Musikalische Analyse des Stückes „Der Kaiserwalzer“ von Johann Strauß. Portfolio zur Präsentation

Spannungsaufbau in der Introduktion mit Hinblick auf Varianten des Spannungsempfindens und deren übergeordneter Zusammenhang


Presentación (Redacción), 2014

59 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


In diesem Portfolio werde ich meinen Umgang mit der Analyse des Kaiserwalzers von Johann Strauß beschreiben. Die folgenden Darstellungen hatte ich bereits im Sommersemester 2011, in dem ich auch bereits die Präsentation hielt, in Stichpunkten festgehalten. Ich werde sie nun in einen Fließtext verarbeiten. Dadurch habe ich die Möglichkeit, mich mit meiner damals begonnenen Arbeit wieder auseinanderzusetzen und erhoffe mir davon, leichter einen Anschluss zu finden.

Ich begann mir damals zunächst Gedanken darüber zu machen, was mich dazu veranlasst hatte, gerade dieses Stück auszuwählen. Ich fand durch meinen Vater einen Zugang zu dem Stück. Er hörte es sehr gerne mit mir gemeinsam an. Dabei fühlten wir uns leicht, unbeschwert und glücklich. Die Leidenschaft für diese Musik drückte sich im Mit summen/-pfeifen und Tanzen aus. Ich genoss die Leichtigkeit und Beschwingtheit des Walzers. Durch seine eingängigen Motive war die Musik mir oftmals noch Stunden später in den Ohren.

Ich machte es mir im nächsten Schritt zur Aufgabe, den Kaiserwalzer nun einmal bewusst und konzentriert anzuhören, um der Frage nachzugehen, welche konkreten Empfindungen ich währenddessen bei mir wahrnehme und welche Wirkung die Musik auf mich hat. Diese schrieb ich vorerst ungeordnet nieder, um sie später anhand des Notentextes belegen zu können. Die Darstellung des Zusammenhangs zwischen meinen Empfindungen und den Belegen am Notentext soll zu einem späteren Zeitpunkt eine wichtige Rolle in der Präsentation einnehmen.

Nachdem ich mich nun sehr intensiv mit dem persönlichen Bezug zum Stück und meinen Empfindungen auseinandergesetzt hatte, war ich neugierig, welche Informationen ich in einer ersten Internetrecherche sowohl über den Kaiserwalzer als auch über den Komponisten Johann Strauß erhalte. Ich befragte ‚Google‘ und entschied mich für drei Quellen. Durch Wikipedia konnte ich mir einen Eindruck davon verschaffen, was der Anlass bzw. der Grund für die Komposition war und unter welchen Umständen die Erstaufführung verlief. Außerdem konnte ich erste Einblicke in den Lebenslauf von Johann Strauß sowie musikalische Erläuterungen zum Aufbau und Ablauf des Stückes bekommen. Das Online-Archiv der Stadtkapelle Rosenheim, die alljährlich mit der Präsentation des Kaiserwalzers das neue Jahr einläuten, gab mir noch konkretere Auskunft über die damaligen politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge während der Entstehungszeit des Kaiserwalzers sowie über die Biografie Johann Strauß‘ und die Umstände bei der Erstaufführung. Schließlich konnte ich mein gewonnenes Bild von Strauß` Kaiserwalzer durch einen Online-Artikel des Kammermusikführers ‚Villa Musica Rheinlandpfalz‘ vorerst fertigstellen. Dieser ließ noch tiefere Einblicke in die Zusammenhänge des Lebenslaufs von Johann Strauß und die damalige politische Lage zu und vermittelte mir eine nachvollziehbare Sicht auf die Dinge.

In einem nächsten Schritt nahm ich mir Zeit, das gesamte Stück ein weiteres Mal anzuhören, um den Aufbau der verschiedenen Walzer und deren klangliche und harmonische Unterschiede wahrzunehmen. Bevor ich zum Ablauf der Walzer Informationen aus dem Internet bezog, hatte ich im unvoreingenommenen Hörerlebnis den Eindruck von einem Frage-Antwort-Spiel zweier Walzer-Gruppierungen, die sich zwischen voluminösen, pompösen Phrasen und leisen, verspielten Phrasen abwechseln. Letztendlich ließ ich mich auf die vorgegebene Strukturierung der Walzer-Unterteilung ein und machte mich durch ein erneutes Anhören des Kaiserwalzers damit vertraut.

Im Anschluss an das intensive Hören des Walzers, wurde ich nun zunehmend neugieriger auf die Noten. Ich suchte zuerst in der Musikbibliothek der pädagogischen Hochschule. Dort fand ich nicht die Noten, aber das Brockhaus Riemann ‚Musiklexikon‘, aus dem ich mir den Teil über Johann Strauß und seinen Kaiserwalzer kopierte. Danach suchte ich die Noten in der allgemeinen Bibliothek meiner Hochschule und zuletzt am Musikwissenschaftlichen Seminar in Heidelberg. Ich konnte sie nicht an diesen Orten erwerben und bestellte sie schließlich beim Musikhaus Hochstein. Als ich in der Bibliothek der pädagogischen Hochschule war, machte ich noch ein Buch ausfindig von Norbert Linke über Johann Strauß. Dieses lieh ich mir aus.

Als ich wieder zuhause angekommen war, hörte ich mir den Kaiserwalzer erneut an und las dabei in der erworbenen Partitur mit. Ich empfand es als gar nicht so einfach und kam zweimal an der gleichen Stelle raus. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt etwas die Motivation verloren und beschloss, dieses Vorhaben zu vertagen.

Ich fing als Nächstes an, ein Exzerpt zu erstellen, mit der Literatur, die ich bereits hatte. Ich nutzte die Internetquellen, das Buch von N. Linke und den Brockhaus Riemann. Außerdem las ich den kleinen Text zum Kaiserwalzer, der in der Partitur abgedruckt war. Während des Durchlesens der Literatur machte ich mir erste Gedanken über die Gestaltung der Präsentation. Ich entwarf Ideen, welche Zitate ich gerne übernehmen würde und entwickelte eine erste Struktur zum Ablauf der Präsentation.

Im weiteren Verlauf legte ich den Schwerpunkt auf die Vorbereitung der Präsentation. Ich gestaltete erste Folien über den Lebenslauf von Johann Strauß und seine persönlichen Bezüge zur Familie. Ich überlegte mir, welche Abschnitte und Situationen seines Lebens besonders hervorzuheben sind und welche Bezüge sich daraus zum Kaiserwalzer herstellen lassen. Weiterhin fragte ich mich, ob ich das Stück von der CD am Anfang der Präsentation abspielen soll, also zeitlich gesehen vor dem Vortrag über sein Leben oder ob es sinnvoller ist, erst nachdem ich den Aufbau der Walzerteile erklärt habe. Ich entschied mich für letztere Idee. Dadurch haben die Studierenden die Möglichkeit, einen direkten Bezug zum theoretischen Aufbau herzustellen und können ihn besser nachvollziehen.

