Diversity Management in Deutschland. Einflussfaktoren und Wandelprozesse


Academic Paper, 2007

43 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Diversity Management in Deutschland

1. Momentane Diversity Situation in Deutschland

2. Mögliche Einflussfaktoren auf das Diversity Management

3. Wandelprozesse in Deutschland
3.1 Demographischer Wandel
3.2 Unternehmerischer Wandel
3.3 Wachsende Anforderungen aufgrund rechtlichen Wandels

Fazit

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einflussfaktoren auf das Diversity Management bzw. das Unternehmen

Abbildung 2: Alterspyramide Deutschland (2001 und 2050)

Einleitung

Organisationen weltweit sehen sich momentan einem komplexen ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Vermehrte Unternehmenszusammenschlüsse, die Erschließung neuer Märkte über die eigene Landesgrenze hinaus oder der Aufbau neuer Vertriebsstandorte sind alles Anzeichen für die fortschreitenden Internationalisierungs- und Globalisierungstendenzen in der Wirtschaft. Begleitet werden diese Entwicklungen von einem demographischen Wandel, der vor allem in den westlichen Industriestaaten zu einer alternden Bevölkerung führt. Das Resultat dieser Entwicklungen ist eine zunehmende Heterogenität und Vielfalt, sowohl innerhalb der Organisation als auch in ihrem Umfeld. Dies bedeutet also veränderte Rahmenbedingungen, denen Unternehmen ausgeliefert sind und innerhalb derer sie agieren müssen.

Auch die Vereinigten Staaten haben sich mit ähnlichen Entwicklungen auseinanderzusetzen. In einer Studie aus dem Jahr 1987, die heute unter der Bezeichnung Workforce 2000-Studie bekannt ist, wurden die zu erwartenden Auswirkungen der demographischen Veränderungen sehr eindringlich dargestellt (Johnston/Parker 1987). Aufgrund der prognostizierten Entwicklungen wird davon ausgegangen, dass in naher Zukunft der Anteil der Minderheitengruppen, zum einen an der Erwerbsbevölkerung, aber auch unter den Kunden deutlich zunehmen wird. Die Unternehmen standen demnach zu Beginn der neunziger Jahre vor der Herausforderung, die zunehmende Vielfalt innerhalb sowie außerhalb der Organisation zu bewältigen. Aus diesem Grund wandten sich zu dieser Zeit immer mehr Unternehmen dem Konzept des Diversity Management zu und eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte dieses Konzeptes in den USA begann.

Denn aufbauend auf der Prämisse, dass Vielfalt, also ‚Diversity’, nicht ein Problem darstellt sondern als Ressource betrachtet werden kann, die auch ökonomische Vorteile in sich birgt, entwickelte sich ein Konzept, welches die veränderten Rahmenbedingungen als Chance begreift. Es versucht sie in das alltägliche Geschäft zu integrieren und sie zu managen, sowie die größtmöglichen Vorteile daraus zu ziehen. Dabei geht Diversity Management über die normalen Gleichberechtigungs- und Chancengleichheitsmaßnahmen hinaus. Nicht die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter1, unabhängig ihrer individuellen Besonderheiten steht im Vordergrund, sondern gerade die Wertschätzung und Anerkennung der Unterschiedlichkeiten der Individuen. Das Hauptziel, welches mit der Einführung des Konzeptes erreicht werden soll, stellt dabei der Wandel zu einer multikulturellen Organisation dar (Cox 1991).

In seinem Ursprungsland USA ist dieser Ansatz bereits sehr weit verbreitet und in einem Großteil der Unternehmen integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. In Deutschland hingegen sieht die Situation noch anders aus. Egal ob in Wissenschaft (Sackmann/Bissels/Bissels: 53) oder Praxis – der Vielfalt in Unternehmen wurde in Deutschland bisher eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es existieren zwar eine kleine Anzahl an Unternehmen die Diversity Management umsetzen und ein sich langsam etablierender Kreis an Forschern und Experten zu diesem Thema. Der Status, den die Thematik in den USA bereits inne hat, ist hier in der Bundesrepublik jedoch noch nicht erreicht (Vedder 2006: 8).

