Die Wirkung von Musik unter ästhetisch-philosophischer und systematischer Perspektive


Hausarbeit, 2012

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ästhetisch-philosophische Theorien in der Romantik und kompositorisch-poetische Affirmation
2.1 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann und Arthur Schopenhauer
2.2 Die Wirkung von Musik in Komposition und Werkinhalt
2.2.1 Die Tonartencharakteristik als Beispiel
2.2.2 Eine Selbstdarstellung der Wirkung im musikalischen Werk: Franz Schuberts Lied An die Musik D

3. Die Wirkung von Musik und ihre Voraussetzungen in systematischer Perspektive
3.1 Betrachtung unter Zuhilfenahme naturwissenschaftlicher Methoden
3.2 Die Scherer-Gleichung als Erklärungsmodell

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Wirkung von Musik, welche diese beim Hörer entfalten kann. Hinsichtlich der im Rahmen der Hausarbeit thematisierten Wirkung werden ausschließlich Auswirkungen auf Gefühl und Befinden des Hörers behandelt, sodass andere Auswirkungen wie beispielsweise Gehörschäden durch übermäßige Lautstärke außer Betracht bleiben.

Die Wirkung von Musik auf den Hörer stellt eine komplexe Thematik dar, die Gelehrte bereits seit langer Zeit beschäftigt. Im Bereich der Kunstphilosophie, insbesondere in der Zeit der Romantik, finden sich einschlägige Erklärungs- und Hinterfragungsansätze. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Hausarbeit zunächst auf die Theorien von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann und Arthur Schopenhauer über die Art und das Wesen der Musik eingegangen, in deren Rahmen auch ihre Wirkung angesprochen wird. Ferner werden im Anschluss daran die Möglichkeiten des Komponisten erörtert, bei der Komposition musikalischer Werke, Akzente im Hinblick auf bestimmte Wirkungen beim späteren Hörer zu setzen.

Gegenstand des weiteren Verlaufes der Hausarbeit sind sodann die Wirkungen von Musik und ihre Voraussetzungen, sowie deren Untersuchung mittels systematischer Methoden. An geeignet erscheinenden Stellen wird dabei auf die zuvor behandelten philosophischen Theorien Bezug genommen.

Im Rahmen der Schlussbetrachtung sollen die herausgearbeiteten Aspekte abschließend bewertet und deren Möglichkeiten und Grenzen verdeutlicht werden. Diese herausgearbeiteten Grenzen werden zum Schluss aufgegriffen und vor dem Hintergrund der Musik als Kunstwerk zum Gegenstand einer kurzen Stellungnahme gemacht.

2. Ästhetisch-philosophische Theorien in der Romantik und kompositorisch-poetische Affirmation

2.1 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann und Arthur Schopenhauer

„Die Musik schließt dem Menschen ein unbekanntes Reich auf; eine Welt, die nichts gemein mit der äußern Sinnenwelt, die ihn umgibt, und in der er alle durch Begriffe bestimmbaren Gefühle zurückläßt, um sich dem Unaussprechlichen hinzugeben.“1

So beschreibt Ernst Theodor Amadeus Hoffmann in seiner Rezension von Beethovens 5. Sinfonie die Wirkung der (Instrumental-) Musik. Diese von Hoffmann geäußerte Auffassung prägte die Musikauffassung im 19. Jahrhundert und hatte nachdrücklichen Einfluss, insbesondere auf die Philosophie von Arthur Schopenhauer.2 Mit der eindrucksvollen Beschreibung „Beethovens Musik bewegt die Hebel der Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes, und erweckt jene unendliche Sehnsucht, die das Wesen der Romantik ist.“3 trifft Hoffmann bereits die Thematik, dass Musik die Gefühle des Hörers beeinflussen und somit gegenüber diesem eine Wirkung entfalten kann. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass sich Hoffmanns Musikauffassung auf die Instrumentalmusik fokussierte, da diese ohne die Zuhilfenahme anderer Künste „das in ihr zu erkennende Wesen der Kunst rein ausspricht“.4 Insoweit wurde die Instrumentalmusik als die reinste und zugleich freieste der Künste angesehen.5

Diese Thematik wurde später von Arthur Schopenhauer in seinem zentralen Werk Die Welt als Wille und Vorstellung einer ausführlichen Erörterung unterzogen. Dabei gründen seine Theorien auf der bereits bei Hoffmann deutlich gewordenen Auffassung, dass die Musik die höchste unter den Künsten darstellt. Aufgrund der bereits dargelegten Unabhängigkeit, bzw. Eigenständigkeit der Musik sei „die Wirkung der Musik so sehr viel mächtiger und eindringlicher, als die der anderen Künste“.6 Insoweit vermag Musik „auf das Innerste des Menschen“ im Sinne einer allgemeinen und doch an Deutlichkeit nicht zu überbietenden Sprache zu wirken.7 Groß angelegte Sätze in raschen Tempi können als „ein größeres, edleres Streben, nach einem fernen Ziel, und dessen endliche Erreichung“ aufgefasst werden, während ein Adagio hingegen das Leiden dieses edlen Strebens verkörpert.8 Im Moll erlangt das Adagio den „Ausdruck des höchsten Schmerzes, wird zur erschütterndesten Wehklage“.9 Der Wechsel von Dur nach Moll versetzt den Hörer unmittelbar in ein „banges, peinliches Gefühl“, der entgegengesetzte Wechsel von Moll nach Dur verkörpert demgegenüber eine ebenso augenblickliche Erlösung.10