Ich entwickelte Folien über die Familienverhältnisse, schrieb die wichtigsten Merkmale des Kaiserwalzers heraus und fertigte ein Schaubild über den Aufbau der Walzerteile an. Im nächsten Schritt unternahm ich einen neuen Versuch, das Stück anzuhören und währenddessen in der Partitur mitzulesen. Es klappte erfolgreich und ich war glücklich. Dadurch konnte ich am Notentext den Aufbau der Walzer nachvollziehen. Für die Analyse meiner Empfindungen beschränkte ich mich im weiteren Verlauf auf die Introduktion. Ich nahm meine ersten Notizen dazu hervor und hörte erneut nur die Introduktion an. Meine Aufgabe war es, diese nun strukturiert zu ordnen und am Notentext so zu verdeutlichen, dass sie für meine Zuhörer nachvollziehbar wurden.

Aus dieser Verinnerlichung heraus, entstanden sechs verschiedene Empfindungs-bereiche, was für mich eine Unterteilung der Introduktion in sechs Teile zur Folge hatte. Jeder Teil musste im weiteren Verlauf konkret am Notenmaterial belegt werden. Wichtige Stichpunkte schrieb ich auf die Folien.

Anschließend begann ich mit den letzten organisatorischen Vorbereitungen für die Präsentation. Ich speicherte die Datei auf meinem Laptop, kopierte das Stück auf CD und den Notentext für die Studierenden und Herr Z.. Zuletzt sprach ich die Präsentation für mich noch einmal durch und schrieb mir Stichpunkte auf Karteikarten. Ich war bereit und freute mich auf die Präsentation.

Aktuell befinde ich mich zeitlich gesehen, fast drei Jahre nach der Präsentation und habe in den letzten Tagen die zurückliegenden Zeilen des Dokumentationsportfolios in einen Fließtext überschrieben. Ich empfand die Wiederaufnahme dieser Analyse bzw. des Dokumentationsportfolios als schwierig und hatte Probleme, mich - allein durch meine damaligen Stichworte - an mein Vorgehen zu erinnern. Nun bin ich erst einmal froh darüber, dass ich es soweit geschafft habe, diese Zusammenhänge aufzuarbeiten.

Bevor ich begonnen hatte, dieses Portfolio zu aktualisieren, war ich in der Sprechstunde bei Herr Z. und informierte mich über die formalen Anforderungen der Analyse. Ich ging gestärkt und motiviert aus dem Gespräch und stattete gleich in jener Woche der Musikbibliothek einen weiteren Besuch ab. Ich studierte das Handbuch der Musikwissenschaft, nochmals den Brockhaus Riemann, die ‚Musik in Geschichte und Gegenwart‘ und das Handbuch der musikalischen Gattung. Diese Werke waren Empfehlungen von Herr Z.. Außerdem beschäftigte ich mich mit zusätzlicher Literatur, die ich in der Musikbibliothek recherchiert hatte.

Anschließend gestaltete ich die Titelseite dieses Portfolios und hörte mir dabei erneut den Kaiserwalzer an, um wieder mit dem Stück vertraut zu werden. Weiterhin überprüfte ich die damalige Internetrecherche und versuchte nachzuvollziehen, welche Literatur ich bereits ausfindig gemacht hatte. Die erworbene Literatur aus der Musikbibliothek gilt es nun zu bearbeiten und gemeinsam mit den Internetquellen in ‚Citavi‘ festzuhalten. So kann ich am besten einen Überblick bekommen, welche Zusammenhänge mir noch fehlen. Aktuell habe ich bereits die Internetquellen in ‚Citavi‘ exzerpiert. Nun folgt alle weitere Literatur.

Während des Exzerpierens der Literatur ist mir bewusst geworden, dass es wichtig ist, einen inhaltlichen Zusammenhang zur bereits durchgeführten Präsentation herzustellen. Ich sah mir die Präsentation in Hinblick auf deren Gliederung erneut an und gewann den Eindruck, dass ich die Struktur überarbeiten möchte. Ich entwarf eine Gliederung in Citavi, in der ich die Biografie von Johann Strauß und die Entstehungsgeschichte des Stückes stärker in einen geschichtlichen Zusammenhang brachte. Währenddessen entwarf ich gedanklich Verknüpfungen, die von diesen Zusammenhängen ausgehend, Rückschlüsse auf meine Empfindungen und deren Belege am Notentext zuließen.

Ich las in der „Musik in Geschichte und Gegenwart“ bezüglich der Walzer-Kompositionen von Johann Strauß, dass diese - in Folge der Veränderung der Introduktion - vereinzelt programmmusikalische Tendenzen aufweisen sollten. Das machte mich stutzig und ich unterbrach meine aktuelle Tätigkeit des Exzerpierens und wärmte zunächst mein Wissen über Programmmusik wieder auf. Mit diesem Wissen im Hinterkopf hörte ich mir die Introduktion des Kaiserwalzers erneut an und konnte solche Tendenzen wahrnehmen. Mir wurde klar, dass ich diese Erkenntnisse zu einem späteren Zeitpunkt mit der Analyse meiner Empfindungen in Zusammenhang bringen möchte.

Während der Beschäftigung mit der Literatur machte ich immer häufiger die Beobachtung von Beschreibungen über programmmusikalische Tendenzen. Ich fing an, mir die bekanntesten Walzer und Ausschnitte seiner erfolgreichsten Operetten anzuhören und konnte diese Tendenzen vermehrt unterstreichen. Mit der Beschäftigung über die Geschichte der Tanzmusik jener Zeit wurde mir der Bezug zur Programmmusik so deutlich, dass ich im Nachhinein über meine Stutzigkeit nur schmunzeln kann.

Ich habe nun meine fertigen Exzerpte komplett in Citavi festgehalten und verschiedenen Kategorien zugeordnet, die später meine Gliederung darstellen. Ich habe den Eindruck, dass ich einen guten Überblick über die komplexen Zusammenhänge der Geschichte des 19. Jahrhunderts, deren Ausprägungen und Entwicklungen in der Musik habe und diese mit den politischen Bewegungen und der Biografie des Johann Strauß und dessen Komposition „Kaiserwalzer“ verknüpfen kann. Zusätzlich bekam ich Einblicke in die Problematik der Tanzgattungen, die sich zwischen Gebrauchswert und Kunstanspruch zu behaupten versuchten und verankerte darin auch die Musik des Johann Strauß. Ich fand es auch interessant, verschiedene Meinungen über die Bezeichnung des Johann Strauß als Walzerkönig herauszufinden und diese zu diskutieren. So langsam bekam ich ein Bild davon, was Herr Z. dazu bewegt hatte, zu sagen, es fehle ihm in seinen Kompositionen an Komplexität und Harmonik. Ich konnte diese Zusammenhänge nun besser nachvollziehen und möchte folglich in der Überarbeitung meiner Präsentation ein kritisch reflektiertes Bild des Erfolges seiner Musik darstellen.

