Wirtschaftliche Implementierung und Integration eines Dokumenten-Management-Systems bei kleinen und mittleren Kommunen


Thèse de Bachelor, 2013

65 Pages, Note: 13,62


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Terminologie und Grundlagen
2.1 Entwicklung
2.2 Dokument, Management und System
2.3 Begriff „Dokumenten-Management-System“
2.4 Dokumentenarten

3 Kernfunktionen und Erfolgsfaktoren
3.1 Eingabe
3.1.1 Eingang
3.1.2 Indizierung
3.2 Ablage
3.2.1 Verwaltung
3.2.2 Archivierung
3.3 Ausgabe
3.3.1 Recherche
3.3.2 Präsentation
3.4 DMS im weiteren Sinne

4 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.1 Revisionssichere Archivierung
4.2 Datenschutz

5 Auswertung der Umfrage
5.1 Aufbau und Ablauf
5.2 Größe der Kommunen
5.3 Eingesetzte Betriebssysteme
5.4 Aktenpläne
5.5 Kommunen mit DMS
5.5.1 Einsatzzwecke
5.5.2 Einsatzbereiche
5.5.3 Funktionsnutzung
5.5.4 Relevanz der Funktionen
5.5.5 Problemfelder
5.6 Kommunen mit DMS-Planung
5.7 Kommunen ohne DMS-Planung

6 Fazit

Anlagen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Dokumentenlebenszyklus

Abbildung 2: Formen von Dokumenten

Abbildung 3: Funktionalmodell eines DMS

Abbildung 4: Scan-Strategien

Abbildung 5: Unterteilung der teilnehmenden Kommunen nach DMS-Nutzung

Abbildung 6: Eingesetzte Betriebssysteme (absolute Anzahl der Nennungen)

Abbildung 7: Anwendung von Aktenplänen

Abbildung 8: Geschätzte Zeitangabe zum Auffinden von Dokumenten

Abbildung 9: Nennung der geschätzten Suchzeiten nach Gruppen

Abbildung 10: Nutzungsgrade von DMS-Funktionen

Abbildung 11: Individuelle Gründe gegen die Einführung eines DMS

1 Einleitung

In unserer heutigen Informationsgesellschaft fallen durch den stetig schneller werdenden Datenfluss immer größere und komplexere Informationsmengen an. Durch diesen rasanten Fortschritt der IT in den letzten Jahrzehnten, werden die traditionellen Informationsmedien wie Papier immer häufiger durch elektronische Dokumente ersetzt. Die schnelle Verarbeitung dieser Informationsmengen ist zu einer bedeutenden Ressource für die Wirtschaft aber auch für die öffentliche Verwaltung geworden. Effizienzsteigerung, die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleitungen und Produkte sowie die Steigerung der Bürger- und Kundenzufriedenheit sind zu einem der größten strategischen Ziele des modernen Verwaltungshandelns geworden. Vor allem kleine und mittlere Kommunen stehen vor der Herausforderung, trotz knapper Haushalte und begrenzten Ressourcen, die Erreichung dieser Ziele voranzutreiben.

Einen Schlüssel hierzu stellen die Instrumente des E-Government bereit. Ein Werkzeug aus diesem Bereich, um der besagten Informationsflut entgegenzutreten, sind moderne Dokumenten-Management-Systeme (DMS). Mit ihnen ist es möglich, sämtliche Informationen in Form von Schriftgut, Dateien oder E-Mails übersichtlich zu verwalten und zu organisieren. Trotz der vielen Chancen und Möglichkeiten, welche der Einsatz eines DMS birgt, werden solche Systeme in der öffentlichen Verwaltung noch nicht flächendeckend verwendet. Die erfolgreiche Einführung eines DMS ist ein Großprojekt, welches eine detaillierte und aufwendige Projektplanung erfordert. Aufgrund des technischen und organisatorischen Umfangs im Zusammenhang mit der beschriebenen Problematik ist die Gefahr des Scheiterns eines solchen Projekts sehr hoch. Aus diesen Gründen schrecken kleine und mittlere Kommunen häufig vor einer Einführung eines DMS zurück.

Auch bei der Stadt Braunfels wird die Einführung eines DMS bereits seit Jahren thematisiert. Aus beschriebenen Gründen wurde sie allerdings bis dato nicht umgesetzt. Im Zuge dieser Bachelor-Thesis sollte nun eine konkrete Projektplanung erfolgen. Aufgrund der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen der Stadt wurde diese Planung allerdings wieder verworfen und auf unbestimmte Zeit verschoben. Dennoch sah man die Chance, bereits heute die Grundlagen für eine mittelfristige Einführung eines DMS bei der Stadt Braunfels zu schaffen.

Ziel dieser Bachelor-Thesis ist es, die wichtigsten Aspekte und maßgeblichen Erfolgsfaktoren zur wirtschaftlichen Integration und Implementierung eines DMS im Kontext zu kleinen und mittleren Kommunen darzustellen. Sie gliedert sich in zwei Hauptteile. Als Einstieg in die Thematik sollen im 2. Kapitel zunächst die Terminologie und die Grundlagen im Zusammenhang mit DMS aufgezeigt werden. In fortfolgenden Kapiteln schließt sich die Erläuterung wesentlicher technischer Kernfunktionen und Erfolgsfaktoren an. Im Zuge dessen sollen relevante Punkte einer Projektplanung aus organisatorischer und technischer Sicht sowie wichtige rechtliche Rahmenbedingungen dargestellt werden. Dieser gesamte Komplex bildet den Schwerpunkt der Ausführungen. Auf konkrete Hardwareanforderungen in Verbindung mit DMS soll nicht detailliert eingegangen werden.

Das 5. Kapitel bildet den zweiten Hauptteil dieser Bachelor-Thesis. Er beinhaltet eine Umfrage zu dem Thema DMS bei kleinen und mittleren Kommunen im Regierungsbezirk Gießen, mithin der Region Mittelhessen. Die Umfrage wurde vor dem Hintergrund der ursprünglich angedachten Projektplanung bei der Stadt Braunfels erstellt und durchgeführt. Sie sollte einen praxisorientierten Überblick über die Ist-Situation bei heimischen Kommunen ähnlicher Größenordnung gewährleisten. Ein weiteres Ziel war es, die Erkenntnisse hieraus im Zuge eines interkommunalen Vergleichs sowie einer möglichen zukünftigen interkommunalen Zusammenarbeit zu nutzen. Trotz der abgewandelten Zielsetzung der Bachelor-Thesis, ist dieser Nutzengewinn von unveränderter praktischer Relevanz. Zum einen beinhalten die Ergebnisse viele Informationen, anhand derer weitere grundlegende theoretische Sachverhalte aufgezeigt werden sollen, zum anderen kann hierauf auch im Zuge einer mittelfristigen Einführung eines DMS bei der Stadt Braunfels oder anderen interessierten Kommunen zurückgegriffen werden.

2 Terminologie und Grundlagen

Wie bereits eingangs beschrieben, handelt es sich bei elektronischem Dokumentenmanagement um einen Themenkomplex aus dem Bereich E-Government. Die Abkürzung E-Government steht für den englischen Begriff Electronic-Government[1]. Für diesen Begriff existieren viele, teils weitgefasste, Definitionen und Interpretationen. Die Digital Agenda for Europe, eine Initiative der Europäischen Kommission, definiert E-Government als die Nutzung von „digitalen Werkzeugen und Systemen zur Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen.“[2] So böte ein effektives E-Government eine Vielzahl von Vorteilen, darunter mehr Effizienz und Einsparungen für Regierungen und Unternehmen, mehr Transparenz und eine stärkere Beteiligung der Bürger am politischen Leben.[3] Auf nationaler Ebene wird E-Government im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells (NSM) ebenfalls eine hohe Beachtung zuteil. Die Verwendung und Weiterentwicklung von modernen IT-gestützten Verfahren wird hierbei als zentrales Instrument der Verwaltungsmodernisierung gesehen, mit dem Ziel, „hochwertige Leistungen für die Bürger und Kunden zu möglichst geringen Kosten zu erbringen.“[4] Auch existieren aktuell Bestrebungen, durch ein neues E-Government-Gesetz grundlegende und rechtssichere Voraussetzungen für das Vorantreiben des E-Government in Deutschland zu schaffen.[5] Die endgültige Verabschiedung des Gesetzentwurfes wird allerdings durch eine möglicherweise mangelnde Vereinbarkeit mit europäischem Recht verzögert.[6] Insofern herrscht Unsicherheit darüber, ob es in der bereits vom Bundestag beschlossenen Form in Kraft tritt. Aus diesen Gründen soll hierauf nicht näher eingegangen werden. Trotz dieser aktuellen Problematik bietet E-Government bereits heute sehr vielfältige Möglichkeiten und Instrumente.

