Der Politikunterricht, auch Gemeinschaftskundeunterricht oder Sozialkunde genannt, zählt in der Schule, neben den Gremien wie Klassen- und SchülerInnenvertretung, zu den Orten des politischen Lernens. Jungen wird dabei ein allgemeines politisches Interesse und eine gewisse Dominanz zugeschrieben, wohin gegen Mädchen als politisch desinteressiert und friedliebend gelten (Hoppe 1999: 89). Durch diese Zuschreibung von Eigenschaften gelten die Geschlechter folglich als „ungleich“.
Um die unterschiedlichen politischen Ambitionen von Jungen und Mädchen verstehen zu können, müssen auf die historisch-gesellschaftlich bedingt Geschlechterdifferenzen Bezug genommen werden. Denn die „ungleiche Partizipationschancen der Geschlechter haben sich im Zuge der jahrhundertelang praktizierten Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau herauskristallisiert“ (Hoppe 1999: 89).
Aktuelle Befragungen der geschlechtsreflextierten Schulforschung zeigen, dass sich aufgrund von verbesserten Bildungschancen und Frauenpolitik das politische Interesse und Selbstverständnis der Geschlechter annähert (Vgl. Hoppe 1996). Dennoch bleibt die Frage, wie Mädchen durch veränderte Lerninhalte und-formen, etwa durch subjektorientierte Bildungsprozesse, stärker für politische Mitwirkung motiviert werden können. Genau dies stellt den Schwerpunkt der vorliegenden Projektarbeit dar. Es soll zunächst aufgezeigt werden, welche Problematik im Bereich der gendersensiblen Didaktik vorliegen und welche Entwicklung der Forschungsstand aufweist.
Ziel dieser Arbeit ist es allerdings nicht nur, auf die Genderproblematik im Gemeinschaftskundeunterricht einzugehen, sondern auch Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diese Defizite ausgeglichen werden können. Im Vordergrund soll es daher nicht darum gehen, wie die Schülerinnen dazu gebracht werden können sich den vorhanden Unterrichtsinhalten interessierter und bereitwilliger zu widmen, sondern vielmehr soll überlegt werden, wie der Unterricht der Gemeinschaftskunde so umgestalteten werden kann und muss, damit sich dieser zu beiden Geschlechtern hinwendet und ihren spezifischen Interessen und Lernvoraussetzungen gerecht wird. Daher geht es im zweiten Teil der Projektarbeit um Methoden und Themenbereiche, welche das Interesse der SchülerInnen wecken soll und somit auch die Chance einer reellen Umsetzung des gendergerechten Politikunterrichts aufzeigt.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1 Einleitung
- 2 Forschungsstand der gendergerechten Schulforschung (Gemeinschaftskunde)
- 3 Die Genderproblematik im Gemeinschaftskundeunterricht
- 3.1 Gendergerechter Gemeinschaftskundeunterricht – Der Versuch einer Definition
- 3.2 Politisch desinteressierte Mädchen?! - Die Suche nach den Ursachen
- 4 Aufgabenbereich des Gemeinschaftskundeunterrichts
- 4.1 Voraussetzungen und Methoden für einen gleichberechtigten Sozialkundeunterricht
- 4.2 Rolf Schmiederer und die Idee des subjektorientierten Lernens
- 5 Gendersensibler Gemeinschaftskundeunterricht – ein Versuch in der Praxisbezug
- 5.1 Das Grundgesetz - der Gleichheitsgrundsatz Artikel 3
- 5.2 Berufsorientierung
- 5.3 Wahlrecht - Frauenwahlrecht
- 5.4 Familienpolitik
- 5.5 Vereine und Organisationen – Interessensbereiche der Menschen
- 6 Zusammenfassung und Ausblick
- 7 Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Projektarbeit befasst sich mit der Genderproblematik im Gemeinschaftskundeunterricht. Sie analysiert den Forschungsstand zu gendergerechter Schulforschung und beleuchtet die Schwierigkeiten, die sich im Kontext der politischen Bildung für Mädchen ergeben. Das Ziel ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der Gemeinschaftskundeunterricht so gestaltet werden kann, dass er den Interessen und Lernvoraussetzungen beider Geschlechter gerecht wird und die politische Partizipation von Mädchen aktiv fördert.
- Die Genderproblematik im Gemeinschaftskundeunterricht und die Suche nach Ursachen für das vermeintliche Desinteresse von Mädchen an Politik
- Entwicklung des Forschungsstandes der gendergerechten Schulforschung
- Voraussetzungen und Methoden für einen gleichberechtigten Sozialkundeunterricht
- Möglichkeiten zur Gestaltung eines gendersensiblen Gemeinschaftskundeunterrichts in der Praxis
- Die Bedeutung von subjektorientiertem Lernen im Kontext der politischen Bildung
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Relevanz der Geschlechterthematik in der politischen Bildung dar. Kapitel 2 beleuchtet den Forschungsstand der gendergerechten Schulforschung und zeigt auf, wie die Ungleichheit der Geschlechter im Bildungssystem weiter verfestigt wird. Kapitel 3 analysiert die Genderproblematik im Gemeinschaftskundeunterricht und diskutiert den Versuch einer Definition von gendergerechtem Unterricht. In Kapitel 4 werden die Aufgaben des Gemeinschaftskundeunterrichts beleuchtet, insbesondere die Voraussetzungen und Methoden für einen gleichberechtigten Sozialkundeunterricht. Kapitel 5 stellt einen Versuch eines gendersensiblen Gemeinschaftskundeunterrichts in der Praxis vor, wobei verschiedene Themenbereiche wie das Grundgesetz, die Berufsorientierung, das Wahlrecht, die Familienpolitik und Vereine und Organisationen behandelt werden.
Schlüsselwörter (Keywords)
Gender, Gemeinschaftskundeunterricht, politische Bildung, Schulforschung, Koedukation, Gleichberechtigung, Partizipation, subjektorientiertes Lernen, Praxisbezug, Geschlechterdifferenzen, Unterrichtsgestaltung, Lernvoraussetzungen.
- Arbeit zitieren
- Anne-Katrin Frenzel (Autor:in), 2012, Desinteressierte Mädchen? Ansätze eines gendersensiblen Gemeinschaftskundeunterrichtes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308950