Ideal oder real? Die Darstellung weiblicher Schönheit in der Werbung der Dove-Kampagne "Initiative für wahre Schönheit"


Bachelor Thesis, 2014

82 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Präsenz der Werbebilder

2 Ideal oder real?
2.1 Aktuelle Situation und Rolle der Werbung in der Gesellschaft
2.1.1 Werbung
2.1.2 Die gesellschaftliche Rolle der Werbung
2.1.3 Werbung als Welt der Bilder
2.1.4 Ziele der Werbung
2.2 Bilder und deren Wirkung auf die Wahrnehmung der Rezipienten
2.2.1 Fotografie und Manipulation
2.2.2 Aktivierung der Rezipienten durch Werbebilder
2.3 Die Darstellung von Frauen in der Werbung
2.3.1 Stereotypisierte Frauendarstellung in der Werbung
2.3.1.1 Auf das Aussehen bezogene Stereotype
2.3.1.2 Auf das Verhalten und die weibliche Rolle bezogene Stereotype
2.3.2 Schönheitsideale und Schönheitswahn
2.3.2.1 Wandelnde Schönheitsideale und das Ideal des 21. Jahrhunderts
2.3.2.2 Schönheit in den Medien und in der Werbung
2.3.2.3 Psychologische Wahrnehmung von Schönheit und Halo-Effekt
2.3.2.4 Sozialer Vergleich
2.3.2.5 Gefahren durch den Schönheitswahn
2.3.2.6 Maßnahmen gegen den medial verursachten Schönheitswahn
2.4 Dove
2.4.1 Die Initiative für wahre Schönheit
2.4.2 Folgen der Kampagnen

3 Empirische Untersuchung zur Wahrnehmung medialer Schönheitsideale
3.1 Klärung zentraler Begriffe und theoretischer Hintergründe der Empirie
3.1.1 Methoden der empirischen Sozialforschung
3.1.2 Ablauf von Forschungsprozessen
3.2 Forschungsprojekt
3.2.1 Begründung der Wahl der Stichprobe
3.2.2 Verfahren qualitativer Analyse
3.2.2.1 Erhebungsverfahren - Problemzentriertes Interview
3.2.2.2 Aufbereitungsverfahren - Wörtliche Transkription
3.2.2.3 Auswertungsverfahren - Qualitative Inhaltsanalyse
3.2.3 Ergebnisse der Befragung
3.2.3.1 Schönheit
3.2.3.2 Wahrnehmung
3.2.3.3 Druck
3.2.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Befragung und Verknüpfung mit der Theorie

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

6 Anhang

1 Präsenz der Werbebilder

Egal wohin man blickt, überall umgeben uns Menschen mit scheinbar makellosen Teints, strahlend weißen Zähnen, vollen Haaren und schlanken Figuren. Sie lächeln uns von Wer- beplakaten entgegen, tanzen unbeschwert in Fernsehspots umher und führen uns deut- lich vor Augen, dass das Leben leicht und unbeschwert ist, wenn man das von ihnen be- worbene Produkt besitzt. Auch wenn die Werbung kein Abbild der Realität ist, sondern durch die Arbeit von Stylisten, Visagisten und nicht zuletzt durch den Einsatz von Bildbe- arbeitungsprogrammen Darstellungen entstehen, die scheinbar perfekte Menschen zei- gen, wecken sie dennoch bei zahlreichen Frauen den Wunsch, diesen gleichzukommen. Es ist schwer, dem medial vermittelten Schönheitsideal standzuhalten und sich nicht von den Werbeschönheiten einschüchtern zu lassen. Viele Frauen kennen den selbstkritischen Blick in den Spiegel und wissen, wie es sich beispielsweise anfühlt, wenn man feststellt, dass das Kleidungsstück, das an dem Model auf dem Werbeplakat noch sehr elegant aus- sah, diese Eleganz verliert, sobald man es selbst trägt. In unserer Gesellschaft sind immer mehr Menschen einem Schönheits- und Schlankheitswahn ausgesetzt und streben da- nach, dem Idealbild, welches von den Medien und besonders in der Werbung dargestellt wird, zu entsprechen. Dies birgt einige Gefahren, sodass Essstörungen und eine verzerrte Selbstwahrnehmung im Leben zahlreicher Menschen eine Rolle spielen. Es werden häufig Beschwerden gegen diese Art der Werbung laut, die wiederholt als medialer Schönheits- wahn bezeichnet wird, doch trotzdem verschwinden die stets topgestylten, superschlan- ken Frauen nicht aus der Werbung.

Aufgrund ihrer hohen Präsenz soll in dieser Arbeit auf die Darstellung weiblicher Schönheit in der Werbung eingegangen werden. Dabei gilt es, einige Fragen zu klären. Wie steht es um die Situation und Rolle der Werbung in der Gesellschaft? Welche Wirkung haben Bilder auf die Wahrnehmung der Rezipienten? Wie werden Frauen in der Werbung dargestellt? Welche Bedeutung kommt Schönheitsidealen zu und ab wann wird der Wunsch nach Schönheit zu einem Wahn?

Anhand der Kampagnen des Kosmetikherstellers Dove wird eine Werbestrategie aufge- zeigt, die auch ohne den Einsatz von Models mit Ideal-Maßen hohe Erfolge erzielt und eine rege öffentliche Diskussion über die in der Werbung sonst dargestellten perfekten Frauen anregt. Dove möchte dem in unserer Gesellschaft vorherrschenden Schönheits- ideal trotzen und setzt aus diesem Grund in verschiedenen Kampagnen auf natürliche Models, die zeigen, dass Schönheit auch jenseits der Stereotypen existiert.

Forschungsstand

Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit dem Thema der Darstellung weiblicher Schönheit in der Werbung befassen. Aus Platzgründen werden nur zwei dieser Untersuchungen exemplarisch herausgegriffen und in ihren Grundzügen skizziert.

Petersen (2005) führte ein Experiment durch, um zu untersuchen, inwiefern die Betrachtung von Werbeanzeigen mit Models zu einer Veränderung des Körperselbstbildes von Männern und Frauen führt. Das Ergebnis der Studie zeigte, dass sich die weiblichen Teilnehmer des Experiments von ihrer Idealfigur weiter entfernt fühlten und davon ausgingen, dass andere Frauen ein dünneres Ideal anstrebten, als die Personen der Kontrollgruppe, der Werbeinserate ohne Models gezeigt wurde. Bei den untersuchten Männern konnten dagegen keine großen Unterschiede in der Körperwahrnehmung zwischen Experimental- und Kontrollgruppe festgestellt werden (S. 54).

