Inklusion durch Theaterpädagogik? Die Entwicklung von Kompetenzen und Werten durch theaterpädagogische Arbeit


Tesis (Bachelor), 2015

96 Páginas, Calificación: 1


Extracto


Inhalt

1 PROBLEMAUFRISS UND ZIELSTELLUNGEN
1.1 Relevanz der Problematik
1.2 Frage- und Zielstellung
1.3 Vorgangsweise

2 INKLUSION
2.1 Rechtliche Grundlagen
2.1.1 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
2.1.2 Übereinkommen über die Rechte des Kindes
2.1.3 Die Salamanca Erklärung
2.1.4 UN-Behindertenrechtskonvention
2.1.5 Schlüsselkompetenzen laut EU
2.2 Zusammenfassung
2.3 Index für Inklusion
2.3.1 Die drei Dimensionen
2.3.2 Inklusive Werte nach Tony BOOTH
2.4 Partizipation - Teilhabe
2.5 Inklusionspädagogik
2.6 Anforderungen an das Schulsystem
2.7 Kooperation und Heterogenität
2.8 Zusammenfassung

3 THEATERPÄDAGOGIK
3.1 Rechtliche Grundlagen
3.1.1 Lehrplan
3.1.2 Leitfaden für kulturelle Bildung
3.1.3 Grundsatzerlass "Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen"
3.2 Theaterpädagogik – Versuch einer Definition
3.2.1 Theater
3.2.2 Pädagogik
3.2.3 Theaterpädagogik
3.3 Subjektive und soziale Wirkungen des pädagogischen Theaterspielens
3.4 Wirkungen der Theaterpädagogik nach Domkowsky
3.5 Theaterpädagogische Konzepte
3.5.1 Heidi Frei – Jeux Dramatiques
3.5.2 Keith Johnstone – Phantasie und Spontanität
3.5.3 Augusto Boal – Spiel mit der Realität
3.6 Zusammenfassung

4 ANGEWANDTE FORSCHUNGSMETHODEN
4.1 Befragung
4.2 Interview
4.2.1 Qualitatives Interview
4.2.2 ExpertInneninterview
4.3 Methodische und technische Aspekte
4.4 Zusammenfassung

5 INTERVIEWS
5.1 Vergleich der Interviews mit den drei Dimensionen von Inklusion nach dem Index für Inklusion und den Werten nach Tony BOOTH
5.2 Vergleich der Interviews mit Forderung nach Kompetenzerwerb
5.3 Zusammenfassung

6 ABSCHLIESSENDE ZUSAMMENFASSUNG

7 LITERATUR

8 ANHANG - INTERVIEWS .

„ H e t e r o g en ität ist Normalität.“

Andreas Hinz, 2002

1 PROBLEMAUFRISS UND ZIELSTELLUNGEN

1 . 1 Relevanz der Problematik

Als ich das Studium der Sonderpädagogik begonnen habe, hatte ich schon ein erfülltes und vielfältiges Berufsleben hinter mir. Den ersten persönlichen Kontakt mit dem Medium Theater hatte ich mit 18 Jahren. Ich begann, bei den Nestroy-Spielen Schwechat Theater zu spielen, und habe über 30 Jahre lang nicht mehr damit aufgehört. Als der „Erfinder“ der Nestroy-Spiele, Walter Mock, plötzlich verstarb, übernahm ich zusätzlich die Organisation des Theaters und der dazugehörigen Nestroy-Gespräche für eine Saison. Dadurch konnte ich die Wirkung des Theaterspielens einerseits als Akteurin, andererseits als kritische Zuseherin beobachten. Als Schauspielerin merkte ich schnell, dass jede Rolle, die man darzustellen versucht, merkwürdiger Weise immer irgendetwas mit einem selbst zu tun hat. Damit meine ich, dass man sich durch die intensive Auseinandersetzung mit einer Rolle immer auch selbst genau beobachtet, reflektiert, neue versteckte Seiten an sich entdeckt und durch diese Arbeit eine persönliche Entwicklung durchmacht. Als kritische Zuseherin von außen konnte ich deutlich wahrnehmen, wie sich im Laufe einer Produktion die zwischenmenschlichen Beziehungen veränderten. Um wahrhaftige Gefühle auf der Bühne sichtbar zu machen, sind die AkteurInnen fast gezwungen, ihre Fähigkeiten der Empathie, des Hineinfühlens in den/die Anderen ebenso zu schulen, wie die eigene Darstellungsfähigkeit, sonst bleiben die Worte leblos. Dadurch entstand ein völlig neues Sozialgefüge, und am Ende der Saison war aus den Anfangs Fremden so etwas wie eine Familie geworden.

Die Liebe zum Theater und Theaterspielen ist bei mir also tief verwurzelt.

Der zweite, wesentlich stärkere Impuls für diese Arbeit entstand durch den Besuch einer Grundschule in Berlin. Wir wussten, dass diese Schule in einem Bezirk liegt, der aufgrund seiner sozialen Problematik immer wieder Schlagzeilen macht. Die ̀ Kinder, . die- diese -Schule besuchen, -stammen aus 20 Nationen. Dementsprechend groß ist das Konfliktpotential, das durch die Problematik der verschiedenen Sprachen, vor allem aber auch durch die verschiedenen Kulturkreise befeuert wird, denen die Kinder entstammen.

1999 - hat -der/die damalige Direktor/in -Theaterpädagogik -zum -Schwerpunkt ihrer Schule gemacht. Er/sie erkannte die Schauspielkunst als eine universelle Sprache, die alle Kinder miteinander verbindet. Seither ist das Theaterspiel fixer Bestandteil des Stundenplans, jede Klasse spielt wöchentlich 2 Stunden Theater.

Was diese Entscheidung und Konsequenz bewirkt hat, konnten wir Studenten im Mai 2014 bei unserem Berlin-Aufenthalt deutlich wahrnehmen. Entspannte, fröhliche, selbstbewusste Kinder begegnen uns Fremden mit Offenheit, von Aggression ist nichts zu spüren. Die gesamte Schule macht einen äußerst gepflegten Eindruck, was auch – aber nicht nur – daran liegt, dass sie mit Hilfe von Architekturstudenten und unter Einbeziehung der Vorstellungen und Wünschen der Kinder umgestaltet und renoviert wurde. Aber es wird auch nichts mehr mutwillig zerstört, wurden wir informiert. Die SchülerInnen, deren Selbstbewusstsein durch die Theaterpädagogik so gestärkt wurde, können ihre eigenen Gefühle wahrnehmen, ausdrücken und auch die Gefühle anderer wahrnehmen und verstehen. Dadurch entfällt ein starker Motor der Zerstörungswut, die ja oft nur ein Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit ist.

Da erkannte ich, dass mein altes Hobby durchaus auch in meiner neuen Berufung Sinn machen kann. Daher werde ich im Herbst auch das Masterstudium der Theaterpädagogik beginnen, denn ich möchte Kinder auf diese spielerische Art stärken und ihnen damit bei ihrer persönlichen Entwicklung hilfreich sein.

Der zweite Aspekt der Arbeit, die Inklusion, ist mir ebenfalls schon lange ein großes Anliegen. Als ich als Journalistin für die Zeitschrift „Fratz&Co“ arbeitete, recherchierte ich zunächst für einen Artikel über Integration. Bis dahin hatte ich nicht wahrgenommen, wie Kinder, die mehr oder weniger anders sind, von unserem System benachteiligt werden. Integration wurde damals fast noch als Gnade gesehen, nicht als Menschenrecht, so wie ich das empfunden habe. Inzwischen hat sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt, und die Integration, bei der einige wenige „Besondere“ bei der großen Gruppe der „Normalen“ mitmachen durften, macht Schritt für Schritt der Inklusion, bei der alle als eine einzige Gruppe gesehen werden, Platz.

