Die Frage, ob und auf welche Weise Cannabis in Deutschland legalisiert werden sollte, wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Während sich Cannabisbefürworter hauptsächlich auf den medizinischen Nutzen sowie auf das Scheitern der deutschen Drogenpolitik berufen, verweisen die Gegner auf jahrzehntelang bestehende Gesetze und auf die Suchtgefahr, die von Cannabis ausgeht.
Dass die Legalisierung und Regulierung des Cannabismarkts seitens des Staates jedoch enorme ökonomische Vorteile schaffen kann, zeigt nicht zuletzt das Beispiel Colorado. Dort wurde seit Beginn 2014 der Verkauf von Cannabis im lizensierten Einzelhandel legalisiert. Seither verzeichnet Colorado Millionen an Steuereinnahmen, die monatlich durch die neu geschaffene Cannabisindustrie generiert werden.
Nach dem Vorbild Colorados beschäftigt sich diese Arbeit mit der Untersuchung und Bewertung der Nutzen und Kosten, die durch die Legalisierung von Cannabis in Deutschland entstehen würden. Im Vordergrund dieser Analyse steht die Schätzung des zu erzielenden Steuerertrags. Da die Prognostizierung dieser Variable einige detaillierte Schritte benötigt und es weitestgehend keine anderen ausführlichen Schätzungen gibt, wurden die Steuererträge in dieser Abhandlung eingehend vorhergesagt.
Mithilfe von Vergleichswerten aus Colorado, der Tabakindustrie und ähnlichen Studien wurden zudem andere monetäre sowie nicht-monetäre Kosten und Nutzen ermittelt. Unter Verwendung von prognostizierten, übernommenen oder angepassten Werten konnte so eine repräsentative Gegenüberstellung der Kosten und Nutzen stattfinden. Daraus resultiert ein enormer Nutzen, der sich größtenteils aus Steuereinnahmen sowie Einsparung von Repressionskosten zusammensetzt. Die Regulierung des Cannabismarktes stellt auf der Kostenseite noch den verhältnismäßig größten Aufwand dar. Anhand der vergleichsweiße geringen Kosten gegenüber dem enormen Nutzen kann jedoch ein ökonomischer Nutzen, der durch die Legalisierung und Regulierung des Cannabismarkts eingeht, festgestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Motivation und Danksagung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Thematische Abgrenzung