Ich empfand die Bearbeitung der Literatur als sehr zeitintensiv, da ich sie immer wieder zueinander in Beziehung setzen musste, weil kein Buch mir einen eindeutigen Zusammenhang aufzeigen konnte. Ich war viel damit beschäftigt, aus jeder Quelle Bezüge herzustellen und sie logisch miteinander zu verknüpfen. Außerdem habe ich immer mehr das Gefühl, dass sich noch nie jemand so intensiv mit dem Kaiserwalzer auseinandergesetzt hat- zumindest scheint es mir nach meinen Recherchen so, als hätte diese Komposition zuvor noch keine nähere Analyse erfahren. Ich habe folglich- wenn es um die empirischen Belege am Notentext geht, nicht die Möglichkeit auf bereits durchgeführte Analysen zurückzugreifen. Ich habe im Musikhaus Hochstein diesbezüglich nachgefragt sowie die breite Welt des Internets auf Analysen des Kaiserwalzers hin durchforstet, konnte aber noch nicht einmal kostenpflichtige Exemplare finden. Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich die Situation finden soll. Ich werde in einem Rückblick nach meiner Analyse nochmal darauf zu sprechen kommen.

Da ich mich bereits mit der Gliederung der Präsentation auseinander gesetzt hatte, empfand ich es als sinnvoll im nächsten Schritt, die damalige Durchführung der Präsentation zu reflektieren. Hinsichtlich eines Gesamteindrucks lässt sich sagen, dass der Aufbau meiner Präsentation in sich schlüssig war und für die Seminarteilnehmer nachvollziehbar. Die Vorstellung meiner Empfindungen war klar strukturiert und die Belege am Notentext erkennbar, jedoch ausbaufähig. Meinem Hörempfinden nach, unterteilte ich die Introduktion in sechs Bereiche und betrachtete die jeweiligen Empfindungen unabhängig voneinander. Es fehlte der ‚rote Faden‘ – ein Hauptgedanke der Analyse, mit dem ich eine bestimmte Zielsetzung verbinde. Es wurde somit deutlich, dass die sechs Bereiche zueinander in Beziehung treten müssen und ein übergeordnetes Thema gefunden werden muss. Zu Beginn meiner Präsentation stellte ich den Komponisten Johann Strauß vor, brachte ihn in Beziehung zu seiner Familie und beschrieb das konfliktbehaftete Verhältnis zwischen ihm und seinem Vater. Im nächsten Schritt erläuterte ich die politischen und geschichtlichen Hintergründe des Kaiserwalzers. Die damals dargestellten Zusammenhänge waren im Ansatz richtig, jedoch noch in den Anfängen. Diese gilt es mit der Überarbeitung der Präsentation auszubauen.

Weiterhin möchte ich nun die Reflektion der Analyse im engeren Sinn betrachten. Für die Präsentation hatte ich jeweils eine Folie (insgesamt 6 Folien) mit empirischen Belegen vorbereitet, passend zu den sechs Teilen der Empfindungsbereiche in der Introduktion. In dem ersten Teil (Takt 1-20) beschrieb ich kontrastierende Motive, die sich in ihrer Artikulation (staccato/legato) unterscheiden. Diese sollten weiter vertieft und ausgearbeitet werden. Weiterhin sprach ich von der Gegenbewegung bei den Streichinstrumenten, doch auch die muss noch genauer beschrieben werden- auch unter Berücksichtigung der Stimmführung der Bratsche. Mir fiel außerdem das Trompetensolo in Takt 19 und 20 auf, das noch auf seine Bedeutung hin untersucht werden muss.

In den nächsten beiden Teilen (Takt 21-36 und Takt 37-44) konnte ich meine Empfindungen am Notentext nachvollziehbar machen und bereits sehr genau schildern. Im viertem Teil (Takt 45-52) sprach ich von ‚Verspieltheit‘ als Empfindung, die aber nicht als solche zu bezeichnen ist. Ich werde mir also erneut bewusst werden müssen, wie ich meine Empfindung ausdrücken- und überzeugender gestalten kann. Zusätzlich sollte ich einen Kontrast zu dem vorherigen Teil aufzeigen- und in Beziehung zu meiner veränderten Empfindung bringen können.

Im fünften Teil (Takt 53-67) sollte ich alle dargestellten Bezüge zum Notentext vertiefen. Es gilt demnach, die Wellenbewegung ab Takt 59 näher zu beschreiben, ab Takt 65 die Abwärtsbewegung deutlicher herauszuarbeiten und die Bedeutung des Orgelpunktes in Takt 60 in Beziehung zu meiner Empfindung zu setzen. Im sechsten Teil (Takt 68-75) sprach ich fälschlicherweise von ‚Zufriedenheit‘ als Empfindung. Auch hier muss ich zunächst die Empfindung an sich reflektieren und diese anschließend am Notentext belegen. In der Reflektion wurde außerdem der Wunsch nach mindestens einem konkreten Notenbeispiel auf den Folien geäußert, um meine Analyse- ohne erst im kopierten Notenmaterial danach suchen zu müssen- besser nachvollziehen zu können.

Während ich die damalige Präsentation reflektiert habe, bin ich mir nun- nach so langer Zeit- unsicher geworden, ob ich meine Empfindungen noch nachvollziehen kann. Ich werde mir also im nächsten Schritt die Introduktion nochmals anhören und meine Empfindungen zu neuer Intensität erwecken. Bei diesem Vorgang ist mir der Aufbau der Introduktion verstärkt bewusst geworden und ich konnte durch wiederholtes Anhören und Arbeiten am Notentext ein sinnvolles Miteinander der einzelnen Teile mit Hinblick auf die Spanne zwischen maximalem Zusammenhang und äußerster Zusammenhanglosigkeit ausmachen. Ich werde folglich meinen Blick auf Wiederholungen, Variationen und Entwicklungen legen, um festzustellen, inwiefern die Introduktion einen selbstständigen Teil des Kaiserwalzers darstellt und inwiefern sie einen übergeordneten Spannungsaufbau verkörpert, der zum ersten eigentlichen Walzer hinführen soll. Damit möchte ich meinem Ziel näher kommen, die einzelnen sechs Empfindungsteile miteinander in Beziehung zu setzen.