Diese Entwicklung muss behutsam stattfinden, damit vernünftige und für alle Kinder individuelle Förderung möglich ist und sinnvolle Lernumgebungen geschaffen werden können. Inklusion um jeden Preis möglichst rasch durchzusetzen ist wahrscheinlich für alle Beteiligten keine befriedigende Lösung. Vielmehr muss sich die neue Betrachtungsweise, dass eben jedes Kind etwas Besonders ist, manche Kinder aber zusätzlich besondere Bedarfe haben, langsam durchsetzen. Dabei entstehen zwangsläufig Konflikte und Ängste, um die man sich kümmern muss.

Inklusion heißt für mich, nicht nur gleichberechtigt SEIN, sondern sich auch gleichwertig FÜHLEN. Dazu erscheint Theaterpädagogik als wertvolles Instrument.

1 . 2 Frage- und Zielstellung

Kann Theaterpädagogik dabei helfen, Kompetenzen und in weiterer Folge Werte, die Inklusion ermöglichen und verankern, zu entwickeln? Welche Kompetenzen und Werte sind das im Speziellen? Ist Theaterarbeit im Sinne von Inklusion für alle SchülerInnen möglich? Wie sieht das in der Praxis aus?

Diese Arbeit geht der Frage nach, ob Theaterarbeit in unterschiedlichen Schulstufen und unterschiedlichen Schulformen zur Förderung von Kompetenzen und der Verinnerlichung von Werten hilfreich sein kann und mit welchen völlig unterschiedlichen Methoden dies erzielt werden kann.

1 . 3 Vorgangsweise

Diese Arbeit verwendet als Methode der empirischen Sozialforschung das Instrument des ExpertInneninterviews sowie der Beobachtung. Ein theoretischer und rechtlicher Überbau stellt die postulierten und die geforderten Lerninhalte dar.

Die ExpertInneninterviews wurden mit -den Theaterpädagoginnen E und D geführt, die beide auch an Grundschulen unterrichten und dort Theaterpädagogik praktizieren. -Einen -wesentlichen -Beitrag -aus -der -Praxis -lieferte -G, - künstlerischer Leiter eines inklusiv geführten Theaters. Die beiden

Schauspieler desselben, im folgenden R.F und W.K. genannt, schildern ihre persönlichen Erfahrungen, die sie über viele Jahre mit Theaterpädagogik gemacht haben und bringen damit einen besonderen Aspekt ein. Um aufzuzeigen, dass man mit dieser Methode an den verschiedensten Schultypen mit unterschiedlichsten SchülerInnen -arbeiten -kann, -wurde die Arbeit durch Interviews mit W, Integrationspädagogin an einer Fachschule, und S, Sonderschulpädagogin, ergänzt.

Bei der Auswahl der Schulen wurde auf eine möglichst große Bandbreite geachtet. So ist eine „klassische“ österreichische Volksschule vertreten, eine sechsstufige Grundschule - in- Deutschland, eine- „Fachschule für wirtschaftliche Berufe“ und ein Sonderpädagogisches Zentrum.

2 INKLUSION

2 . 1 Rechtliche Grundlagen

Die angeführten rechtlichen Grundlagen sind sehr umfangreich und zeigen ein breites Spektrum an notwendigen Anpassungen, um Inklusion statthaben lassen zu können. Eine umfassende Darstellung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Im Folgenden werden vor allem jene Passagen herausgearbeitet, die für die Förderung von Inklusion mittels Theaterpädagogik relevant sind.

2 . 1 . 1 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Artikel 22 „Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht ... in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.”1

Artikel 26 „Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.”2

Artikel 27 „Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an Kunst zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.”3

2 . 1 . 2 Übereinkommen über die Rechte des Kindes

Artikel 29 „Die Bildung des Kindes muss darauf gerichtet sein, (a) die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen...”4

Artikel 31 „Die Vertragsstaaten achten und fördern das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung sowie für aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung.“5

2 . 1 . 3 Die Salamanca Erklärung

Die Salamanca Erklärung6 definiert keine neuen Menschenrechte, sondern passt sie an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen an, um gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Sie beschreibt alle bereits anerkannten Menschenrechte, verbietet nochmals jedwede Diskriminierung und zeigt auf was zu tun ist, damit Menschen mit Behinderungen diese Rechte gleichwertig ausüben können. Menschen mit Behinderungen soll damit Zugang zu allen Menschenrechten garantiert werden. In dieser Arbeit wird der Fokus auf die notwendigen Anpassungen im Bildungssystem gelegt, wodurch sich die Auswahl der folgenden Zitate ergibt.

„Ein inklusives Bildungssystem kann nur geschaffen werden, wenn Regelschulen inklusiver werden – mit anderen Worten: wenn sie besser darin werden, alle Kinder ihres Einzugsgebietes auf der Grundlage ihrer individuellen Fähigkeiten zu unterrichten“7.

Die Anerkennung des Rechts der Teilhabe von Menschen mit Behinderung bzw. Menschen mit besonderen Bedarfen wurde mit der Unterzeichnung der Salamanca Erklärung und des Aktionsrahmens zur Pädagogik für besondere Bedürfnisse festgehalten. Inklusion auch in der Bildung ist somit durch die Unterzeichnung in allen unterfertigten Staaten nicht nur ein Menschenrecht, sondern ein rechtlich verbindlicher Auftrag.8

Darin wird „eine Pädagogik gefordert, die den Bedürfnissen des Kindes gerecht wird“.9 Im zweiten Artikel der Erklärung wird konkret aufgezeigt, dass jedes Kind ein Grundrecht auf Bildung hat, dass jedes Kind einmalige Eigenschaften und Fähigkeiten hat, dass Kinder mit speziellen Bedürfnissen Zugang zu regulären Schulen erhalten müssen, und dass Regelschulen mit Ziel der Integration aller SchülerInnen das beste Mittel sind, um diskriminierende Handlungen zu bekämpfen.10

Regelschulen werden damit herausgefordert, die Art des Unterrichts dahingehend zu modifizieren, dass alle Kinder gemeinsam erfolgreich unterrichtet werden können:

„Die Herausforderung an inklusive Schulen ist es, eine kindzentrierte Pädagogik zu entwickeln, die in der Lage ist, alle Kinder, auch jene, die schwere Benachteiligungen und Behinderungen haben, erfolgreich zu unterrichten. Der Wert solcher Schulen liegt nicht nur darin, dass sie alle Schüler und Schülerinnen mit qualitätsvoller Bildung versorgen können; ihre Einrichtung ist ein wesentlicher Schritt dahin, dass diskriminierende Haltungen verändert und Gemeinschaften geschaffen werden, die alle willkommen heißen, und dass eine inklusive Gesellschaft entwickelt wird.“11

Schule wird damit nicht nur als Ort des Wissenserwerbes gesehen, sondern soll die Grundlagen für eine veränderte Gesellschaft schaffen, in der Inklusion die Normalität darstellt.

Die Motivation der SchülerInnen durch praktische Bereiche, aber auch die persönliche Entfaltung ist ebenfalls ein zentrales Thema der Erklärung.