Ein Werkzeug aus diesem Bereich und ein großer Baustein zur Erreichung der oben genannten Ziele ist ein funktionierendes DMS. Für das weitere Verständnis, werden in folgendem Kapitel zunächst die Grundlagen und Begriffe aus diesem Themenkomplex erläutert. Weiterhin wird die grundsätzliche Funktionsweise dargestellt, wichtige Eigenschaften moderner DMS beschrieben und Erfolgsfaktoren bei deren Einführung aufgezeigt.

2.1 Entwicklung

Der Begriff Dokumenten-Management-System ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. Wie bei vielen Fachbegriffen innerhalb der Informationstechnik liegt dies zum einen an einer fehlenden Instanz, welche den Begriff genauer bestimmt, zum anderen an der schnellen technologischen Entwicklung in diesem Bereich. Aus diesen Gründen soll an dieser Stelle eine grundlegende Begriffsbestimmung erfolgen. Hierfür ist es hilfreich, zunächst die Entwicklung der Informationstechnik zu betrachten sowie eine Abgrenzung des Dokumentenmanagement zu der traditionellen Schriftgutverwaltung vorzunehmen.

Durch die schnelle Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik seit den 1950er Jahren, stand die konventionelle Schriftgutverwaltung zunehmend unter dem Einfluss neuer Informationsformen. Zum ursprünglichen Schriftgut zählten sämtliche papierbasierte Aufzeichnungen, bspw. Texte, Bilder oder Pläne. Mit dem verstärkt aufkommenden Einsatz von Tonträgern oder Mikrofilmen wurden diese in der Folge auch dem konventionellen Schriftgut zugerechnet.[7] Anfänglich wurde die Computertechnologie in der öffentlichen Verwaltung hauptsächlich in Bereichen mit Massendatenverarbeitung eingesetzt, z. B. in der Steuer- und Sozialverwaltung. Mit den rasanten technischen Entwicklungen seit den 1980er Jahren standen sowohl Unternehmen, als auch die öffentliche Verwaltung vor dem Problem, dass die konventionelle Schriftgutverwaltung zunehmend auch unter dem Einfluss von digitalen Dokumenten stand. Dank der neuen Technologien konnten Tätigkeiten und Prozesse nun effizienter bearbeitet werden. Durch die kontinuierlich steigende Anzahl der digitalen Dokumente wurde dieser Effizienzgewinn allerdings zusehend geringer. Dies machte die Entwicklung neuer Technologien zur Verwaltung von Dokumenten unumgänglich. So entstand der Bedarf an DMS. Um diesen Begriff näher zu beleuchten, ist es sinnvoll, dessen einzelne Wortteile zu analysieren.

2.2 Dokument, Management und System

In der deutschen Sprache ist der Begriff Dokument eng mit papiergebundenem Schriftgut verbunden. Häufig wird unter einem Dokument ein endgültiges Schriftstück mit hoher inhaltlicher Qualität und rechtlicher Bedeutung verstanden, bspw. eine Urkunde, ein amtliches Schriftstück oder ein Vertrag.[8] Oft werden einem Dokument auch die Merkmale eines Genehmigungsvermerkes oder einer Unterschrift zugerechnet. Wie in vielen Bereichen der IT muss allerdings auch im Zusammenhang mit DMS die unterschiedlichen Bedeutungen von deutschen und englischen Begriffen beachtet werden: Im Englischen wird bei besagtem Schriftstück mit hoher rechtlicher Bedeutung von Record gesprochen.[9] Der englische Begriff Document hingegen beschreibt den reinen Informationsträger. Neben dem klassischen Schriftgut kann es sich hierbei somit auch um andere Informationen, bspw. Tonaufzeichnungen, Filme, Bilder und Zeichnungen handeln.

Aufgrund der unterschiedlichen Interpretationen für den Begriff Dokument, muss dieser im Kontext zu DMS demnach deutlich weiter gefasst werden. Götzer u. a. nehmen hierzu eine Differenzierung in „Dokumente im konventionellen Sinne“ und „Dokumente im weiteren Sinne“ vor. So gelten als Dokumente im konventionellen Sinne alle Dokumente, die auf einem körperlichen Medium (z. B. Papier) vorliegen, ursprünglich vorlagen oder als Ausfertigung hierfür vorgesehen sind. Der Begriff des Dokuments im weiteren Sinne beschreibe die Erweiterung in „semantisch zusammengehörige Informationsbestände, die für die Publikation in nicht-körperliche Medien, z. B. Webseiten, Radio, Fernsehen o. Ä. vorgesehen sind.“[10] Als Grundlage für die folgenden Ausführungen soll für den Begriff Dokument diese Definition dienen.

Der englische Begriff Management wird als „das Verfahren für den Umgang oder das Steuern von Dingen […]“[11] definiert. Dies verdeutlicht, dass die Funktionen eines DMS vorrangig mit der Verwaltung von Dokumenten und weniger mit deren inhaltlicher Ausgestaltung oder Erstellung zusammenhängen. Das Dokumentenmanagement beinhaltet somit sämtliche Prozesse, Methoden und Verantwortlichkeiten, die mit der Administration und dem Umgang von Dokumenten verbunden sind.[12] Bei näherer Betrachtung dieser Funktionen des Dokumentenmanagements, lässt sich ein regelmäßiger Ablauf im Umgang mit Dokumenten feststellen. Hierbei spricht man vom sog. Dokumentenlebenszyklus. Die für das Verständnis wichtige grundsätzliche Funktionsweise soll anhand folgender Grafik dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Dokumentenlebenszyklus[13]

Der Dokumentenlebenszyklus bildet demnach sämtliche Kernfunktionen des Dokumentenmanagements ab. Zu Beginn werden neue Dokumente unterschiedlichster Art, manuell oder automatisiert, erstellt. Fremderstellte Dokumente werden übernommen oder gescannt. Danach werden diese anhand von Suchkriterien in das Archiv überführt. Zusammengehörige Dokumente können in Vorgänge zusammengefasst werden. Anhand der vergebenen Suchkriterien können die gespeicherten Dokumente zum einen von den Benutzern wieder aufgefunden und reproduziert werden, zum anderen können diese geändert, präsentiert, ausgewertet und wieder abgelegt werden. Sind Dokumente endgültig bearbeitet, können diese für die weitere Bearbeitung gesperrt werden. Nach einer vorher definierten Aufbewahrungsfrist werden sie dem Archiv angeboten. Hier entscheidet sich, ob das Dokument vernichtet (kassiert) oder dauerhaft archiviert wird.[14] Diese kurze Darstellung des Dokumentenlebenszyklus soll an dieser Stelle nur eine grundsätzliche Übersicht geben. Auf die einzelnen Punkte soll an anderer Stelle noch detaillierter eingegangen werden.

Die beschriebenen Aufgaben innerhalb des Dokumentenmanagements konnten und wurden häufig unter Zuhilfenahme einfacher Hilfsmittel wie bspw. Karteikartensystemen oder Mikrofilmen unterstützt. Aufgrund der technischen Entwicklungen der letzten Jahre und der damit gesteigerten Menge an Informationen, sind diese Werkzeuge heute allerdings immer weniger hierzu geeignet. Die fortschreitende Digitalisierung erschafft zunehmend eine hybride Dokumentenwelt. Unterlagen, Rechnungen und Vorgänge liegen teils in Papierform, teils in elektronischer Form vor. Aus diesen, in letzter Konsequenz wirtschaftlichen Gründen, ist die elektronische Unterstützung des Dokumentenmanagements unter dem Einsatz von modernen IT-Lösungen heute bzw. in naher Zukunft unumgänglich. Solche IT-Lösungen sind elektronische, „modular aufgebaute, aufeinander abgestimmte Werkzeuge zum Managen von Dokumenten bzw. Vorgängen“.[15] Sie bilden demnach ein System und somit den dritten Wortteil des Begriffs. Das grundsätzliche Ziel von DMS ist es demnach, Informationen besser zugänglich zu machen, um damit Prozesse zu optimieren und effektiver zu gestalten.

2.3 Begriff „Dokumenten-Management-System“

Nachdem in den vorhergehenden Abschnitten der grundlegende Begriff des DMS analysiert wurde, soll in der Folge detaillierter auf dessen Kernfunktionen eingegangen und eine Definition aufgestellt werden. Zum Einstieg hierfür soll zuvor die Entwicklung skizziert werden.