Um den Überblick über meine Gedanken zu behalten, die bereits begonnen hatten, die Teile 1-6 der Introduktion miteinander zu vernetzen, verfasste ich Stichpunkte auf kleinen Karteikarten. Ich untersuchte die Introduktion im Folgenden immer als Ganzes auf Dynamik, Artikulation und Phrasierung, Melodik, Harmonik, Rhythmik und Tempo. Ich erstellte eine Grafik zur Entwicklung der Dynamik, entwarf eine Gegenüberstellung von strebsamen versus eigenständigen Elementen, verglich den Ausschnitt des Walzer I in der Introduktion mit dem eigentlichen Walzer I und entdeckte so wichtige Schnittstellen, die schließlich ausschlaggebend für das Thema der Analyse wurden.

Im nächsten Schritt überarbeitete ich die Präsentation. Da ich mich nun bereits intensiv mit den Gliederungseinheiten und Beziehungen der Empfindungsbereiche auseinandergesetzt hatte, war ich motiviert direkt in die Analyse des 1. Teils einzusteigen. Ich erinnerte mich an Herr Z.’s Worte, die Analyse möglichst detailliert und konkret am Notenbild zu schildern. Mir fiel nur dadurch auf, dass ich Schwierigkeiten hatte, übergeordnete Zusammenhänge nicht zu vernachlässigen, damit meine Ausführungen dem Leser noch nachvollziehbar blieben. Nach Beendigung des 1. Teils sah ich mich dadurch veranlasst, vorerst einen Schritt zurück zu machen und einen Überblick über die Introduktion zu geben. Die Zusammenhänge und Gliederungseinheiten, die mir schon zuvor bewusst geworden waren und die ich auf Karteikarten festgehalten hatte, wollte ich zunächst in die Präsentation einbauen. Dadurch entstanden 3 neue Folien; zwei zum Aufbau und eine Folie mit Notenbeispielen der verschiedenen Motive (a-d).

Ich blickte nun mit Abstand auf die angefangene Analyse und fand es schwierig, den Anschluss zum 2. Teil der Analyse zu finden. Ich entschied mich zunächst, die Exzerpte über biografische, politische und tanzgeschichtliche Zusammenhänge zum Kaiserwalzer von Citavi in die Präsentation zu integrieren. Teilweise hatte ich dazu bereits Folien, teilweise erstellte ich noch Zusätzliche. Mir wurde bei dieser Arbeit bewusst, dass ich mich sehr intensiv mit dem Thema rund um den Kaiserwalzer auseinandergesetzt hatte. Ich hatte durch das Lesen und Exzerpieren der Literatur genaue Zusammenhänge und Vorstellungen im Kopf, die ich gerne alle in die Präsentation übernommen hätte. Allerdings erinnerte ich mich an die Vorgaben, hauptsächlich zu den Folien der eigentlichen Analyse Notizen anzufügen. Ich setzte mir also das Ziel, erkannte Zusammenhänge nur in Bezug zum Kaiserwalzer in die Präsentation einzufügen. Ich empfand es als sehr schwierig, die Hintergründe einzelnen Folien zuzuordnen, da sie für mich untereinander vernetzt sind und nicht unabhängig betrachten werden können. Letztendlich konnte ich alle Bereiche in eine logische Abfolge bringen und auf das Notwendigste reduzieren, was aber relativ betrachtet, auf den Leser immer noch als sehr ausführlich bewertet werden kann. In dem Zusammenhang möchte ich sagen, dass es mir wichtig war, komplexe Zusammenhänge zu vermitteln, um ein konkretes Bild vom Kaiserwalzer zu gewährleisten. Gerade da er nicht als typisches Analysestück gilt, sah ich mich dazu veranlasst, die Hintergründe sowie die Analyse selbst- besonders gründlich zu gestalten.

Nachdem ich die Gliederung an die überarbeitete Präsentation angepasst hatte, widmete ich mich erneut der Analyse. Der erste Teil der Analyse war bereits vollbracht. Ich las ihn mir nochmal durch, um einen Anschluss für den zweiten Teil zu finden. Während jeder Empfindungsbereich genau beleuchtet und anhand des Notentextes analysiert wurde, hörte ich immer mal wieder in die Musik, um bestimmte Stellen harmonisch besser zu begreifen. Teilweise setzte ich mich auch an mein Klavier und spielte einige harmonische Abläufe durch, um bestimmte Phrasen genauer nachvollziehen zu können. Zusätzlich breiteten sich die erläuterten Karteikarten auf meinem Schreibtisch aus und halfen mir während der detaillierten Betrachtung der einzelnen Teile den Gesamtblick und die Zusammenhänge der Empfindungsbereiche nicht zu vernachlässigen. Während der genauen Betrachtung des Notentextes, geriet ich manchmal in Verhängnis die Takte in einer zeitlichen Abfolge zu betrachten. Glücklicherweise wurde mir dies zeitnah bewusst und ich besann mich sofort zurück auf eine punktuelle Betrachtung, nur bezogen auf meine Empfindungen. Hilfreich dabei war für mich die immer wiederkehrende, gedankliche Erinnerung an die Frage: Wie lassen sich für mein Leser meine Empfindungen am Notentext transparent machen?

Meine letzte Analyse schrieb ich im Abitur, wodurch mir anfangs in meinen Formulierungen die Übung fehlte, mich fachwissenschaftlich genau und eindeutig auszudrücken. Ich nahm mir hierfür Nachschlagewerke der Allgemeinen Musiklehre zur Hand. Mit fortschreitender Analyse wurden auch die Beschreibung des Notentextes und die Verwendung von fachlichen Begriffen wieder vertrauter.

Abschließend kann ich sagen, dass ich die genaue Betrachtung des Notenbildes als sehr aufschlussreich empfand. Ich war erstaunt, wie viel sich entdecken lässt. Mir haben sich Einblicke eröffnet, die mir bei einer nur oberflächlichen Betrachtung verborgen geblieben wären. Von daher habe ich es nicht als Nachteil empfunden, keine fertige Analyse als Beispiel oder Vergleich heranziehen zu können. Sicherlich wäre dies auch interessant gewesen. Ich hätte dadurch die Möglichkeit gehabt, meine harmonischen Interpretationen mit Anderen in Beziehung zu setzen und es hätten sich eventuell noch weitere Blickwinkel erschlossen. Letztendlich gibt es nun- zumindest meinen Recherchen zufolge- die erste empfindungsgeleitete Analyse der Introduktion des Kaiserwalzers.

Geradehabe ich dieses Portfolio erneut als Ganzes gelesen und blicke auf eine intensive musikalische Zeit zurück, in der ich viel lernen konnte. Weiterhin bin ich sehr erleichtert, dass auch dieses Projekt nun nach so langer Pause erfolgreich fertiggestellt werden konnte.