Smeeters, Mussweiler und Mandel (2010) untersuchten die Wirkung von Werbung mit Models unterschiedlicher Körperformen auf das Selbstwertgefühl von Frauen mit einem niedrigen, durchschnittlichen und hohen Körpergewicht (S. 930). Obwohl die Frauen, un- abhängig von der Höhe ihres Gewichts, zu Beginn der Untersuchung über ein ähnlich ho- hes Selbstwertgefühl verfügten, zeigte sich, dass das der dünnen Personen zu- und das der Übergewichtigen abnahm, nachdem sie die Werbebilder betrachtet hatten. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich bei den betrachteten Werbefrauen um dünne oder rund- liche Models handelte (Smeeters et al., 2010, S. 947). Demzufolge hat der Einsatz von rundlichen Frauen in der Werbung keinen positiven Effekt auf das Selbstwertgefühl der Betrachterinnen, da die dünnen Frauen sich nicht mit ihnen identifizieren konnten, die dicken Frauen sich dadurch an ihr Übergewicht erinnert fühlten und das Selbstbewusst- sein der Normalgewichtigen sank, wenn ihnen mollige Models gezeigt wurden (Die Welt, 2011).

Da die dargestellten Untersuchungen sehr konträre Ergebnisse liefern, erscheint es als sinnvoll, dem Thema der Wahrnehmung weiblicher Schönheit in der Werbung genauer auf den Grund zu gehen.

2 Ideal oder real?

Im Folgenden wird zunächst auf die Werbung und ihre Rolle in der Gesellschaft eingegan- gen. Anschließend wird betrachtet, was unter Schönheitsidealen verstanden wird, wie sich diese im Laufe der Zeit gewandelt haben und welche Gefahren sie mit sich bringen. Durch die Werbekampagne Initiative f ü r wahre Sch ö nheit von Dove wird eine alternative Darstellungsweise von Frauen in der Werbung aufgezeigt. Den Abschluss der Arbeit bildet die Vorstellung der Ergebnisse einer qualitativen Befragung von sechs Frauen unter- schiedlicher Altersstufen zum Thema weiblicher Schönheit in der Werbung.

2.1 Aktuelle Situation und Rolle der Werbung in der Gesellschaft

In der heutigen Gesellschaft kommt den Medien eine tragende Rolle zu. Sie sind sowohl für die gesellschaftliche Entwicklung, als auch für die individuelle Entfaltung jeder einzel- nen Person tragend (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 11), stellen im alltäglichen Leben eine wichtige Orientierungshilfe dar und liefern Auskünfte über die Dinge, die nicht unmittel- bar von den Menschen erfahren werden können (Schierl, 2003, S. 151). In ihnen gehen Information, Werbung und Unterhaltung fließend ineinander über (Rolke & Wolff, 1999, S. 11). Werbung ist in der heutigen Zeit allgegenwärtig, nimmt Einfluss auf bestimmte Verhaltens- und Denkweisen, wird durch ihre Hartnäckigkeit zur gesellschaftlichen Kraft (Posch, 1999, S. 108) und ist von einem enorm hohen gesellschaftlichen Stellenwert (Brosius & Fahr, 1998, S. 11). Immer stärker beeinflusst die Werbung unseren Alltag, sodass sie zur Luft geworden ist, die wir atmen (Jhally, 2011, S. 200).

Aus diesem Grund soll im Folgenden genauer auf die Werbung und ihre Rolle in der Gesellschaft eingegangen werden. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, wie Frauen und weibliche Schönheit in der Werbung dargestellt werden.

2.1.1 Werbung

„Werbung ist der absichtliche Versuch der Beeinflussung durch systematische und strate- gische Anwendung von Gestaltungstechniken“ (Brosius & Fahr, 1998, S. 12). Im Wesentli- chen kann Werbung auf fünf Charakteristika begrenzt werden. Sie bezieht sich immer auf einen Gegenstand, bei dem es sich sowohl um ein Produkt, eine Dienstleistung, ein gan- zes Unternehmen, als auch eine Idee handeln kann und sie verfolgt ein bestimmtes Ziel, das in der Beeinflussung von Einstellungen, Emotionen, Motivation oder menschlichem Verhalten bestehen kann. Zudem zeichnet sich die Werbung durch die strategische und systematische Anwendung von Gestaltungstechniken, den Versuch die Werbeziele durch planmäßige und offenkundige Beeinflussung zu erreichen und die Wahl bestimmter mas- senmedialer Verbreitungskanäle aus (Brosius & Fahr, 1998, S. 12).

Formen der Werbung gibt es bereits seit der Antike. Schon immer wurde von Warenhändlern versucht, Kunden für ihre angebotenen Güter zu gewinnen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als immer mehr Waren angeboten wurden, wurde die Werbung unverzichtbar. Sie sollte die potentiellen Käufer über die breite Angebotspalette informieren und deren Kauflust wecken (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 186).

2.1.2 Die gesellschaftliche Rolle der Werbung

Werbung stellt einen zentralen Bestandteil von Medienkulturgesellschaften dar und ist ein bedeutsamer Faktor der Sozialisation und Lebensstilgestaltung der modernen Gesellschaft (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 191).

In der wissenschaftlichen Diskussion über das Verhältnis von Werbung und Gesell- schaft rivalisieren bis heute zwei Typen von Metaphern, die zwei unterschiedliche Modellvorstellungen zum Ausdruck bringen: und zwar einmal Werbung als Spiegel, Barometer oder Resonanzkörper der Gesellschaft, zum anderen Werbung als akti- ver Interaktionszusammenhang, der - Abbild und Vorbild zugleich - kollektives Lebensgefühl und Mentalität einer Gesellschaft aktiv mitgestaltet. (Schmidt & Zurstiege, 2002, S. 174)

Der Werbung kommt allerdings nicht nur die Rolle als Spiegel der Kultur zu, sondern sie übt selbst Einfluss auf diese Kultur aus und ist somit am gesellschaftlichen Wandel betei- ligt. Werbung dient der Orientierung, vermittelt Wert- und Normvorstellungen und liefert Verhaltensvorbilder. Sie stellt „[…] Wunsch und Distinktionspotentiale zur Verfügung […]“ (Zurstiege, 2002, S. 129).

Während die soziale Umwelt des Menschen immer komplexer wird, sinkt der Einfluss der traditionellen Wertesysteme. Dies führt zu einer verstärkten Verunsicherung der Indivi- duen, sodass ein Bedarf nach klaren, geteilten Werten und leicht verständlichen Weltin- terpretationen entsteht. Diese Bedürfnisse werden durch die verschiedenen Kommunika- tionsangebote und damit auch durch die Werbung befriedigt (Hunziker, 1996, S. 15).