Moderne DMS haben ihren Ursprung in dem Einsatz von elektronischen Archivsystemen. Die in Papierform vorliegenden Dokumente wurden gescannt und im elektronischen Archiv abgelegt. Ziel war es, große Papiermengen aus der Massenverarbeitung zu vermeiden, Archivfläche zu minimieren und den Verwaltungsaufwand im Umgang mit diesen Dokumenten zu reduzieren.[16] Auch konnte mit dem Einsatz der elektronischen Archivierung einem drohenden Informationsverlust aufgrund des Verfalls wichtiger Papierdokumente entgegengewirkt werden. Aufgrund der steigenden Informationsflut in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung sowie durch die zunehmende Relevanz der bereits beschriebenen Dokumente im weiteren Sinne, stiegen auch die Ansprüche an ein DMS. Dies hatte einen sukzessiven Funktionsausbau der elektronischen Archivsysteme zur Folge. Neben der eigentlichen Sicherungsfunktion für wichtige Informationen, rückte immer mehr die Verwaltung aller anfallenden Dokumente bzw. Informationen in das Interesse. Im Zuge des aufkommenden Internetzeitalters und den damit einhergehenden aufstrebenden neuen Märkten in den 90er-Jahren, schien die Vision eines papierlosen Büros unter dem Einsatz von DMS immer realitätsnäher. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten war der Einsatz individueller IT-Lösungen aufgrund der hohen Investitionskosten, welche die Einführung und der Betrieb verursachten, jedoch lediglich für große Unternehmen und Verwaltungen interessant. Für kleinere Organisationseinheiten wurden meist nur Standardprodukte angeboten, die den individuellen Anforderungen oft nicht gerecht werden konnten. Dies führte häufig zum Scheitern solcher Projekte. Aufgrund des beschränkten Kreises der Nachfrager, war der Markt für DMS deshalb relativ überschaubar. Um die Jahrtausendwende und nicht zuletzt durch die angespannte wirtschaftliche Situation ab dem Jahr 2001 rückte der Gedanken der Wirtschaftlichkeit wieder verstärkt in den Mittelpunkt. Durch die im großen Maßstab gesammelten Erfahrungen, waren DMS-Anbieter nunmehr in der Lage, flexible und auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmte Lösungen anzubieten. Dies führte zu einer Verbreiterung des Marktes und zu einer Senkung der Kosten für ein DMS, was eine Investition nun auch für kleine und mittlere Unternehmen und Verwaltungen interessant machte.[17] Aufgrund der beschriebenen Entwicklung, ist der heutige Markt moderner DMS durch eine große Vielfalt gekennzeichnet. Einerseits stellt diese Vielfalt und Flexibilität aus Sicht der potentiellen Nutzer bzw. der Verantwortlichen einen großen Vorteil dar, tragen diese Aspekte doch nicht unwesentlich zur besagten Zielerreichung bei. Andererseits gestaltet sich die Bildung einer Marktübersicht im Vorfeld der Einführung eines DMS aus dem gleichen Grund schwierig.

Mit steigender Vielfalt der Lösungen und Anbieter, steigt auch die Erschaffung und Verwendung neuer Begrifflichkeiten. Neben dem klassischen Begriff des DMS finden sich heute zahlreiche weitere Schlagwörter und Akronyme wie ECM (Enterprise-Content-Management), CMS (Content-Management-System), BPM (Business-Process-Management, EIM (Enterprise-Information-Management), CRM (Customer-Relationship-Management) oder ERP (Enterprise-Ressource-Planning). Teilweise heben diese Begrifflichkeiten bestimmte Kerndisziplinen einer Software hervor oder betonen den großen Funktionsumfang, welcher über die klassischen Funktionen eines DMS hinausgeht. Es handelt es sich demnach durchaus um eigenständige, gesondert zu betrachtende Fachanwendungen. Allerdings lassen sich bei den, innerhalb der Systeme, verwendeten Werkzeugen deutliche Schnittmengen mit den Grundfunktionen und erweiterten Funktionen eines modernen DMS feststellen.[18] Die beschriebene Begriffsvielfalt sowie der ineinandergreifende Funktionsumfang der Produkte könnte suggerieren, dass der Begriff Dokumenten-Management-System zum aktuellen Stand der IT nicht mehr zeitgemäß ist, da dessen Aussagekraft im Verhältnis zur gewachsenen Funktionsvielfalt nicht mehr weitreichend genug erscheint. Gerade der Begriff Enterprise-Content-Management, welcher in den USA gebräuchlich ist, erfährt aus diesem Grund eine steigende Relevanz. Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff DMS jedoch nach wie vor weit verbreitet, da viele Funktionen eines solchen häufig auch Schlüssel- bzw. Kernelemente der erweiterten Lösungen sind. Allerdings erschwert dieser Umstand eine klare Abgrenzung der Begriffe untereinander und somit auch die Definition des Begriffs. In den folgenden Absätzen sollen verschiedenen Ansätze hierzu aufgezeigt und analysiert werden. Ziel hierbei ist es, eine Definition für DMS zu geben, welche zum Verständnis der weiteren Ausführungen dieser Arbeit dienen soll.

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) beschreibt ein DMS als ein „Softwaresystem, das im Idealfall alle Informationsflüsse einer Organisation bündelt und steuert.“[19] Diese kurze und augenscheinlich prägnante Definition für ein DMS ist durchaus praxisorientiert, allerdings im Kontext zur beschriebenen Abgrenzungsproblematik zu eng gefasst und damit wenig aussagekräftig. Götzer u. a. stellen fest, dass sich DMS grundsätzlich nur darin unterscheiden „wie umfassend, komfortabel und effektiv die Hilfsmittel sind, die sie für diese Aufgaben [des Dokumentenmanagements, d. Verf.] anbieten“.[20] Der Begriff könne somit nicht einheitlich verwendet werden. Aufgrund der beschriebenen Problematik differenzieren sie – ähnlich wie bei dem Dokumentenbegriff – zwischen Dokumenten-Management im engeren Sinne und Dokumenten-Management im weiteren Sinne:

„Bei Dokumenten-Management-Systemen im engeren Sinne geht es um die Logik der Verwaltung von Dokumenten, deren Status, Struktur, Lebenszyklus und Inhalt. Dokumente werden beschrieben, klassifiziert und in einer bestimmten logischen Struktur eingeordnet, damit sie einfach wieder gefunden werden können. Dokumente entstehen, werden verändert und (irgendwann) vernichtet.“[21]

Mit dieser Definition beschreiben Götzer u. a. die Kernfunktionen eines DMS aus dem Blickwinkel des Dokuments, indem sie deutlich eine Analogie zu dem bereits angesprochenen Dokumentenlebenszyklus herstellen (s. Abbildung 1). Hierbei werden demnach alle grundlegenden Funktionen genannt, die ein modernes DMS für eine effiziente Verwaltung und Organisation von Dokumenten leisten muss. Alle hierüber hinausgehenden Funktionen werden den DMS im weiteren Sinne zugeordnet:

„Den Dokumenten-Management-Systemen im weiteren Sinne ordnet man auch noch weitere Funktionalitäten zu, wie z. B. Schrifterkennung, automatische Indizierung, Computer Output to Laser Disc (COLD), Vorgangssteuerung, Scannen, Publizierung. Hier lassen sich die Grenzen nicht mehr genau bestimmen!“[22]

Auch Kampffmeyer differenziert den DMS-Begriff in gleicher Weise, wenn auch aus einem anderen Betrachtungswinkel:

„DMS Dokumenten-Management-Systeme im engeren Sinn überwinden die Restriktionen herkömmlicher hierarchischer Ablagesysteme, wie z. B. Dateisysteme, durch Datenbankgestützte [sic] Verwaltung von elektronischen Dokumenten, Check-In- und Check-Out-Funktionalität, Versionierung, Ablage mit direktem Zugriff und Nutzung der Informationen unabhängig von Autor, Ort und Zeit.“[23]

Er verdeutlicht hiermit zum einen die Vorzüge der Ablageorganisation eines DMS gegenüber gängigen Betriebssystemen als ein herausstechendes Abgrenzungskriterium. Zum anderen definiert er – analog zu Götzer u. a. – Grundfunktionen eines DMS, welche zur Aufrechterhaltung des Dokumentenlebenszyklus unerlässlich sind. Auch in seiner Definition von DMS im weiteren Sinne benennt er Fähigkeiten eines DMS, welche über die Grundfunktionen hinausgehen:

„DMS Dokumenten-Management-Systeme im weiteren Sinn ist ein Sammelbegriff für Produkte zur Erfassung, Verwaltung, Speicherung, Archivierung, Verteilung, Kontrolle und Bereitstellung von Dokumenten, d. h. schwach- und unstrukturierten Informationen, mit Recherche- und Prozesssteuerungsfunktionalität.“[24]

Es kann somit festgestellt werden, dass die Kernaussagen beider vorgenannten Definitionen grundsätzlich deckungsgleich sind und sich aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungswinkel gegenseitig ergänzen. Für den folgenden Abschnitt sowie die weiteren Ausführungen werden demnach diese Definitionen für DMS zu Grunde gelegt.