In dieser Arbeit wird die Notwendigkeit von Diversity Management in Deutschland überprüft. Eine Darstellung der momentanen Diversity Situation in Deutschland (Kapitel 1) wird den ersten Abschnitt bilden. Um den Bedarf nach dem Personalkonzept zu ermitteln, werden zuerst die möglichen Einflussfaktoren auf das Konzept herausgearbeitet (Kapitel 2). In einem weiteren Schritt werden die Entwicklungen der zuvor festgelegten Faktoren dahingehend überprüft, ob sie eine Einführung des Diversity Management in Deutschland als sinnvoll erscheinen lassen (Kapitel 3). Abgeschlossen wird mit einem Fazit, welches die gewonnen Ergebnisse noch einmal kurz zusammenfasst.

Diversity Management in Deutschland

Der erste Teil der Arbeit hat einen Gesamtüberblick über das DiM-Konzept geliefert. Nun gilt es im weiteren Vorgehen die Frage zu beantworten ob dieses Konzept in Deutschland eine Notwendigkeit besitzt oder nicht. Bevor es zur Beantwortung dieser Frage kommt, wird im Folgenden ein kurzer Überblick über die aktuelle Diversity Situation in Deutschland gegeben. Denn es stellt sich die Frage wie weit ist die Verbreitung des DiM in Deutschland bereits fortgeschritten? Ist das Konzept überhaupt verbreitet und wie häufig wird es angewendet?

1. Momentane Diversity Situation in Deutschland

Die beiden Wissenschaftler Dr. Stefan Süß und Markus Kleiner (2005) haben zu diesem Thema im Jahr 2005 eine Unternehmensbefragung durchgeführt. Die empirische Erhebung richtete sich an alle im Deutschen Aktienindex2 notierten Unternehmen, sowie die deutschen Niederlassungen der, gemessen am weltweiten Umsatz, 50 größten US-Unternehmen (Süß/Kleiner 2005a: 4f.). Die Befragung hatte eine Rücklaufquote von 19 Prozent, was in diesem Fall einer Anzahl von 79 Fragebögen entspricht. Es geben 26 der befragten Unternehmen an, DiM implementiert zu haben. Aufgrund der Tatsache, dass nach Expertenschätzungen momentan maximal 50 Organisationen, darunter auch einige Non-Profit-Organisationen, DiM betreiben, kann diese Zahl als akzeptabel eingeschätzt werden (Vedder 2006: 9; Süß/Kleiner 2006a: 62). Trotzdem ist hier zu erkennen, dass DiM in Deutschland noch kein verbreitetes und selbstverständliches Managementkonzept darstellt. Der Anteil an Unternehmen die DiM zwar kennen, aber bewusst nicht einsetzen ist nach der Studie beachtlich: 18,5 Prozent der befragten Unternehmen vertreten diesen Standpunkt. Viel erschreckender ist mit 43,0 Prozent die Anzahl derjenigen Unternehmen die DiM überhaupt noch nicht kennen und somit auch nicht implementiert haben (Süß/Kleiner 2006a: 62). Bei der Betrachtung der Verbreitung des DiMs in Deutschland, kann man zwar erkennen, dass diese von 1998 bis 2005 boomartig zugenommen hat, jedoch ist die Anzahl der Unternehmen die das Konzept implementiert haben mit etwas über 25 im Jahr 2004 noch sehr gering (Süß/Kleiner 2006a: 62; Anhang Abb. 3), vor allem im Vergleich zu über 10.000 in Deutschland registrierten Unternehmen mit über 250 Beschäftigten.3 Ein Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Herkunft der Unternehmen und der Anwendung von DiM wurde in der Studie der beiden Wissenschaftler ebenfalls herausgefunden. Von den 38,5 Prozent der Unternehmen, welche über DiM verfügen, sind der überwiegende Teil große Firmen4 und Niederlassungen amerikanischer Betriebe in der Bundesrepublik (Süß/Kleiner 2005a: 6; Anhang Abb. 4 und 5). Bei der Ausgestaltung des DiMs wurde bei den befragten Unternehmen am häufigsten die Maßnahme der flexiblen Arbeitszeiten als Mittel genannt (Süß/Kleiner 2006a: 64f.). Die Intention der Unternehmen, welche Diversity Maßnahmen bereits anwenden ergab sich vor allem aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung der Märkte und der europäischen Integration. Weitere relevante Faktoren stellen die demographischen Veränderungen, neue rechtliche Anforderungen oder auch neue Formen der Zusammenarbeit dar (Überacker 2004: 11). Zu den in der Bundesrepublik ansässigen Unternehmen, welche sich als erste mit dem Thema DiM auseinandergesetzt haben, zählen beispielsweise die Ford AG, Daimler Chrysler AG, Lufthansa AG oder auch die Deutsche Bank, Shell, Kraft Foods Deutschland, Deutsche Telekom und Siemens AG (Stuber 2004; Vedder 2006: 9, Pagel/Mauz 2004; Buch 7; Rühl 2003; Hardenberg 2003; Girg 2003; Peters 2003; Tyrtania 2003; Borghoff 2003; Balser 1999). Doch obwohl viele der wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland sich für DiM interessieren bleibt der Anwenderkreis weiterhin sehr begrenzt (Süß/Kleiner 2005a: 5).