Neue Mediensysteme müssen sich immer am Markt orientieren, ihre Angebote als Waren anbieten und darauf hinarbeiten, dass die Mediennutzer diese Angebote auch tatsächlich akzeptieren und in Anspruch nehmen (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 12).

Die Werbung wird von sozialen und kulturellen Wertvorstellungen bestimmt und soll nicht nur zum Kauf anregen, sondern auch zur Ausbreitung von Trends beitragen und als Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse dienen. Man kann sich der Werbung nur sehr schwer entziehen (Deuser, Gläser & Köppe, 1995, S. 86). „Die Werbung ist in modernen Gesellschaften nicht nur eine entscheidende Triebfeder der Dynamik im Mediensystem, sie ist nicht nur ein ausgesprochen lukrativer Geschäftszweig, sondern auch ein einfluss- reicher Kulturfaktor, eine mächtige Sozialisationsinstanz, Projektionsfläche kollektiver Wertvorstellungen und Leitbilder“ (Zurstiege, 2001, S. 209). Sie ist eine gesellschaftliche Kraft, die die Rezipienten laufend mit Bildern und Suggestionen überschwemmt und so- mit bestimmte Verhaltensmuster prägt oder verstärkt (Deuser et al., 1995, S. 87).

2.1.3 Werbung als Welt der Bilder

In vielerlei Hinsicht ist die Welt der Werbung eine Welt der Bilder. „[Sie] erzeugt Wunsch- bilder und bedient die Vorstellungswelten der Konsumenten, sie will ein spezifisches Pro- duktimage schaffen und legt Wert auf hohe visuelle Attraktivität“ (Brehm, 2003, S. 74). Durch die Werbebotschaft sollen die Bedürfnisse der Rezipienten geweckt werden, so dass sie zum Kauf des beworbenen Produktes angeregt werden. In der Werbung kommt Bildern deshalb eine tragende Rolle zu, da sie in der Lage sind, die Werbebotschaft inner- halb kürzester Zeit zu vermitteln. Es sind nur 1,5 bis 2,5 Sekunden erforderlich, um ein Bild mittlerer Komplexität aufzunehmen. Da in derselben Zeit nur zehn Wörter vom menschlichen Gehirn verarbeitet werden können, ist die bildliche Informationsvermitt- lung der sprachlichen überlegen. „Bilder wirken emotionaler, prägen sich besser ein und sind weniger leicht zu durchschauen. Diese Faktoren machen sie zu wirksamen Mitteln der Verhaltenssteuerung“ (Brehm, 2003, S. 74). Der Mensch unterliegt der suggestiven Kraft der Bilder und nutzt sie, um sich zu orientieren (Reiche, 2003, S. 10). „Bilderwelten in der Werbung prägen Kaufentscheidungen, greifen Sehnsüchte auf und lenken sie auf die beworbenen Produkte“ (Brehm, 2003, S. 74). Für die Rezipienten ist es leichter, das zu sehen, was sie wahrnehmen wollen und was ihren Vorstellungen entspricht (Schweiger & Schrattenecker, 2005, S. 21). Die Werbung verfolgt dabei den Zweck, ein Produkt begeh- renswert zu machen, sodass sie nicht darauf ausgerichtet ist dokumentarische Authentizi- tät zu erreichen, sondern vielmehr kalkulierte Trugbilder liefert (Brehm, 2003, S. 74).

2.1.4 Ziele der Werbung

Da die Kommunikatoren der Werbung sich in einer besonderen Interessenlage befinden, unterscheidet sich die Reklame in verschiedenen Aspekten von anderen Medieninhalten. In der Regel fordert sie die potentiellen Kunden gezielt zum Kauf bestimmter Angebote auf oder dient dazu, politische Entscheidungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Aus diesem Grund ist der Kommunikationsinhalt knapp und prägnant gefasst und zielt auf die Beeinflussung der Adressaten (Hunziker, 1996, S. 67). „Werbetreibende verfolgen allge- mein das Ziel, durch die Herstellung und Verbreitung von Medienangeboten unterschied- lichster Art bei bestimmten Zielgruppen zwangfrei folgenreiche Aufmerksamkeit für Pro- dukte, Leistungen, Personen und Botschaften zu erzeugen“ (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 187).

Die Werbung ist darauf ausgerichtet die Zahlungsbereitschaft der Kunden zu erhöhen und wird daher in den meisten Fällen sehr positiv gestaltet. „Werbung produziert und präsen- tiert ausschließlich Erfolgsgeschichten, Happy Ends und positive Botschaften“ (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 187) und blendet alle Dinge aus, die der Überzeugungskraft der Bot- schaft oder der Attraktivität des Produkts hinderlich sein könnten. Werbebilder sind im- perative Bilder, die nicht die Realität abbilden, sondern aufzeigen, wie die Dinge sein soll- ten. Den Kunden wird der Eindruck vermittelt, dass sie diese idealen Zustände erreichen können, wenn sie das Produkt erwerben. Werbung soll die Wünsche, Sehnsüchte, Gefüh- le, Erwartungen und Befürchtungen möglichst klar zum Ausdruck bringen und die Hand- lungs- und Zustimmungsbereitschaft der Rezipienten auf das Produkt lenken (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 189). Die Informationsüberlastung durch die Werbung ist jedoch so hoch, dass nur etwa fünf Prozent der Werbeinformationen tatsächlich die Empfänger erreichen (Kroeber-Riel & Esch, 2000, S. 13).

Es wird nun dargelegt welche Wirkung Bilder auf die Wahrnehmung der Rezipienten ha- ben.

2.2 Bilder und deren Wirkung auf die Wahrnehmung der Rezipienten

Wahrnehmung ist der „[…] Vorgang, durch den Individuen Informationen über ihre Umwelt und ihr eigenes Selbst […] aufnehmen und verarbeiten“ (Wiswede, 2004, S. 604). Sie wird nicht nur durch die physikalische Beschaffenheit der wahrgenommenen Reizkonfigurationen bestimmt, sondern auch von den Zuständen, also beispielsweise Motiven und Stimmungen, und den Vorstellungen des Wahrnehmenden. Wahrnehmungen werden aktiv gefiltert und verarbeitet und von vielfältigen sozialen Faktoren mitgeprägt (Wiswede, 2004, S. 604). „Auch Emotionen und Werthaltungen nehmen Einfluß [sic!] und tragen dazu bei, daß [sic!] wir nicht einfach ‚Abbilder der Realität‘ registrieren, sondern daß [sic!] wir Realität auch konstruieren“ (Moser, 2002, S. 117).