2.4 Dokumentenarten

Wie im vorhergehenden Abschnitt beschrieben, sind die am Markt angebotenen DMS-Lösungen sehr vielfältiger Natur. Aus diesem Grund ist die Formulierung der eigenen Anforderungen an ein DMS ein wichtiger Punkt im Rahmen der Vorüberlegungen der Einführung eines solchen. Um diese Anforderungen zu benennen ist es notwendig, die grundlegenden Funktionen eines modernen und zukunftssicheren DMS zu spezifizieren. Da die Darstellung der Funktionen im Verlauf der Ausführungen aus dem Blickwinkel von Dokumenten erfolgt, sollen im Fortfolgenden zunächst grundsätzliche Dokumentenarten erläutert werden.

Tagtäglich fallen in der Verwaltung eine Vielzahl von Dokumenten unterschiedlichster Art an, sei es extern zugegangen oder intern erstellt. Hierbei lassen sich in zwei Grundtypen identifizieren: Zum einen sollen Dokumente als Nachweis oder im Zweifelsfall auch als Beweis dienen. Beispiele hierfür wären Rechnungen, Verträge, Aktenvermerke, Protokolle oder Gutachten. Wie bereits erläutert, trägt ein solches Dokument in der englischen Sprache die Bezeichnung Record. Im deutschsprachigen kaufmännischen Bereich werden solche Dokumente oft auch als Belege bezeichnet. Die wesentliche Charaktereigenschaft eines Belegs ist, dass dieser unveränderbar ist. Dies ist ein wesentliches Kriterium, da es ein Dokument genuin, nachprüfbar und damit revisionssicher macht. Auf wichtige Punkte dieser Revisionssicherheit soll in späteren Ausführungen noch näher eingegangen werden. Der zweite Grundtyp beschreibt das Dokument als Träger von Information. Hierbei handelt es sich z. B. um Fachaufsätze, Rundschreiben, Memos u. ä. Bei diesem Dokumententypus steht die inhaltliche Nutzung und Weiterverarbeitung im Vordergrund, was eine Abänderbarkeit voraussetzt. Die Wesensmerkmale dieser zwei Ausprägungen können sich durchaus auch überlappen. Weiterhin ist zu beachten, dass elektronische Dokumente auch in zwei verschiedenen Erscheinungsformen auftreten können: Dokumente, die kodierte Informationen enthalten (CI – coded information) und Dokumente, die keine kodierten Informationen enthalten (NCI – non-coded information).[25]

Unter den Begriff der CI-Dokumente fallen alle Dokumente, die maschinell interpretiert und verarbeitet werden können. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass alle Dokumente, die mit Hilfe der EDV erstellt wurden, bereits in kodierter Form vorliegen. Beispiele hierfür sind mit Office-Programmen erstellte Texte, Tabellen und Grafiken. Die kodierte Form ermöglicht somit ohne weiteres die Auswertung, das Suchen innerhalb der Dokumente sowie die weitere Bearbeitung dieser.

Als NCI-Dokumente werden jene verstanden, die zwar in elektronischer Form vorliegen, aber vom Rechner nicht ohne weiteres inhaltlich verarbeitet werden können. Ein klassisches Beispiel hierfür ist ein gescanntes Papierdokument. Das durch den Scanvorgang erzeugte elektronische Dokument hat die Eigenschaften eines fotografischen Abbildes des ursprünglichen Inhalts. Dieses Abbild liegt in Form einer Rastergrafik[26], eines sog. Images, vor. Dessen Inhalt ist vom Rechner nicht interpretierbar. Eine Auswertung bzw. das Suchen nach Textinhalten ist somit nicht ohne weitere Bearbeitung möglich. NCI-Dokumente können allerdings anhand einer Schrifterkennungsanwendung (OCR-Software) in ein CI-Dokument gewandelt werden. Dokumente, welche nur aus Daten eines Typs bestehen, werden auch als elementare Dokumente bezeichnet. Kodierte und nicht-kodierte Informationen können allerdings auch in kombinierter oder zusammengefasster Form auftreten. Bei dieser Mischform der zwei Ausprägungen können mehrere kodierte und nicht-kodierte Einzelobjekte zu einem Dokument zusammengesetzt sein. Diese komplexen Dokumente werden als Compound Documents bezeichnet. Elementare und komplexe Dokumente können auch in einen Vorgang (Container) zusammengefasst werden.[27] Die unterschiedlichen Formen von Dokumenten sollen anhand folgender Übersicht verdeutlicht werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Formen von Dokumenten[28]

3 Kernfunktionen und Erfolgsfaktoren

Im Grunde sollte ein DMS alle Kernaufgaben berücksichtigen, die für die jeweilige Organisationseinheit „für die Erzeugung, den Empfang, die Ablage, das Verwalten, das Wiederauffinden und die Weiterverarbeitung eines Dokuments relevant sind.“[29] Diese Kernaufgaben lassen sich anhand des Dokumentenlebenszyklus ableiten, welcher vereinfacht mit folgendem Funktionalmodell eines DMS dargestellt werden kann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Funktionalmodell eines DMS[30]

Die Grundstruktur eines DMS besteht aus den drei Funktionsbereichen Eingabe, Ablage und Ausgabe. Diese gliedern sich wiederum in einen physischen und einen logischen Teil: Eingang und Indizierung, Verwaltung und Archivierung sowie Recherche und Präsentation. Steinbrecher und Müll-Schnurr beschreiben die Wechselwirkungen innerhalb dieser Grundstruktur als den „physikalischen Dokumentenfluss“.[31] Im Folgenden sollen die einzelnen Schritte dieses Durchlaufs eines Dokuments durch ein DMS näher beschrieben und anhand von praktischen Beispielen erläutert werden. In diesem Zusammenhang sollen auch grundsätzliche Anforderungen an ein DMS aufgezeigt werden.

3.1 Eingabe

Der Funktionsbereich der Eingabe gliedert sich in den Dokumenteneingang und die Indizierung. In diesem Schritt werden dem DMS sämtliche relevanten Dokumente zugeführt. Wie bereits beschrieben, können diese Dokumente unterschiedlichster Form und Herkunft sein. Ein DMS muss folglich in der Lage sein, einerseits intern erstellte Dokumente, andererseits sämtliche eingehenden Dokumente, sei es auf dem Postweg, per E-Mail oder per Fax (in papier- und elektronischer Form), zu erfassen.

Da es sich beim Bereich der Eingabe um einen zentralen Themenkomplex handelt, sollen in fortfolgenden Ausführungen verschiedene Verfahren detailliert erläutert sowie unterschiedliche Möglichkeiten bei der Organisation des Posteingangs betrachtet werden.

3.1.1 Eingang

Der Eingang beinhaltet die physische Überführung der Dokumente in das DMS. Grundsätzlich kann dieser Vorgang manuell, direkt aus einer Anwendung heraus oder durch Scannen erfolgen.[32] In fortfolgenden Ausführungen sollen die wesentlichsten Charakteristika der unterschiedlichen Methoden dargestellt werden. Der weitläufige Teilbereich des Scannens ist hierbei von besonderer organisatorischer sowie technischer Relevanz und stellt eine der wichtigsten Funktionen innerhalb eines DMS dar. Die verschiedenen Formen des Scannens bilden demnach den Schwerpunkt der Erläuterungen.