Parallel zu den ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Deutschland zu dem Thema DiM Mitte der 1990ziger Jahre, begann sich die Deutsche Gesellschaft für Personalforschung (DGFP) mit der Materie auseinandersetzen. In den vergangenen Jahren war die DGFP sehr aktiv zu diesem Thema, es wurden und werden Erhebungen durchgeführt, Arbeitskreise für DiM aktive Unternehmen angeboten sowie allgemeine Informationen zu dem Themenkomplex zur Verfügung gestellt (Vedder 2006: 7; Homepage des DGFP). Auch Beratungsgesellschaften die zu diesem Thema ihre Dienste anbieten kann, man mittlerweile in Deutschland finden.5

Hinsichtlich der verschiedenen Phasen, in denen sich Unternehmen in Bezug auf das Diversity Verständnis befinden können, kann man in Deutschland zu dem Schluss kommen, dass sich die meisten Unternehmen noch in der ersten Phase – des Diskriminierungs- und Fairness-Ansatzes bzw. dem integrativen Ansatz befinden. Eine von der DGFP durchgeführte Untersuchung zeigt, dass es den meisten Unternehmen darum geht ein Bild in der Öffentlichkeit zu vermeiden, dass mögliche Diskriminierung aufzeigt (Koall/Bruchhagen: 9). Die Potenziale die in dem DiM-Konzept verbunden sind, vor allem auf ökonomischer Seite, werden noch nicht erkannt. Auch die Wertschätzung der vorhandenen Vielfalt in der Belegschaft und die damit verbundenen Vorteile sind bei den Unternehmen meist unberücksichtigt (Koall/Bruchhagen: 9). Vedder (2006) beschreibt die aktuelle Diversity-Situation in Deutschland recht trefflich, wenn er sagt, dass DiM in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen steckt, aber durchaus über gute Zukunftsaussichten verfügt (Vedder 2006: 9).

2. Mögliche Einflussfaktoren auf das Diversity Management

Der vorhergehende Abschnitt hat einen kurzen Überblick über die momentane Diversity Situation in Deutschland gegeben. Im Folgenden wird nun überprüft, ob diese aktuelle Anwenderzahl des Konzeptes und der aktuelle Forschungsstand ausreichen, den eigentlichen Bedarf nach dem Konzept zu befriedigen. Das heißt also den Bedarf nach einem Konzept, welches die Vielfalt innerhalb und außerhalb des Unternehmens nutzt um Wettbewerbsvorteile zu generieren und Diskriminierung abzubauen. Dafür werden die Rahmenbedingungen denen Unternehmen ausgesetzt sind und die sie beeinflussen, dahingehend überprüft, ob sie Trends erkennen lassen die eine Einführung des Konzeptes erfordern.