„Die tägliche Flut von Bildern, die bewußt oder unbewußt wahrgenommen wird, prägt die Vorstellung von der Realität“ (Reiche, 2003, S. 16). Problematisch ist allerdings, dass Bilder weder authentisch, noch objektiv sind, sondern den subjektiven Entscheidungen des Fotografen unterliegen (Reiche, 2003, S. 16) und ebenso wie Texte oder andere Abbilder der Welt manipuliert werden können (Schäfer, 2003, S. 6).

Moser (2002) beschreibt vier Thesen zur Wirkung von Bildern. Bilder tragen dazu bei, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu lenken und ihn zu aktivieren, sind besser erinnerbar als Wörter und unterstützen die Wirkung werblicher Botschaften auf die Einstellung der Empfänger, indem sie Beispiele geben, emotionalisieren oder innere Vorstellungsbilder erzeugen. Zudem können Bilder im Vergleich zu Texten schneller und verständlicher auf- genommen werden (S. 232).

Durch die permanente Bildwiederholung entsteht bei den Rezipienten der Eindruck, als würde es sich beim Dargestellten um die tatsächliche Wirklichkeit handeln. Der Betrachter ist den Bildern ausgeliefert, da er nicht in der Lage ist, sie zu überprüfen oder unter Umständen nicht das Bedürfnis hat, dies zu tun. Je stereotyper die Bilderwelt und je ausdrucksstärker das einzelne Bild ist, desto langfristiger werden die Inhalte im Gedächtnis gespeichert (Reiche, 2003, S. 11). Viele Menschen sträuben sich nicht gegen das Denken und Wahrnehmen in Stereotypen, sondern sind froh über die Vereinfachung der Welt, die ihnen auf diese Weise geliefert wird (Reiche, 2003, S. 13).

2.2.1 Fotografie und Manipulation

Die Erfindung der Fotografie im Jahr 1826 erfolgte in einer Zeit der grundlegenden Verän- derung der Wahrnehmung und menschlichen Lebenswelt. Sie ermöglichte ohne die sub- jektive Vermittlung eines Malers oder Zeichners die Realität präzise abzubilden, zu spei- chern und beliebig oft zu reproduzieren. Schnell wurde die Fotografie zu einem wirt- schaftlich bedeutsamen Massenmedium, sodass sie von den unterschiedlichsten Berei- chen aufgegriffen wurde und sowohl im wissenschaftlichen, als auch privatem Rahmen zum Einsatz kam (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 12). „Das Foto wurde als Erweiterung, Verbesserung und Präzisierung des menschlichen Wahrnehmungsvermögens gefeiert, als technisches Organ der Wirklichkeitsbemächtigung, was auch zu sehen erlaubte, was [niemand zuvor gesehen hatte]“ (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 13). Das Foto wurde ge- wissermaßen als Inbegriff des Realismus und als ein Dokument, das einen massenmedia- len Zugriff auf die Wirklichkeit zulässt, angesehen (Schmidt & Zurstiege, 2000, S. 13).

Seit ihrer Erfindung vermitteln die Fotografie und der Film den Eindruck, sie würden die Wirklichkeit objektiv und unverfälscht darstellen (Schierl, 2003, S. 154). Dem ist allerdings nicht so. Aufgrund ihrer Komplexität ist es unmöglich, die Welt in ihrer Gesamtheit und auf eine angemessene Art und Weise zu erfassen. Aus diesem Grund sind Aufnahmen immer das Resultat von Selektions- und Interpretationsprozessen, bei denen große Teile der Wirklichkeit ausgeblendet werden (Schierl, 2003, S. 158-159).

Ein Bild ist etwas vom Menschen Geschaffenes und ist sowohl in der Lage, die Realität abzubilden, als auch die Wirklichkeit verändert darzustellen und sie zu manipulieren. „Zu den besonderen Vorzügen des Bildes gehört, daß es Realität mit großer Detailtreue wie- dergeben kann. Mit gleicher Detailliertheit vermag ein Bild aber auch Realität vorzugau- keln“ (Doelker, 2002, S. 23). Durch die Möglichkeit der Bildbearbeitung kann es zu einer Täuschung der Rezipienten kommen. Den Betrachtern werden Bilder gezeigt, die unter Umständen nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern die das Ergebnis von Bildbearbei- tung sind. Durch die Digitalisierung gibt es neue Möglichkeiten der Veränderung von Fo- toaufnahmen und damit der Fälschung und Täuschung (Doelker, 2002, S. 25). Im Bereich der Werbung bietet die Bildbearbeitung die Möglichkeit, die Bilder für die Werbeziele zu optimieren und sie zu wirksamen Mitteln der Verhaltenssteuerung zu machen (Brehm, 2003, S. 74).

2.2.2 Aktivierung der Rezipienten durch Werbebilder

Aufgrund des Zuwachses an Medien und der dadurch erforderlichen Selektion durch die Verbraucher, kommt es zu einem Kampf um die Aufmerksamkeit der Rezipienten (Pleh- we, 2007a, S. 14). Das Maximum an Aufmerksamkeit, das der Werbung entgegengebracht wird, ist häufig nur der beiläufige Blick des Rezipienten (Brehm, 2003, S. 74). „Zur erfolg- reichen Aktivierung von Rezipienten ist die Vermittlung von Emotionen erforderlich. Da Emotionen vom Menschen gelebt werden, gibt es kein besseres Mittel zur Kommunikati- on von Emotionen als die Abbildung von Menschen auf Werbebildern“ (Gläßel, 2010, S. 29).

Die Werbung ist in der Lage menschliche Bedürfnisse anzusprechen, die die tatsächlichen Leistungen eines Produktes übertreffen. „[Sie] verspricht Jugendlichkeit, Schönheit, emotionale Sicherheit, soziale Anerkennung, beruflichen Erfolg, Liebe und Glück, obwohl mit dem Kauf und der Verwendung der Konsumgüter diese Versprechen kaum je einzulösen sind“ (Hunziker, 1996, S. 68). Dennoch sind die an allgemein verbreitete Lebensziele und Ideale gerichteten Appelle wirksam genug, um den hohen finanziellen Aufwand, der für ihre werbliche Thematisierung betrieben wird, zu rechtfertigen (Hunziker, 1996, S. 68-69). Während alle anderen Medien einer Selektion durch die Rezipienten unterliegen, kommt der Werbung eine besondere Bedeutung zu, da sie ungefiltert von allen Gesellschaftsmitgliedern aufgenommen wird (Reinhart, 2011, S. 68).

