Die Pressefreiheit wäre perfekt: Alle deutschen Zeitungen herausgegeben von einem einzigen Verlag. Theoretisch könnte ein solches Super-Monopol nach einer geplanten Novelle des Kartellrechtes entstehen. Das geltende Gesetz aus dem Jahre 1976 sollte vor allen Dingen die kleineren Verlage vor einer Übernahme durch große Konzerne schützen. Wo aber die äußere Vielfalt in Gefahr ist, gewinnt die innere Pressefreiheit, also die redaktionelle Unabhängigkeit und Mitsprache, als Thema wieder an Bedeutung. Zwar hat das Modell des politisch motivierten Verlegers, wie ihn der Zeitungswissenschaftler Otto Groth noch beschrieb, weitgehend ausgedient. Doch an dessen Stelle ist eine ausgeprägte ökonomische Orientierung der Verlagschefs getreten. Und das macht die Gefahren für die publizistische Unabhängigkeit der Redaktion nicht geringer. Denn im Gegensatz zu der äußeren Pressefreiheit, die durch Artikel 5 des Grundgesetzes gegen Eingriffe des Staates geschützt ist, genießt die innere Pressefreiheit kaum juristischen Schutz; im Gegenteil laufen bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen - wie etwa der so genannte Tendenzschutz, der die Arbeitnehmervertreter in Medienbetrieben von wichtigen Mitbestimmungsrechten auschließt - den Bemühungen um redaktionelle Autonomie zuwider. Es gab - vor allem in den 70er Jahren - immer wieder Bestrebungen seitens der journalistischen Berufsverbände und auch innerhalb einzelner politischer Parteien, die innere Pressefreiheit juristisch zu schützen. Die Politiker aber stellten ihre Überlegungen angesichts des Machteinflusses der Verleger stets rasch wieder zurück und verwiesen auf die Tarifparteien. Die Journalistenorganisationen indes scheiterten an der Bastion der Verleger, die bestimmte Entscheidungskompetenzen beispielsweise hinsichtlich der Personalauswahl oder publizistischer Richtungsfragen nicht teilen wollten. Parallel dazu übernahmen einzelne Redaktionen in fortschrittlichen Verlagen eine Vorreiterfunktion: Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre einigten sich rund zwei Dutzend Zeitungen und Zeitschriften auf Statute, die den Redaktionen Mitbestimmungsrechte bei publizistischen und personalpolitischen Entscheidungen bei der Auswahl der Chefredakteure sicherten. Doch diese Aufbruchstimmung währte nicht lange: Bereits im Jahre 1976 stellte der Rechtswissenschaftler und spätere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem fest, dass die mitbestimmungsfreundliche Stimmung innerhalb der Redaktionen geschwunden sei.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die innere Pressefreiheit und ihr rechtlicher Status
- Definition des Begriffs innere Pressefreiheit
- Die öffentliche Aufgabe der Presse
- Presserecht allgemein
- Der juristische Schutz der inneren Pressefreiheit
- Zusammenfassung
- Der Konflikt um die innere Pressefreiheit
- Kurzer geschichtlicher Abriss
- Die Akteure im Konflikt um die innere Pressefreiheit
- Redaktionsstatute als Lösung des Problems der Mitbestimmung?
- Zusammenfassung
- Gründe für die Aktualität des Themas innere Pressefreiheit in den 60er und zu Beginn der 70er Jahre
- Politische und gesellschaftliche Situation der 60er Jahre
- Konzentration im Pressewesen - Es ging nicht nur um Springer
- Zusammenfassung
- Das Thema innere Pressefreiheit und das gesellschaftliche und politische Klima heute
- Politische und gesellschaftliche Situation heute
- Konzentration heute
- Ein Mittel gegen die Konzentration: Kartellrecht und Fusionskontrolle
- Zusammenfassung
- Rahmenbedingungen der Konzentration
- Ökonomisierung der Medien
- Boulevardisierung
- Zusammenfassung
- Journalismus und seine Beziehung zur Gesellschaft
- Wieweit beeinflusst die Gesellschaft das System Journalismus?
- Wie wirklich ist die Wirklichkeit der Presse
- Zusammenfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit dem Konflikt zwischen Verlegermacht und innerer Pressefreiheit, insbesondere im Kontext der 60er Jahre und dem aktuellen Medienklima. Die Arbeit untersucht die Gründe für die Aktualität des Themas in den 60er Jahren und die Gründe, warum es heute kaum mehr wahrgenommen wird.
- Definition und rechtlicher Status der inneren Pressefreiheit
- Entwicklung und Verlauf des Konflikts um die innere Pressefreiheit
- Gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Auswirkung auf die Sensibilität für das Thema
- Die Rolle der Konzentration, Ökonomisierung und Boulevardisierung im Medienbereich
- Der Einfluss der Gesellschaft auf das System Journalismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der innerer Pressefreiheit in den Kontext aktueller medialer Entwicklungen und führt in die Thematik der Diplomarbeit ein.
- Die innere Pressefreiheit und ihr rechtlicher Status: Dieses Kapitel beleuchtet die Definition, die öffentliche Aufgabe und den rechtlichen Schutz der inneren Pressefreiheit.
- Der Konflikt um die innere Pressefreiheit: In diesem Kapitel wird der historische Verlauf des Konflikts um die innere Pressefreiheit und die wichtigsten Akteure dieses Konflikts dargestellt.
- Gründe für die Aktualität des Themas innere Pressefreiheit in den 60er und zu Beginn der 70er Jahre: Dieses Kapitel analysiert die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, die das Thema der inneren Pressefreiheit in den 60er Jahren relevant machten.
- Das Thema innere Pressefreiheit und das gesellschaftliche und politische Klima heute: Dieses Kapitel befasst sich mit der aktuellen Situation im Medienbereich und untersucht, wie sich die Konzentration, Ökonomisierung und Boulevardisierung auf die innere Pressefreiheit auswirken.
- Rahmenbedingungen der Konzentration: Dieses Kapitel behandelt die Prozesse der Ökonomisierung und Boulevardisierung, die die Konzentration im Medienbereich beeinflussen.
- Journalismus und seine Beziehung zur Gesellschaft: Dieses Kapitel beleuchtet den Einfluss der Gesellschaft auf das System Journalismus und die Frage nach der "Wirklichkeit" der Medien.
Schlüsselwörter
Innere Pressefreiheit, Verlegermacht, Konzentration, Ökonomisierung, Boulevardisierung, gesellschaftliche Situation, politische Situation, Journalismus, Medien, Redaktionsstatute, Medienkonzerne, öffentliche Aufgabe, privatwirtschaftliche Organisation, Meinungsbildung, demokratische Strukturen.
- Citar trabajo
- Katharina Rosenbaum (Autor), 2004, Verlegermacht und innere Pressefreiheit - ein vergessener Konflikt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29239