„Wissenserwerb ist nicht nur eine Sache formalen und theoretischen Unterrichts. Bildungsinhalte sollten sowohl auf hohen Standard als auf die Bedürfnisse Einzelner abzielen, mit einem Augenmerk auf die Befähigung, den Einzelnen an Entwicklungen voll teilnehmen zu lassen. Unterricht sollte zur persönlichen Erfahrung von SchülerInnen sowie zu praktischen Bereichen in Beziehung stehen, um sie besser zu motivieren.“12

Kompetenzen im Bereich der Kommunikation und der sozialen Interaktion sollen besonders gefördert werden, um allen Kindern, speziell aber Kindern mit besonderen Bedarfen, Fertigkeiten zu vermitteln, die sie für das Alltagsleben brauchen: „Sie [die Schulen] sollten ein Training in jenen Fertigkeiten anbieten, die den sozialen und kommunikativen Anforderungen und Erwartungen des Erwachsenenlebens entsprechen. Das erfordert geeignete Ausbildungstechniken unter Einbeziehung konkreter Erfahrungen in wirklichen Lebenssituationen außerhalb der Schule.“13

2 . 1 . 4 UN-Behindertenrechtskonvention

Die UN-Konvention ist ein internationaler Vertrag, in dem sich die Unterzeichner- staaten verpflichten, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.

Die UN-Behindertenrechtskonvention ist in Österreich seit 26. Oktober 2008 in Kraft. Sowohl die Gesetzgebung als auch die Verwaltung und die Rechtsprechung müssen die Konvention beachten. Da Österreich auch das Fakultativprotokoll zur Konvention ratifiziert hat, besteht für behinderte Menschen auch eine Individualbeschwerde- Möglichkeit an den UN-Ausschuss für die Rechte der Menschen mit Behinderungen in Genf.

Österreich verpflichtet sich damit völkerrechtlich, die in der UN-Konvention festge- legten Standards durch österreichische Gesetze umzusetzen und zu gewährleisten.

2 . 1 . 5 Schlüsselkompetenzen laut EU

Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben im Dezember 2006 folgende Empfehlung zu „Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen“ formuliert:

„Kompetenzen sind hier definiert als eine Kombination aus Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, die an das jeweilige Umfeld angepasst sind. Schlüsselkompetenzen sind diejenigen Kompetenzen, die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung, soziale Integration, Bürgersinn und Beschäftigung benötigen.“14

Die Europäische Union setzt sich mit der Definition der Schlüsselkompetenzen das Ziel, ihre Bürger und Bürgerinnen auf Herausforderungen vorzubereiten, die sich im Wandel der Globalisierung rasch verändern. Dabei soll auf die individuellen Bedarfe und Bedürfnisse sowie auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der Lernenden Rücksicht genommen werden. Im Sinne des lebenslangen Lernens werden vom Europäischen Rat auch explizit bildungsbenachteiligte Gruppen angesprochen, um allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen zu ermöglichen.

Folgende acht Schlüsselkompetenzen wurden formuliert:15

1. Muttersprachliche Kompetenz
2. Fremdsprachliche Kompetenz
3. Mathematische Kompetenz und grundlegende naturwissenschaftlich-technische Kompetenz
4. Computerkompetenz
5. Lernkompetenz
6. Soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz
7. Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz
8. Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit

Diese acht Schlüsselkompetenzen sind als völlig gleichwertig zu betrachten. Sie fördern „kritisches Denken, Kreativität, Initiative, Problemlösung, Risikobewertung, Entscheidungsfindung und konstruktiven Umgang mit Gefühlen“.16

In Bezug auf das Thema dieser Arbeit sind vor allem M uttersprachliche Kompetenz, Lernkompetenz, Soziale Kompetenz, Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz sowie Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit relevant, weshalb diese Definitionen hier zitiert werden:

a ) Muttersprachliche Kompetenz

…„ist die Fähigkeit, Konzepte, Gedanken, Gefühle, Tatsachen und Meinungen sowohl mündlich als auch schriftlich auszudrücken und interpretieren zu können (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) und sprachlich angemessen und kreativ in allen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten – allgemeine und berufliche

Bildung, Arbeit, Zuhause und Freizeit – darauf zu reagieren.“17

b ) Lernkompetenz

…„ist die Fähigkeit, einen Lernprozess zu beginnen und weiterzuführen und sein eigenes Lernen, auch durch effizientes Zeit- und Informationsmanagement, sowohl alleine als auch in der Gruppe, zu organisieren. Lernkompetenz umfasst das Bewusstsein für den eigenen Lernprozess und die eigenen Lernbedürfnisse, die Ermittlung des vorhandenen Lernangebots und die Fähigkeit, Hindernisse zu überwinden, um erfolgreich zu lernen. Lernkompetenz bedeutet, neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, zu verarbeiten und aufzunehmen sowie Beratung zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Lernkompetenz veranlasst den Lernenden, auf früheren Lern- und Lebenserfahrungen aufzubauen, um Kenntnisse und Fähigkeiten in einer Vielzahl von Kontexten – zu Hause, bei der Arbeit, in Bildung und Berufsbildung – zu nutzen und anzuwenden. Motivation und Selbstvertrauen sind für die Kompetenz des Einzelnen von entscheidender Bedeutung.“18

c ) Soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz

„Diese Kompetenzen umfassen personelle, interpersonelle sowie interkulturelle Kompetenzen und betreffen alle Formen von Verhalten, die es Personen ermöglichen, in effizienter und konstruktiver Weise am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilzuhaben, insbesondere in zunehmend heterogenen Gesellschaften, und gegebenenfalls Konflikte zu lösen. Die Bürgerkompetenz rüstet den Einzelnen dafür, ausgehend von der Kenntnis der gesellschaftlichen und politischen Konzepte und Strukturen und der Verpflichtung zu einer aktiven und demokratischen Beteiligung, umfassend am staatsbürgerlichen Leben teilzunehmen.“19

d ) Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz

…„ist die Fähigkeit des Einzelnen, Ideen in die Tat umzusetzen. Dies erfordert Kreativität, Innovation und Risikobereitschaft sowie die Fähigkeit Projekte zu planen und durchzuführen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Unternehmerische Kompetenz hilft dem Einzelnen nicht nur in seinem täglichen Leben zu Hause oder in der Gesellschaft, sondern auch am Arbeitsplatz, sein Arbeitsumfeld bewusst wahrzunehmen und Chancen zu ergreifen; sie ist die Grundlage für die besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse, die diejenigen benötigen, die eine gesellschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit begründen oder dazu beitragen. Dazu sollte ein Bewusstsein für ethische Werte und die Förderung einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung gehören.“20

e ) Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit

„Anerkennung der Bedeutung des künstlerischen Ausdrucks von Ideen, Erfahrungen und Gefühlen durch verschiedene Medien (Musik, darstellende Künste, Literatur und visuelle Künste.“21

2 . 2 Zusammenfassung 1

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte betont vor allem das Recht auf freie Entwicklung, das Recht auf volle Entfaltung der Persönlichkeit, sowie die volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben. Die Salamanca-Erklärung fordert für Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen, verbietet Diskriminierung und fordert, behinderte Menschen auf der Grundlage ihrer individuellen Fähigkeiten zu unterrichten. Sie fordert ein Grundrecht auf Bildung für jedes Kind und damit eine Pädagogik, die den Bedürfnissen des Kindes gerecht wird. Der Zugang zu regulären Schulen muss gewährleistet werden, da nur Schulen mit integrativer Orientierung Diskriminierung bekämpfen können. Inklusion soll so zur Normalität werden.

Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet ihre Mitgliedstaaten und damit auch Österreich dazu, die Menschenrechte Behinderter zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.

Die Europäische Union schließlich hat Empfehlungen zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen formuliert, die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung, für ihre soziale Integration, für ihren Bürgersinn und ihre Beschäftigung benötigen. In Bezug auf das Thema dieser Arbeit sind hier vor allem muttersprachliche Kompetenz, Lernkompetenz, Soziale Kompetenz, Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz sowie Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit zu nennen.