Unternehmen sind einer unüberschaubaren Umwelt und ihrer verschiedenen Zustände ausgesetzt, die es zu erfassen gilt und an der das unternehmerische Handeln auszurichten ist. Es wurden in der Literatur verschiedenste Konzepte und Methoden entwickelt, um die Komplexität der organisatorischen Umwelt fassbar zu machen (Schreyögg 2003: 308ff.). In den letzten Jahren entwickelte sich dabei die Tendenz, sich mehr mit den konkreten Umweltkräften auseinanderzusetzen, anstelle einer eher theoretischen, abstrakten Beschäftigung mit der Unternehmensumwelt. Bei dieser Sichtweise wird die Umwelt in zwei Ebenen – die Aufgabenumwelt (interne Umwelt) und die globale (generelle oder externe) Umwelt – eingeteilt. Typischerweise wird bei der globalen Umwelt zwischen fünf Teilfeldern unterschieden: 1. Technologische Umwelt; 2. Politisch-Rechtliche Umwelt; 3. Sozio-kulturelle Umwelt; 4. Ökologische Umwelt; 5. Makroökonomische Umwelt (Schreyögg 2003: 315f.). Auch im Zusammenhang mit DiM bzw. der Einführung dieses Konzeptes in ein Unternehmen spielt die Umwelt der Organisation eine entscheidende Rolle. Denn nach Becker (2006) wirken „ die internen und externen Bedingungsfaktoren als Treiber der Entwicklung zum Diversity Management.“ (Becker 2006: 16). Er vertritt die Auffassung, dass sie die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des DiMs darstellen. Die internen und externen Rahmenbedingungen wirken sich auf die Ausbreitung des DiM in den Unternehmen aus, das heißt sie beeinflussen die Entscheidung zur Anwendung des Konzeptes (Becker 2006: 16). Dies bedeutet also, dass die Änderung der Rahmen- und Umweltbedingungen, einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Unternehmen ausüben, und ihr Handeln und Tun sowie ihre Strategie in allen organisatorischen Bereichen bestimmen. Auch Sepehri (2002) sieht die sich ändernden Einflussfaktoren auf die Unternehmen als Ausgangslage für Diversity bzw. DiM an und begründet mit ihrer Veränderung die Notwendigkeit für Diversity bzw. DiM (Sepehri 2002: 4). Bei der Betrachtung des DiM-Konzeptes kristallisieren sich drei Rahmenbedingungen heraus, die für die Diskussion um die Notwendigkeit des Konzeptes in Deutschland eine entscheidende Rolle spielen. In der untenstehenden Abbildung sind diejenigen Einflussfaktoren auf das Unternehmen dargestellt, deren Änderung oder Entwicklung die Organisation so beeinflussen, dass eine Einführung von DiM als notwendig erachtet werden kann. Die Dimensionen Bevölkerung, Recht sowie Ökonomie werden in den späteren Ausführungen darauf überprüft, ob sie die Konsequenzen bzw. Trends ihrer möglichen Entwicklung sich für Unternehmen in Deutschland dahingehend auswirken, dass eine Einführung des DiMs notwendig wird. Allerdings muss dazu angemerkt werden, dass es noch eine Reihe weiterer Umweltfaktoren für Unternehmen und DiM gibt, jedoch kann aufgrund des begrenzten Rahmens der Arbeit nur auf einen Teil eingegangen werden (Für weitere Einflussfaktoren vgl. Anhang: Abb. 1 und 2).

