Die Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland ist geprägt von der Konfrontation der Regierungsmehrheit auf der einen Seite sowie den oppositionellen Fraktionen und Parteien auf der anderen Seite. Im neuen Dualismus tritt die parlamentarische Opposition als genereller Gegenspieler zur Regierung(smehrheit) auf und ist demzufolge ein entscheidender Akteur für deren Kontrolle. Aus diesem Grund ist die parlamentarische Opposition mit zahlreichen Minderheiten- und Kontrollrechten ausgestattet, welche eine effektive Kontrolle der Regierungsmehrheit im politischen Alltag sicherstellen sollen.
Eine besondere Situation ergibt sich in Zeiten Großer Koalitionen, in denen die Regierungseinbindung der beiden stärksten Parteien, institutionelle Barrieren der Verfassung außer Kraft setzt. In der derzeitigen 18. Wahlperiode verfügt die Oppositionsfraktion, bestehend aus den Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, zusammen über 127 der 631 Sitze im Parlament, was etwa einem Anteil von 20 Prozent entspricht.
Die Probleme der Wahrung von Minderheitenrechten in Zeiten einer Großen Koalition sind dabei nicht neu. Kam die FDP als alleinige Oppositionspartei während der ersten Großen Koalition von 1966-1969 gerade einmal auf einen Anteil von 9,4 Prozent der Sitze im Parlament, konnte die Oppositionsfraktion der zweiten Großen Koalition 2005-2009, bestehend aus den Parteien Die Linke, FDP und Bündnis90/Die Grünen, immerhin noch 27 Prozent der Parlamentssitze auf sich vereinen.
Die These, ob in Zeiten einer Großen Koalition auch die Kontrolle der Exekutive aufgrund der Kräfteverhältnisse einer zahlenmäßig kleinen Oppositionsfraktion erheblich geringer ausfällt, soll in der vorliegenden Arbeit diskutiert werden. Hierzu gilt es zu klären, ob unter den Gegebenheiten einer Großen Koalition, die Minderheitenrechte der Opposition ausreichend gewahrt sind und inwieweit eine wirkungsvolle parlamentarische Kontrolle der Regierungsmehrheit gegeben ist. In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, ob sich für eine zahlenmäßig schwache Oppositionsfraktion tatsächlich negative Konsequenzen in Bezug auf die Kontrollleistung erkennen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Verlust der Wirksamkeit parlamentarischer Kontrollrechte?
- Formale Kontrollmöglichkeiten der Oppositionsfraktion
- Performanz der Kontrolle
- Parlamentarische Kontrolltätigkeit in der 5. Wahlperiode (1965 bis 1969)
- Parlamentarische Kontrolltätigkeit in der 16. Wahlperiode (2005 bis 2009)
- Anforderungen an das Politikmanagement moderner Oppositionen
- Fazit
- Minderheitenrechte während der 18. Wahlperiode
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht die Wirksamkeit parlamentarischer Kontrollrechte in Zeiten der Großen Koalition. Sie analysiert, ob die Minderheitenrechte der Opposition unter den gegebenen Umständen ausreichend gewahrt sind und ob eine effektive Kontrolle der Regierungsmehrheit möglich ist.
- Die Kontrollinstrumente der parlamentarischen Opposition in Deutschland
- Die empirische Analyse der Kontrolltätigkeit der Opposition während der 5. und 16. Wahlperiode
- Die Anforderungen an das Politikmanagement moderner Oppositionen in Zeiten der Großen Koalition
- Die Minderheitenrechte der Opposition während der 18. Wahlperiode
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel untersucht die formalen Kontrollmöglichkeiten der Oppositionsfraktion im deutschen parlamentarischen System. Es beschreibt die Instrumente, die der Opposition zur Verfügung stehen, wie z.B. Anfragen, Gesetzesentwürfe, Untersuchungsausschüsse und Normenkontrollklagen. Das Kapitel beleuchtet die Einschränkungen, die sich für die Opposition aus den Machtverhältnissen während einer Großen Koalition ergeben.
Kapitel zwei analysiert die tatsächliche Kontrolltätigkeit der parlamentarischen Opposition während der 5. und 16. Wahlperiode. Es untersucht, welche Kontrollinstrumente in diesen Zeiträumen der Großen Koalition genutzt wurden und ob diese einen Einfluss auf den politischen Output hatten. Die Analyse zeigt, dass die Oppositionsfraktionen zwar aktiv waren, aber kein gesteigerter Kontrollaktivismus erkennbar war.
Kapitel drei widmet sich den Anforderungen an das Politikmanagement moderner Oppositionen. Es stellt fest, dass die klassische Typologie der Opposition in Zeiten der Großen Koalition zunehmend an ihre Grenzen stößt. Die Opposition muss neue Strategien entwickeln, um in Zeiten der europäischen Integration und digitalisierten Protests relevant zu bleiben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen parlamentarische Kontrolle, Oppositionsrechte, Große Koalition, Minderheitenrechte, Politikmanagement, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung.
- Quote paper
- Alexander Wittwer (Author), 2015, Oppositionsrecht und Große Koalition. Verlieren parlamentarische Kontrollrechte ihre Wirksamkeit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305317