Die rechtlichen Grundlagen wurden ausführlich zitiert um zu zeigen, dass die Forderungen nach gleichberechtigter Teilhabe beeinträchtigter Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft schon seit langem bestehen und eine Umsetzung zügig umgesetzt werden muss.

In k lu s io n – eine Annäherung

Inklusion hat den Anspruch, „allen Zugang zu Allem und Teilhabe an Allem zu ermöglichen“. 22 Jeder soll ungeachtet seiner Fähigkeiten, Fertigkeiten oder auch Defizite als vollwertiges Mitglied einer Gemeinschaft wertgeschätzt und anerkannt werden. Die vorhandene Heterogenität wird somit in der Inklusion zum Ausgangspunkt des gemeinsamen Lernens in der Schule. Das setzt in erster Linie eine veränderte Einstellung und Haltung jedes Einzelnen voraus. Ein verändertes Selbstverständnis und Menschenbild sind Grundlagen für eine Veränderung der Gesellschaft in Richtung Inklusion. In der Praxis manifestiert sich dieser Grundgedanke beispielsweise durch Anpassungen der Lehrerausbildung und des Schulunterrichtsgesetzes.23

HINZ hinterfragt kritisch, ob die reine Integration von Menschen mit Behinderung in die Welt der Menschen ohne Behinderung nicht zu kurz gegriffen ist. Dies baue lediglich auf der Akzeptanz der Differenz auf. Das Ziel hingegen sei eine Anerkennung aller Menschen als gleich(wertig), was alleine schon der Grundstein einer inklusiven Gesellschaft wäre, die die Teilhabe aller in allen Bereichen ermöglicht.24

Inklusion hingegen erhebt den Anspruch, dass alle, unabhängig von ihren Fähigkeiten, als geschätzte Mitglieder einer Gruppe anerkannt werden (vgl. BOBAN/HINZ 2003b, S. 39). „Inklusion bemüht sich alle Dimensionen von Heterogenität in den Blick zu bekommen und gemeinsam zu betrachten. Dabei kann es um unterschiedliche Fähigkeiten, Geschlechterrollen, ethnische Herkünfte, Nationalitäten, Erstsprachen, Rassen […], soziale Milieus, Religionen und weltanschauliche Orientierungen, körperliche Bedingungen oder anderes mehr gehen. Charakteristisch ist dabei, dass Inklusion sich gegen dichotome Vorstellungen wendet, die jeweils zwei Kategorien konstruieren: Deutsch und Ausländer, Männer und Frauen, Behinderte und Nichtbehinderte, Reiche und Arme usw. […]“25

Der Index für Inklusion definiert die Ziele für Inklusion in Erziehung und Bildung folgendermaßen:26

In k lu s i o n in Erziehung und Bildung bedeutet…

- die gleiche Wertschätzung aller SchülerInnen und MitarbeiterInnen,
- die Steigerung der Teilhabe aller SchülerInnen an (und den Abbau ihres Ausschlusses von) Kultur, Unterrichtsgegenständen und Gemeinschaft ihrer Schule,
- die Weiterentwicklung der Kulturen, Strukturen und Praktiken in Schulen, so dass sie besser auf die Vielfalt der SchülerInnen ihres Umfeldes eingehen,
- den Abbau von Barrieren für Lernen und Teilhabe aller SchülerInnen, nicht nur solcher mit Beeinträchtigungen oder solcher, denen besonderer Förderbedarf zugesprochen wird,
- die Anregung durch Projekte, die Barrieren für Zugang und Teilhabe bestimmter SchülerInnen überwinden und mit denen Veränderungen zum Wohl vieler SchülerInnen bewirkt werden konnten,
- die Sichtweise, dass Unterschiede zwischen den SchülerInnen Chancen für das gemeinsame Lernen sind und nicht Probleme, die es zu überwinden gilt,
- die Anerkennung, dass alle SchülerInnen ein Recht auf wohnortnahe Bildung und Erziehung haben,
- die Verbesserung von Schulen nicht nur für die SchülerInnen, sondern auch für alle anderen Beteiligten,
- die Betonung der Bedeutung von Schulen dafür, Gemeinschaften aufzubauen, Werte zu entwickeln und Leistungen zu steigern,
- den Auf- und Ausbau nachhaltiger Beziehungen zwischen Schulen und Gemeinden,
- den Anspruch, dass Inklusion in Erziehung und Bildung ein Aspekt von Inklusion in der Gesellschaft ist.

Diese Ziele sind als Ideen zu verstehen, die sich im Laufe des nicht endenden Prozesses von zunehmender Teilhabe aller SchülerInnen weiterentwickeln und erweitern können. Inklusion ist somit als Ideal zu sehen, nach dem (in diesem Zusammenhang) Schulen streben können, das aber nie als endgültiges Ziel erreicht wird.27

2 . 3 Index für Inklusion

Der Index für Inklusion stellt die Basis dieser Arbeit dar. Anhand der drei Dimensionen soll gezeigt werden, inwieweit Theaterpädagogik einen wichtigen Beitrag zur Inklusion darstellt.

Für diese Arbeit sind vor allem die verschiedenen Dimensionen des Index von Bedeutung, die im Folgenden genauer dargestellt werden. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, auf alle Phasen des Index-Prozesses einzugehen, diese werden deshalb hier nicht weiter angeführt.

Der von Tony BOOTH und Mel AINSCOW entwickelte Index für Inklusion wurde 2003 von Ines BOBAN und Andreas HINZ übersetzt. Der Index versteht sich als Fundus, aus dem die Schulen schöpfen können, nicht als Test oder „festgelegtes Programm, dem eine Bildungseinrichtung von Anfang bis Ende systematisch zu folgen hat, sondern ist für verschiedenste Nutzungsmöglichkeiten offen – wenn dadurch „die Fähigkeit gesteigert wird, der Vielfalt der Teilnehmer zu entsprechen“.28

2 . 3 . 1 Die drei Dimensionen

„Es gilt, inklusive Kulturen zu schaffen, inklusive Strukturen zu etablieren und inklusive Praktiken zu entwickeln. Alle drei Dimensionen sind notwendig, um Inklusion (…) zu entwickeln“29.

Barrieren für die Teilhabe aller SchülerInnen sind einerseits gegeben durch Beeinträchtigungen oder chronische Krankheiten, andererseits schafft auch die Umgebung (z.B. Schule) Behinderungen durch diskriminierende Haltungen, Handlungen, Kulturen oder Strukturen und institutionelle Praktiken. Dazu gehört auch der institutionelle Rassismus, der die Art und Weise bezeichnet, wie Menschen in Bezug auf ihr Geschlecht, ihrer Behinderung, der Klasse, der ethnischen Herkunft und der sexuellen Orientierung benachteiligt werden. Durch den Prozess, den der

Index für Inklusion aktivieren kann, können die Menschen in diesen Institutionen sich ihrer eigenen diskriminierenden Handlungen bewusst werden und sie dementsprechend verändern.30

„Inklusion geht es darum, alle Barrieren in Bildung und Erziehung für alle SchülerInnen auf ein Minimum zu reduzieren.“31 Damit erweitert sich der Fokus: nicht mehr einzelne SchülerInnen stellen ein Problem dar, sondern alle SchülerInnen werden in ihrer Heterogenität willkommen geheißen.