Präsentationsportfolio

Folie 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folie 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folie 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Johann Strauß ist am 25.Oktober 1825 in Wien geboren und am 3.Juni 1899 in Wien verstorben. (Finscher 2006, S. 20)

Er war österreichischer Kapellmeister, Violinist und Komponist. (Finscher 2006, S. 20)

Zum 1. Punkt:

Schon von Kind an sah Johann zu, wie sich sein Vater zum international gefeierten Komponisten und Dirigenten entwickelte. Er sah in ihm sein Vorbild. (Finscher 2006, S. 20)

Doch sein Vater war von seinen musikalischen Aktivitäten nicht erfreut. Er sah seinen Sohn beruflich im Bankwesen. Dafür sollte Johann junior am Wiener Polytechnikum studieren sowie privaten Unterricht in Rechnungswissenschaften beziehen. Das vom Vater bevorzugte Studium brach er jedoch ab und widmete sich vorzugsweise der Musik. (Finscher 2006, S. 20–21)

Auch in der Jugend des Johann Strauß (Vater) war eine Musiker-Laufbahn nicht vorgesehen. Er sollte eine Buchbinderlehre machen. Doch auch er konnte dem inneren Drang nach Musik nicht widerstehen, löste sich von den Vorstellungen seines Vaters und ging der Musik nach. (Linke 1982, S. 13)

Aus welchem Grund wollte der Vater nicht, dass sein Sohn Musiker wurde wie er? Wollte er für seinen Sohn ein geregeltes, sicheres Leben, einen beständigen Verdienst und nicht die Unsicherheit und Abhängigkeit, die das Musikerleben mit sich brachte? Dieses hatte er selbst in seiner Jugend erfahren.

Zum 2. Punkt:

Als J. Lanner, ein Konkurrent des Vaters im Wiener Tanzgeschäft, starb, ergriff er mit damals 18 Jahren die Chance, in Besitz dessen Kapelle zu kommen und sich eine selbstständige Laufbahn als Kapellmeister und Komponist zu ermöglichen. Mit dieser Entscheidung stellte er sich in direkte Konkurrenz zu seinem Vater. Mit seinen Auftritten war er erfolgreich, konnte aber nicht an die Popularität seines Vaters heranreichen. Die Konkurrenz hielt bis zum Tod seines Vaters an. (Finscher 2006, S. 21)

Zum 3. Punkt:

Mit dem Tod seines Vaters änderte sich die gesellschaftliche Stellung für ihn. Nun war er 24 Jahre und hatte bis dahin seinen Vater immer wieder nachgeahmt. Jetzt konnte er in seine Fußstapfen treten. Die Kapelle seines Vaters wählte ihn zu ihrem Dirigenten. Für ihn war es demnach sinnvoll, seine eigene Kapelle mit die des Vaters zu vereinigen. Dadurch gewann Johann ein geschultes Orchester, das ihn zusätzlich bei kompositorischen Schwierigkeiten unterstützte. Diese Situation ließ ihn in dem Mittelpunkt des Wiener Musiklebens treten. Mit 27 Jahren hatte er außerdem alle Verträge des Vaters unter seiner Hand, was ihm die attraktivsten Auftrittsmöglichkeiten in Wien bot. Durch die Bereitstellung dieser institutionellen und vertraglichen Möglichkeiten konnte er reichlich von dem Erfolg seines Vaters profitieren, sodass die Frage aufkommt, wie erfolgreich er hätte sein können, wenn sein Vater noch lange gelebt hätte. (Finscher 2006, S. 22, 33)

Johann Strauß (Sohn) war sich bewusst, was sein Vater ihm nach seinem Tod hinterlassen hat und übernimmt dieses Erbe würdevoll und mit Hochachtung. Er wusste, wie er die Walzer ausbauen muss, damit sie erfolgreicher wurden, nämlich durch die Erweiterung der Form. So konnte er die Ansätze des Vaters („rhythmische Finessen, harmonische Details und instrumentatorische Effekte“) weiter ausbauen. (Linke 1982, S. 50)

Die Entwicklung der Walzer spielt im Zusammenhang mit der Betrachtung des Formaufbaus des Kaiserwalzers eine wichtige Rolle.

Folie 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In einem unvoreingenommenen Hörerlebnis hatte ich während der Introduktion die Vorstellung von einem großen Festsaal voller schick gekleideter Menschen. Die Frauen sind voller Erwartung, zum Tanzen aufgefordert zu werden. In der Musik spiegelt sich für mich die Ankündigung und Vorbereitung auf den Beginn des 1. Walzers wieder. Die Männer reichen ihnen ihre Hand und fangen schließlich- mit Eingang des 1. Walzers-an, sich im beschwingten ¾ Takt zu bewegen.

Folie 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stadtkapelle Rosenheim (Quelle der Folie)

Programm- musikalische Tendenzen spiegeln sich nach Erläuterung auf der Folie in der Namensgebung des Konzertwalzers wieder. Weiterhin bezieht sich der Kaiserwalzer auf ein außermusikalisches Programm; nämlich den geschilderten Handlungsablauf der beiden Kaiser, für die Eröffnung des Berliner Konzertsaals anwesend zu sein und ihre politische Verbundenheit auszudrücken. Mit welchen musikalischen Mitteln die jeweiligen außermusikalischen Elemente beschrieben werden wird sich durch die nähere Betrachtung der Introduktion zeigen.

Noch bis heute schöpfen Millionen Menschen Freude und Optimismus aus der unbeschwerten und beschwingten Musik des Johann Strauß. Bestes Beispiel hierfür sind die Neujahrskonzerte, die weltweit bis in über 90 Ländern übertragen werden und somit international bekannt und beliebt sind. Die Wiener Philharmoniker möchten durch die Musik auch „als musikalische Botschafter Österreichs“ fungieren und „einen Gruß im Geiste von Hoffnung, Freundschaft und Frieden [...] übermitteln.“ (Wiener Philharmoniker 2013)

So besteht der programm- musikalische Charakter des Kaiserwalzers bis heute fort und verbindet die Menschen durch die Leichtigkeit seiner Melodien. Auch auf mich ist dieser Reiz übergesprungen, der meinen persönlichen Bezug zum Kaiserwalzer ausmacht. Durch die Verbreitung von Freude und Optimismus kann auch ich Kraft und Glücksmomente aus den Walzermelodien schöpfen.