Abbildung 1: Einflussfaktoren auf das Diversity Management bzw. das Unternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Sepehri 2002: 4; Becker 2006; 53; Voigt 2001: 4.

Da in der vorliegenden Arbeit die Bundesrepublik Deutschland als Forschungsgegenstand verwendet wird und im Anschluss die Frage nach den Hindernissen für eine erfolgreiche Einführung des Konzeptes beantwortet werden soll, muss zuerst eine Prüfung der Notwendigkeit von DiM in Deutschland erfolgen. So gilt es zu ergründen ob in Deutschland überhaupt der Bedarf für DiM besteht, d.h. ob Diversity vorliegt und die Entwicklungen in der Bevölkerung, Wirtschaft und Politik einen Trend erkennen lassen, der die Einführung des DiM notwendig macht. Die oben dargestellten Faktoren werden im Folgenden jeweils einzeln dargestellt, sowie ihre Entwicklung und die zu erwartenden Trends aufgezeigt. Am Ende dieses Abschnittes werden in einem ersten Zwischenfazit die Ergebnisse zusammengetragen und somit die Antwort auf die Frage nach dem Bedarf von DiM in Deutschland beantwortet.

3. Wandelprozesse in Deutschland

Ein für die Notwendigkeit des DiM sehr relevanter Faktor stellt die demographische Entwicklung eines Landes dar. So ändert sich nicht nur die Beschäftigtenstruktur, sondern auch die Kundenzusammensetzung und Marktstruktur sind von der Entwicklung der Demographie eines Landes abhängig (Sepehri 2002: 6ff). Wie sich in den weiteren Ausführungen zeigen wird, betreffen Veränderungen in der demographischen Zusammensetzung einer Bevölkerung einige der Kerndimensionen des DiM. In den USA entstand DiM auch als eine rationale Folge der demographischen Entwicklung des Staates. Daher wird in dem folgenden Abschnitt die demographische Entwicklung der Bundesrepublik näher betrachtet und überprüft, ob hier Ansätze zu finden sind, die eine Einführung des DiM-Konzeptes notwendig machen.

3.1 Demographischer Wandel

Während die Weltbevölkerung rasant wächst (nach jüngsten Schätzungen der Vereinten Nationen wird bis zum Jahr 2050 die Weltbevölkerung von gut 6,5 Milliarden Menschen auf rund 9,1 Milliarden ansteigen, was einen Anstieg von 40 Prozent darstellt)6, lässt sich in den Industriestaaten ein gegensätzlicher Trend verzeichnen (Walter 2005: 1). Die Bevölkerung nimmt ab und die Bevölkerungspyramiden der westeuropäischen Länder geraten zunehmend in ein Ungleichgewicht (Eckardstein 2004: 128). Auch Deutschland ist von diesem Trend nicht verschont geblieben, wie man aus den Medien und politischen Diskussionen vermehrt entnehmen kann. In der folgenden Abbildung ist die Alterspyramide von Deutschland aus dem Jahr 2001 dargestellt. Daneben wird die Bevölkerungspyramide im Jahr 2050 gezeigt. Wie hier unschwer zu erkennen ist, handelt es sich nicht mehr um eine Pyramide, man kann von einem „ausgefransten Pilz“ sprechen (Kröhnert u.a. 2004: 14). Die Verschiebung ist vor allem bei der Gruppe der 30 bis 50 Jährigen deutlich feststellbar.