Dazu ist es notwendig, inklusive Kulturen zu schaffen, inklusive Strukturen zu etablieren und inklusive Praktiken zu entwickeln.32

Das Herzstück sehen BOBAN und HINZ dabei in der Entwicklung inklusiver Schulkulturen, um Entwicklungen im Lehren und Lernen zu unterstützen. Bereits die Entwicklung gemeinsamer inklusiver Werte und kooperativer Beziehungen können Veränderungen in den beiden anderen Dimensionen bewirken und damit auch durch neue MitarbeiterInnen, SchülerInnen und Eltern weitergetragen werden.33

2 . 3 . 1 . 1 Dimension A: Inklusive KULTUREN schaffen

Die Dimension ‚Inklusive Kulturen schaffen‘ zielt darauf, eine sichere, akzeptierende, zusammenarbeitende, anregende wertschätzende und gegenseitig respektierende Gemeinschaft zu schaffen. Gemeinsam sollen inklusive Werte, wie „Gleichheit“, „Rechte“, „Teilhabe“, „Lernen“, „Gemeinschaft“, „Anerkennung von Vielfalt“, „Vertrauen“, „Nachhaltigkeit“, „Mitgefühl“, „Ehrlichkeit“, „Mut“, „Freude“34 entwickelt und an alle anderen Beteiligten weiter vermittelt werden. Diese Werte sind maßgebend für alle Entscheidungen über Strukturen und Alltagspraktiken, „so dass das Lernen aller durch einen kontinuierlichen Prozess der Schulentwicklung verbessert wird“35. Eine inklusive Kultur wird von dem Vertrauen in die Entwicklungskräfte aller Beteiligten und dem Wunsch, niemanden je zu beschämen, getragen.36

Die zwei Bereiche „Gemeinschaft bilden“ und „Inklusive Werte verankern“ stellen die Basis des gesamten Prozesses dar. In dieser Phase wird dafür gesorgt, dass sich alle SchülerInnen willkommen fühlen und einander helfen, alle an der Schule Beschäftigten sowie Eltern und SchülerInnen miteinander respektvoll und partnerschaftlich umgehen und in die Arbeit einbezogen werden. Alle SchülerInnen werden in gleicher Weise wertgeschätzt, es werden aber gleichzeitig an alle SchülerInnen hohe Erwartungen gestellt. Hindernisse für das Lernen und die Teilhabe und alle Formen der Diskriminierung werden auf ein Minimum reduziert.37

2 . 3 . 1 . 2 Dimension B: Inklusive STRUKTUREN etablieren

Die in der ersten Dimension entwickelten inklusiven Werte sollen als Leitbild alle Strukturen einer Schule durchdringen. Tendenzen zum Aussonderungsdruck werden verringert, alle SchülerInnen wird erhöhte Teilnahme ermöglicht. Die Strukturen erhöhen die Teilhabe aller und verringern die Ausgrenzung – damit geben sie eine klare Richtung für Veränderungen vor.38 „Alle Arten der Unterstützung werden auf inklusive Prinzipien bezogen und in einen Bezugsrahmen gebracht.“39

Aufbauend auf die erste Dimension wird hier „Eine Schule für alle entwickelt“ und „Unterstützung für Vielfalt organisiert“. Der Umgang mit MitarbeiterInnen ist gerecht, alle SchülerInnen der Umgebung werden aufgenommen, es wird ihnen geholfen sich einzugewöhnen und Lerngruppen werden so organisiert, dass alle SchülerInnen wertgeschätzt werden. Weitere Hindernisse für Lernen und die Teilhabe aller SchülerInnen werden abgebaut, alle Unterstützungssysteme werden koordiniert und Hindernisse für die Anwesenheit werden reduziert. Mobbing und Gewalt werden abgebaut40

2 . 3 . 1 . 3 Dimension C: Inklusive PRAKTIKEN entwickeln

Inklusive Kulturen und Strukturen spiegeln sich in allen Praktiken der Schule wider. Der Vielfalt und Heterogenität der SchülerInnen wird durch den Unterricht entsprochen. Sie werden dazu angeregt, aktiv an ihrer Gestaltung teilzunehmen, wobei ihre Stärken, Fähigkeiten, Erfahrungshintergründe und ihr Wissen den Grundstein bilden, auf dem aufgebaut wird. Zusammen findet die Schulgemeinschaft heraus, welche Ressourcen in den jeweils Beteiligten – SchülerInnen, Eltern, KollegInnen und örtliche Gemeinde - liegen. Auch materielle Ressourcen werden mobilisiert, um aktives Lernen und Teilhabe aller zu fördern.41

„Lernarrangements organisieren“ und „Ressourcen mobilisieren“ geht noch ein Stück weiter und bezieht sich vor allem auf die konkrete Unterrichtsplanung, die die Vielfalt der SchülerInnen wertschätzt und die LehrerInnen und ErzieherInnen als Team sieht. Die Fachkenntnis der MitarbeiterInnen wird voll ausgeschöpft und neue Ressourcen im Umfeld der Schule werden genutzt.42

Die drei Dimensionen zusammen bieten einen Analyserahmen, in welchem der Planungsprozess für die Entwicklung von Bildungsprozessen strukturiert werden kann. Jeder einzelne Bereich setzt Ziele, die durch eine Reihe von Fragen in Teilbereiche zerlegt werden können.43 So kann die Wahrnehmung der aktuellen Situation geschärft werden. Anhand der detaillierten Fragen kann auch der Fortschritt der inklusiven Entwicklung abgelesen werden.

2 . 3 . 2 Inklusive Werte nach Tony BOOTH

Tony BOOTH versteht Inklusion als wertebasierten Ansatz zur Bildungs- und Gesellschaftsentwicklung. Wenn Werte die Basis alle Handlungen sind, aller Planungen und Praktiken, dann müssen wir diese Werte verstehen, um richtig handeln zu können.

Tony BOOTH beschreibt diese inklusiven Werte wie folgt:

a ) Gleichheit ist nicht Chancengleichheit, sondern die Annahme, dass jedes Leben und jeder Tod gleichwertig sind. Für BOOTH ist Gleichheit ein zentrales Element der Inklusion. Die Beschäftigung und das Bestreben nach tatsächlicher Gleichheit erfordert das Engagement, die Ungleichheit in der Bildung zu überwinden.

b ) Rechte basieren für BOOTH auf Gleichheit. Rechte müssen für alle gelten.

Dies festzustellen ist bereits der Versuch, dass dies allgemein gültig ist und gar nicht zur Diskussion steht. So haben demnach alle Kinder und Jugendlichen das Recht auf gute Bildung und Versorgung.

c ) Teilhabe ist für BOOTH mehr als nur der Zugang zu einer Bildungseinrichtung

– es geht um die Zusammenarbeit, um das Zusammensein, um die Beteiligung an Entscheidungen, um die Anerkennung und Wertschätzung der Vielfalt unterschiedlicher Identitäten. Menschen müssen um ihrer selbst willen wertgeschätzt und akzeptiert werden.

d ) Lernen sieht BOOTH als Verpflichtung und somit als Herzstück aller

Bildungsprozesse. Nicht nur akademische Leistungen einzelner SchülerInnen sollen wertgeschätzt werden, sondern das Lernen aller – je nach den eigenen Realitäten ihrer regionalen und globalen Welten. Künstliche Einschränkungen aufgrund vermuteter Fähigkeiten, Familienhintergründe, des Geschlechts oder der Ethnie darf es nicht geben.

e ) Gemeinschaft meint sowohl dauerhafte wechselseitige Beziehungen

zwischen der Bildungseinrichtung und den sie umgebenden Gemeinschaften als auch die Förderung von Gemeinschaftsgefühlen über die Familie hinaus – bis hin zur Weltbürgerschaft und der Annahme einer internationalen Identität.

f) Anerkennung von Vielfalt geht über die bloße Anerkennung hinaus und

begreift diese als Quelle für Lernen, Unterrichten und für den Aufbau von Beziehungen. Durch das Anerkennen von Vielfalt wird Schaden vermieden, der dadurch entsteht, wenn wir Menschen aufgrund eines wahrgenommenen Unterschieds ablehnen oder als weniger wertvoll und wichtig betrachten.