Folie 6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum 1. Punkt:

Johann Strauß komponierte den Kaiserwalzer mit der Staatsangehörigkeit von Sachsen-Coburg-Gotha, da seine privaten Umstände in Wien einen Skandal auslösten und ihn veranlassten seine österreichische Staatsbürgerschaft aufzugeben. Er überreichte Kaiser Franz Joseph I. seine Arbeit demnach aus Deutschland. Gedruckt wurde der Kaiserwalzer in Berlin. (Böhmer)

Hinter dem Skandal verbirgt sich der Wunsch nach einer dritten Eheschließung mit seiner jungen Liebe Adèle Strauß; sie war 31 Jahre jünger als er. Allerdings blieb die vorangegangene 2. Ehe aufgrund des katholischen Eherechts vor der Kirche bestehen. Strauß aber wollte erneut heiraten, weswegen er seine österreichische Staatsbürgerschaft aufgab und Staatsangehöriger des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha (Deutscher) wurde. 5 Jahre vergingen, bis die Ehe getrennt werden konnte. Kurz darauf - noch im selben Jahr heiratete er Adèle. Beide wurden evangelisch. (Finscher 2006, S. 25)

Zum 2. Punkt:

Vor der Zeit der Entstehung des Kaiserwalzers war Strauß damit beschäftigt, sich durch den Rückhalt seiner 1. Frau einen Namen im Theatergeschäft zu machen. Er wand sich immer mehr seiner Familie, der Strauß-Kapelle und damit auch seinen Verpflichtungen als Hofballmusikdirektor ab. Auch seine Tanz-Kompositionen rückten immer mehr in den Hintergrund. Wollte er mit der Unterstützung seiner Frau etwas unabhängiges, eigenes entwickeln, um nicht mehr im direkten Vergleich mit dem bereits verstorbenen Vater zu stehen? Er fing an, Operetten zu komponieren, die er allerdings ohne die tatkräftige Unterstützung von dem Komponisten und Theaterpraktiker R. Genée nicht fertig hätte stellen können. (Finscher 2006, S.23,24,33) Er selbst fühlte sich zu unsicher im Umgang mit der Ausarbeitung von Singstimmen, doch seine Frau überzeugte ihn letztendlich. (Pahlen 1998, S. 469)

Nachdem seine 1. Frau gestorben war, heiratete er kurz darauf seine 2. Frau, die Johann zum Musikdirektor machen wollte. Er aber weigerte sich, worauf sie sich nicht weiter für ihn interessierte und ihm fremd ging. Die Ehe war zum Scheitern verurteilt. (Finscher 2006, S.24-25) Die bereits erwähnte 3. Frau gab Strauß genau die Kraft, die er in seiner Situation der Ausweglosigkeit brauchte. Das angefangene Bühnenprojekt ‚Eine Nacht in Venedig‘ konnte wieder nur mit großer Unterstützung von Genée fertiggestellt werden. Eine Uraufführung war durch die 2. Ehefrau an dem Theater an der Wien nicht mehr möglich und wurde deshalb in Berlin uraufgeführt. (Finscher 2006, S. 25)

Strauß‘ Operetten-Kompositionen waren nur mäßig erfolgreich. ‚Die Fledermaus‘ ist die einzige Operette, die bis heute in der Wiener Staatsoper gespielt wird. Sie war so erfolgreich, weil es hier durch die dramaturgischen Vorgaben die Möglichkeit gab, reichlich Tanzelemente einfließen zu lassen. (Pahlen 1998, S. 469)

„Nachdem Strauß über ein Jahrzehnt lang Bühnenwerke komponiert hatte, die nichts anderes sein wollten als Operetten, bedeuteten die mittleren und späten 1880er Jahre eine Phase der Unsicherheit darüber, wohin der Weg nun institutionell und stofflich-dramaturgisch - und damit letztendlich auch kompositorisch - führen sollte“. (Finscher 2006, S. 25)

Johann machte mit der Komposition der komischen Oper 'Ritter Pásmán' einen letzten Versuch, an die Hofoper zu kommen. Dieses Unternehmen gelang ihm auch, dennoch blieb der große Erfolg der Oper aus. Die Arbeit an diesem Projekt kostete ihn sehr viel Kraft, weswegen er umso enttäuschter von dem Ergebnis war. Auch der nur mäßige Bühnenerfolg seiner meisten Operetten trug zu seiner Enttäuschung bei. (Finscher 2006, S. 25–26)

Dennoch wollte er mit der Komposition der Oper Ritter Pásmán, die ihm alle Kraft abverlangte, beweisen, dass er mehr kann als nur Tanzmusik. Für ihn war es ausreichend sie komponiert zu haben, er strebte nicht nach großem Opern-Erfolg. (Linke 1982, S. 145) Öfters während der Arbeit an dieser Oper kamen ihm automatisch Walzer-Melodien in den Kopf, die er mit aller Kraft versuchte zu verbannen, es ihm aber nur teilweise gelang. (Linke 1982, S. 143)

Nach dem Misserfolg der Oper wand sich Johann wieder der Komposition von Operetten zu. Schließlich besann er sich im Alter von ca. 64 Jahren zurück auf die Arbeit als Dirigent und Tanzkomponist sowie auf die Komposition von Konzertwalzern. Tänze konnte er eben am besten komponieren. Auch der Kaiserwalzer entstand in dieser Zeit. Hier erlebte er nochmal eine sehr erfolgreiche Konzertreise durch Russland. (Finscher 2006, S. 26)

Der Rückblick auf sein Leben wirft die Frage auf, welche Bezüge sich zum kompositorischen Bild des Kaiserwalzers herstellen lassen. Wenn ich mir das Stück in vollem Umfang anhöre, so spiegeln sich für mich darin seine Höhen und Tiefen des Lebens wieder. Ich erlebe überraschende Momente, dynamische Phrasen voller Stärke und Kraft, glückselige-, aber auch nachdenkliche, getragene Phrasen, in denen ich von ihm Einsicht erkenne, nicht der große Opernkomponist gewesen zu sein. Ich erlebe das Stück als Moment seiner besten Schaffenszeit, als Ausdruck seiner Stärken im Komponieren von Walzermelodien, bei denen er sich verliert- von denen er weiß, sie vorzüglich und raffiniert ausgestalten zu können. Diese Selbstsicherheit und die Bewusstheit, sich gefunden zu haben, sehe ich im Kaiserwalzer. Aus diesem Grund war es mir wichtig, in der Betrachtung seiner Biografie etwas tiefere Einblicke zu gewähren.