Bei der manuellen Erfassung werden die zu Grunde liegenden Daten per Hand in das DMS übertragen. Dies ist häufig bei Standardformularen oder Anträgen der Fall, welche handschriftlich ausgefüllt werden. Derartige Formulare finden sich in allen Bereichen einer Kommunalverwaltung. An dieser Stelle sei auch die Möglichkeit der maschinellen Schriftenerkennung genannt. Hierbei wird das Formular gescannt und eine Handschriftenerkennung mittels des bereits genannten OCR-Verfahrens durchgeführt. Mit diesem Schritt wird das Formular in ein CI-Dokument gewandelt und so eine Weiterverarbeitung ermöglicht. Allerdings ist dieses Verfahren aufgrund der Komplexität von Handschriften selten fehlerfrei, weswegen eine genaue Kontrolle und häufig auch eine manuelle Nachbearbeitung der Daten erforderlich ist. Da die manuelle Methode der Erfassung viel zeitliche und personelle Ressourcen bindet, sollte diese möglichst vermieden werden.[33]

Dokumente, welche mit Hilfe von Anwendungen wie bspw. einer Textverarbeitung entstehen, können direkt aus dieser heraus in das DMS überführt werden. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass spezielle Schnittstellen zwischen der DMS-Software und unterschiedlichsten Programmen existieren. Häufig wird dies in Form eines speziellen Druckertreibers realisiert. Eine komfortablere Methode ist die Integration von Schaltflächen in die grafische Benutzeroberfläche der entsprechenden Anwendung durch die DMS-Software. Eine weitere anwendungsbasierte Methode ist das COLD-Verfahren (C omputer O utput to L aser D isc). Hiermit können große Mengen von Dokumenten aus einer Anwendung heraus automatisiert erfasst werden. Dieses Verfahren ist vor allem bei Fachanwendungen sinnvoll. Häufig werden hierbei viele gleichartige Dokumente erzeugt, die zwar für die laufende Sachbearbeitung nicht relevant sind, aber dennoch vorgehalten und archiviert werden müssen. Im kommunalen Bereich sind klassische Beispiel hierfür die Aufbewahrung von Verdienstabrechnungen im Bereich der Personalbuchhaltung oder Buchungsjournale innerhalb der Finanzbuchhaltung.

Die effizienteste Methode zur Erfassung extern erstellter Dokumente in Papierform ist die Datenerfassung mittels Scanverfahren. Beim Scanvorgang wird aus dem Papierdokument ein digitales Bild und demnach zunächst ein NCI-Dokument erstellt. Ist das Dokument für die Langzeitarchivierung bestimmt, kann dieses nicht abänderbare Format beibehalten werden. Ein Beispiel aus dem Bereich der Liegenschaftsverwaltung wäre ein unterschriebener Pachtvertrag. Um die elektronische Weiterverarbeitung zu gewährleisten, kann das NCI-Dokument mittels des OCR-Verfahrens in ein CI-Dokument gewandelt werden. Es kann auch zweckmäßig sein, dass ein Dokument in mehreren Formaten existiert. In diesem Fall könnte ein unterschriebenes, handschriftlich ausgefülltes Formular als nicht abänderbarer Beleg und zudem eine kodierte Version des Dokuments zur elektronischen Weiterverarbeitung in das DMS überführt werden.

Ein wichtiger Punkt bei der Datenerfassung durch Scannen ist die Organisation des Posteingangs, mithin von externen papierbasierten Dokumenten. An dieser Stelle sei auch auf das DOMEA®-Konzept der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung im Bundesministerium des Innern (KBSt) verwiesen. Es betrachtet detailliert sämtliche Teilbereiche im Zusammenhang mit Dokumentenmanagement und elektronischer Archivierung bei öffentlichen Verwaltungen, mithin auch nachfolgend beschriebene Scan-Prozesse. Mittlerweile wurde es vom Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit (DOMEA neu) abgelöst.[34] Beide Konzepte sind stark auf die Anforderungen und Gegebenheiten innerhalb der Bundesverwaltung bezogen und deshalb nur eingeschränkt auf die Kommunalverwaltung übertragbar, weswegen sie innerhalb dieser Bachelor-Thesis nicht weiter betrachtet werden sollen. Allerdings können sie auch für Kommunen als Orientierung und Einstieg in das Dokumentenmanagement dienen.

In Abhängigkeit von der Form (zentral oder dezentral) und den lokalen Gegebenheiten, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der Organisation des Posteingangs. Diese Scan-Strategien[35] lassen sich anhand folgender Grafik darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Scan-Strategien[36]

Da die Wahl einer Scan-Strategie stark von der jeweilig gewählten Einführungsstrategie abhängt, sollen an dieser Stelle die geläufigsten Strategien betrachtet werden. Wie aus der Grafik ersichtlich, werden die verschiedenen Scan-Strategien maßgeblich durch den Zeitpunkt und den Ort des Scanvorgangs charakterisiert. Die in der Praxis gängigsten Kombinationen aus den verschiedenen Zeitpunkten und Orten sind „früh zentral“, „früh dezentral“, „parallel lokal“ und „spät lokal bzw. dezentral“.[37]

Das frühe zentrale Scannen setzt eine zentrale Poststelle oder Registratur für die gesamte Verwaltung voraus und ist Voraussetzung für eine durchgehende elektronische Vorgangsbearbeitung. Eine detaillierte Planung ist deswegen von großer Wichtigkeit. Bei dieser Scan-Strategie wird die eingehende Post direkt nach dem Eintreffen, noch vor der Sachbearbeitung, gescannt. Diese Vorgehensweise birgt ein sehr großes Nutzenpotential: Zum einen können Ressourcen wie Hardware und Personal gebündelt werden. Zum anderen wird durch die frühestmögliche Verfügbarkeit und die Verkürzung der Transportwege ein schneller Zugriff durch den jeweiligen Sachbearbeiter sichergestellt. Dies führt zu einer Reduzierung der Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten, einer Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit und in der Folge auch zu einer Qualitätssteigerung. Um dieses Potential abzuschöpfen müssen allerdings eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt werden. Neben der Sicherstellung von personellen und materiellen Ressourcen ist eine ausreichende Qualifizierung des Personals von großer Bedeutung. Es muss in der Lage sein, die eingehende Post fachgerecht zu selektieren, um sicherzustellen, dass nur relevante Dokumente in das DMS überführen werden und diese auch an die richtigen Sachbearbeiter weitergeleitet werden. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht das Risiko der Unübersichtlichkeit. Dadurch können Verzögerungen entstehen, wodurch die Qualität negativ beeinflusst und der gesamte Prozess unwirtschaftlich werden kann.[38]

Beim frühen dezentralen Scannen wird die Eingangspost zunächst gemäß der gängigen Praxis bei Kommunalverwaltungen in die jeweiligen Fachbereiche weitergeleitet. Erst dort wird diese gescannt und in das DMS überführt. Wie beim frühen zentralen Scannen wird auch hier dem zuständigen Sachbearbeiter die Post in elektronischer Form weitergeleitet. Bei diesem Verfahren ergeben sich die gleichen Vorteile wie bei der zentralen Variante, allerdings in geringerem Maße. Eine Bereitstellung der Ressourcen ist jedoch i. d. R. einfacher umzusetzen, trotz der mehrfach benötigten Hard- und Software.[39]

Ist die Menge der eingehenden Post gering und überschaubar, kann das parallele lokale Scannen angewendet werden. Hierbei geht dem Sachbearbeiter die eingehende Post zunächst auf gewöhnlichem Wege in Papierform zu. Dieser entscheidet dann vorab, aber auch innerhalb der laufenden Sachbearbeitung, welche Dokumente dem DMS zugeführt werden.[40] Diese Scan-Strategie ist vor allem bei kleinen Verwaltungen anwendbar. Da gewohnte Arbeitsweisen teilweise erhalten bleiben, können die Mitarbeiter sukzessive an den Umgang mit einem DMS herangeführt werden. Allerdings kann diese Methode auch zu Problemen führen: Die Entscheidung, welche Dokumente in das DMS überführt werden, liegt im Ermessen des Sachbearbeiters. Dies setzt eine einheitliche Denk- und Arbeitsweise sowie eine große arbeitsplatzübergreifende Kenntnis der Prozesse eines jeden Sachbearbeiters im Fachbereich voraus. Um diese Einheitlichkeit zu unterstützen und zu steuern, müssen grundsätzliche Regeln und detaillierte Arbeitsanweisungen fixiert werden. Unabhängig von der konsequenten Anwendung dieser Richtlinien, besteht allerdings dennoch die Gefahr, dass der Sachbearbeiter oft zwischen der eigentlichen Vorgangsbearbeitung und der Erfassung von Dokumenten wechseln muss. Dies kann im schlimmsten Fall zu einer permanenten Unterbrechung des Arbeitsflusses und damit zu einem deutlichen Effizienzverlust führen.