g ) Vertrauen sieht BOOTH als Voraussetzung für Dialog. Es ist die Basis für SchülerInnen, unabhängiger zu werden und nicht dauernd überwacht werden zu müssen. Alle Lernenden sind des Lernens fähig.

h ) Nachhaltigkeit meint, Kinder auf stabile Lebensweisen innerhalb stabiler Gemeinschaften vorzubereiten. Wir wollen unseren Kindern eine Welt hinterlassen, in der sie gedeihen können. Inklusion muss sich bemühen, dieses Thema in Bildung und Gesellschaft hineinzutragen.

i ) Mitgefühl hat für BOOTH über die gewöhnliche Bedeutung, Verständnis für das Leid anderer empfinden zu können, eine hinausgehende Zuschreibung– es ist die Bereitschaft, die Welt zu verstehen, inklusive der Welt anderer.

j ) Ehrlichkeit ist für BOOTH eng mit Integrität verbunden. Da die Lehrpersonen größeren Einfluss haben, sind die SchülerInnen von ihnen abhängig – und damit hängt die Möglichkeit einer Teilhabe von der Integrität der Erwachsenen ab.

k ) Mut meint, gegen eine allgemein akzeptierte Meinung bestehen zu können – gerade wenn es um beobachtete Diskriminierungen geht. Mut bedeutet aber auch, die eigene Sichtweise ändern zu können und ein Gefühl von Verletzung aufzugeben, die uns vorgeblich angetan wurde.

l ) Freude schließlich hat BOOTH hinzugefügt, weil Bildungseinrichtungen nicht immer von Freude geprägt sind. Bildung soll generell als etwas Angenehmes empfunden werden, sowohl für die SchülerInnen als auch für die Lehrenden.44

2 . 4 Partizipation - Teilhabe

Partizipation leitet sich vom lateinischen Verb „particeps“ ab. Es bedeutet „an etwas teilnehmen“. Gleichgesetzte Übersetzungen sind „Beteiligung“, „Teilhabe“, „Teilnahme“, „Mitwirkung“, „Mitbestimmung“ und „Einbeziehung“.

Die Teilhabe im vollen Ausmaß ist im Bildungsbereich inzwischen gesetzlich verankert, wird aber in vielen Bereichen noch nicht umfassend durchgeführt.

„Volle gesellschaftliche Teilhabe ist dann realisiert, wenn Menschen mit Behinderung ein Leben führen, dass sich nicht von dem unterscheidet, welches sie ohne Behinderung leben würden. Teilhabe kann sich dann realisieren, wenn nicht nur der behinderte Mensch Anpassungsbereitschaft an gesellschaftliche Strukturen signalisiert, sondern wenn die Gesellschaft ebenfalls bereit ist, sich den Bedarfen behinderter Menschen anzupassen“45.

Volle Teilhabe verlangt die Möglichkeit für alle, mit anderen gemeinsam lernen zu können und auch mit allen gemeinsam in Lernprozessen zusammenarbeiten zu können. Das erfordert neben der aktiven Beteiligung am Lernprozess auch die intensive Auseinandersetzung mit den Lernerfahrungen aller SchülerInnen. Hier geht es um gegenseitiges Wahrnehmen, Akzeptieren und Wertschätzen aller am Lernprozess Beteiligten.46

2 . 5 Inklusionspädagogik

FEUSER fordert mit seiner entwicklungslogischen Didaktik ein allgemeindidaktisches Prinzip, das sich auf die vollständige Kunst des Lehrens bezieht. Er fordert allen Menschen alles zu lehren, und zwar in dem Ausmaße, dass ein Lernerfolg nicht ausbleiben kann.47 Er kritisiert auch, dass die Schule in dieser Form „selbst nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen nicht mehr zumutbar ist“. Diese Grundannahmen werden durch die Forderung nach einer inklusiven Pädagogik, in der es nicht nur um Behinderungen im herkömmlichen Sinne, sondern Unterschiede innerhalb der SchülerInnenschaft wie Sprache oder Religion auf eine neue Dimension erhöht. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, kann dieser Anspruch „in der Pädagogik nur über eine Didaktik eingelöst werden, die es ohne inhaltlichen und sozialen Reduktionismus zu leisten vermag, sich curricular auf die Komplexität epochaltypischer Schlüsselprobleme einzulassen48 “.

2 . 6 Anforderungen an das Schulsystem

„ I nne r ha l b des inklusionspädagogischen Diskurses wird für das Konzept der schulischen Inklusion der Anspruch formuliert, Schule und Unterricht gerechter zu gestalten, mit einem Fokus auf die Überwindung von Diskriminierung von SchülerInnen auf Grund spezifischer sozialer Milieuzugehörigkeit, wie z.B. Ethnie, Geschlecht, Behinderung. 49

Die vorgegebenen Rahmenbedingungen und Ressourcen in den allgemeinen Schulen stellen ein grundlegendes Problem dar, warum SchülerInnen mit besonderen Bedarfen nicht oder nur in einem gewissen Ausmaß in Bezug auf SchülerInnenanzahl aufgenommen werden können.50 Das gemeinsame Lernen behinderter und nichtbehinderter SchülerInnen findet nicht durchgehend statt und die Festlegung getrennter Unterrichtsdurchführung in zentralen Fächern wie Rechnen, Lesen und Schreiben führt dazu, dass keine wirkliche Integration stattfindet.51

In der Inklusion wird im Gegensatz zu Integration die vorhandene Heterogenität als Ausgangspunkt gemeinsamen Lernens gesehen. Es ist keine Qualifikation notwendig, um am gemeinsamen Unterricht teilnehmen zu können. Das beinhaltet aber auch, dass sowohl gemeinsames als auch individuelles Lernen aller Kinder ermöglicht wird. Es besteht die Forderung, dass die bisher übliche personenbezogene Ressourcenverteilung nicht mehr an SchülerInnen mit ausgewiesenem Sonderpädagogischem Förderbedarf gekoppelt wird, sondern durch eine systembezogene Zuweisung von Ressourcen ersetzt wird.52

Pädagogische Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen lösen durch ihre unterschiedlichen Betrachtungsweisen die in der Gruppe auftretenden Probleme im Team. Die vorhandenen Spannungsfelder können somit gemeinsam ausbalanciert werden und so das gemeinsame Lernen in der Gruppe sichern. Diese Sonder- und SozialpädagogInnen, SchulpsychologInnen, SprachheillehrerInnen, TheaterpädagogInnen u.a. werden nicht nur für spezielle SchülerInnen in einem festgelegten Zeitplan eingesetzt, sondern unterstützen die KlassenlehrerInnen bei Bedarf.53

Die zentrale Aufgabe der Klassenlehrer im inklusiven Unterricht besteht darin, gemeinsam mit jedem Schüler/jeder Schülerin zu überlegen und zu entscheiden, wie er sich individuelle an den jeweiligen Unterrichtsinhalten beteiligen kann. Die genaue Planung und Reflexion der bereits erreichten und als Ziel gesetzten Prozesse trägt dabei entscheidend zum erfolgreichen gemeinsamen Lernen bei.54

Inklusionspädagogik steht damit vor einer großen Aufgabe. Das Recht jedes Schülers und jeder Schülerin auf optimale individuelle Förderung muss mit den vorhandenen Ressourcen ermöglicht werden. Zum anderen steht sie vor der Aufgabe, das vorhandene selektive Schulsystem so umzugestalten, dass inklusive Prozesse statthaben können.55

2 . 7 Kooperation und Heterogenität

FEUSER sieht kooperatives Lernen als wichtige Grundlage, wobei ein wesentliches Merkmal dieser Didaktik der „Gemeinsame Gegenstand“ ist. An diesem können Kinder unter persönlicher Hilfe arbeiten, ohne einen sozialen Ausschluss erfahren zu müssen. Damit wäre das pädagogische Anliegen der Inklusion, keinen Schüler und keine Schülerin auszuschließen, erfüllt56. Dabei ist aber dieser „Gemeinsame Gegenstand“ nicht das eigentliche Thema. Wesentlich wäre vielmehr der „zentrale Prozess, der hinter den Dingen und beobachtbaren Erscheinungen steht und sie hervorbringt; er ist nicht materiell fassbar“57.

