„Bilanzdelikte sind kein neues, sondern ein seit jeher zu beobachtendes Phänomen,
das durch Häufung wiederkehrend als «verheerende Epidemie der Wirtschaftswelt
» grassiert. Die Bilanzskandale der letzen Jahre stechen durch Zahl,
Ausmass und Folgen hervor“1 Hakelmacher vermutet humorvoll einen Zusammenhang
zwischen der Zunahme von Naturkatastrophen und dem Fehlverhalten
von Topmanagern2, wobei er sich jedoch teilweise korrigieren muss, da „[…] Naturkatastrophen
entstehen, wenn Überfluss keinen Abfluss findet, während Unternehmen
in die Krise geraten, wenn der Abfluss den Überfluss übersteigt“3
Diese Entwicklung äußert sich beispielsweise wie folgt. An den großen USamerikanischen
Wertpapierbörsen ist der Anteil von Unternehmen, die Finanzinformationen
anpassen mussten, von 0,9% im Jahr 1997 über 2,5% im Jahr 2001
auf fast 3% im Jahr 2002 gestiegen. Das entspricht einer Steigerungsrate von nahezu
300% innerhalb von 5 Jahren. Dabei kündigte fast jedes zehnte Unternehmen
während dieses Zeitraums mindestens ein Restatement an.4
Diese Arbeit hat das Ziel, aufzuzeigen, welche Ursachen fehlerhafte Finanzberichte
haben, welche Konsequenzen erwartet werden müssen und welche Maßnahmen
existieren, um Rechnungslegungsregeln durchzusetzen. Diese Maßnahmen werden
unter dem Begriff Enforcement5 subsumiert. Hierzu werden bestehende und
geplante Aufsichtsinstitutionen, die über die gesetzliche Abschlussprüfung hinausgehen
vorgestellt. Dabei wird versucht, die jeweiligen Vor- und Nachteile
aufzuzeigen. Ferner beschäftigt sich die Arbeit mit Qualitätskriterien für Rechnungslegungsstandards.
Im Zuge dessen soll unter anderem untersucht werden,
inwiefern die inhaltliche und formelle Ausgestaltung der Normen ihre Durchsetzbarkeit
beeinflusst. Die Arbeit bezieht sich überwiegend auf kapitalmarktorientierte
Aktiengesellschaften.
1 Ballwieser / Dobler, DU 2003, S. 449
2 Vgl. Hakelmacher, WPg 2004, S. 113
3 Hakelmacher, WPg 2004, S. 113 zitiert Borstenbinder, Katastrophale Unterschiede in Natur,
Kunst und Gewerbe, Hamburg 2004, S. 1260 ff.
4 GAO, 2002, S. 4
5 [engl.] 1. Durchsetzung, 2. Erzwingung
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Ursachen für Regelverstöße im externen Rechnungswesen
- Komplexität
- Interessengegensätze und deren Auswirkungen auf die Handlungen des Managements
- Konsequenzen der Regelverstöße
- Überblick
- Vermögensschäden
- Vertrauensschäden
- Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechnungslegung – Enforcement
- Überblick
- Die Qualität der Rechnungslegungsstandards
- Mögliche Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Rechnungslegungsstandards
- Prinzipienorientierung vs. Regelorientierung
- Zur Durchsetzung der IAS/IFRS in der EU durch unabhängige Durchsetzungsinstanzen
- Generelle Überlegungen zum Enforcement in der EU
- Ausgestaltung einer europäischen Enforcement-Instanz
- Enforcement in den USA - Durchsetzung durch die SEC
- Institutionelle Grundlagen
- Kontroll- und Durchsetzungspolitik der SEC
- Verfahrensschritte und Sanktionierung
- Enforcement in GB - Durchsetzung durch das FRRP
- Institutionelle Grundlagen
- Kontroll- und Durchsetzungspolitik des FRRP
- Kurzer Vergleich von SEC und FRRP
- Eine Enforcement-Institution in Deutschland - Entwurf des Bilanzkontrollgesetzes
- Vorangegangene Diskussionen und die Grundidee des Bilanzkontrollgesetzes
- Das Zwei-Sufen-Modell im Überblick
- Ziele des Enforcement nach dem BilKoG
- Gegenstand der Prüfung
- Die Finanzierung des Enforcement nach BilKOG
- Die personelle Zusammensetzung der Prüfstelle
- Sanktionierung und Fehlerbeseitigung
- Schlussfolgerungen und Ausblick
- Ursachen für Regelverstöße in der Rechnungslegung
- Konsequenzen von Regelverstößen für Wirtschaft und Gesellschaft
- Entwicklung und Ausgestaltung einer europäischen Enforcement-Instanz
- Vergleich von Enforcement-Systemen in den USA, Großbritannien und Deutschland
- Ziele, Aufgaben und Herausforderungen einer effektiven Enforcementstruktur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Erforschung und Entwicklung einer effektiven Enforcementstruktur zur Qualitätssicherung der Rechnungslegung. Die Arbeit analysiert die Ursachen für Regelverstöße, die daraus resultierenden Konsequenzen und die Notwendigkeit einer wirksamen Durchsetzungsinstanz. Im Fokus stehen die Entwicklung und Ausgestaltung einer europäischen Enforcement-Instanz sowie ein detaillierter Vergleich mit den bestehenden Enforcement-Systemen in den USA und Großbritannien.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Problemstellung und skizziert die Relevanz einer soliden Enforcementstruktur zur Qualitätssicherung der Rechnungslegung. Es werden die Ursachen für Regelverstöße im externen Rechnungswesen untersucht, wobei die Komplexität der Rechnungslegungsvorschriften sowie die Interessengegensätze zwischen Management und Kapitalgebern im Vordergrund stehen.
Das zweite Kapitel behandelt die Konsequenzen von Regelverstößen. Hier werden die verschiedenen Arten von Schäden, die durch fehlerhafte Bilanzierung entstehen können, analysiert. Dazu zählen Vermögensschäden, die durch falsche Entscheidungen aufgrund unzutreffender Informationen entstehen, sowie Vertrauensschäden, die durch den Verlust an Glaubwürdigkeit des Unternehmens und seiner Führungskräfte eintreten.
Im dritten Kapitel werden verschiedene Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechnungslegungsstandards beleuchtet. Es wird eine grundsätzliche Übersicht über Enforcement-Mechanismen gegeben und die Bedeutung der Qualität von Rechnungslegungsstandards hervorgehoben. Es werden die verschiedenen Ansätze der Prinzipien- und Regelorientierung bei der Gestaltung von Rechnungslegungsstandards erläutert.
Das vierte Kapitel fokussiert auf die Durchsetzung der IAS/IFRS in der EU durch unabhängige Durchsetzungsinstanzen. Es werden die Herausforderungen und Chancen einer europäischen Enforcement-Instanz beleuchtet und die bestehenden Enforcement-Systeme in den USA und Großbritannien vorgestellt.
Schlüsselwörter
Rechnungslegung, Enforcement, Qualitätssicherung, Regelverstöße, Interessengegensätze, Vermögensschäden, Vertrauensschäden, IAS/IFRS, EU, USA, Großbritannien, SEC, FRRP, Bilanzkontrollgesetz.
- Citation du texte
- Jakob Fabian (Auteur), 2004, Aufbau einer Enforcementstruktur zur Qualitätssicherung der Rechnungslegung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30418