1.4 Überblick über die Arbeit
2 Status quo: Deutsche Drogenpolitik
2.1 Entstehung des Cannabisverbots
2.2 Der Kampf der USA gegen Cannabis
2.3 Das deutsche Betäubungsmittelgesetz
3 Cannabis-Legalisierung in Colorado / USA
3.1 Colorados Weg in die Cannabis-Legalität
3.2 Colorados Steuermodell & Steuereinnahmen
3.2.1 Steuermodell
3.2.2 Steuereinnahmen
3.3 Steuerprognosen, Fehleinschätzungen & Gründe
3.4 Steuerverwendung & Ausgaben
4 Legalisierung in Deutschland / Potenzieller Steuerertrag
4.1 Hauptbezugsquellen
4.2 Ermittlung des Steuerertrags
4.2.1 Schemata der Analyse
4.2.1.1 Schritt 1 / Schätzung der jährlichen Cannabisnachfrage.
4.2.1.2 Schritt 2 / Schätzung des Groß- und Einzelhandelspreises
4.2.1.3 Schritt 3 / Anpassung der Gesamt-Cannabisnachfrage..
4.2.1.4 Schritt 4 / Ermittlung des Steuerertrags.
4.3 Fazit der Analyse
4.4 Lizensierte Verkaufsstellen vs. Freier Verkauf
4.4.1 Szenario 1 / Verkauf in lizensierten Verkaufsstellen
4.4.2 Szenario 2 / Freier Verkauf
5 Kosten-Nutzen Analyse
5.1 Kosten der Legalisierung von Cannabis
5.2 Nutzen der Legalisierung von Cannabis
5.3 Gegenüberstellung: Kosten - Nutzen
6 Fazit und Ausblick
Glossar
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Steuereinnahmen pro Monat, durch den Verkauf von Cannabis in lizensierten Verkaufsstellen in Colorado
Abbildung 2: Cannabiskonsumenten 2012, verteilt nach Altersstruktur
Abbildung 3: Zusammensetzung des endgültigen Einzelhandelspreises zum Erwerb von einem Gramm Cannabis
Abbildung 4: Beeinflussende Post-Legalisierungs-Faktoren des Cannabis Konsums
Abbildung 5: Prognostizierte Verbrauchsteuer, Mehrwertsteuer und gesamter Steuerertrag durch die Legalisierung von Cannabis
Abbildung 6: Nutzen vs. Kosten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Durchschnittliche Marktwerte verschiedener Teile der Cannabispflanze von Januar bis Juli 2015
Tabelle 2: Geschätzte Steuereinnahmen des Staates Colorado durch den Verkauf von Cannabis im Einzelhandel
Tabelle 3: 12-Monats-Prävelenz des Konsums von Cannabis, 18- bis 64- Jährige
Tabelle 4: Maßnahmen und Kosten im Zuge der Legalisierung von Cannabis und der Regulierung des Markts
Tabelle 5: Monetäre Nutzen sowie jeweilige Erträge & Ersparnisse der Legalisierung von Cannabis in Deutschland
Tabelle 6: Beispiel der Steuereinnahmen Colorados im Juni 2014
Tabelle 7: Datengrundlage zur Berechnung der Cannabis-Konsumenten
Abstract
Die Frage, ob und auf welche Weise Cannabis in Deutschland legalisiert werden sollte, wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Während sich Cannabisbefürworter hauptsächlich auf den medizinischen Nutzen sowie auf das Scheitern der deutschen Drogenpolitik berufen, verweisen die Gegner auf jahrzehntelang bestehende Gesetze und auf die Suchtgefahr, die von Cannabis ausgeht.
Dass die Legalisierung und Regulierung des Cannabismarkts seitens des Staates jedoch enorme ökonomische Vorteile schaffen kann, zeigt nicht zuletzt das Beispiel Colorado. Dort wurde seit Beginn 2014 der Verkauf von Cannabis im lizensierten Einzelhandel legalisiert. Seither verzeichnet Colorado Millionen an Steuereinnahmen, die monatlich durch die neu geschaffene Cannabisindustrie generiert werden.
Nach dem Vorbild Colorados beschäftigt sich diese Arbeit mit der Unter- suchung und Bewertung der Nutzen und Kosten, die durch die Legalisie- rung von Cannabis in Deutschland entstehen würden. Im Vordergrund dieser Analyse steht die Schätzung des zu erzielenden Steuerertrags. Da die Prognostizierung dieser Variable einige detaillierte Schritte benötigt und es weitestgehend keine anderen ausführlichen Schätzungen gibt, wurden die Steuererträge in dieser Abhandlung eingehend vorhergesagt.
Mithilfe von Vergleichswerten aus Colorado, der Tabakindustrie und ähnli- chen Studien wurden zudem andere monetäre sowie nicht-monetäre Kos- ten und Nutzen ermittelt. Unter Verwendung von prognostizierten, über- nommenen oder angepassten Werten konnte so eine repräsentative Ge- genüberstellung der Kosten und Nutzen stattfinden. Daraus resultiert ein enormer Nutzen, der sich größtenteils aus Steuereinnahmen sowie Ein- sparung von Repressionskosten zusammensetzt. Die Regulierung des Cannabismarktes stellt auf der Kostenseite noch den verhältnismäßig größten Aufwand dar. Anhand der vergleichsweiße geringen Kosten ge- genüber dem enormen Nutzen kann jedoch ein ökonomischer Nutzen, der durch die Legalisierung und Regulierung des Cannabismarkts eingeht, festgestellt werden.