Die fortschreitende Akzeptanz der Heterogenität unserer Gesellschaft, also der Gedanke, dass alle Menschen unterschiedlich sind, ihre Stärken und Schwächen haben und jeder auf seine Art behindert ist, führte von der Integration zur Forderung nach Inklusion geistig und körperlich behinderter Menschen. Die Idee, dass alle Menschen ein Recht auf ein selbstbestimmtes Lernen und Leben haben, entwickelte sich zum Inklusionsgedanken. Dieser beinhaltet, dass die Verschiedenheiten unter Menschen als Varianten von Normalität zu begreifen sind.58

Durch das Konzept der Inklusion liegt der Fokus nicht mehr auf den Defiziten des Einzelnen, sondern vielmehr auf der Unterschiedlichkeit Aller bezüglich verschiedener Eigenschaften, wie z.B. Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung, Muttersprache, kultureller Hintergrund oder Behinderung. Differenzen sind dadurch normale Erscheinungen und machen einen wesentlichen Bestandteil der Heterogenität aus.

Die Normalisierung kann nicht als Sache des Individuums gesehen werden, da jeder Mensch in Wechselwirkung mit allen ihn umgebenden sozialen Systemen steht, so auch der Schule. Mit welchen Mitteln diese Normalisierung in der Schule möglich werden kann, welche Kompetenzen des Einzelnen dafür notwendiger Weise entwickelt und gefördert werden müssen und inwieweit die Theaterpädagogik dabei förderlich sein kann, soll in den folgenden Kapiteln untersucht werden.

2 . 8 Zusammenfassung 2

Inklusion hat den Anspruch, allen Zugang zu Allem und Teilhabe an Allem zu ermöglichen. Inklusion bemüht sich zu ermöglichen, dass alle Lernenden, unabhängig von ihren Fähigkeiten, als geschätzte Mitglieder einer Gruppe anerkannt werden. Dazu bedarf es einer Steigerung der Teilhabe, einer Weiterentwicklung der Kulturen, Strukturen und Praktiken sowie des Abbaus von Barrieren für die Lernenden. Die Sichtweise ist dahingehend zu ändern, dass gemeinsames Lernen Chancen für alle bietet und so die Verbesserung von Schulen für alle erreicht wird.

Der Index für Inklusion, der die drei Dimensionen „Inklusive Kulturen“, Inklusive Strukturen“ und „inklusive Praktiken“ sowie die inklusiven Werte „„Gleichheit“, „Rechte“, „Teilhabe“, „Lernen“, „Gemeinschaft“, „Anerkennung von Vielfalt“, „Vertrauen“, „Nachhaltigkeit“, „Mitgefühl“, „Ehrlichkeit“, „Mut“ und „Freude“ beschreibt, kann als Leitfaden der Entwicklung zur inklusiven Schule gesehen werden.

Das Prinzip der Teilhabe ist zu verfolgen, das jedoch erst realisiert ist, wenn Menschen mit Behinderung ein Leben führen, dass sich nicht von dem unterscheidet, welches sie ohne Behinderung leben würden.

Inklusionspädagogik ist als allgemeindidaktisches Prinzip zu verstehen, das sich auf die vollständige Kunst des Lehrens bezieht. Herkömmliche Schulen sind selbst nicht behinderten Kindern länger zumutbar. Das Schulsystem wird diesem Anspruch nicht gerecht, da das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinderter SchülerInnen nicht durchgehend stattfindet bzw. behinderte SchülerInnen nur in begrenztem Ausmaß aufgenommen werden können. Daher besteht die Forderung, dass die derzeitige Ressourcenverteilung zugunsten einer neuen, systembezogenen ersetzt wird. Teamteaching durch multiprofessionale Teams soll herkömmlichen Unterricht ersetzen und gewährleistet so das Recht jedes Schülers und jeder Schülerin auf optimale individuelle Förderung.

Kooperatives Lernen und der „Gemeinsame Gegenstand“ sind die Voraussetzung von Inklusion, die eben keinen Schüler/keine Schülerin ausschließt und die Möglichkeit bietet, mit persönlicher Hilfe selbstständig mit zu arbeiten. Die Verschiedenheiten unter Menschen sind als Varianten von Normalität zu begreifen. Inwieweit hier Theaterpädagogik dabei förderlich sein kann, wird nachfolgend ausgeführt.

3 THEATERPÄDAGOGIK

3 . 1 Rechtliche Grundlagen

3 . 1 . 1 Lehrplan

Der Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule in der geltenden Fassung verfügt: „Die Allgemeine Sonderschule hat im Sinne der §§ 2, 22 und 23 des Schulorganisationsgesetzes an der Heranbildung der jungen Menschen beim Erwerb von Wissen, bei der Entwicklung von Kompetenzen und bei der Vermittlung von Werten mitzuwirken, Lernprozesse und Lernbedingungen zu schaffen, welche bestehende Barrieren abbauen sowie sie in einer ihrer Lernbeeinträchtigung entsprechenden Weise zu fördern und sie zu einer positiv erfüllten Lebensgestaltung zu führen. Innerhalb der Schulgemeinschaft sollen die Schüler und Schülerinnen Schlüsselqualifikationen entwickeln, die die Gestaltung ihres individuellen Lebens und die Teilnahme am gesellschaftlichen Handeln ermöglichen. Grundlegende Einsichten und Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten tragen zum Erwerb von Sach-, Selbst- Sozial und Methodenkompetenz bei. (…) Erziehung und Unterricht tragen dazu bei, dass Kommunikationsbereitschaft und Kommunikationskompetenz gefördert werden.“59

3 . 1 . 2 Leitfaden für kulturelle Bildung

Dieser Leitfaden 60 zielt darauf ab, Strategien aufzuzeigen, „die nötig sind, um kulturelle Bildung in das Bildungswesen einzuführen oder sie zu fördern. Bei allen Interessensgruppen soll ein allgemeines Verständnis für die Bedeutung kultureller Bildung und für ihre entscheidende Rolle bei der Verbesserung von Bildungsqualität gefördert werden. Konzepte sollen definiert und nachahmenswerte Beispiele im Bereich der kulturellen Bildung aufgezeigt werden.“61

3 . 1 . 3 Grundsatzerlass "Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen"

„Kreativität stellt ein fächerübergreifendes Leitprinzip des Bildungswesens dar und ist nicht an bestimmte Fächer gebunden. Schule soll für Lehrende wie Lernende ein Ort der Neugierde, des Fragens und des Lernens sein. Dies gilt sowohl für den Fachunterricht als auch für fachübergreifende Projekte, Unterrichtsprinzipien und Bildungsbereiche. Kreativität ist sowohl in persönlichen wie in sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebenszusammenhängen von großer Bedeutung. Entwicklung und Förderung kreativer Fähigkeiten sind wesentliche Faktoren für die kompetente Bewältigung von Zukunftsfragen. Dabei ist Kreativität nicht nur eine Haltung des Individuums, sondern auch das Ergebnis von Zusammenarbeit und Kommunikation. Die Förderung dieser Fähigkeiten macht Kreativität individuell und gesellschaftlich wirksam. Kreativität wirkt so als Schlüssel zur Innovation.“62