Es soll nun auf die Darstellung von Frauen und Attraktivität in der Werbung eingegangen werden.

2.3 Die Darstellung von Frauen in der Werbung

Die Medien spielen sowohl bei der öffentlichen Meinungsbildung, als auch bei der Sozialisation eine große Rolle. Sie liefern „[…] Vorbilder für Frauen und Mädchen, die durch die wiederholte, unumgänglichen Konfrontation verinnerlicht und übernommen werden.“ (Deuser et al., 1995, S. 82).

Bei der Darstellung von Frauen in der Werbung können im Laufe der Zeit einige Verände- rungen beobachtet werden. Frauen werden zunehmend emanzipierter und erfolgreicher dargestellt, als es früher der Fall war. Sie tragen schöne Kleidung, sind gepflegt, selbstbe- wusst und gebildet (Schmidt, 2009, S. 9). In der Vergangenheit warben Frauen eher für Haushaltswaren und Pflegeprodukte, während Männer für Alkohol, Zigaretten und Autos Werbung machten. Inzwischen wurden die Grenzen zwischen den typisch männlichen beziehungsweise weiblichen Werbedarstellungen jedoch deutlich vermindert. Obwohl Frauen immer positiver dargestellt werden, ist dennoch eine Verschlechterung bezüglich der idealisierten Darstellung von Frauen in der Werbung festzustellen (Schmidt, 2009, S. 9-10). Frauen, die in den Werbungen gezeigt werden, zeichnen sich überwiegend durch ihre Schönheit und Schlankheit aus. Aufgrund der permanenten Konfrontation mit diesen Darstellungen, werden die Darbietungen von den Rezipienten verinnerlicht und als eigene Vorbilder und Idealvorstellung akzeptiert (Deuser et al., 1995, S. 82). Durch diesen medial vermittelten Körperkult wächst für immer mehr Personen die Bedeutsamkeit der eigenen Schönheit zu einem zentralen Bestandteil ihres Lebens heran (Bauernfeind, Fauster & Lang, 2002, S. 83), sodass bei den Rezipientinnen durch die Werbung der starke Wunsch den Darstellerinnen möglichst ähnlich zu sehen geweckt wird (Reinhart, 2011, S. 64). Der Mensch reduziert seine Umgebung auf ein vereinfachtes Modell und entwickelt Schema- ta, um in der Lage zu sein, sich in seiner komplexen Umwelt zurechtfinden zu können. „Durch die Werbung werden verschiedene Verbrauchertypen forciert und somit zu Leit- bildern aufgebaut, die dann vom Rezipienten nachgeahmt werden“ (Reinhart, 2011, S. 68). Es wird nun gezeigt, auf welche Weise Frauen in der Werbung stereotypisiert wer- den.

2.3.1 Stereotypisierte Frauendarstellung in der Werbung

„Werbung regt nicht nur zum Kauf von Produkten an, sondern trägt ebenso wie redaktio- nelle Medienberichte zur Verbreitung gesellschaftlicher Trends, Klischees und Stereoty- pen bei. [Sie werden] uns gleichsam mit der Anpreisung des Produkts mitgeliefert“ (Posch, 1999, S. 108). Mit dem Produkt übermittelt die Werbung gleichzeitig auch vor- herrschende soziale Standards und trägt dadurch dazu bei, stereotype Vorstellungen über weibliche Attraktivität und deren positive Effekte auf alle Lebensbereiche zu verstärken (Deuser et al., 1995, S. 88).

„Die Stereotypen, die in der Werbung gezeigt werden, suggerieren ein Streben nach Per- fektion, welches mit Reichtum, Schönheit und Erfolg gleichgesetzt wird“ (Reinhart, 2011, S. 69). Es soll nun darauf eingegangen werden, auf welche Weise Frauen in der Werbung bezüglich ihres Aussehens und ihrer Rolle stereotypisiert werden.

2.3.1.1 Auf das Aussehen bezogene Stereotype

Das kontinuierlichste und auffälligste Merkmal der meisten Frauendarstellungen in der Werbung bildet das überdurchschnittlich schöne Erscheinungsbild (Klaus, 2005, S. 234). Die deutsche Idealfrau in der Werbung ist unter 30 Jahre alt und zeichnet sich durch eine schlanke Figur, eine kleine schmale Nase, volle Lippen, große Augen, einen makellos ent- haarten Körper und eine ebenmäßige faltenlose Haut aus. Um derartig fehlerfrei zu blei- ben, muss sich die Frau permanent um ihr Aussehen bemühen. In der Werbung wird der Eindruck erweckt, dass dies beispielsweise mithilfe von Kosmetikprodukten möglich ist, die käuflich erworben werden können (Schmidt, 2009, S. 16-17). Nahezu für alle Produk- te, von Mode bis hin zu Werkzeug, kann mit schönen weiblichen Körpern geworben wer- den, die in erotischer Weise dargestellt werden und besonders für Männer sexuelle An- spielungen suggerieren (Sanford & Donovan, 1994, S. 218). Es kann beobachtet werden, dass die Attraktivität und erotische Ausstrahlung von Frauen in der Werbung um die Komponente des Selbstbewusstseins erweitert wird. „[Das] selbstbewusste […] Auftreten macht die Attraktivität des neuen Frauentyps des 21. Jahrhunderts aus“ (Baszczyk, 2003, S. 130). Häufig wird der weibliche Körper in der Werbung als zerbrechlich und schlank dargestellt. Dieser labile Eindruck wird auch durch die oftmals geknickte Körperhaltung der Models verstärkt (Mühlen-Achs, 1998, S. 47). Da in der Werbung eine starke Fokussie- rung auf die weibliche Schönheit erfolgt, werden ältere Frauen weitgehend ausgeblendet (Baszczyk, 2003, S. 131). Schon immer gab es in der Werbung schöne Frauen, doch noch nie waren sie so perfekt wie jetzt (Gläßel, 2010, S. 39). Es herrscht eine recht einheitliche Vorstellung davon, was schön ist (Moser, 2002, S. 230).