Motivation und Danksagung
Im Rahmen meines bisherigen Studiums lagen die inhaltlichen Schwerpunkte vorwiegend im Bereich der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. Neben der Anwendung meines im Studium erlangten Wissens konnte ich mit diesem Thema der Abschlussarbeit zudem meine Kompetenzen im volkswirtschaftlichen Bereich ausbauen. Ein weiterer Grund für diese Aufgabenstellung ist auf die hohe Aktualität der Thematik zurückzuführen und dem daraus entstandenem persönlichen Interesse.
Mein Dank gilt in erster Linie Prof. Dr. Monika Ruschinski, die durch Ihre kompetente und engagierte Betreuung maßgeblich zu meiner Motivation und dadurch zum Gelingen dieser Forschungsarbeit beigetragen hat.
Ebenso gebührt selbstverständlich meinen Eltern ein großer Dank, da sie mir ein Studium an der Technischen Hochschule Ingolstadt ermöglicht und mich während der gesamten Zeit unterstützt haben.
1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit
Das Thema Cannabis-Legalisierung in Deutschland ist aktueller denn je. Selbst die Bundeskanzlerin musste sich zuletzt aufgrund des öffentlichen Interesses zu besagtem Thema äußern [vgl. Sutthoff 2015]. Der Staat Colorado in den Vereinigten Staaten von Amerika gestattet seit Anfang 2014 den Verkauf von Cannabis in lizensierten Verkaufsstellen. Weitere Staaten gaben mittlerweile bekannt, dem durchaus erfolgreichen Beispiel Colorados folgen und den Can- nabismarkt regulieren zu wollen [vgl. Sutthoff 2015]. Trotz dieser offensichtlich positiven, alternativen Drogenpolitik, scheint das Klischee des schule- schwänzenden jugendlichen Kiffers in den Köpfen der meisten Deutschen tief verankert zu sein. Die Tatsache, dass sich in fast allen Bevölkerungsgruppen Cannabiskonsumenten wiederfinden und der Konsum der Pflanze einen nach- gewiesen therapeutischen Nutzen besitzt, scheint allerdings oft vergessen zu werden [vgl. Khue 2015]. Aus Sicht des Ökonomen stellt sich zudem eine noch viel entscheidendere Frage: Welcher ökonomische Nutzen, vor allem in Form von Steuern, könnte durch die Transformation des Cannabis-Schwarzmarktes in einen vom Staat regulierten Markt erzielt werden.
Betrachtet man den Verlauf der Steuereinnahmen in Colorado, wird der enorme Nutzen der Legalisierung erkennbar. Aus einem zuvor bestehenden, aber un- genutzten Markt, werden nun monatlich Millionen Dollar an Steuern generiert [vgl. Colorado DoR 2014e]. Bei den in Deutschland geschätzten weit über zwei Millionen Konsumenten [vgl. Pfeiffer-Gerschel 2014a, S. 29] entsteht die be- rechtigte Überlegung, ob auch hierzulande ein vergleichbarer Steuerertrag er- zielt werden könnte und welche weiteren Nutzfaktoren durch die Legalisierung von Cannabis bestünden.
Daraus stellt sich ebenso die Gegenfrage, mit welchen monetären und nichtmonetären Kosten der Staat im Zuge der Legalisierung rechnen müsste.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, eine möglichst präzise Aussage über die Höhe der Steuereinnahmen zu treffen, die die Bundesrepublik Deutschland durch die Legalisierung von Cannabis generieren könnte. Neben dem steuerlichen Aspekt soll, durch eine umfangreiche Kosten-Nutzen-Analyse der monetären und nichtmonetären Gesichtspunkte, eine möglichst objektive Handlungsempfehlung zur Legalisierung von Cannabis entstehen.