Beim späten lokalen bzw. dezentralen Scannen bleibt die gewöhnliche, papierbezogene Vorgangsbearbeitung zunächst erhalten. Erst wenn der Vorgang final bearbeitet ist, wird dieser vom Sachbearbeiter oder einer dezentralen Stelle eingescannt und in das DMS überführt. Eine elektronische Vorgangsbearbeitung ist folglich nicht möglich.[41] Diese Scan-Strategie ist vor allem bei speziellen, stark strukturierten Vorgängen, welche nur mit großem Aufwand reorganisiert werden können oder in einer Übergangsphase hin zu einer durchgehenden elektronischen Vorgangsbearbeitung denkbar. Im Falle einer dauerhaften Anwendung besteht die Gefahr einer Doppelerfassung, deren einziges Ziel die elektronische Ablage ist.

Nach dieser Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten und Betrachtung von Vor- und Nachteilen, lassen sich zusammenfassend grundsätzliche Empfehlungen für kleine und mittlere Kommunen benennen: Das frühe zentrale Scannen birgt das größte Nutzenpotential aller hier vorgestellten Methoden. Eine konsequente Umsetzung dieser Scan-Strategie erfordert allerdings eine exakte Planung und Organisation, die Bereitstellung großer materieller und personeller Ressourcen sowie eine hohe Qualifikation des eingesetzten Personals. In Folge der durchgängigen elektronischen Vorgangsbearbeitung werden darüber hinaus sämtliche Prozesse innerhalb der Verwaltung beeinflusst. Aufgrund dieses hohen Aufwandes ist das frühe zentrale Scannen für kleine und mittlere Kommunen nur unter starken Vorbehalten zu empfehlen. Eine gute Alternative hierzu stellt das frühe dezentrale Scannen dar. Mit dieser Scan-Strategie können zum einen die positiven Effekte des frühen zentralen Scannens in weiten Teilen erzielt werden, zum anderen können die negativen Effekte in Folge der beschriebenen Gefahren im Prozessverlauf korrigiert und kompensiert werden. Das frühe dezentrale Scannen stellt deshalb einen guten Mittelweg innerhalb der Einführungsphase eines DMS bei kleineren Organisationseinheiten dar, weswegen diese Methode empfohlen wird. Weiterhin kann diese Strategie im Rahmen eines Pilotprojekts innerhalb eines bestimmten Fachbereichs erprobt und nach erfolgreicher Einführung sukzessive auf andere Fachbereiche ausgeweitet werden.

3.1.2 Indizierung

Ein weiterer wichtiger Schritt innerhalb des Dokumentenflusses durch ein DMS ist die Indizierung. Um ein Dokument bei der Recherche im DMS wiederfinden oder bspw. innerhalb eines Workflows an den korrekten Adressaten weiterleiten zu können, muss es mit sog. Metadaten versehen werden. Dies ist ein Sammelbergriff für die Attribute, Klassifikation und Schlag- oder Stichworte eines Dokuments. Beispiele hierfür sind der Dokumententitel, der Verfasser, das Aktenzeichen, die Belegnummer, der Empfänger oder das Erstelldatum. Anhand dieser Begriffe wird eine Datenbank aufgebaut, welche die Dokumente den Metadaten zuordnet.[42] Die Vergabe kann manuell, automatisiert oder auch als Mischform erfolgen.

Bei der manuellen Vergabe muss der jeweilige Sachbearbeiter sämtliche Metadaten von ein- oder ausgehenden Dokumenten nach eigenem Ermessen vergeben. Bei der automatisierten Methode werden bei der Erstellung eines Dokuments aus der Anwendung heraus Metadaten vergeben. Die jeweilige Eingabeschnittstelle erkennt z. B. bestimmte Stichworte in den Formularfeldern des Dokumentenvordrucks und schreibt diese selbstständig in die Metadaten. In ähnlicher Form erfolgt auch die Erfassung der Metadaten ein- und ausgehender E-Mails samt Anhängen oder von Dokumenten, welche mit beschriebenem COLD-Verfahren erstellt werden. Im Falle von Dokumenten, welche die Verwaltung auf dem gewöhnlichen Postweg in Papierform erreichen, erfolgt die automatische Erfassung der Metadaten beim Scanvorgang. Die Scan-Software des DMS durchsucht das Dokument mit Hilfe des OCR-Verfahrens nach entsprechenden Schlagwörtern und übernimmt diese automatisch in die Metadaten des gescannten Dokuments. Wichtig hierbei ist, dass es sich um gleichartige Formulare handelt, in denen die Attribute eine feste Seitenposition einnehmen.[43] Auch Attribute, welche hinter Schlüsselbegriffen stehen, können von der OCR-Software erkannt werden.[44] Trotz der automatisierten Erfassung kann eine Korrektur oder Nacherfassung nötig sein, weswegen eine manuelle Qualitätskontrolle, möglichst bereits im Zuge des Scanvorgangs, sichergestellt sein muss. Bei der Mischform können zuvor automatisch erfasste Metadaten in einem weiteren Schritt manuell um relevante Schlagwörter ergänzt werden. Neben der gezielten Attributierung von Dokumenten durch Metadaten wird i. d. R. auch der gesamte Inhalt des Dokuments vollständig indexiert. Dies erfolgt bereits im Zuge der Erstellung durch eine Anwendung oder innerhalb des Scanvorgangs mit Hilfe des OCR-Verfahrens.[45]

An dieser Stelle wird erkennbar, dass eine korrekte und umfangreiche Indizierung ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Funktionieren eines DMS darstellt und ein großes Potential zur Effizienzsteigerung beinhaltet. Je mehr Dokumente Eingang in das DMS finden, desto präziser müssen die Dokumente indiziert werden, um sie bei einer Recherche schnell wieder aufzufinden. Am deutlichsten wird der Stellenwert der Indizierung im Falle einer durchgängigen elektronischen Vorgangsbearbeitung: Um eingehende Dokumente an die richtigen Sachbearbeiter weiterzuleiten oder Dokumente automatisiert den richtigen Vorgängen zuzuordnen ist die konsequente Vergabe einer großen Anzahl von Metadaten unerlässlich. Hieran wird auch deutlich, dass das Verfahren der Indizierung stark mit der gewählten Scan-Strategie zusammenhängt. Je nach gewählter Scan-Strategie können verschiedene Varianten in Bezug auf Zeitpunkt und Umfang der Indizierung in Betracht gezogen werden: Beim parallelen lokalen Scannen muss das Dokument unmittelbar vom Sachbearbeiter indiziert werden, häufig mit Hilfe der Mischform von automatisierter und manueller Erfassung. Im Falle des frühen zentralen oder dezentralen Scannens besteht bspw. die Möglichkeit, dass bestimmte festgelegte Metadaten bereits zu einem frühen Zeitpunkt automatisiert erfasst werden und im Zuge der späteren Bearbeitung vom Sachbearbeiter ergänzt werden. Grundsätzlich gilt, dass ein hoher Anteil an manueller Erfassung eine große Ressourcenbindung zur Folge hat. Je mehr Metadaten vom Sachbearbeiter manuell vergeben werden müssen, desto öfter wird der Fluss der eigentlichen Sachbearbeitung unterbrochen. Die Vorgehensweise bei der Indizierung und deren Abhängigkeit zur gewählten Scan-Strategie sollten demnach im Vorfeld genauestens analysiert werden, um durch eine weitestgehende Automatisierung den größtmöglichen Nutzen abzuschöpfen.

3.2 Ablage

Aus Benutzersicht zählt im Wesentlichen, dass Dokumente schnell verfügbar und gegen Fremdzugriff sowie Schäden geschützt sind. Die Berührungspunkte zwischen Anwender und DMS finden sich somit schwerpunktmäßig im Bereich der Eingabe und Ausgabe.[46] Der Funktionsbereich der Ablage bildet somit den eigentlichen Kern eines DMS, welcher sich zwischen diesen Bereichen befindet. An diesem Punkt wird die bereits unter Punkt 2.3 beschriebene Entwicklung moderner DMS aus reinen Archivierungssystemen deutlich. Innerhalb der Ablage finden hauptsächlich interne Vorgänge statt, die der Anwender nicht direkt nachverfolgen kann.[47] Sie teilt sich in die Bereiche Verwaltung und Archivierung.