2.3.1.2 Auf das Verhalten und die weibliche Rolle bezogene Stereotype

Stereotypisierte Darstellungen von Frauen in der Werbung weichen von dem tatsächli- chen gesellschaftlichen Frauenbild ab und führen zu einer Verstärkung der Rollenkli- schees (Baszczyk, 2003, S. 143). In der deutschen Werbung werden Sex und Erotik auf- grund ihrer hohen Werbewirksamkeit häufig eingesetzt (Schmidt, 2009, S. 17) und die Darstellung weiblicher Schönheit erscheint oft erst durch die Bestätigung und Bewunde- rung des männlichen Blicks als wertvoll. Sie ist somit eng an den Erfolg beim anderen Ge- schlecht gekoppelt, wobei die Attraktivität der Modelle als deren Kapital vermittelt wird (Deuser et al., 1995, S. 88). In der Werbung ordnen sich die Frauen häufig dem Mann ri- tuell unter und übernehmen oftmals lediglich einen Ergänzungspart. „Er ist Held, Retter in der Not, Reiseleiter, Sportlehrer, Konstrukteur und kühler Planer, ohne den die Frau an seiner Seite aufgeschmissen wäre. […] Der Körpercode beider Geschlechter steht im Dienste maskuliner Herrschaftsansprüche“ (Wilk, 2011, S. 75). Eine weitere Rolle, die Frauen in der Werbung häufig zugeschrieben wird, ist die der Konkurrentin. Sie misst sich in der Werbung mit anderen Frauen und geht dabei als Gewinnerin hervor (Sanford & Donovan, 1994, S. 219). Bereits seit Jahrhunderten ist die Darstellung der gründlichen Hausfrau, liebevollen Ehefrau und fürsorglichen Mutter aktuell, doch auch bei der Dar- stellung dieses Stereotypen fällt auf, dass die Modelle auffällig attraktiv sind (Baszczyk, 2003, S.101). In der Werbung „[…] werden Frauen in den ‚typisch klassischen Verhaltens- weisen‘ gezeigt: gefühlsbetont, einfühlsam, freundlich, unselbstständig und hilflos, insbe- sondere dann, wenn es um die sogenannten ‚entscheidenden Dinge‘ des Lebens geht. Männer dagegen strahlen meist Kraft, Stärke und Dominanz aus“ (Dorer & Marschik, 1999, S. 8).

Zwar werden die weiblichen Stereotype in der Werbung im Laufe der Zeit differenzierter, doch trotzdem gestaltet sich das Frauenbild weiterhin sehr einseitig (Dorer & Marschik, 1999, S. 6). Teilweise wird die vereinfachende und Komplexität reduzierende Darbietung von Stereotypen von Seiten der Rezipienten dankbar angenommen (Reiche, 2003, S. 13).

Besonders jüngere Rezipienten orientieren sich an den stereotypisierten Geschlechterdarstellungen und machen diejenigen Modelle, Schauspieler und Darbietungen zu ihren Leitbildern, die das kulturelle Konzept von Männlichkeit beziehungsweise Weiblichkeit am besten verkörpern (Fowles, 1996, S. 215).

2.3.2 Schönheitsideale und Schönheitswahn

Das Phänomen der Schönheit beschäftigt die Menschheit schon seit sehr langer Zeit und übt eine große Faszination auf sie aus. Obwohl das Streben nach Attraktivität in jeder Zeit und Kultur vorkommt, wurden Schönheitsideale in der modernen Wissenschaft lange für nicht untersuchungswürdig gehalten (Etcoff, 2001, S. 30-31).

Fernsehsendungen wie „Germanys Next Topmodel“ und „The Swan“, in denen das Äußere einen wesentlichen Bestandteil der Formate darstellt, und die zunehmende Thematisierung von Attraktivität in den Medien führt dazu, dass die modernen Schönheitsideale immer stärker diskutiert werden. „In diesem Zusammenhang sprach man vielmehr von Exzessen des modernen Schönheitswahns und stellte infolgedessen eine ganze Schönheitsindustrie und ihre Ideale an den Pranger“ (Trini, 2006, S. 1).

2.3.2.1 Wandelnde Schönheitsideale und das Ideal des 21. Jahrhunderts

Die Vorstellung davon, was Schönheit ausmacht, ändert sich mit den in der jeweiligen Epoche geltenden Schönheitsidealen. In jedem Zeitalter und jeder Gesellschaft gibt es abweichende Schönheitsideale, so dass im Barock korpulente Personen als hübsch galten, während „Das westliche Ideal des 20. und 21. Jahrhunderts […] schlanke - am Ende des 20. Jahrhunderts sogar magere, androgyne - Körper [bilden]“ (Bauer, 2010, S. 19). „Die Gesellschaft ist am Anfang des 21. Jahrhunderts gekennzeichnet von fortschreitenden Vereinheitlichungstendenzen, von einem Selbstverwirklichungswahn […], von einem Körper- und Vitalitätskult, einem offensichtlich nur noch durch chirurgische Eingriffe zu haltenden jugendlichen Schönheitsideal, einem Kult mit Namen wie ‚Botox‘ oder ‚ewigstraffe Pobacken‘“ (Bauer, 2010, S. 9-10).

„Jeder Mensch trägt ein gewisses Idealbild von der Frau und ihrem Körper in seiner Vor- stellung“ (Reinhart, 2011, S. 63). Während es in der Vergangenheit in verschiedenen Län- 13 dern und Kulturen zahlreiche voneinander stark abweichende Schönheitsideale gab, nä- hern sie sich inzwischen immer weiter an. Dies kann damit begründet werden, dass die Massenmedien Bilder flächendeckend verbreiten (Deuser et al., 1995, S. 27). Es herrscht ein extrem schlankes, untergewichtiges Ideal, das nur durch Schlankheitskuren und diszi- pliniertes Körpertraining erreicht werden kann. „Das momentane Schönheitsideal redu- ziert weibliche Schönheit auf ein Gewicht, das so niedrig ist wie nie zuvor“ (Deuser et al., 1995, S. 27). Schlankheit wird gedanklich mit Schönheit und Gesundheit in Verbindung gebracht. Die meisten Menschen sehnen sich nach einem schlanken Körper (Davids, 2007, S. 21), doch nur circa 5,5 Prozent der Frauen verfügen auch tatsächlich über eine Wespentaille (Deuser et al., 1995, S. 38).