1.3 Thematische Abgrenzung
Da es sich bei dieser Arbeit um eine ökonomische Analyse handelt, werden ausschließlich Kosten und Nutzen betrachtet, die wirtschaftliche Auswirkungen für den deutschen Fiskus implizieren. Vor allem bei der Entscheidung, ob die Legalisierung von Cannabis eine sinnvolle Maßnahme wäre, bleiben alle mora- lischen und persönlichen Werte unberücksichtigt und sind nicht Bestandteil die- ser Arbeit.
Hauptaugenmerk liegt auf der Berechnung des potenziellen Steuerertrags. Bei der Analyse des potenziellen Steuerertrags in Deutschland werden offizielle Berichte aus Colorado als Vorlage verwendet.
Andere Nutzfaktoren sowie Kosten, die durch die Legalisierung von Cannabis entstehen, werden soweit wie möglich mithilfe tatsächlicher Werte aus Colorado auf Deutschland transferiert. Zusätzlich werden ausgewählte deutsche Kennzahlen zur Prognostizierung der Kosten und Nutzen herangezogen.
Allgemein werden nur Größen betrachtet, die einen rein wirtschaftlichen Nutzen oder Kostenfaktor für den Fiskus darstellen. Dabei spielt es in der Kosten- Nutzen Analyse keine zwingende Rolle, ob die Punkte in exakten Geldeinheiten messbar gemacht werden können. Hier steht die Gegenüberstellung vergleich- barer ökonomischer Vor- und Nachteile im Vordergrund um die Entscheidungs- findung zu erleichtern.
1.4 Überblick über die Arbeit
Das zu behandelnde Thema findet trotz der hohen Aktualität in der akademi- schen Forschung wenig Beachtung. Größen wie die Zahl der Konsumenten und Konsummengen sind aufgrund der Illegalität nur schwer quantifizierbar. Des- wegen werden dieser Arbeit repräsentative Studien zu Konsumentenzahlen aus Deutschland und internationale Studien zu Konsumverhaltensmustern zugrunde gelegt. Ebenso lehnt sich diese Arbeit an Regulierungen in der Tabakindustrie, die relativ vergleichbar zu Cannabisregulierungen gestaltet werden könnten. Außerdem wird weitestgehend versucht mögliche Parallelen zum US- Bundesstaat Colorado herzustellen, der den Verkauf von Cannabis im Einzel- handel legalisiert hat. Eine Legalisierung hierzulande könnte sehr ähnliche Zü- ge annehmen.
Das auf die Einleitung folgende zweite Kapitel soll den Leser mit dem Thema Cannabis vertraut machen. Über die Entstehungsgeschichte des Cannabisverbots, dem Kampf der USA gegen die Droge und durch Schilderung der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland soll eine sinnvolle Hinführung zum zentralen Thema dieser Arbeit geschaffen werden.
Damit sich die Analyse teilweise auf tatsächliche Werte und Daten beziehen kann, wird das erfolgreiche Cannabis-Legalisierungsprojekt Colorados im drit- ten Kapitel genauer beschrieben. Dabei wird unter anderem auf das Legalisie- rungsmodell, das Steuermodell und auf Prognosen und Fehleinschätzungen eingegangen.
Kapitel 4 befasst sich daraufhin erstmals mit der eigentlichen Fragestellung die- ser Arbeit. Einen der größten aber zugleich auch den am schwierigsten zu quantifizierenden Nutzen stellt der zu erwartende Steuerertrag dar. Nach einer kurzen Vorstellung der Bezugsquellen soll der potenzielle Steuerertrag, der durch die Legalisierung von Cannabis erzielt werden könnte, möglichst präzise kalkuliert werden. Dem Ergebnis dieser Berechnung folgen das Fazit der Analy- se und zwei mögliche Szenarien für die Gestaltung des Cannabis-Vertriebs in Deutschland.
