/unemployment_rate.html> [02.03.2012]

5
findet ihren Höhepunkt in Kameruns Großstädten, Yaoundé, Douala, Garoua und
Bamenda, in denen nahezu alle Bevölkerungsgruppen vertreten sind.
Insgesamt werden
in Kamerun derzeit etwa 19,7 Millionen Einwohner gezählt.
Zum allgemeinen Bildungsstand ist zu sagen, dass etwa 68 % der Bevölkerung lesen
und schreiben gelernt haben, was gleichzeitig bedeutet, dass mehr als 30 % der
Bevölkerung Analphabeten sind.
4
Der Bildungstand Kameruns ist dementsprechend
nicht sehr hoch, im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern jedoch im oberen
Drittel. Auffällig ist ein Nord-Süd-Gefälle. So ist die Einschulungsquote im Norden
geringer als im Süden und den Großstädten.
2.3. Geschichte
Kamerun wurde im Jahre 1471 von Portugal unter dem Kommando Fernando Pûos
entdeckt. Dieser taufte das Mündungsdelta des Wouri-Flusses ,,Rios dos Camaroes"
(Garnelenfluss), woraus sich der heutige Name Cameroun (franz.), bzw. Cameroon
(engl.) oder Kamerun abgeleitet hat.
Wie die meisten Länder Afrikas wurde auch Kamerun durch die Kolonisation der
Europäer geprägt. Diese gründeten aus wirtschaftlichem Interesse an afrikanischem
Elfenbein, Edelhölzern und Sklaven Handelsposten in Kamerun. Zunächst wurde der
Handel von den Niederländern betrieben, dann ab 1845 zunehmend von den Briten,
unter deren Einfluss das Pidgin-Englisch entstand und ab 1868 von den Deutschen.
1884 wurde Kamerun dann durch ein vertragliches Abkommen zwischen den
Deutschen unter Bismarck und den Verantwortlichen Doualas zum deutschen
Protektorat erklärt, woraufhin eine regelrecht brutale Kolonisation des Landes
einherging, die bei der lokalen Bevölkerung auf heftigen Widerstand stieß.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde die deutsche Kolonie von England und Frankreich
übernommen. Im Versailler Vertrag von 1919 wurde eine Teilung Kameruns in einen
westlichen englischen Teil und einen französischen östlichen Teil, der etwa 4/5 des
Gebietes ausmachte, vorgesehen. Durch diese Teilung wurde der Grundstein des
heutigen Bilingualismus gelegt. Die beiden Kolonialmächte verfolgten von Anfang an
in ihren zugeteilten Regionen eine unterschiedliche Sprachpolitik. Während sich die
Briten gegenüber den indigenen Sprachen relativ tolerant zeigten und diese auch in den
4
Leclerc, J. (2011): Cameroun, in: ,,L'aménagement linguistique dans le monde", Québec: TLFQ,
Université Laval, <http://www.tlfq.ulaval.ca/axl/afrique/cameroun.htm>, [02.02.2012]

6
Missionsschulen praktizieren ließen, verbannten die Franzosen die einheimischen
Sprachen aus den Bildungseinrichtungen und erklärten die französische Sprache als
alleinige Sprache der Administration und Bildung: ,,La langue française est la seule en
usage dans les écoles. Il est interdit aux maîtres de se servir avec leurs élèves des
idiomes du pays"
5
. Neben der Etablierung der französischen Sprache, sah die
französische Bildungspolitik ihre Hauptaufgabe darin, dem Land Kamerun die
notwendige Zivilisierung zu bringen.
6
Erst 1949, vor allem unter dem Druck der Vereinten Nationen, fanden auch die
Muttersprachen im französischen Teil Kameruns Eingang in die Schulen: ,,Les autorités
coloniales françaises subirent de fortes pressions afin d'assouplir leur politique
linguistique et de promouvoir les langues autochtones"
7
. Die französische Sprache hatte
sich bis dahin aber bereits so stabil im französischen Bildungssystem Kameruns
verankert, dass die Einführung der Muttersprachen kaum noch Veränderungen bewirkte.
3. Sprachsituation
,,The accidents of history have made Cameroon a country of 248 indigenous languages,
two local lingua francas, and two imported European languages."
8
,,Le Cameroun est bilingue sur le plan officiel et multilingue dans les faits"
9
Die heutige Sprachsituation Kameruns ist ein Resultat seiner von der Kolonisierung
geprägten Landesgeschichte. Die Vielfalt der ethnischen Gruppen in Kamerun spiegelt
sich auch in der Sprachsituation des Landes wider. Bisweilen zählt man an die 286
Sprachen, einschließlich Französisch und Englisch
10
, daher wird die Sprachenlandschaft
5
Leclerc, J. (2011): <http://www.tlfq.ulaval.ca/axl/afrique/cameroun.htm>
6
vgl. Biloa (2004): S. 33
7
Nzesse, Ladislas: "Le français au Cameroun: d'une crise sociopolitique à la vitalité de la langue
française (1990-2008)" (2009), in: Le francais en Afrique. Revue du Réseau des Observatoires du
Français Contemporain en Afrique Noire 24: 1-179 <http://www.unice.fr/ILF-CNRS/ofcaf/24/24.html>
[11.01.2012], S. 24
8
Echu, George; Allan W. Grundstrom: Bilinguisme officiel et communication linguistique au Cameroun.
New York, Lang: 1999, S. 1
9
Mendo (1999): S. 45
10
Auflistung aller Sprachen Kameruns auf der Internetseite:
http://www.ethnologue.com/show_country.asp?name=CM