Folie 7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum 1. Punkt:

Europa hat bereits die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege durchlaufen. Mit den Revolutionen von 1848 kam ein neuer Kaiser in Österreich an die Macht: Franz Joseph I. regierte in einer Doppelmonarchie mit Ungarn. Seine Herrschaft war geprägt von außenpolitischer Ruhe. (Stadtkapelle Rosenheim)

Durch ihn kam es auch zu liberalen Reformen, dessen Auswirkungen sich auch im Musikleben niederschlugen. Zunächst drückte sich dies bei Hofe in Ausgelassenheit und Freude durch Bälle und Musik aus. Zunehmend mehr wurde die Musik auch vom Bürgertum bestimmt. (Pahlen 1998, S. 467–468)

Zum 2. Punkt:

Zu dieser Entwicklung kam die Industrialisierung im 19. Jahrhundert, wodurch die Menschen anfingen, eine klare Grenze zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Sie wollten nach Feierabend unterhalten werden und fanden so zum Tanzen. (Wörner 1993, S. 494) Die Bürger wurden auch zunehmend wohlhabender, sodass sie ihr Geld gerne auch für Unterhaltungsmusik ausgaben. So durchbrach die von Johann Strauß (Vater) entwickelte- und von seinem Sohn weitergeführte Tanzmusik die „Exklusivität des Hoftanzes“ und erfreute sich „schrankenloser Popularität“. Die Walzermusik wurde in Wien für jeden Bürger zugänglich und war sehr beliebt. (Dahlhaus 1996, S. 190) Durch die große Nachfrage des Tanzens und des Musikmachens wurden dazu mehrere große institutionelle Möglichkeiten geschaffen. Es entstanden Musikvereine, Konzertgebäude und Ballsäle. Besonders beliebt waren Konzerte mit großem Orchester, deswegen breitete sich die symphonische Musik aus. (Wicke et al. 1997, S. 587)

Zum 3. Punkt:

Das Walzer-Tanzen spiegelte auch die politische Situation wieder: Während des Tanzens eines Walzers drückte sich das Gefühl aus, revolutionär zu sein. Den Menschen wurde die Freude über den Sieg und das Fortbestehen, des Lebens an sich bewusst. Sie konnten die neue Freiheit im Tanz deutlich nachempfinden. Das gemeinsame Tanzen im Takt brachte die Gleichheit aller Menschen hervor und ließ gedankliche Grenzen überwinden. (Pahlen 1998, S. 466)

Zum 4. Punkt:

Die Stadt Wien gilt als Mittelpunkt der Tanzmusikkomposition. Bereits nach dem Wiener Kongress (1815) bestimmt der Walzer als bekannteste Tanzgattung die breite Bevölkerung. Diese Walzer hatten einen hohen Gebrauchswert. Sie drückten sich durch eine Zusammenfassung von bis zu 20 Walzern aus, die in Folge gespielt wurden und somit die Länge des Tanzvergnügens widerspiegelten. (Wörner 1993, S. 495)

Noch in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts schwollen Gesellschaftstänze unter einem Galopp von Johann Strauß (Vater) in dessen Ballsälen zu einem grandiosen Phänomen an, bei dem die Gemeinschaft tobend und rasend über das Paket schwebte. (Dahlhaus 1996, S. 191)

In der zweiten Jahrhunderthälfte entwickelte sich unter Johann Strauß (Sohn) die Tanzmusik auf die Bühne. Die Kompositionen der Walzer waren nun vorwiegend zum Zuhören verfasst. (Dahlhaus 1996, S. 191) Er orientierte sich nach wie vor weiter an den Modellen seines Vaters, nahm aber einige stilistische Ausweitungen vor. Weiterhin holte er Ideen bezüglich der Harmonik und Instrumentation über damalige Opernkomponisten, wie Verdi oder Wagner ein. (Finscher 2006, S. 33,34)

Somit wurde ab Mitte des Jahrhunderts der Walzer in seinem Schaffen anspruchsvoller: Er entwickelte sich hin zum Konzertwalzer, wie auch der Kaiserwalzer einer ist. Dieser war- wie bereits erläutert- geprägt von programmatischer Stilistik. Die Ausgestaltung der Form möchte ich später konkret am Kaiserwalzer erklären.

Folie 8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum 1. Punkt:

In Verbindung mit der Entwicklung der Tanzmusik rückte zunehmend der Gedanke der nationalen Verbindung untereinander in den Mittelpunkt. Die Menschen wollten sich nicht über den gemeinsamen Herrscher ausdrücken, sondern über ihre gemeinsame Sprache und Kultur zusammengehören. Das löste die bewusste Beschäftigung mit nationalen, musikalischen Traditionen (Volksmusik) aus. Als erste Volksmusikorchester lassen sich u.a. die Strauß-Kapellen nennen. Damals entwickelte sich die Musik weg von kammermusikalischer- hin zu symphonischer Besetzung und der Unterhaltungswert der Musik geriet in den Mittelpunkt. Hierzu wurde auf volksmusikalische Elemente zurückgegriffen. Diese Entwicklung hatte Einfluss auf den damaligen Stil und Inhalt der Kunst- und Unterhaltungsmusik. (Elschek 1997, S. 385)

Zum 2. Punkt:

Die Tanzmusikkompositionen erleben im 19. Jahrhundert unterschiedliche stilistische Ausprägungen, die sich je nach Gebrauchswert und Kunstanspruch unterscheiden. Angefangen bei jener Musik, die zum Tanzen auffordert über die symphonische Ausgestaltung wie die des Konzertwalzers „hin zu den hochstilisierten Charakterstücken der Klavier- und Orchesterliteratur“ wie zum Beispiel Chopin oder Dvorák. „In ihren besten Produktionen hält die Tanzmusik im 19. Jahrhundert die Mitte zwischen Funktion und Autonomie im Sinne einer „symphonischen Gebrauchsmusik“. Hierunter fällt auch der Kaiserwalzer. (Wörner 1993, S. 495)

Gerade mit den unterschiedlichsten Ausgestaltungen der Tanzmusik im 19. Jahrhundert wird deutlich, dass zwischen Unterhaltung und Kunst keine klaren Grenzen gezogen werden können. Volkstümliche Melodien werden in symphonische Werke aufgenommen. (Pahlen 1998, S. 270)

Zum 3. Punkt:

Johann Strauß komponierte erfolgreich Tanzmusik, die mehr einen funktionalen Gebrauchswert aufwies - nämlich den des Tanzes und der Unterhaltung, als einen Kunstcharakter. Zur damaligen Zeit bedeutete diese Art von Musik eine Abwertung gegenüber der als autonom bezeichneten Kunstmusik. (Dahlhaus 2005, S. 221)

Zum 4. Punkt:

Daher „setzte sich im 19. Jahrhundert ein Komponist, der im niederen Stil und dessen Gattungen schrieb, der Gefahr aus, verachtet zu werden, auch wenn niemand an seinem Talent und seiner kompositionstechnischen Souveränität zweifelte; Johann Strauß war, obwohl Brahms ihn bewunderte, suspekt“. (Dahlhaus 2005, S. 221)

„Vor allem in Wien kam Chopin intensiv mit dem Walzer in Berührung: er berichtete leicht spöttisch über die Walzerbelustigungen in Wiener Gasthäusern, wo »zum Nachtmahl Strauß und Lanner [...] Walzer spielen« und »nach jedem Walzer [...] ungeheuren Beifall« bekommen. Im gleichen Brief kündigte er eigene Walzer und Mazurken an: »nicht zum Tanzen«." (Edler 2004, S. 177)

Zum 5. Punkt:

Konnte der Wiener Walzer auch keine angesehene Stellung in der autonomen Musik der Romantik erwerben, so hat Johann Strauß als Künstler der Unterhaltungsmusik dem Wiener Walzer seinen endgültigen Charakter verliehen, welchen die Menschen in ihrer Lebenskraft bestärkt hat. (Mersmann 1967, S. 252) Bei dieser Ausstrahlung und Wirkung, die Strauß mit seinen Konzertwalzern bei den breiten Massen erzielte, blieb eine Abstufung des Kunstanspruches eben nicht aus.