Abbildung 2: Alterspyramide Deutschland (2001 und 2050)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die Alterung der Gesellschaft wird durch zwei gegensätzliche Trends bestimmt. Die sinkende Geburtenrate und die steigende Lebenserwartung der Menschen. Beide Faktoren bewirken eine Verschiebung zwischen Jung und Alt (Rürup u.a. 2003: 51f.). Die durch diese Entwicklung verursachten Probleme beschränken sich allerdings nicht nur auf die oft diskutierten Renten- und Gesundheitssysteme, sondern haben vielmehr nachhaltige Auswirkungen auf alle Bereiche unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen (Walter 2005: 1). So wird es nach Walter (2005) neben einer veränderten Güternachfrage auch zu einer sinkenden Innovationskraft, aufgrund des zunehmenden Alters der Mitarbeiter, kommen. Ebenso prognostiziert er ein abnehmendes gesamtwirtschaftliches Wachstumspotenzial, da sowohl Arbeit knapper als auch technischer Fortschritt langsamer wird. (Walter 2005: 1). Weiterhin wirkt sich die Alterung der Bevölkerung auf die Zusammensetzung des Erwerbspersonenpotenzials und somit folglich auf die Arbeitswelt und Arbeitsmarktbilanz aus (Frieling/Fölsch/Schäfer 2005: 366; Kistler/Hilpert 2001: 5ff.). Die zu erwartenden Auswirkungen für den Arbeitsmarkt stellen sich als die für diese Arbeit bedeutungsvollsten dar, denn der Arbeitsmarkt bildet eine der wichtigsten Einflussgrößen der betrieblichen Personalarbeit (Scholz 2000: 12). Im folgenden Abschnitt werden nun die Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf die Erwerbsbevölkerung aufgezeigt.

3.1.1 Auswirkungen der demographischen Entwicklungen

Aufgrund des gesellschaftlichen Alterungsprozesses wird es ein Minderangebot an Arbeitskräften geben, wenn die Erwerbsquote konstant bleibt und ein erhöhter Zuwandererstrom von Ausländern nach Deutschland ausgeschlossen wird (Jung 2005: 834). Eine Konsequenz aus diesem Trend wird die Änderung der Erwerbsbeteiligung einzelner Gruppen von Beschäftigten sein. Die konkreten Entwicklungen werden im Folgenden dargestellt. Dabei wird eine Kategorisierung in die jeweiligen betreffenden Diversity-Dimensionen vorgenommen.

Alter – Zunahme ältere Arbeitnehmer

In allen europäischen Ländern, inklusive Deutschland, zeichnet sich ein Anstieg des Durchschnittsalters der Erwerbsbevölkerung ab.7 Die Altersstruktur der deutschen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird insbesondere um das Jahr 2020 von der älteren Generation der 50- bis 64-Jährigen dominiert (Sommer 2003 o.S.; Adrian 2003: 1ff.). Um die nachhaltige Finanzierung des Rentensystems in Deutschland zu gewährleisten, die auch aufgrund der zunehmenden Anzahl älterer Bürger nicht mehr gesichert ist, wurde im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Deutschen Bundesregierung eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 vereinbart.8 Somit ist ein weiterer Faktor hinzugekommen, der (theoretisch)9 zur Erhöhung des Alters der Erwerbstätigen in Unternehmen führt.