Neben den zuvor prognostizierten Steuererträgen entstehen durch die Legalisierung und Regulierung des Cannabismarktes zusätzliche monetäre und nichtmonetäre Nutzen sowie Kosten. Um eine vollständige Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen, werden alle Kosten- und Nutzfaktoren in Kapitel 5 gesondert aufgelistet, um anschließend miteinander verglichen zu werden. Dieser Vergleich beantwortet die Kernfrage der Arbeit, indem die Gesamtkosten den Gesamtnutzen gegenüberstellt werden.
Kapitel 6 beinhaltet noch einmal einen allgemeinen Überblick über die erarbei- teten Ergebnisse und einen kurzen Ausblick in die Zukunft deutscher Can- nabispolitik. Das Fazit gibt ebenfalls Aufschluss, ob die Legalisierung von Can- nabis in Deutschland, aus rein ökonomischer Perspektive, eine zu vertretende Alternative wäre.
2 Status quo: Deutsche Drogenpolitik
Die Deutsche Drogenpolitik besitzt eine facettenreiche Entstehungsgeschichte. Durch die Beschreibung des ursprünglichen Konsums der Droge Cannabis, des ersten offiziellen Cannabisverbots in Deutschland und des Kampfes gegen die Droge in den USA, soll im folgenden Kapitel eine Verknüpfung zur aktuellen rechtlichen Verankerung der Droge geschaffen werden.
2.1 Entstehung des Cannabisverbots
Die deutsche Drogenpolitik galt bis Anfang des 20 Jahrhunderts als sehr liberal. Erst als die Zahl an Opiumkonsumenten in Europa stieg wurde ein zunehmen- der Wunsch nach umfangreichen Regulierungen der Drogenmärkte erkennbar [vgl. Geyer und Wurth 2013, S. 25-26]. Die 1909 gegründete, Internationale Opium-Kommission hielt von 1911 bis 1912 in Den Haag ihre erste internationa- le Opium-Konferenz ab [vgl. Renggli und Tanner 1994, S. 92 -93]. Die dort be- schlossenen, restriktiven Regeln zum Handel mit Rohopium, Opiaten und Koka- in wurden jedoch erst nach langen Übergangsfristen in die Tat umgesetzt. Grund dafür waren die wirtschaftlichen Interessen damaliger Kolonialmächte, die mit Opiaten Handel trieben. Die Droge Cannabis wurde nur am Rande be- handelt, weshalb es zu keinen erwähnenswerten Umsetzungen prohibitiver Cannabispolitik in den Mitgliedsstaaten - darunter auch Deutschland - kam. Erst 1925, bei der internationalen Opium-Konferenz in Genf wurde Cannabis in die Liste der zu kontrollierenden Substanzen aufgenommen. Delegierte Ägyptens und der Türkei beantragten die Aufnahme zum Schutz nationaler Cannabispro- duktionen vor indischer Konkurrenz. Diese Willenserklärung wurde am 10. De- zember 1929 vom deutschen Reichstag in ein deutsches Gesetz umgewandelt und stellt seither den unberechtigten Besitz von Cannabis unter Strafe [vgl. Geyer und Wurth 2013, S. 26-27].