7
Kameruns auch als ,,mosaïque linguistique"
11
bezeichnet. Auf Grund dieser enormen
Sprachenvielfalt, etabliert sich Kamerun nach Nigeria als das zweitsprachenreichste
Land Afrikas und spiegelt somit die Komplexität der Sprachsituation des gesamten
Kontinents wieder.
3.1. Einheimischen Sprachen und Vehikularsprachen
Auf dem gesamten afrikanischen Kontinent kategorisieren Sprachwissenschaftler
insgesamt vier große Sprachfamilien, so genannte Phyla. Bemerkenswert ist, dass in
Kamerun drei dieser vier Sprachfamilien vertreten sind: Das afroasiatische Phylum, das
nilosaharanische Phylum und das Niger-Kongo-Phylum. Insgesamt werden in
unterschiedlichen Quellen circa 240 bis 280 Sprachen gezählt. Diese ungenauen
Angaben ergeben sich aus der Tatsache, dass die indigenen Sprachen Kameruns bisher
nur unzureichend erforscht wurden. Zu der Vielfalt an Dachsprachen kommen noch
weitere Dialektvarianten der unterschiedlichen Sprachen hinzu, die bisher kaum
Gegenstand der sprachwissenschaftlichen Forschung geworden sind. Die einheimischen
Sprachen werden in der Literatur auch als autochthone Sprachen, Nationalsprachen,
Muttersprachen oder Vernakulärsprachen (lat. vernaculus ,,einheimisch") bezeichnet. In
der aktuell gültigen Verfassung von 1996 werden die einheimischen Sprachen explizit
unter Schutz gestellt: L'État ,,oeuvre pour la protection et la promotion des langues
nationales"
12
. Tatsache jedoch ist, dass sie durch das Französische und Englische, sowie
durch einige wichtige Vehikularsprachen, die der interethnischen Kommunikation
dienen, zunehmend an Bedeutung und Einfluss verlieren. ,,Les contacts des langues ne
se fait pas toujours sous la forme d'une cohabitation pacifique. Il s'agit en général d'une
situation conflictuelle"
13
. Die durchschnittliche Sprecherzahl einer kamerunischen
Sprache liegt bei ca. 42.000, wobei die Einzelwerte von einigen Dutzend, wie etwa
beim duli, bis zu 3.500.000 Sprechern des fulfuldé reichen. Somit handelt es sich bei
allen indigenen Sprachen Kameruns um Minderheitensprachen, deren Sprecher wie
beispielsweise im Fall des fulfuldé, einen maximalen Anteil von 17% der
Gesamtbevölkerung ausmachen.
14
Auf Grund dieser geringen Sprecherzahlen konnte
11
Nzessé, Ladislas: ,,Le Français au Cameroun: Approbiation et dialectalisation. Le cas de la presse
écrite" (2008), <http://www.unice.fr/ILF-CNRS/ofcaf/19/Nzesse.pdf> [08.03.1012], S. 1
12
Leclerc (2011): <http://www.tlfq.ulaval.ca/axl/afrique/cameroun.htm>
13
Mendo Ze, Gervais [Hrsg.]: Le français langue africaine: enjeux et etouts pour la francophonie. Paris :
Publisud, 1999. S. 45
14
vgl. Jäger (2002): S. 74
Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Französisch in Kamerun. Analyse einer außergewöhnlichen Sprachsituation
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Universität)
Course
Seminar französischen Sprachwissenschaft (Soziolinguistik)
Grade
2,0
Year
2012
Pages
20
Catalog Number
V289309
ISBN (eBook)
9783668627178
ISBN (Book)
9783668627185
File size
683 KB
Language
German
Keywords
französisch, kamerun, analyse, sprachsituation
Quote paper
Anonymous, 2012, Französisch in Kamerun. Analyse einer außergewöhnlichen Sprachsituation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/289309

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