Der ideale Frauenkörper des 21. Jahrhunderts gleicht dem eines Mädchens zu Beginn der Pubertät. Er zeichnet sich durch lange schlanke Beine, sehr schmale Hüften, einen flachen Bauch und mädchenhaften Busen aus. Eine schlanke Statur und große Augen gelten als erotisch und spiegeln das Kindchenschema wieder. Die Jungendlichkeit ist im Kontext des ästhetischen Empfindens von hoher Bedeutung (Deuser et al., 1995, S. 28). Das ästhetische Ideal unserer Zeit und Kultur ist geprägt von einem Kult um die Ju- gendlichkeit. In den Medien, in Film und Fernsehen, in Illustrierten, Frauen- und Männerzeitschriften werden nahezu nur junge, fitte, attraktive Menschen darge- stellt. Auch die Werbebranche wirbt fast ausschließlich mit jungen Körpern. Der al- ternde Mensch verschwindet damit aus der Öffentlichkeit und aus dem medial ge- prägten Bewusstsein der Gesellschaft, und dieses, obwohl sich, demographisch betrachtet, die Alterspyramide immer mehr zu Gunsten der über Sechzigjährigen verschiebt. (Davids, 2007, S. 16)

Glatte, straffe, frisch aussehende und helle Haut ohne Falten ist ein Symbol der Jugendlichkeit und sowohl im Bereich der Kosmetikindustrie, als auch in dem der Plastischen Chirurgie werden zahlreiche Bemühungen unternommen, um den Alterungsprozessen der Haut entgegenzuwirken (Davids, 2007, S. 17).

2.3.2.2 Schönheit in den Medien und in der Werbung

Durch die Medien werden die Schönheitsideale weltweit so stark vereinheitlicht, dass die Gesellschaft individuellen Körpermerkmalen immer intoleranter gegenüber steht (Deuser et al., 1995, S. 36).

In Zeitschriften, Filmen und Werbespots sorgen Körper-Doubles und aufwendige Compu- ter-Retuschen für eine scheinbar makellose Fassade. Im Jahr 2004 starteten gleich mehre- re Fernsehsendungen zum Thema Schönheitsoperationen und auch die Zeitschrift Stern beschäftigte sich im Jahr 2006 mit dem Thema der käuflichen Schönheit (Zons, 2007, S. 13-14). Selbst vor der Politik macht der Schönheitswahn keinen Halt. Im Sommer 2005 veröffentlichte das S ü ddeutsche Zeitung Magazin Bilder badender Politiker. Dabei stan- den die Körper der Politiker und Regierungschefs im Zentrum und nicht der Wahlkampf (Diehl, 2007, S. 179). In der heutigen Werbung ist körperliche Schönheit nichts besonde- res, sondern eine Selbstverständlichkeit. Schöne Körper wecken die knappe Aufmerksam- keit der Zuschauer, indem sie reizen und die Blicke auf sich ziehen. „Heute gibt es fast nichts mehr, für das nicht schon einmal mit schönen und mehr oder weniger nackten Körpern geworben wurde“ (Trapp, 2007, S. 205).

Besonders in der Werbung erweisen sich Schönheitsideale als kurzlebig und modisch. Werbeschönheiten, die noch vor wenigen Jahren als attraktiv galten, wirken inzwischen oftmals lächerlich und würden heute in keiner Werbung mehr zu sehen sein (Trapp, 2007, S. 206). Seit es Reklame gibt, waren attraktive Frauen beliebte Werbeträger, doch steht ihre Schönheit immer mehr im Zentrum. In der Vergangenheit waren die meisten Frauen in der Werbung zwar hübsch, aber nicht übererotisiert schön. Heute sind „[d]ie Modelle […] ebenso extrem schön wie erotisch inszeniert […]. Schönheit und Erotik sind hier nicht voneinander zu trennen“ (Trapp, 2007, S. 212-213).

„Vor allem die Wahrnehmung der jüngeren Generationen ist stark von visuellen Sinness- eindrücken geprägt - nur logisch, dass sich entsprechend auch der Prestige- und Distink- tionswert von schönen Körpern und Kleidern steigert“ (Reinacher, 2010, S. 101). Wie bereits beschrieben, werden Frauen in der Werbung häufig in einer idealisierenden Weise dargestellt. Die daraus resultierende Unzufriedenheit der Rezipientinnen mit ihrem Äußeren kann von den Werbeschaffenden durchaus gewollt sein, da dadurch ein Bedarf nach den in der Werbung angepriesenen Produkten entsteht, durch die die vermeintli- chen ästhetischen Mängel behoben werden können (Schmidt, 2009, S. 17).

2.3.2.3 Psychologische Wahrnehmung von Schönheit und Halo-Effekt

Bei dem modernen Menschen hängt das Selbstbewusstsein im hohen Maße von dem Bild ab, das er von sich selbst besitzt. Je stärker dieses Bild als mangelhaft empfunden wird, desto extremer wird das Äußere durch Kleidung, Kosmetik, Muskelaufbau und sogar kosmetische Operationen entsprechend der eigenen Vorstellungen verändert, um einen idealen Anschein zu präsentieren (Reinacher, 2010, S. 13). Die Dinge, die dem idealisierten Aussehen im Wege stehen werden beseitigt oder verändert, doch sollen die Veränderungen nicht auffallen, sodass der Eindruck entsteht, als wäre das Aussehen naturbelassen. Der menschliche Körper ist zunehmend den medial vermittelten Vorgaben unterworfen, wie er idealerweise auszusehen hat (Reinacher, 2010, S. 16).

Das Verlangen nach körperlicher Schönheit geht so weit, dass Personen mit einem attrak- tiven Äußeren von Geburt an bessere soziale Chancen besitzen und digital bearbeitete Bilder natürlichen Gesichtern vorgezogen werden (Zons, 2007, S. 22). Der optische Auf- tritt spielt sowohl im beruflichen, als auch im privaten Bereich eine immer größere Rolle (Reinacher, 2010, S. 98).

Eine Untersuchung der psychologischen Fakultät der Universität Regensburg brachte das Ergebnis, dass die Probanden mit einer großen Eindeutigkeit attraktiven Personen positi- vere Charaktereigenschaften zusprachen, als weniger anziehenden Menschen. So beur- teilten sie die schönen Personen als „Wesentlich geselliger, zufriedener, [...] fleißiger, in- telligenter, kreativer, sympathischer, erfolgreicher, aufregender, zugänglicher und sogar ehrlicher […]“ (Reinacher, 2010, S. 17). Dieses Phänomen, bei dem von einem angeneh- men Äußeren automatisch auf ein positives Wesen geschlossen wird, wird als Halo-Effekt bezeichnet. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass sich bei dem Anblick von Frem- den vor dem inneren Auge innerhalb kurzer Zeit ein aus Bruchstücken von Erinnerungen, Erfahrungen und Emotionen kombiniertes Bild zusammensetzt. Hierbei handelt es sich um eine stark vereinfachende Version der Realität, die auf Stereotypen beruht (Reina- cher, 2010, S. 97).