2.2 Der Kampf der USA gegen Cannabis
Die Opium-Konferenz von 1912 in Den Haag inspirierte in erster Linie die USA dazu den Drogen den Kampf anzusagen [vgl. Martin und Rashidian 2014, S. 38]. Am 1. März 1915 trat der „Harrison Act“ in Kraft. Im Zuge dessen wurden alle legalen Hersteller und Veräußerer der zu kontrollierenden Substanzen er- fasst und registriert. So entstand die Überwachung des Drogenmarktes, denn nicht nur die Händler, auch die damals legitimen Besitzer der Drogen, wurden in die Datenbank aufgenommen. So konnten Drogenbesitzer bestraft werden, de- ren illegale Substanzen, nicht auf Verfügung eines registrierten Verteilers zu- rückgeführt werden konnten [vgl. Briesen 2005, S. 79-80]. Der explizite Kampf gegen Cannabis, welches zum Zeitpunkt des „Harrison Acts“ noch nicht in der Liste der kontrollierten Substanzen aufgeführt wurde, begann erst in den 30er Jahren. [vgl. Martin und Rashidian 2014, S. 41]. Cannabis-Prohibitionist und Beauftragter des „US Bureau of Narcotics“, Harry J. Anslinger führte die erste Anti-Cannabis-Kampagne. Durch Propaganda gelang es Anslinger ein negati- ves Umdenken bezüglich Cannabis entstehen zu lassen, was maßgeblich zur Einführung des „Marihuana Tax Act“ führte. Das 1937 verabschiedete Steuer- gesetz legte dem Handel mit Cannabis solch enorme Steuern auf, dass kein gewinnbringendes Geschäft mit der Pflanze mehr erwirtschaftet werden konnte. Die USA setzte Ihre Anti-Cannabis-Kampagne mithilfe Anslingers, der 1947 zum Chef der UN-Drogenbehörde ernannt wurde, erfolgreich fort. Anslinger, der Cannabis zur Einstiegsdroge deklarierte, gelang 1954 sein erster internationaler Erfolg: Mithilfe handverlesener Experten brachte er die Weltgesundheitsorgani- sation (WHO) dazu, eine Erklärung abzugeben, die den therapeutischen Nutzen von Cannabis völlig dementierte. In der „Single Convention on Narcotic Drugs“, die 1961 von allen Mitgliedstaaten der UNO ratifiziert wurde, wird zudem die Beschränkung verbotener Substanzen - darunter auch Cannabis - auf medizini- sche und wissenschaftliche Zwecke vertraglich festgehalten [vgl. Geyer und Wurth 2013, S. 28-30].
2.3 Das deutsche Betäubungsmittelgesetz
Das 1971 verkündete Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stellt bis heute den Sta- tus quo des deutschen Drogenrechts dar. Jegliche verbotene Substanzen, da- runter auch Cannabis, sind in Anlage 1-3 zu § 1 Abs. 1 im BtMG geregelt [vgl. Böllinger und Stöver 2002, S. 451]. Laut BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 14 wird jede Person, die „Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, be- sitzt, sie durchführt, verschreibt, verabreicht, für sie wirbt, Gelegenheit zum Er- werb verschafft, dazu auffordert sie zu gebrauchen oder dafür Geldmittel bereit- stellt“ [Körner, Patzak und Volkmer 2012, §29], mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft .
Das 1929 beschlossene Opium-Gesetz, das auch das Cannabis-Verbot bein- haltete, diente als Grundlage der neuen Gesetzgebung und wurde durch das Betäubungsmittelgesetz abgelöst [vgl. Cousto 2010, S. 2]. Bis zur Einführung des BtMG war das Opiumgesetz weithin ein papierenes Recht ohne akute Ver- folgungsrealität. Grund dafür war vor allem die verhältnismäßig sehr geringe Anzahl sozial auffälliger Drogenkonsumenten [vgl. Quensel 1982, S. 47-48]. Im Zuge der Protestbewegungen Ende der 60er durch größtenteils oppositionelle Studenten, die mit Drogen und Drogenkonsum in Verbindung gebracht wurden und durch Hetzkampagnen der Presse nach dem Vorbild der Vereinigten Staa- ten, startete auch in Deutschland der Krieg gegen die Drogen. Das daraus re- sultierende Betäubungsmittelgesetz änderte den Stellenwert der Drogen- und speziell der Cannabispolitik bis heute fundamental [vgl. Cousto 2010, S. 5].
