Struktur-Funktionsanalyse der Novelle "Romeo und Julia auf dem Dorfe" von Gottfried Keller


Dossier / Travail, 2004

24 Pages, Note: 2,0


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Inhaltsskizze

3. Das Motiv

4. Der Stoff

5. Analyse des >Wie< in der Novelle
5.1. Zeit
5.1.1. Ordnung
5.1.2. Dauer
5.1.3. Frequenz
5.2. Modus
5.2.1. Distanz
5.2.2. Fokalisierung
5.3. Stimme
5.3.1. Zeitpunkt des Erzählens
5.3.2. Ort des Erzählens
5.3.3. Stellung des Erzählers zum Geschehen

6. Analyse des >Was< in der Novelle
6.1. Segmentierung des Textes und Feststellung des Konflikts
6.2. Charakterisierung des Konflikts
6.3. Motivierung
6.4. Struktur der wiederkehrenden Motive
6.5. Die Tragik in „Romeo und Julia auf dem Dorfe“

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Von Anfang an hat das Publikum <Romeo und Julia auf dem Dorfe> als eine Art <Stichwort und Rosine> aus dem Zusammenhang der <Leute von Seldwyla> herausgeklaubt. Trotz Kellers Abschätzigkeit gegenüber dem <großen Haufen>, [...] ist zu sagen: mit einigem Recht. Die Geschichte ragt hervor durch Geschlossenheit, Stimmigkeit und einem äußersten Grad an Objektivierung (Kaiser in Keller 1987, S. 649).

Das Ziel meiner Arbeit ist es, diese und andere Besonderheiten des literarischen Textes „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ von Gottfried Keller herauszufinden und mithilfe der Struktur-Funktionsanalyse zu untersuchen. Hierbei beschäftige ich mich nach Betrachtung des Motivs und des Stoffs zunächst ausführlich mit der Analyse des <Wie> von Erzähltexten und anschließend mit der des <Was>.

2. Inhaltsskizze

In einem Dorf nahe der Stadt Seldwyla in der Schweiz leben zwei Bauern mit ihren Familien, welche beide jeweils einen Ackerstreifen besitzen, die auf der linken und rechten Seite eines brachliegenden, verwilderten Feldes liegen. Beide versuchen ihren Acker zu vergrößern, indem sie mit ihren Pflügen Furchen vom mittleren Acker abtrennen, so dass dieser von Ernte zu Ernte schmäler wird.

Der Acker wird schließlich versteigert, Manz überbietet Marti und ersteht das Feld. Marti hat kurz zuvor jedoch noch ein Dreieck davon abgeschnitten und zu seinem Acker hinzugefügt. Manz verlangt, dass Marti das Dreieck wieder aufgibt, doch dieser zeigt sich uneinsichtig und es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung. Daraus entsteht ein erbitterter Streit, dem sich beide Bauern mit großer Leidenschaft widmen, so dass sie ihre Arbeit völlig vernachlässigen.

Innerhalb einiger Jahre verschulden sie sich und rutschen in die Armut ab. Manz muss seinen Bauernhof verlassen und zieht mit seiner Frau und seinem Sohn Sali nach Seldwyla, um dort Wirt eines heruntergekommenen Gasthauses zu werden. Marti lebt mit seiner Tochter Vrenchen allein auf dem völlig ungepflegten Hof, denn seine Frau hielt den sozialen Verfall der Familie nicht aus und starb.

Sali und Vrenchen, die zwar als Kinder miteinander gespielt, sich aber aufgrund der Feindschaft ihrer Väter aus den Augen verloren haben, treffen sich eines Tages zufällig wieder und verlieben sich ineinander. Sie verabreden sich heimlich auf dem ehemaligen mittleren Acker, um etwas Zeit miteinander zu verbringen. Jedoch taucht Vrenchens Vater unerwartet auf und will seine Tochter wutentbrannt nach Hause zerren. Doch Sali schlägt ihn mit einem Stein nieder, woraufhin dieser das Bewusstsein verliert und obendrein schwachsinnig wird. Er kann sich an die Auseinandersetzung mit Vrenchen und Sali nicht mehr erinnern und wird in eine Anstalt eingeliefert. Sein Haus soll verkauft werden und Vrenchen muss sich eine Stelle als Dienstmädchen suchen. Doch bevor es soweit ist, wollen die beiden Verliebten wenigstens noch einen gemeinsamen Tag verleben und sie beschließen auf einem Kirchweihfest in einem Nachbarort zum Tanz zu gehen.

