Aufforderungscharakter innerhalb einer Lern-DVD. Methoden der empirischen Bildungsforschung


Dossier / Travail, 2011

18 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Forschungsfrage und (Arbeits-)Hypothesen
1.3 Stand der Forschung

2 Darstellung der Methoden
2.1 Qualitative Forschung
2.2 Problemzentriertes Interview (PZI)
2.3 Grounded Theory (GT)

3 Datenerhebung

4 Auswertung der Daten und Ergebnis

5 Zusammenfassende Bewertung

6 Reflexion

7 Fazit und Ausblick

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Was man lernen muss, um es zu tun, das lernt man, indem man es tut.“

Aristoteles

In dem Modul 2A im Studiengang BA Bildungswissenschaft geht es um die empirische Bildungsforschung, ihre Methoden sowie die unterschiedlichen entsprechenden Auswertungsverfahren. Als Abschluss dieses Moduls möchte ich nun eine qualitative Forschungsarbeit erstellen, in der über einen „explorativen Einzelfall“ neue Erkenntnisse zu einem Forschungsthema entdeckt werden sollen.

Anhand einer selbst entwickelten Forschungsfrage und der entsprechenden Methoden soll das Modul praktisch und theoretisch reflektiert werden. Dazu werden Arbeitshypothesen erstellt, es erfolgt die Datenerhebung und anschließend die der Methode angepasste Auswertung.

Der besseren Lesbarkeit halber verzichte ich auf eine gendergerechte Wortwahl und wähle eine wertfrei zu betrachtende maskuline Wortform.

1.1 Ausgangssituation

Ich bin im Bereich Grafik/Design tätig und schule sowohl in berufsbildenden Schulen, als auch in Werbeagenturen und Firmen, hier speziell in Bereichen der Kommunikation. Vor einigen Jahren habe ich ein Videotraining für die Bildbearbeitungssoftware Photoshop Version CS2 herausgegeben. Dies dient der selbstständigen Fortbildung und soll ein lebenslanges Lernen unterstützen, das heißt, befähigen, eigenständig im weiteren Lebensverlauf weiter zu lernen. Gespräche mit Kunden und Angestellten zeigten mir, dass sich nicht jeder eine Fortbildung finanziell leisten kann oder vom Chef dazu motiviert und gefördert wird. Ferner werden manche nicht während der Arbeitszeit dafür freigestellt. Das Lernen über ein Videotraining, in dem man sich durch Filme unterschiedliche Funktionen ansehen und erlernen kann, ist eine mögliche flexible Alternative der Fortbildung.

Die Anwender finden bei interaktiven Oberflächen auf dem Computer (User Interface = UI, Anwenderoberfläche), unterschiedliche Elemente und Vorgaben vor, die sie benutzen können. Doch was und wie wird ihnen durch die Oberfläche zur Benutzung „angeboten“?

James Jerome Gibson (1904-1979), ein amerikanischer Psychologe, entwickelte die ökologische Wahrnehmungstheorie. Er setzt weniger den Schwerpunkt auf kognitive Verarbeitung der Umwelt, als vielmehr auf die Interaktion mit bestimmten Eigenschaften der Umwelt, die durch ihre Gestaltung zu Angebote für das menschliche Handeln werden. „Unter den Angeboten (affordances) der Umwelt soll das verstanden werden, was sie dem Lebewesen anbietet (offers), was sie zur Verfügung stellt (provides) oder gewährt (furnishes)...“ (Gibson, 1982, S. 137). Gibson hat das Wort Affordanz geprägt und es steht in keinem Lexikon.