3.2.1 Verwaltung

Im Teilbereich der Verwaltung findet die bereits beschriebene Zuordnung von Metadaten zu den Dokumenten innerhalb der Datenbank statt. Dieser Vorgang wird mit dem Begriff Check-In beschrieben und stellt den logischen Schritt des Übergangs eines Dokuments in das DMS dar. Im Zuge einer Recherche anhand der Suchfunktion, kann dieses wieder aufgerufen werden. Möchte ein Sachbearbeiter nun ein im DMS gespeichertes Dokument weiterbearbeiten oder ändern, muss es über den sog. Check-Out zunächst wieder in diesen Status gebracht werden (s. Abbildung 3). Die wichtigste Funktion des Check-In bzw. Check-Out ist die Sperrung der Änderungsfunktion oder auch die Sperrung des gesamten Dokuments für andere Benutzer, solange es im Status der Bearbeitung ist. Bei einer parallelen Bearbeitung des Dokuments besteht andernfalls die Gefahr der gegenseitigen Überschreibung der Änderungen. Führen Änderungen an einem Dokument zu einer neuen Version des Dokuments, muss die Versionsverwaltung des DMS in der Lage sein, diese strukturiert zu erfassen und abzulegen.[48]

3.2.2 Archivierung

Bei der Archivierung stehen die unveränderbare Speicherung sowie die Wiedergewinnung von Dokumenten und Metainformationen im Mittelpunkt. Die zentralen Komponenten der Archivierung sind zum einen die bereits beschriebenen Datenbanken softwareseitig, zum anderen verschiedenste Speichermedien und -techniken aus dem Bereich der Hardware. Das Archivierungssystem kann als eigenständiges System gesehen werden, welches auch unabhängig von einer DMS-Lösung betrieben werden kann.[49] Aufgrund der vielfältigen Hard- und Softwarelösungen sowie deren komplexen Aufbau, soll an dieser Stelle nicht weiter auf die technischen Details eingegangen werden. Der wichtige Themenkomplex der Revisionssicherheit, welche mit der Archivierung einhergeht, soll in Punkt 4.1 explizit behandelt werden.

3.3 Ausgabe

Der Funktionsbereich Ausgabe ist in die Funktionen Recherche und Präsentation gegliedert. Die Recherche vereint sämtliche Funktionen zur Suche bzw. Wiederauffindung von Dokumenten. Die Präsentation beinhaltet die Reproduktion von Dokumente in unterschiedlichsten Formen.

3.3.1 Recherche

Grundsätzlich bestehen zwei Arten von Recherchemöglichkeiten innerhalb des DMS: Die strukturierte Suche und die Volltextsuche. Anhand der strukturierten Suche lassen sich gezielt die vergebenen Metadaten der Dokumente abfragen. Für die strukturierte Suche ist die Qualität und Quantität der zuvor vergebenen Metadaten von besonderer Bedeutung. Je mehr treffende Metadaten vergeben wurden, desto gezielter und schneller ist das Dokument wieder aufzufinden. Mit Hilfe einer Volltextsuche kann das gesamte zuvor indexierte Dokument nach dem eingegebenen Suchbegriff durchsucht werden. Wie bereits beschrieben muss es sich hierbei um ein von der EDV interpretierbares CI-Dokument handeln. Reine Imagedokumente können anhand der Volltextsuche nicht durchsucht werden.[50] Wie im Falle einer Internetrecherche, besteht bei Suchanfragen auch die Möglichkeit, Suchwörter mit Hilfe der sog. booleschen Operatoren logisch zu verknüpfen. Gängige Operatoren sind bspw. UND (+), ODER ( | ) und NICHT (-).[51]

3.3.2 Präsentation

Bei der Präsentation bzw. Reproduktion kann das Dokument dem Anwender wieder angezeigt, gedruckt oder auf elektronischem Wege per Fax oder E-Mail weitergeleitet werden. Dokumente können aus dem DMS heraus auf verschiedene Arten angezeigt werden. Zum einen verfügen DMS mit einem sog. Viewer über ein Instrument, mit dem sich verschiedenste Dokumentenarten bereits in der DMS-Umgebung anzeigen lassen. Bei CI-Dokumenten besteht überdies die Möglichkeit, aus dem DMS heraus die jeweilige Anwendung zu starten, mit der das Dokument erfasst wurde, bspw. ein Textverarbeitungs- oder Tabellenkalkulationsprogramm. Auch die Ausführung und Betrachtung eines Dokuments mit Hilfe einer speziellen Fremdanwendung kann von einem DMS unterstützt werden.

Immer häufiger werden von modernen DMS die Möglichkeiten einer browserbasierten Recherche und Präsentation angeboten. Hierbei kann von beliebigen Orten per Internet oder Intranet auf Dokumente im DMS zugegriffen werden. Wie bereits unter Punkt 2.3 definiert, werden diese, über die Grundfunktionen hinausgehenden Instrumente sowie deren Zusammenspiel, den DMS im weiteren Sinne zugeordnet. Als Ausblick auf die angebotenen erweiterten Funktionen, soll in folgenden Ausführungen eine Auswahl dieser dargestellt und erläutert werden.

3.4 DMS im weiteren Sinne

Wie anhand des Funktionalmodells eines DMS in vorherigen Ausführungen verdeutlicht, ist eine scharfe Trennlinie, zwischen den Kernfunktionen eines DMS im engeren Sinne und den Zusatzfunktionen eines DMS im weiteren Sinne, nicht ohne weiteres zu ziehen. Bei manchen der bisher angesprochenen Funktionen handelt es sich streng genommen um DMS im weiteren Sinne, so bspw. auch das OCR- oder das COLD-Verfahren. Aufgrund der großen Auswahl von angebotenen Lösungen auf dem Markt und des schnellen technologischen Fortschritts, sind die Übergänge dieser definierten Begriffe allerdings fließend und dynamisch.

Ein weiteres Beispiel, um diesen Umstand zu verdeutlichen, ist die bereits genannte Workflow-Funktion: Götzer stellt fest, dass ein DMS „im Kern Services für die Administration von Dokumenten zur Verfügung“ stellt und diese Services von anderen eigenständigen Systemen genutzt werden können.[52] Hiernach zählen auch Workflow-Systeme zu DMS im weiteren Sinne. Auch Kampffmeyer und Merkel folgen dieser Einteilung zunächst, stellen allerdings weiterhin fest, dass sich die „ursprünglich voneinander abgrenzbaren Produktkategorien wie Workflow, DMS oder Bürokommunikation“ zunehmend überschneiden und zusammenwachsen.[53] Zum heutigen Stand der Technik gehören Workflow- oder auch OCR- und COLD-Systeme aufgrund des großen Mehrwertes und der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten bereits flächendeckend zu den Standard-Funktionen. Hierbei kann demnach in praktischer Hinsicht von einer Funktion des DMS im engeren Sinne gesprochen werden.

Weitere relevante Funktionen, welche dem DMS im weiteren Sinne zugeordnet werden können sind Groupware-Systeme, welche die EDV-gestützte Zusammenarbeit ermöglichen, Wissensmanagement-Systeme zur Bereitstellung und Teilung von Fachwissen sowie die bereits angesprochenen webbasierten Technologien wie Online-Portale, welche einen standortunabhängigen Zugriff auf Inhalte des DMS per Internet ermöglichen.

4 Rechtliche Rahmenbedingungen

Ein sehr wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der Einführung eines DMS ist die Absteckung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Durch die bereits unter Punkt 2 angesprochenen aktuellen Entwicklungen bei der Gesetzgebung, ist dieser Themenkomplex zurzeit starken Änderungen unterworfen. Da hierzu allerdings noch keine fundierten Aussagen getroffen werden können, sollen in folgendem Abschnitten deshalb der rechtlichen Rahmen nach bisheriger Gesetzgebung aufgezeigt und wesentliche Eckpunkte erläutert werden. Primär sollen hierbei die zwei wichtigen Teilbereiche revisionssichere Archivierung und Datenschutz betrachtet werden.

4.1 Revisionssichere Archivierung

Im Zuge der Projektplanung zur Einführung eines DMS werden gerade in der öffentlichen Verwaltung viele rechtliche Fragen im Teilbereich der revisionssicheren Archivierung aufgeworfen. Für die private Wirtschaft sind diese Fragen leichter zu beantworten, da ein seit Jahren national und international gewachsenes ausführliches Regelwerk zur revisionssicheren Speicherung von Daten existiert. Um nun praxisrelevante Aussagen in Bezug auf die revisionssichere Archivierung für die öffentliche Verwaltung zu treffen, ist es zunächst notwendig, dieses Regelwerk näher zu beleuchten und zu entzerren.