Folie 9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum 1. Block:

Das Debüt seiner eigenen Kapelle mit 18 Jahren war ein voller Erfolg. Schon damals konnte er die Anhänger seines Vaters für sich begeistern. Vielleicht auch gerade deswegen, weil sein Vater nie von ihm und seinem musikalischen Talent gesprochen hat. Umso überraschter und begeisterter waren die Menschen von seinem Auftritt, bei dem er zuletzt - als klugen Schachzug- sogar ein Werk des Vaters aufführte. Am nächsten Tag konnte man folgende Zeilen in der Zeitung lesen- verfasst vom Kritiker Franz Wiest: „Gute Nacht, Lanner! Guten Abend, Johann Strauß Vater! Guten Morgen, Johann Strauß Sohn!“ (Pahlen 1998, S. 467)

Seine Musiker überreichten ihm nach dessen Tod feierlich des Vaters Geige; für ihn als Zeichen, das Werk fortzuführen. (Pahlen 1998, S. 468)

Die Bezeichnung des Johann Strauß als Walzerkönig hatte demnach seinen Ursprung bei seinem Vater. Nach seinem Tod konnte Strauß (Sohn) diesen Titel übernehmen und erfolgreich ausbauen. (Finscher 2006, S. 33)

Zum 2. Block:

- durch den großen Unterhaltungswert und die Popularität

Der Walzerkönig ist sowohl beim Wiener Publikum als auch in internationalen Gefilden „längst zur Legende geworden und von unvorstellbarer Popularität“. (Pahlen 1998, S. 470)

Johann Strauß' Konzertreisen reichten über London, Paris und Russland bis nach Amerika, „wo er zu Bostons Unabhängigkeitsjubiläum ein Monsterkonzert von 20.000 Sängern und mehreren Tausend Musikern dirigierte.“ (Pahlen 1998, S. 470)

Auf vielen internationalen Konzertreisen bis in die USA (1872) konnte er mit seinen Auftritten den Wiener Charme widerspiegeln. (Dahlhaus und Eggebrecht 1995, S. 197)

b) durch die individuelle Ausgestaltung seiner Walzer

Der Wiener Walzer entwickelte eine orchestrale Ausgestaltung, die von Johann Strauß „schließlich auf eine künstlerische Höhe geführt“ wurde. Innerhalb eines Stückes weisen die einzelnen Walzer untereinander thematisch-musikalische Zusammenhänge auf sowie „eine Art poetisches Programm, das im Titel vorgegeben ist“. (Wicke et al. 1997, S. 588)

„Nach Erich Schenk symbolisieren die späten Walzer von Strauß «den Sieg des absolut Melodischen über den Rhythmuszwang des Tanzes».“ (Linke 1982, S. 142)

„Durch ihre Entwicklung vom umgangsmäßigen zum dargebotenen «Ausdruckstanz», durch ihre pikante Rhythmik, distinguierte Melodik und nicht zuletzt durch eine vorzügliche Instrumentation errangen seine Walzer eine Bewunderung, die auch Musiker wie H. v. Bülow und J. Brahms teilten.“ (Dahlhaus und Eggebrecht 1995, S. 197–198)

c) durch die Bewunderung und Anerkennung von Brahms und Bülow

„Der Schwung und die Leichtigkeit seiner Melodien (beruhend auf der subtilen Vorwegnahme des 2. Schlages im Dreiertakt), ihre kunstvolle Eingängigkeit erregen die Bewunderung seiner komponierenden Zeitgenossen Brahms und Bülow.“ (Wörner 1993, S. 495)

„Als Brahms einmal auf einem Ball um ein Autogramm gebeten wurde, schrieb er die ersten Takte des Strauß-Walzers „An der schönen blauen Donau“ nieder und setzte darunter: „leider nicht von mir...“ Und wenn eines Tages der berühmte Dirigent Hans von Bülow behaupten wird, „bei Strauß immer noch etwas lernen zu können“, so ist das mehr als ein nettes Kompliment. Dahinter steht eine ganze musikalische Philosophie, daß nämlich die Grundgesetze der „ernsten“ wie der „leichten“ Musik die gleichen sind...“ (Pahlen 1998, S. 468)

d) durch die Anerkennung der Stadt Wien

Auch während des Nationalsozialismus - 34 Jahre nach seinem Tod - stand Wien hinter Strauß und setzte sich für ihn ein, als die jüdische Herkunft seines Urgroßvaters drohte ans Licht zu kommen. Nur dank der Fälschung seines Taufregisters war es möglich, die Musik des Walzerkönigs fortlaufend öffentlich zu spielen. (Finscher 2006, S. 37)

e) durch die große Nachfrage der Strauß-Musik bis heute

„Das sicherlich plakativste Beispiel für die weltumspannende Faszination, die von der Strauß-Musik ausgeht, sind die Einschaltquoten, die das jährliche Neujahrskonzert der Wiener Philarmoniker im Goldenen Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes erzielt.“ (Finscher 2006, S. 38)

[...]

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Detalles

Título
Musikalische Analyse des Stückes „Der Kaiserwalzer“ von Johann Strauß. Portfolio zur Präsentation
Subtítulo
Spannungsaufbau in der Introduktion mit Hinblick auf Varianten des Spannungsempfindens und deren übergeordneter Zusammenhang
Universidad
University of Education Heidelberg  (für Musikwissenschaft)
Curso
Musikalische Analyse/Musik hören und verstehen
Calificación
2,0
Autor
Año
2014
Páginas
59
No. de catálogo
V308538
ISBN (Ebook)
9783668070479
ISBN (Libro)
9783668070486
Tamaño de fichero
4190 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Musikalische Analyse besteht aus einem Präsentationsportfolio und einem Dokumentationsportfolio. Letzteres beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie die Autorin mit der Musikalischen Analyse umgegangen ist; bspw. welche Heran- bzw. Vorgehensweise sie gewählt hat oder welche Gefühle sich bei ihr während der Beschäftigung mit dem Stück zeigten.
Palabras clave
musikalische, analyse, stückes, kaiserwalzer, johann, strauß, portfolio, präsentation, spannungsaufbau, introduktion, hinblick, varianten, spannungsempfindens, zusammenhang
Citar trabajo
Gesine Ueberfeldt (Autor), 2014, Musikalische Analyse des Stückes „Der Kaiserwalzer“ von Johann Strauß. Portfolio zur Präsentation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308538

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