Das User Interface soll diesbezüglich als „Umwelt“ verstanden werden und so gestaltet sein, dass der Lernende/Anwender die Angebote der einzelnen Objekte und Inhalte, wie Buttons, Schaltflächen oder Menüs als Angebot wahrnimmt und dementsprechend zu einer Handlung angeregt wird. Sie besitzen einen Aufforderungscharakter. Aus diesem Begriff, geprägt durch den Gestaltpsychologen Kurt Lewin, lässt sich das „Angebot“ herleiten. Gibson spricht von einer Bereitstellung optischer Informationen, nicht von der Darbietung optischer Reize (Gibson, 1982, S. 3). Die Angebote der Dinge werden vom Betrachter direkt wahrgenommen. Es bedarf dabei einer auffordernden Visualisierung (optische Darstellung) beispielsweise durch Schaltflächen oder einer Menüführung.

Im Unterschied zur Theorie von Kurt Lewin behalten laut Gibson aber Objekte immer ihre Valenz (Wert). Diese ist gleichbleibend, egal, ob das Bedürfnis des Beobachters für das Objekt da ist. Das Angebot ist invariant und immer da wahrgenommen zu werden. „Was ein Objekt anbietet, bietet es an, weil es das ist, was es ist“ (Gibson, 1982, S. 150).

Die Benutzung des Videotrainings auf DVD erfolgt über einen Computer mit Monitor, Tastatur, Lautsprecher und Maus. Die DVD wird eingelegt und sie startet automatisch. Der Lernende wird stimmlich und optisch von der Trainerin begrüßt und danach stellt sich sofort die Oberfläche der Anwendung dar. Auf der Oberfläche des UI befinden sich Möglichkeiten, die Maus in unterschiedliche Richtungen zu bewegen und zu klicken. Der Anwender kann sich nun eines der unterschiedlichen Themen aussuchen. Im dann folgenden Film erläutert und zeigt die Trainerin die entsprechenden Funktionen des Programms. Die Themen werden am jeweiligen Kapitelende noch einmal textlich zusammengefasst und können ausgedruckt werden.

1.2 Forschungsfrage und (Arbeits-)Hypothesen

Durch didaktische und gestaltungstechnische Mittel auf der Oberfläche des Lernvideos zu Photoshop CS2 soll der Lernende aufgefordert werden zu handeln. Nimmt der Betrachter nun die Angebote der Objekte zur Handlung in diesem Videotraining über Photoshop CS2 wahr und wie werden diese dargestellt?

Folgende Forschungsfrage und Arbeitshypothesen lassen sich daraus ent-wickeln:

Forschungsfrage:

Mit welchen didaktischen und gestaltungstechnischen Mitteln auf der Oberfläche (UI) des Lernvideos zu Photoshop CS2 wird die Aufforderung des Lehrenden an die Betrachter/Lernenden in dem Videotraining umgesetzt?

Hypothesen:

Durch das UI wird der Lernende dazu aufgefordert, selbst aktiv das Gesehene praktisch nachzuvollziehen.

Die einzelnen Lernabschnitte dürfen nicht zu lang sein, um dem Aufforderungscharakter nicht im Wege zu stehen.

Textdokumente können die Aufforderung zum Nachvollzug des Erlernten unterstützen.

1.3 Stand der Forschung

Donald A. Norman hat den ökologischen Ansatz von Gibson auf digitale Artefacte (Computergrafiken) allgemein übertragen. Er beschreibt Grundprinzipien, die eine intuitive Anwendung von UIs ermöglichen sollen. Er ging dabei erstmal von alltäglich benutzten Gegenständen aus: „I simply wanted to elevate usability to its proper place in the design world, alongside beauty and function“ (Norman, 2004, S. 8). Ferner verfolgte er die Frage: „When we first see an object we have never seen before, how do we know how to use it?“ (Norman, 2002, S. x).

An der Universität zu Konstanz hat Cavallo Luciano (2003) in seiner Forschungsarbeit bezogen auf das Projekt INVISIP, das sich als Software mit der Visualisierung geo-räumlicher Daten befasst, versucht, eine Verbindung der kognitiven Psychologie und der Wahrnehmungsverarbeitung mit dem Schwerpunkt auf Farben zu schaffen. Er zieht dazu auch Gibsons Wahrnehmungstheorie heran.