In diesem Grundsatzerlass des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wird damit festgehalten, dass Kreativität durch fächerübergreifenden Unterricht durch Methoden ganzheitlichen, projektorientierten sowie interdisziplinären Lernens gefördert werden soll. Es wird nochmals betont, dass es laut § 2 SCHOG und § 17 SCHUG der Auftrag der Schule ist, die SchülerInnen in ihrer gesamten Persönlichkeit und in der Entwicklung zu fördern.63 „Originalität und Flexibilität, Sach-, Bewertungs- und Entscheidungskompetenz werden auch auf dem Beschäftigungssektor gefordert und sind für lebenslanges Lernen bedeutsam.“64

Kreativität wird als Grundlage von Inklusion anerkannt, die Schulung der Kreativität und Originalität damit als förderungswürdig anerkannt: „Somit stellt Kreativität auch eine Grundkompetenz für die Interaktion und die Kommunikation innerhalb heterogener Gruppen dar. Es bedarf eines kreativen Potentials im Umgang miteinander, um auf die unterschiedlichsten Diversitäten eingehen zu können. Ein kreativer Ansatz kann eine inklusive Pädagogik - in Bezug auf die Unterschiedlichkeit der SchülerInnen (z.B. hinsichtlich Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion / Weltanschauung, Behinderung, Alter, familiärer Situation oder Sexualität) - ermöglichen.“65

Hier werden auch konkret Kompetenzen benannt, die erworben werden sollen:

„Einzelnen in dieses „Miteinander“, der Mut, etwas zu erproben, das Engagement für forschende pädagogische Arbeitszugänge ist in den Leistungsrückmeldungen an die Lehrer/innen zu berücksichtigen. Die förderlichen Kriterien Verständnisbereitschaft und ehrliche Äußerung persönlicher Wünsche und Bedürfnisse, Lob, konstruktive Kritik und sachliche wie wertschätzende Rückmeldung bedürfen auch des gelebten Vorbilds.“66

Als Wege zur Umsetzung nennt der Erlass die Zusammenarbeit im Team, aber auch mit Partnerschulen. Sie empfiehlt des Weiteren die Dokumentation konkreter Projekte mittels Präsentationen oder Aktualisierung der Homepage der Schule. Das Schulklima ist ebenfalls ein zentrales Thema: „Eine wertschätzende Haltung im Wissenserwerb, in der sachlich-kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten sowie im zwischenmenschlichen Umgang hat spürbare Rückwirkungen auf das Schulklima. Eine Schule, die nicht ausschließlich von der Idee des Vermittelns und Unterrichtens, sondern von der Idee des miteinander Lernens und der Wissensgenerierung geprägt ist, wird ein konstruktives, von gegenseitiger Wertschätzung geprägtes Schulklima entwickeln und vermag so die Umsetzung kreativer Methoden in der Bildungs- und Erziehungsarbeit weitgehend positiv zu beeinflussen.“67

Spielerisches Lernen hat auch eine herausragende Bedeutung für die Förderung von Freude und Interesse am und für Lernen. Es ist Voraussetzung für zielgerichtetes Lernen, ist aber auch an sich als Lern- und Handlungsform in jedem Alter sinnvoll. Elemente der Spielpädagogik sind im Unterrichtsprozess entwicklungsgemäß einzusetzen. Das Integrierte Schulspiel (Dramamethoden) fördert über das handlungszentrierte Dramatisieren und das sinnliche Erfassen von komplexen Zusammenhängen Erkennen und Verstehen.68

Dabei fällt auf, dass Theaterpädagogik bzw. Spielpädagogik unter Berücksichtigung der vorhergehenden Ausführungen im Sinne eines heterogenen Unterrichts nicht als isolierter Gegenstand z.B. am Nachmittag gesehen werden soll, sondern als integrativer Bestandteil des Unterrichts zu etablieren ist.

[...]


1 VEREINTE NATIONEN (1948)

2 Ebd.

3 Ebd.

4 BUNDESGESETZBLATT (1993)

5 BUNDESGESETZBLATT (1993)

6 UNESCO (1994)

7 UNESCO (1994)

8 Vgl. REICH (2014), S.9

9 REICH (2012), S.35f

10 Vgl. BEGEMANN (2009) S.129

11 UNESCO (1994), Artikel 3

12 UNESCO (1994), Artikel 30

13 UNESCO (1994)

14 AMTSBLATT der Europäischen Union (2006) S.13

15 Ebd. S.13

16 Zusammenfassung der Empfehlung der Europäischen Union

17 Amtsblatt der Europäischen Union L 394, S.14

18 Ebd., S.14

19 Ebd., S.16

20 Amtsblatt der Europäischen Union L 394, S.17

21 Ebd., S.18

22 Vgl. HINZ (2007), S.32

23 HINZ (2002), S.356f

24 HINZ (2008)

25 HINZ (2008), S.33

26 BOBAN, HINZ (2003), S.10

27 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.10

28 HINZ 2005, S.59

29 BOBAN/HINZ 2003, S.14

30 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.14

31 BOBAN, HINZ (2003), S.11

32 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.14

33 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.15

34 BOOTH, (2012). S.59

35 BOBAN, HINZ (2003), S.15

36 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.15

37 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.17

38 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.15

39 BOBAN/HINZ (2003), S.15

40 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.17

41 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.16

42 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.17

43 Vgl. BOBAN/HINZ (2003), S.53-95

44 Vgl. BOOTH, Tony, 2012

45 NIEHOFF 2005, S.35

46 Vgl. BOBAN, HINZ (2003), S.10

47 FEUSER (2009), S.282

48 FEUSER (2009), S.280

49 WAGNER-WILLI (2012)

50 HINZ (2007), S.27

51 Vgl. HINZ (2002), S.355

52 Vgl. HINZ (2002), S.356ff

53 Vgl. HINZ (2002), S.358f

54 Vgl. HINZ (2002), S.358

55 Vgl. HINZ (2002), S.358

56 Vgl. FEUSER (1995), S.129

57 PITSCH (2011), S.97

58 Vgl. GOLL 2011, S.115-118

59 Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule, BMUKK, i.d.geltenden Fassung lt. BGBL. Nr 137 und Nr 290 aus 2008

60 UNESCO (2006)

61 Vgl. ebd. S.3

62 SCHMIED (2009) S.1

63 Vgl. SCHMIED (2009) S.1

64 Vgl. SCHMIED. S.1

66 Vgl. ebd. S.3

67 Ebd. S.4

68 Vgl. ebd. S.5

Final del extracto de 96 páginas

Detalles

Título
Inklusion durch Theaterpädagogik? Die Entwicklung von Kompetenzen und Werten durch theaterpädagogische Arbeit
Universidad
Pädagogische Hochschule Niederösterreich (form. Pädagogische Akademie des Bundes in Niederösterreich)  (Fachdidaktik und Humanwissenschaften)
Calificación
1
Autor
Año
2015
Páginas
96
No. de catálogo
V309871
ISBN (Ebook)
9783668160767
ISBN (Libro)
9783668160774
Tamaño de fichero
895 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
inklusion, theaterpädagogik, entwicklung, kompetenzen, werten, arbeit
Citar trabajo
Susanne Adametz (Autor), 2015, Inklusion durch Theaterpädagogik? Die Entwicklung von Kompetenzen und Werten durch theaterpädagogische Arbeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309871

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