3 Cannabis-Legalisierung in Colorado / USA
Im folgenden Abschnitt der Arbeit soll mithilfe des Bundesstaates Colorado in den USA ein reales Beispiel der Cannabis-Legalisierung dargestellt werden. Durch Schilderungen des Steuer- und Verkaufsmodell, des Cannabis- Konsumverhaltens, der allgemeinen Fehlprognosen und Gesetzen und Regulie- rungen aus Colorado, sollen mögliche Handlungsempfehlungen und Parallelen für ein ähnliches Legalisierungsmodel in Deutschland geschaffen werden. Die Kosten-Nutzen Analyse dieser Studie kann sich dadurch auf tatsächliche Werte aus Colorado stützen.
3.1 Colorados Weg in die Cannabis-Legalität
Seit dem 10. Dezember 2012 ist es für jeden Bewohner Colorados über 21 Jahren legal bis zu einer Unze, also etwas mehr als 28 Gramm, Cannabis zu besitzen und zu konsumieren [vgl. Ingold 2013a]. Die Volksinitiative „Amendment 64“, über die am 6. November mit „Ja“ [vgl. The Denver Post 2014] abgestimmt wurde, erlaubt zudem den Verkauf von Cannabis in lizensierten Verkaufsstellen ab 1. Januar 2014 [vgl. Colorado DoR 2013a].
Cannabis wurde in Colorado im Jahr 1930 als Betäubungsmittel eingestuft und somit auch als illegal erklärt. Im Jahr 2000 stimmten die Bewohner Colorados positiv über das Volksbegehren „Amendment 20“ ab. Dieses erlaubte befähig- ten Patienten oder Krankenpflegern den Besitz von bis zu zwei Unzen oder 6 Pflanzen Cannabis zu medizinischen Zwecken [vgl. Light 2014, S. 4-5].
2006 gab es mit dem Begehren „Amendment 44“ schon einmal den Versuch Cannabis in geringen Mengen allgemein zu legalisieren. Im Gegensatz zu „Amendment 64“ wurde dieses aber damals noch von der Bevölkerung Colora- dos mit einer Mehrheit von 60% der Stimmen abgelehnt [vgl. CNN 2006].
3.2 Colorados Steuermodell & Steuereinnahmen
3.2.1 Steuermodell
In dem Preis, den der Endverbraucher in einer lizensierten Verkaufsstelle für Cannabis entrichten muss, sind eine Mehrwertsteuer, eine Verbrauchsteuer und eine spezielle Cannabissteuer enthalten. Auf die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwertsteuer von 2,9 % werden dem Endverbraucher zusätzlich 10 % Steu- ern beim Kauf von Cannabis oder Cannabisprodukten im Einzelhandel erhoben. Hinzu kommen spezielle lokale Steuersätze, die von Städten und Gemeinden festgelegt werden [vgl. Colorado DoR 2013b]. Die Mehrwertsteuer beim Kauf von Cannabis kann daher zwischen 13%, meist in ländlicheren Gegenden, bis zu beispielsweise 21 % in Denver variieren [vgl. Phillips 2014]. Die Verbrauchs- teuer beträgt 15% und ist vom Cannabis-Produzenten zu entrichten. Die wirt- schaftlich belastete Person, also der Steuerträger, bleibt aber der Endverbrau- cher [vgl. Colorado DoR 2013b].