Auf dem Fest feiern sie ausgelassen im Kreise einer heimatlosen und verarmten Gruppe von Umherziehenden, unter denen sich auch der Schwarze Geiger befindet, welcher der eigentliche Erbe des Mittelackers ist. Er bietet dem Pärchen an, mit ihm und der Gruppe zu kommen und ein freies Leben in den Wäldern zu führen. Aber Vrenchen und Sali wollen so sittenwidrig nicht leben. Allerdings können sie sich auch kein anderes Leben vorstellen, wenn sie dieses ohne den jeweils anderen führen müssen. Also beschließen sie, sich ein einziges Mal der Leidenschaft hinzugeben und dann den Freitod zu wählen. Sie lieben sich auf einem Heuschiff und lassen sich dann im Morgengrauen ins Wasser fallen.

3. Das Motiv

Der Titel der Novelle Kellers weist darauf hin, dass der Autor das traditionelle und bereits vielfach verwendete Romeo-und-Julia-Motiv aufgreift.

Motive sind Grundstrukturen von Geschehniszusammenhängen, die sich im Literaturprozess wiederholen. So gibt es beispielsweise das Faustmotiv (Johann Wolfgang von Goethe, Thomas Mann).

Das Romeo-und-Julia-Motiv begegnet uns zum erstenmal im Jahre 1476 in „Novellino“ von Tommaso Masuccio Salernitaro. Hierin sind die wesentlichen Züge aller späteren Fassungen mit diesem Motiv bereits vorgeprägt.

Luigi da Porto begründete mit seiner Novelle „Historia novellamente ritrovata di due nobili amanti“ (1524) Verona als Schauplatz der Handlung und Romeo und Julia als Namen für die beiden Hauptcharaktere.

Matteo Bandellos überarbeitete im Jahre 1554 da Portos Werk, welches dann 1595 schließlich zur Grundlage für die berühmteste Fassung der Liebestragödie, geschrieben von William Shakespeare, wurde.

Gottfried Keller schrieb seine Novelle jedoch nicht ausschließlich aus diesem Motiv heraus. Viel bedeutsamer für die Entstehung der Erzählung war ein Vorfall aus der Wirklichkeit.

Ein Zeitungsartikel vom 03.09.1847 aus der „Züricher Freitagszeitung“ wurde für Keller zum Anlass, seine bedeutende Novelle zu schreiben. Der Artikel berichtete von einem 19-jährigen Jüngling und einem 17-jährigen Mädchen, die die Kinder von zwei armen, in Feindschaft miteinander lebender Familien waren. Die Eltern wollten einer Vereinigung des Paares nicht zustimmen, woraufhin sich die Liebenden in ein Wirtshaus begaben und dort bis spät in die Nacht hinein tanzten. Am darauffolgenden Morgen fand man ihre beiden Leichen auf einem Feld. Sie hatten sich erschossen.

Aus dieser wahren Geschichte zweier junger Liebenden schuf Gottfried Keller seine Novelle „Romeo und Julia auf dem Dorfe“. Das Werk wurde im Jahre 1856 als eine Geschichte in der Novellensammlung „Die Leute von Seldwyla“ veröffentlicht, doch Keller überarbeitete es inhaltlich und stilistisch und brachte es 1874 in einer zweiten Fassung erneut heraus.

(Ruppel 1998, S. 26-29)

4. Der Stoff

Unter dem Begriff Stoff versteht man jene Elemente der literarischen Darstellung, die feststellen lassen, wo und wann etwas spielt.

Wir unterscheiden vier verschiedene Arten von Stoff. Beim vergangenheitsgeschichtlichen Stoff spielen sich die Ereignisse des literarischen Textes vor der Entstehungszeit von diesem ab. Ein Beispiel ist Hermann Hesses Roman „Narziß und Goldmund“, der zur Zeit des Mittelalters spielt und nicht in der Gegenwart des Schriftstellers.

Weiterhin gibt es den mythologischen Stoff, um den es sich in Goethes Gedicht „Prometheus“ handelt, und den fantastischen Stoff, welcher der „Herr der Ringe“-Trilogie von J.R.R. Tolkien zugeordnet werden kann.

[...]

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Struktur-Funktionsanalyse der Novelle "Romeo und Julia auf dem Dorfe" von Gottfried Keller
Université
University of Rostock  (Institut für Germanistik)
Note
2,0
Auteur
Année
2004
Pages
24
N° de catalogue
V30676
ISBN (ebook)
9783638318808
ISBN (Livre)
9783656138624
Taille d'un fichier
457 KB
Langue
allemand
Mots clés
Struktur-Funktionsanalyse, Novelle, Romeo, Julia, Dorfe, Gottfried, Keller
Citation du texte
Rebecca Mahnkopf (Auteur), 2004, Struktur-Funktionsanalyse der Novelle "Romeo und Julia auf dem Dorfe" von Gottfried Keller, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30676

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