Videotrainings, hier speziell zur Bildbearbeitungssoftware Photoshop von Adobe, dienen der Weiterbildungsmöglichkeit für Beschäftigte in Medienberufen und können, wie oben genannt ein lebenslanges Lernen unterstützen.

In Verbindung mit den Themen Grafik/Design und der Theorie von Gibson ist das die Basis für diese Forschungsarbeit.

2 Darstellung der Methoden

2.1 Qualitative Forschung

Um das oben genannte Phänomen gezielt und kontrolliert zu erforschen, bedarf es eines Prozesses der qualitativen Forschung. Hier geht es nicht um die Verifizierbarkeit und Falsifizierbarkeit (Nachweis, Widerlegung) von Hypothesen mit Hilfe von signifikant messbaren Mengen, „sondern um die Entdeckung (Generierung) von Theorieaussagen anhand empirischer Daten“ (Brüsemeister, 2008, S. 28). Anhand einer explorativen Einzelfallstudie ist eine solche Entdeckung möglich. Hierbei wird auch „die Subjektivität von Untersuchten und Untersuchern zum Bestandteil des Forschungsprozesses“ (Flick, 2005, S. 19).

„Das ‚Entdeckende’, das Prinzip der Offenheit, kann ... bewirken, erst im laufenden Forschungsfeld konkrete Untersuchungseinheiten kennenzulernen“ (Brüsemeister, 2008, S. 30). Mit Hilfe von generierenden Fragen sollen Theorien erst noch entwickelt werden. Die zu Beginn bestehenden Arbeitshypothesen und der Erhebungsplan unterstützen den Forscher, wobei die Hypothesen aber in dem laufenden zirkulären Prozess der Forschung jederzeit verändert und bearbeitet werden können, bevor abschließend die eigentlichen Strukturhypothesen aufgestellt werden. „... selbst, wenn es ein festes Sample gibt..., sind SoziologInnen bereit, Unvorhergesehenes zu berücksichtigen, welches sich aus dem Feldkontakt ergibt“ (Brüsemeister, 2008, S. 31).

Theorien spielen nicht nur am Ende eines Forschungsprozesses eine entscheidende Rolle, sondern auch zu Beginn, „als Sensibilisierung der Aufmerksamkeit“ (ebd., 2008, S. 32). Unterschiedliche Schließungsformen unterstützen die „Offenheit“ und die Erklärung der Daten. Der Forscher arbeitet induktiv, weil er aus den Daten auf eine Theorie schließt. Er findet neue erklärende Kategorien (Abduktion) und Daten werden diesen zugewiesen. Um aus Daten eine neue Theorie zu entwickeln, muss sich der Forscher auf einen Gegenstand einlassen. Theorien und Methoden sind auf den Gegenstand entsprechend anzupassen, auch der Vielfältigkeit und Offenheit muss die Methode gerecht werden (Flick, 2005, S. 17). Zu meiner Forschungsfrage wurde, wie in Kapitel 1.3 dargestellt, manches empirisch erforscht, aber ich verfolge eine spezifischere Fragestellung. Dazu benutze ich als Methode das Problemzentrierte Interview von Andreas Witzel und als Auswertungsverfahren die Grounded Theory von Glaser/Strauss.

[...]

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Aufforderungscharakter innerhalb einer Lern-DVD. Methoden der empirischen Bildungsforschung
Université
University of Hagen
Cours
Empirische Bildungsforschung / Methoden
Note
1,3
Auteur
Année
2011
Pages
18
N° de catalogue
V298935
ISBN (ebook)
9783656956501
ISBN (Livre)
9783656956518
Taille d'un fichier
525 KB
Langue
allemand
Mots clés
Empirische Studie, PZI, Problemzentriertes Interview, Grounded Theory, affordance, Aufforderungscharakter, Gibson, Videotraining, Lebenslanges Lernen, User Interface, Anwenderoberfläche, Qualitative Forschung, Transkription
Citation du texte
Christiane Wittich (Auteur), 2011, Aufforderungscharakter innerhalb einer Lern-DVD. Methoden der empirischen Bildungsforschung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298935

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