Die Cannabis-Hersteller berechnen die Verbrauchsteuer, indem sie bestimmte Teile ihrer Cannabispflanzen wiegen und mit dem Großhandelspreis multiplizie- ren. Vom entstandenem Wert berechnet der Hersteller dann die 15 % Ver- brauchsteuer [vgl. Colorado DoR 2014c]. Die Aufteilung des Cannabisprodukts ist notwendig, da Cannabis - anders als Tabak oder Gas - sowohl in verschie- denen Formen als auch in unterschiedlichen Konzentrationen im Einzelhandel angeboten wird. Der Kunde kann zwischen rauchbaren, essbaren oder flüssi- gen Cannabisprodukten entscheiden, was eine spezielle Klassifikation der Ver- brauchersteuer unabdingbar macht [vgl. Henchman 2014]. Die Nachfolgende Tabelle 1 beschreibt die durchschnittlichen Marktwerte der einzelnen Teile der Cannabispflanze. Diese marktbezogenen Mittelwerte errechnen sich durch die Auswertung der verschiedenen Großhandelspreise aller unverarbeiteten Can- nabisprodukte, die in einem bestimmten Zeitraum von den ansässigen Canna- bis-Produzenten an die Einzelhändler oder an anderen Cannabis-Verarbeiter verkauft werden. Die durchschnittlichen Marktwerte sind Empfehlungen vom „Office of Research and Analysis“ zur Berechnung der Verbrauchsteuer, wer- den zweimal jährlich veröffentlicht und sind jeweils 6 Monate gültig. Aktuell geltende Werte werden in Tabelle 1 dargestellt [vgl. Colorado DoR 2014d].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Durchschnittliche Marktwerte verschiedener Teile der Cannabispflanze von Januar bis Juli 2015
Quelle: (Eigene Darstellung nach Colorado DoR 2014d)
3.2.2 Steuereinnahmen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Steuereinnahmen pro Monat, durch den Verkauf von Cannabis in lizensierten Verkaufsstellen in Colorado
(Quelle: Eigene Darstellung nach Colorado DoR 2014e)
Abbildung 1 beschreibt den Verlauf der Steuereinnahmen die seit Beginn (1. Januar 2014) des Cannabisverkaufs durch Einzel- und Großhandel generiert wurden. Diese Werte beziehen sich ausschließlich auf den Verkauf von im Ein- zelhandel verkauften Cannabis. Summiert man die Werte ergibt sich ein Steuertrag von 40,9 Millionen US Dollar in den ersten zehn Monaten.
Der Steuerbetrag pro Monat enthält die 15 % Verbrauchsteuer, die 2,9 % gesetzliche Mehrwertsteuer sowie die spezifische Marihuana-Mehrwertsteuer in Höhe von 10 %.
Das Einzelhandelsumfeld steht unter laufender Veränderung. So sind steigende Steuererträge mitunter auf eine steigende Anzahl von Einzelhändlern zurückzu- führen, die Lizenzen zum Verkauf von Cannabis erhalten [vgl. Lu 2014]. So hat die drittgrößte Stadt Colorados Aurora erstmalig im August 2014 offiziell Lizen- zen für 21 Unternehmen zum Verkauf von Cannabis vergeben [vgl. Illescas 2014].
Ebenso können Steuerzuwächse auf Cannabis-Transaktionen von nicht im Staat Colorado lebenden Personen zurückgeführt werden. Laut einer vom Colorado Department of Revenue in Auftrag gegebenen Studie, werden in gewissen Landkreisen ungefähr 90% der Cannabiskäufe von nicht im Bundesstaat lebenden Personen getätigt [vgl. Light 2014, S. 21].
Mit „Amendment 64“ wurde ab Januar 2014 nicht nur der Konsum, sondern auch der industrielle Anbau von Cannabis legalisiert. Folglich war es Cannabis- Herstellern erst ab 1.Januar 2014 gestattet, Cannabis in großen Mengen anzu- bauen und nach der Reifezeit zu ernten [vgl. Colorado Government 2013, S. 4]. Das erklärt die zu Beginn eher geringen aber stetig steigenden Einnahmen durch die Verbrauchsteuer, die auf die vom Cannabis-Produzenten Verkauften Teile der Pflanze erhoben wird. Ebenso kann der kontinuierliche Anstieg der gesamt-Steuereinnahmen auf ausgebliebene Cannabisengpässe zurückgeführt werden.
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- Arbeit zitieren
- Stefan Lang (Autor:in), 2015, Ökonomische Folgen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294137
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