Auf nationaler Ebene müssen im Rahmen der revisionssicheren Archivierung vor allem die privatrechtlichen Normen des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Abgabenordnung (AO) beachtet werden. Diese Gesetzte enthalten primär Regelungen für den kaufmännischen und steuerlichen Bereich sowie für das Rechnungswesen. Auf die einschlägigen Paragrafen der Normen soll an dieser Stelle nicht genauer eingegangen werden. Vielmehr sind in einem weiteren Schritt hin zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für die öffentliche Verwaltung die Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) näher zu betrachten. Die GoBS sind Ausfluss aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB). Diese stellen zwar keine eigenständigen Rechtsnormen dar, bündeln allerdings die einschlägigen Regelungen der zahlreichen bestehenden Rechtsnormen und definieren damit die Anforderungen an revisionssichere DV-Systeme, mithin an DMS-Lösungen.[54] An dieser Stelle seien auch die Grund-sätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) zu nennen. Hierbei handelt es sich um eine Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums, welche gleichermaßen Regelungen der einschlägigen Rechtsnomen zusammenfasst und konkretisiert.

Die grundsätzlich relevanten Begrifflichkeiten hierbei sind Ordnungsmäßigkeit, Nachvollziehbarkeit, Integrität und Vollständigkeit.[55] Die komplexen Anforderungen, welche diese Punkte beinhalten, greifen ineinander und bedingen sich gegenseitig. Das Hauptziel einer Archivierung bildet die Ordnungsmäßigkeit. Diese muss zusammen mit der Vollständigkeit eine lückenlose und rechtskonforme Aufbewahrung von Dokumenten sicherstellen. Die Integrität und Authentizität der Dokumente ist durch eine regelmäßige Kontrolle der Umsetzung aller Anforderungen und der Verhinderung der Manipulation sicherzustellen. Hierfür sind eine umfangreiche Verfahrensdokumentation und ein Berechtigungskonzept des DMS, eine inhaltliche bzw. bildliche Übereinstimmung der elektronischen Dokumente mit den Originaldokumenten sowie eine Protokollierung aller Vorgänge und Änderungen notwendig. Sämtliche Prozessschritte von der Erstellung über die Archivierung bis hin zur Löschung von Dokumenten müssen jederzeit intern sowie von außenstehenden Dritten nachvollziehbar und überprüfbar sein. Aufgrund der beschriebenen Regelungsdichte und -tiefe der privatrechtlichen Normen und Handlungsgrundsätzen, kann demnach eine starke Rechtssicherheit in Bezug auf die revisionssichere Archivierung von elektronischen Dokumenten festgestellt werden.[56]

Im öffentlichen Recht hingegen existieren nur wenige explizite Regelungen zur revisionssicheren Archivierung von elektronischen Dokumenten. Vielmehr können diese lediglich aus den allgemeinen Vorgaben zur Schriftgutverwaltung und aus dem Grundgesetz (GG) abgeleitet werden.[57] Aus dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 GG sowie dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit aus Art. 19 Abs. 4 GG kann die Forderung einer transparenten, nachvollziehbaren und kontrollierbaren elektronischen Aktenführung subsumiert werden. Diese Aspekte des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit werden vor allem im Verhältnis der öffentlichen Verwaltung zu Bürgern und Kunden eine besondere Bedeutung zuteil. In Bezug auf die Möglichkeiten des elektronischen Verwaltungshandelns ist die Regelungsdichte innerhalb des öffentlichen Rechts bereits fortgeschrittener. Diese ergeben sich hauptsächlich aus den Verwaltungsverfahrensgesetzen. Die grundsätzlichen Regelungen im Umgang mit elektronischen Dokumenten und deren Zulässigkeit ergeben sich aus § 3a Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG). Für Verwaltungsakte sind insbesondere die Vorschriften zur Form, Begründung und Bekanntgabe in den §§ 37 ff. HVwVfG maßgeblich.

[...]


[1] Sinngemäß wird an dieser Stelle unter dem Begriff „Regierung“ der gesamte öffentliche Sektor mit seinen Körperschaften des öffentlichen Rechts auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene sowie deren Eigenbetriebe subsumiert.

[2] Vgl. Europäische Kommission o. J.

[3] Vgl. ebd.

[4] KGSt 2005, S. 11.

[5] Vgl. Bundesministerium des Innern o. J.

[6] Vgl. Wolters Kluwer Deutschland GmbH 2013.

[7] Vgl. KGSt 2002, S. 9.

[8] Vgl. Kampffmeyer/Merkel 1999, S. 27.

[9] Vgl. Kampffmeyer 2003, S. 44.

[10] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 2.

[11] Vgl. Oxford University Press o. J.

[12] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 3.

[13] Eigene Darstellung, angelehnt an KGSt 2011, S. 8; Götzer u. a. 2008, S. 4.

[14] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 3; KGSt 2011, S. 8.

[15] KGSt 2011, S. 7 (im Original mit Hervorhebungen).

[16] Vgl. Steinbrecher/Müll-Schnurr 2010, S. 248.

[17] Vgl. Kampffmeyer 2004; Götzer u. a. 2008, S. 9.

[18] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. vii.

[19] KGSt 2011, S. 7 (im Original mit Hervorhebungen).

[20] Götzer u. a. 2008, S. 4.

[21] Götzer u. a. 2008, S. 5 (im Original mit Hervorhebungen).

[22] ebd. (im Original mit Hervorhebungen).

[23] Kampffmeyer 2003, S. 55.

[24] ebd., S. 56.

[25] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 29 ff.

[26] Als Raster- oder auch Pixelgrafik wird ein aus verschiedenfarbigen Bildpunkten (Pixel) zusammengesetztes Bild bezeichnet.

[27] Kampffmeyer/Merkel 1999, S. 29.

[28] Eigene Darstellung, angelehnt an Kampffmeyer/Merkel 1999, S. 30; Kampffmeyer 2003, S. 12.

[29] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 36 (im Original mit Hervorhebungen).

[30] Eigene Darstellung, angelehnt an Steinbrecher/Müll-Schnurr 2010, S. 251; Götzer u. a. 2008, S. 38.

[31] Steinbrecher/Müll-Schnurr 2010, S. 251.

[32] Vgl. Gulbins u. a. 1999, S. 30.

[33] Vgl. ebd., S. 31.

[34] Vgl. Bundesministerium des Innern, o. J.

[35] Vgl. KBSt 2004, S. 14.

[36] Eigene Darstellung, angelehnt an KGSt 2011, S. 23; KBSt 2004, S. 15.

[37] Vgl. KGSt 2011, S. 24.

[38] Vgl. ebd., S. 25.

[39] Vgl. KGSt 2011, S. 27.

[40] Vgl. ebd.

[41] Vgl. ebd., S. 28.

[42] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 42.

[43] Vgl. Gulbins u. a. 1999, S. 50.

[44] Vgl. Softwarebüro Krekeler, 2013.

[45] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 48.

[46] Vgl. ebd., S. 143.

[47] Vgl. Steinbrecher/Müll-Schnurr 2010, S. 253.

[48] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 45.

[49] Vgl. ebd., S. 47.

[50] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 48.

[51] Vgl. Universitätsbibliothek Siegen, o. J.

[52] Vgl. Götzer u. a. 2008, S. 80.

[53] Vgl. Kampffmeyer/Merkel 1999, S. 39 ff.

[54] Vgl. PricewaterhouseCoopers AG/IMTB Consulting GmbH 2010, S. 30.

[55] Vgl. ebd.

[56] Vgl. ebd., S. 28 ff.

[57] Vgl. ebd., S. 32 ff.

Fin de l'extrait de 65 pages

Résumé des informations

Titre
Wirtschaftliche Implementierung und Integration eines Dokumenten-Management-Systems bei kleinen und mittleren Kommunen
Université
University of Applied Administrative Sciences Wiesbaden
Note
13,62
Auteur
Année
2013
Pages
65
N° de catalogue
V303326
ISBN (ebook)
9783668015128
ISBN (Livre)
9783668015135
Taille d'un fichier
4804 KB
Langue
allemand
Mots clés
Dokument, E-Government, DMS, Dokumentenmanagementsystem, Stadt, Gemeinde, Kommune, Bekörde, IT, IUK, EDV, ECM, Enterprise, Content, Management, System, Kommunalverwaltung, Verwaltung, Implementierung, Integration, Wirtschaft, Betriebswirtschaftslehre, BWL
Citation du texte
Jörg Dinges (Auteur), 2013, Wirtschaftliche Implementierung und Integration eines Dokumenten-Management-Systems bei kleinen und mittleren Kommunen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303326

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