2.3.2.4 Sozialer Vergleich

„Der Mangel an Selbstwertgefühl begründet nicht nur die unablässige Suche nach Bestä- tigung, ebenso die Furcht, eine andere Frau könnte besser aussehen, schlanker und be- 16 gehrenswerter sein und deshalb mehr geliebt und bewundert werden“ (Deuser et al., 1995, S. 112). Das Leben vieler Frauen gleicht einem ständigen Schönheitswettbewerb. Sie möchten die anderen Frauen an Schönheit übertreffen, ziehen aus diesem Grund ständig kritische Vergleiche (Deuser et al., 1995, S. 112) und wenden viel Zeit und Energie auf, um herauszubekommen, auf welcher Stufe sie sich im Vergleich mit anderen befin- den. Sind sie in der Gesellschaft von Menschen, die sie geringer einstufen als sich selbst, steigt ihre Selbstachtung, während diese sinkt, wenn sie sich mit Personen vergleichen, gegenüber denen sie sich unterlegen fühlen. Dem Vergleich mit Anderen kann man sich nur schwer entziehen, doch er bringt nicht nur negative Faktoren mit sich. Der Verglei- chende erhält zahlreiche Informationen über sich selbst und den Grad seiner Anpassung an die Umwelt und wird dazu veranlasst, seine Ziele konsequent zu verfolgen und sich auf die Annäherung an seine Ideale zu konzentrieren. Bedenklich ist der Vergleich jedoch, wenn er chronisch wird und sich die Person permanent mit anderen Menschen misst (Sanford & Donovan, 1994, S. 279). „Aufgrund ihrer ständigen Bewertung der vorhande- nen Unterschiede […] kommen diese Frauen gar nicht auf die Idee, daß [sic!] zwei sehr verschiedene Menschen oder Dinge absolut gleichwertig sein können. Eine neutrale Beur- teilung ist ihnen also gar nicht möglich“ (Sanford & Donovan, 1994, S. 280).

Da Schönheit ein begrenztes Gut ist und nur von wenigen Frauen erreicht werden kann, provoziert sie Konkurrenz. Frauen werden dazu veranlasst, einander misstrauisch zu begegnen und zu bewerten, wem es besser gelingt, dem angestrebten Ideal näher zu kommen (Posch, 1999, S. 126).

Da Werbebilder optimierte Kommunikate darstellen und die darauf abgebildeten weiblichen Schönheitsideale die große Mehrheit der Frauen an Schönheit über- treffen, gestaltet es sich für rezipierende Frauen schwierig, positive und den Selbstwert stärkende Informationen zu erhalten. Eine Selbst-Evaluation resultiert meist mit dem gleichen Ergebnis: Die Frau auf dem Werbebild ist schöner. (Gläßel, 2010, S. 53)

Die Tendenz, sich und die eigene Attraktivität mit einem Idealbild oder dem Äußeren an- derer Personen zu vergleichen, führt zu einer verminderten Körperzufriedenheit und er- höht im Extremfall die Gefahr, an einer Essstörung zu erkranken (Forster, 2002, S. 41). Hier zeigt sich bereits, dass durch den medialen Schönheitsdruck und den Vergleich er- hebliche Probleme entstehen können. Es soll nun detaillierter auf die Risiken des gesell- schaftlich verbreiteten Schönheitsideals eingegangen werden, bevor Lösungswege aufge- zeigt werden, mit denen ihm entgegengewirkt werden kann.

2.3.2.5 Gefahren durch den Schönheitswahn

Die Mehrzahl der Menschen ist unzufrieden mit sich selbst und dem eigenen Körper. Es wird einem Schönheitsideal nachgeeifert, das für die meisten Menschen unerreichbar ist (Brakop, 2007, S. 94-95). Die Rezipienten lassen sich bei ihrer Körperwahrnehmung oft unbewusst durch die Medien beeinflussen, verinnerlichen die medialen Darstellungen als Norm und vergleichen sich mit diesen. Viele Heranwachsende orientieren sich an Prominenten und eifern deren Aussehen nach (Brakop, 2007, S. 97).

Die Medienkultur scheint eine Dimension eröffnet zu haben, in der die Trennung zwischen Schein und Sein, Fiktion und Realität schleichend aufgelöst wird. […] Der spielerische Umgang mit Bildern und Inhalten, mit Geschichten und Ereignissen, die Manipulation, die Brechung des Menschlichen durch die Kamera, der Einfluss der Kommentare und Halb-wahrheiten, erreicht uns gewaltig. Und wir können uns auch der Thematisierung der ‚Schönheit‘ über Fotos, Werbung und einschlägigen Shows kaum noch entziehen. (Sonntag, 2010, S. 15-16)

Besonders in der Werbung werden diese Schönheitsideale vermittelt (Trini, 2006, S. 1). „Die einzelnen Bilder in den Medien mögen relativ harmlos wirken, aber zusammenge- nommen bilden sie […] eine Macht, die alles durchdringt und kleben bleibt“ (Deuser et al., 1995, S. 88). Bei den Rezipienten entsteht aufgrund der Konfrontation mit attraktiven und schlanken Frauen in der Werbung der Eindruck, dass das gute Aussehen Zufriedenheit schafft und der Konsum zur Identitätsbildung beiträgt. „Bilder haben eine viel größere Macht als viele Menschen wahrhaben wollen“ (Deuser et al., 1995, S. 88). Der gesell- schaftliche Schönheitskult hat zahlreiche negative Auswirkungen und führt oftmals zu physischen und psychischen Beeinträchtigungen. „Das ewige Streben nach dem Schön- heitsideal kostet nicht nur Geld und Geduld, es kann auch emotionale und psychische Qualen bereiten […], [sodass] der eigene Körper in einem vom Menschen selbst provo- zierten Kampf zum Schlachtfeld degradiert wird“ (Bauernfeind et al., 2002, S. 83). „Durch die ständige Begegnung und Konfrontation mit den medial vermittelten Bildern und Iko- nen wird der Druck für Frauen, diesen gleichkommen zu müssen, immer größer […]“ (Reinhart, 2011, S. 162).

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Excerpt out of 82 pages

Details

Title
Ideal oder real? Die Darstellung weiblicher Schönheit in der Werbung der Dove-Kampagne "Initiative für wahre Schönheit"
College
University of Passau
Grade
1,3
Author
Year
2014
Pages
82
Catalog Number
V293569
ISBN (eBook)
9783656909347
ISBN (Book)
9783656909354
File size
803 KB
Language
German
Keywords
ideal, darstellung, schönheit, werbung, dove-kampagne, initiative
Quote paper
Anna-Maria Lehre (Author), 2014, Ideal oder real? Die Darstellung weiblicher Schönheit in der Werbung der Dove-Kampagne "Initiative für wahre Schönheit", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293569

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