Die Integration und Erschließung des Arbeitskräftepotenzials der älteren Beschäftigten werden immer wichtiger (Frieling/Fölsch/Schäfer 2005:367; Kistler/Hilpert 2001: 11). Doch zuvor müssen Kurskorrekturen in der Sozial-, Tarif- und Beschäftigtenpolitik, vor allem aber auf betrieblicher Ebene erfolgen (Richenhagen 2004: 28; Naegele 2001: ff.). Die Vorurteile die sich im Zusammenhang mit älteren Menschen aufgebaut haben, müssen überwunden werden. Denn den Ansichten vom fortschreitenden Abbau physischer und kognitiver Fähigkeiten bei älteren Menschen, stehen die Erfahrungswerte, die fachliche und soziale Kompetenz von Älteren gegenüber, die beides unverzichtbare Elemente zur Steigerung des Unternehmenserfolges darstellen (Kistler/Hilpert 2001: 6ff). Trotzdem brauchen ältere Menschen spezifische Maßnahmen um den steigenden Arbeitsanforderungen gerecht zu werden (Schwarz-Wölzl/Maad 2004: 48f). Doch die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer sind in Deutschland gegenwärtig noch nicht vorhanden (Börsch-Supan 2005:11). Einen entscheidenden Schritt in diese Richtung stellen eine Anpassung der Arbeitsplatzgestaltung und der Berufsplanung an durchschnittlich ältere Arbeitnehmer, sowie verbesserte Weiterqualifikationsmöglichkeiten vor allem schon im mittleren Alter dar (Rürup 2003: 87f.). Hier zeigt sich der erste Ansatzpunkt für die Notwendigkeit des Einsatzes des DiM Konzeptes in Deutschland. Denn für die Zukunft von Wirtschaft und Arbeitsmarkt wird es entscheidend sein, ob sich die alternde Erwerbsbevölkerung vor allem dem technologischen Wandel anpassen kann. Dafür müssen aber in den Unternehmen die entsprechenden qualifikatorischen Anpassungsprozesse (z.B. Training on- und off-the-job) (Rump 2003: 164f.) sowie organisatorische und ergonomische Gestaltungsmaßnahmen (z.B. größere PC-Bildschirme und Beschriftungen, mehr Pausen) (Börsch-Supan 2005: 11f.) entwickelt und umgesetzt werden (Frieling/Fölsch/.Schäfer: 367). Instrumente wie Mentoring, wo ältere Führungskräfte ihre Erfahrungen an jüngere Nachwuchsführungskräfte weitergeben oder Coaching, ein Erfahrungsaustausch zwischen Älteren und Jüngern auf horizontaler Ebene (Rump 2003: 165), sind nur zwei Beispiele, wie das Potenzial der älteren Arbeitnehmer effektiv genutzt werden kann.

Doch nicht nur auf die Beschäftigtenstruktur, sondern auch auf die Vielfalt der Kunden wirkt sich die zunehmende Alterung der Gesellschaft aus. Die Senioren nehmen als Kundengruppe immer mehr an Relevanz zu und begnügen nicht damit als Zielgruppe der Pharmaunternehmen umworben zu werden (Stuber 2004: 46). Somit zeigt sich auch in diesem Aspekt – der Zunahme der Kundenvielfalt – ein Ansatzpunkt für DiMs. Denn nach Sepehri (2002) stellt die zunehmende Diversität der Kunden und Märkte einen Mitgrund für die Anwendung des DiM-Konzeptes in Unternehmen dar (Sepehri 2002: 5).

[...]


1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der Einfachheit und Übersichtlichkeit das generische Maskulin verwendet, welches weibliche und männliche Personen gleichermaßen einschließt

2 Mit seinen Teilindizes: DAX 30, MDAX, SDAX, TECDAX)

3 http://www.destatis.de/basis/d/insol/unternehmentab2.php [Stand: 04.03.2007]

4 Mitarbeiterzahl > 17.500. (Überacker 2004: 10)

5 Z.B. mi.st [ Diversity Consulting Köln oder MitteConsult Berlin

6 http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4103526_REF3,00.html [Stand: 10.02.2007]

7 Vgl. Anhang Abbildung 6.

8 http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download/ziffer/z324_333j06.pdf [Stand: 12.02.07]

9 Auch wenn momentan das gesetzliche Renteneintrittsalter von dem tatsächlichen Renteneintrittsalter ab weicht, wird in Zukunft davon auszugehen sein das sich das tatsächliche Renteneintrittsalter nach hinten ver schiebt. Passiert dies nicht ist eine Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme nicht gewährleistet.

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Details

Title
Diversity Management in Deutschland. Einflussfaktoren und Wandelprozesse
College
http://www.uni-jena.de/
Grade
2,0
Author
Year
2007
Pages
43
Catalog Number
V309765
ISBN (eBook)
9783668087125
ISBN (Book)
9783668087156
File size
771 KB
Language
German
Keywords
diversity, management, deutschland, einflussfaktoren, wandelprozesse
Quote paper
Ulrike Ditzel (Author), 2007, Diversity Management in Deutschland. Einflussfaktoren und Wandelprozesse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309765

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