Die repräsentative Demokratie ist als Staats- und Regierungsform in der Bundesrepublik Deutschland in Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG fest verankert.
Die Entscheidung für ein solches Modell war im Zuge der Entstehung des heute geltenden Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Ansehung der Ereignisse in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unumstritten. Die Vorteile der repräsentativen Demokratie haben sich dann im Folgenden vor allem im ökonomischen und sicherheitspolitischen Vergleich zur Nachbarin DDR und endgültig in deren Scheitern offenbart.
Insgesamt hat sich im historischen und internationalen Vergleich gezeigt, dass Demokratie als Staats- und Regierungsform erstrebenswert ist. Auch wenn sie kein Garant für Frieden, Sicherheit und Wohlstand ist, so bietet sie doch eine gute Ausgangslage dafür. So werden idealerweise alle widerstreitenden Interessen der Bürger in einer Demokratie berücksichtigt, was zu einem schonend ausgleichenden Ergebnis führen soll. Dadurch, dass (fast) jeder Bürger eine Stimme hat, fühlen sich aus einem demokratischen Entscheidungs- bzw. Wahlverfahren resultierende Ergebnisse gerecht an.
Dennoch könnten in Deutschland Probleme mit der Umsetzung der Demokratie bestehen, auch in Hinblick auf die Legitimität von Entscheidungen. Solche Legitimationsdefizite können in einer repräsentativen Demokratie, in der die Herrschaft zwar vom Volk ausgeht, diese Herrschaft aber in periodischen Wahlen auf Volksvertreter übertragen wird, darin bestehen, dass z.B. die gewählten Vertreter bei wichtigen Entscheidungen nicht so abstimmen, wie es den Wählern versprochen worden ist oder Staatsorgane in einer Legitimationskette angesiedelt sind, in welcher das sich am Ende befindliche Organ am schwächsten durch die Wahl der Bevölkerung legitimiert ist.
Von einem Legitimationsdefizit wird vor allem gesprochen, wenn sich die wahlberechtigte Bevölkerung nicht mit Entscheidungen der Staatsorgane identifizieren kann und die Bürger dadurch in den durch die Wahl legitimierten bzw. in den wiederum durch diese legitimierten Personen keine Vertreter ihrer selbst sehen.
Legitimation ist der Grundsatz jeder Demokratie. Ist dieser Grundsatz defizitär, so ist die Demokratie in Gefahr. Legitimation kann in einer Demokratie nur vom Souverän, dem Volk (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG), ausgehen, staatliches Handeln muss in einem Zurechnungszusammenhang mit dem Volk stehen. Partizipationsmöglichkeiten des Volkes sind also Voraussetzungen jeder Demokratie.
Inhaltsverzeichnis
- A. Demokratie als Staats- und Regierungsform
- B. Demokratie in Deutschland
- I. Grundsatz repräsentativer Demokratie
- II. Partizipationsmöglichkeiten
- 1. Bundesbene
- a) Wahlen
- b) Grundrechte
- 2. Länder- und kommunale Ebene (Bayern)
- a) Kommunale Ebene
- aa) Bürgerversammlung und Bürgerantrag
- bb) Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
- b) Länderebene
- aa) Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid
- bb) Volksbefragung
- aaa) Inhalt
- bbb) Streitgegenstände
- (1) Verstoß gegen den Verfassungsvorbehalt
- (2) Verletzung der Oppositionsrechte, Art. 16a BV
- ccc) Ausblick
- 3. Zusammenfassung
- III. Probleme dieses Modells
- 1. Legitimationsdefizit
- a) Delegation der Souveränität durch Bundestagswahl?
- b) 5-Prozent-Hürde
- 2. Politikverdrossenheit
- 3. Intransparenz
- 4. Lobbyismus
- 1. Legitimationsdefizit
- a) Kommunale Ebene
- C. Lösung: Mehr direkte Demokratie!?
- I. Verfassungsvorbehalt
- II. Ausgestaltung
- 1. Art. 1 und 20 GG
- 2. Mitwirkung der Länder
- 3. Zusammenfassung
- III. Zweckmäßigkeit
- 1. Lösungspotential
- a) Legitimationsdefizit
- b) Politikverdrossenheit
- c) Intransparenz
- d) Lobbyismus
- 2. Nachteile
- 1. Lösungspotential
- IV. Ergebnis
- D. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob in Deutschland mehr direkte Demokratie eingeführt werden sollte. Sie analysiert die Funktionsweise der repräsentativen Demokratie in Deutschland und untersucht die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Im Fokus stehen dabei die potenziellen Vor- und Nachteile einer stärkeren direkten Demokratie, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung von Politikverdrossenheit, Intransparenz und Lobbyismus.
- Repräsentative Demokratie in Deutschland
- Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung
- Vor- und Nachteile direkter Demokratie
- Legitimationsdefizit und Politikverdrossenheit
- Intransparenz und Lobbyismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer grundlegenden Analyse der Demokratie als Staats- und Regierungsform. Im Anschluss wird die Funktionsweise der repräsentativen Demokratie in Deutschland untersucht, wobei ein Schwerpunkt auf den verschiedenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung liegt. Hierbei werden die jeweiligen Stärken und Schwächen der einzelnen Formen der Partizipation beleuchtet, beispielsweise bei Wahlen, Volksbefragungen und Bürgerinitiativen.
Anschließend wird das Problem des Legitimationsdefizits in der repräsentativen Demokratie beleuchtet, welches durch die Delegation der Souveränität durch Bundestagswahlen und die 5-Prozent-Hürde verschärft wird. Weiterhin wird auf die Herausforderungen von Politikverdrossenheit, Intransparenz und Lobbyismus im politischen System eingegangen.
Im letzten Teil der Arbeit wird die Frage untersucht, ob eine Stärkung der direkten Demokratie ein möglicher Lösungsansatz für die genannten Probleme wäre. Die Arbeit diskutiert die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für die Einführung direkter Demokratieelemente in Deutschland. Dabei werden sowohl die potenziellen Vorteile, wie beispielsweise die Steigerung der politischen Legitimität und die Bekämpfung von Politikverdrossenheit, als auch die potenziellen Nachteile, wie beispielsweise die Gefahr von Populismus und der Verlust von Expertenwissen, in Betracht gezogen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Repräsentative Demokratie, Direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung, Legitimationsdefizit, Politikverdrossenheit, Intransparenz, Lobbyismus, Verfassungsvorbehalt, Volksbefragung, Bürgerinitiative, Volksentscheid.
- 1. Bundesbene
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- Jan Maas (Author), 2015, Mehr direkte Demokratie!? Aktuelle Fragen des Staats- und Europarechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304457