Diese Denkansätze hinsichtlich der Art und des Wesens Musik können vor dem Hintergrund Schopenhauers Weltauffassung weitergehend erschlossen werden. Nach Schopenhauer ist unsere vorgefundene Welt die schlechteste aller möglichen Welten, da die menschliche Existenz von einem permanenten Überlebens- bzw. Todeskampf geprägt ist, dessen Ursache in dem allgegenwärtigen Kampf und Zerstörungswut des Willens zu sehen ist.11 Hätte der Mensch die Wahl, müsste er es vorziehen, nie geboren worden zu sein.12 Als Erlösung wird der Zustand des Nichtseyns angeführt, welcher in der Regel unerreichbar ist.13 Als Ausweg um den irdischen Leiden entrissen zu werden, verweist Schopenhauer auf die Begegnung „mit dem Schönen und Erhabenen, mit der Dichtung und vor allem der Musik“.14

Schließlich soll noch darauf eingegangen werden, an welche Voraussetzungen Schopenhauer die Entfaltung der von den Künsten gegenüber dem Betrachter (im Falle der Musik gegenüber dem Hörer) ausgehenden Wirkungen gebunden hat. Demnach ist ein Beitrag des Betrachters erforderlich, damit die in dem Kunstwerk enthaltene Weisheit gegenüber dem Betrachter wirken kann.15 „Folglich faßt er nur so viel davon, als seine Fähigkeit und seine Bildung zuläßt“.16 Diese Mitwirkung des Betrachters kann daher als eine elementare Voraussetzung für jedwede Wirkung eines Kunstwerks und somit auch der Musik angesehen werden.

2.2 Die Wirkung von Musik in Komposition und Werkinhalt

2.2.1 Die Tonartencharakteristik als Beispiel

Betrachtet man die Tonartencharakteristik in ihrer historischen Entstehung, so wird deutlich, dass sie in ihren Ursprüngen ein Mittel der Komponisten darstellte, eine bestimmte Wirkung beim Hörer zu erzielen. Durch die begrenzte Anzahl und ihren jeweils spezifischen Klang war eine bestimmte Zuordnung möglich. „Erklang damals etwa eine phrygische Liedweise, so signalisierte dies dem Hörer von vornherein, wo er sich bei diesem Lied emotional und sozial zu Hause fühlen durfte.“17 Der Komponist hatte somit die Möglichkeit, durch die Wahl des jeweiligen Kirchentons, auf eine bestimmte Wirkung beim Hörer hinzuarbeiten.18

Bei der im Laufe der Etablierung des Dur-Moll-Systems weiter praktizierten Deutung von Tonarten kann festgestellt werden, dass diese zum Teil auf Tradition beruht, zum Teil aber auch der Fantasie des jeweiligen Künstlers entspringt.19 Einen Fall von Tradition stellt insoweit die Deutung von F-Dur als Pastoraltonart dar. Denn F-Dur wurde als Nachfolger des Lydisch oder Hypolydisch aufgefasst, dessen Grundton das f war und deren Charakter von Martin Luther als freundlich beschrieben wurde.20

[...]


1 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann: Rezension der Fünften Symphonie von Ludwig van Beethoven (1810), wiederabgedruckt in: Schriften zur Musik. Nachlese, hrsg. von Fr. Schnapp. München 1963, S. 34, zit. nach: Wolfram Steinbeck in: Ders. / Christoph von Blumröder: Die Symphonie im 19. und 20. Jahrhundert, Teil 1: Romantische und nationale Symphonik (= Handbuch der musikalischen Gattungen Bd. 3,1). Laaber 2002, S. 15.

2 Vgl. Steinbeck 2002, S. 15.

3 Hoffmann 1810, wiederabgedruckt in: Schnapp 1963, zit. nach: Steinbeck 2002, S. 15.

4 Ebd.

5 Vgl. Steinbeck 2002, S. 14.

6 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. Vollständige Ausgabe nach der dritten, verbesserten und beträchtlich vermehrten Auflage von 1859. Köln 2009, S. 235.

7 Vgl. ebd., S. 234.

8 Vgl. ebd.

9 Ebd., S. 238.

10 Vgl. ebd.

11 Vgl. Lothar Schröder: Arthur Schopenhauer. Der große Pessimist. In: Bertram Müller (Hrsg.): Philosophen. Deutschsprachige Denker in Einzelportraits. Düsseldorf 2011, S. 55.

12 Vgl. ebd.

13 Vgl. ebd., S. 55 - 56.

14 Vgl. ebd., S. 59.

15 Vgl. Schopenhauer 2009, S. 793 - 794.

16 Ebd., S. 794.

17 Martin Geck: Wenn der Buckelwal in die Oper geht. 33 Variationen über die Wunder klassischer Musik. München 2009, S. 131.

18 Vgl. ebd., S. 131: „Von einem fertigen Haus ausgehen, das es nur noch auszugestalten galt.“

19 Vgl. ebd., S. 131.

20 Vgl. ebd., S. 130.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Wirkung von Musik unter ästhetisch-philosophischer und systematischer Perspektive
Hochschule
Universität Siegen  (Department Kunst und Musik)
Veranstaltung
Seminar Funktionelle Musik
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V293219
ISBN (eBook)
9783656903048
ISBN (Buch)
9783656903055
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wirkung, musik, perspektive
Arbeit zitieren
Bernd Wladika (Autor:in), 2012, Die Wirkung von Musik unter ästhetisch-philosophischer und systematischer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293219

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