Die Entzauberung der Welt. Eine kritische Auseinandersetzung mit David Humes Wunderanalyse


Trabajo Escrito, 2012

17 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Über Wunder – Teil 1
2.1. GRUNDLEGENDE BEMERKUNGEN ZU DIESEM ABSCHNITT
2.2. INHALTLICHE DARSTELLUNG HUMES ABHANDLUNG

3. Eine kritische Betrachtung Humes Überlegungen

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Mehr als der Glaube das Wunder, benötigt das Wunder den Glauben“[1]

Der Glaube an Dinge, die außergewöhnlich, widersinnig, gegen die Natur und damit rational unerklärbar sind, ist von jeher dem Menschen inhärent. Trotz unzähliger Argumentationen, Beweise und Diskussionen über Wunder an sich oder spezielle wunderartige Erscheinungen ist das Thema bis heute aktuell, beschäftigt uns in Zeiten von Debatten über Schöpfungsmythen, Weltuntergangstheorien und der Erforschung des Weltraums. David Hume, Philosoph der Aufklärung, beschäftigte sich bereits im 18. Jahrhundert mit dem Phänomen des Glaubens an Wunder, jedoch grenzte er diesen Begriff durch eine sehr eng gefasste Definition klar ein. In seinem Werk „Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand“ behandelt er in zwei Abschnitten diese Problematik, nicht ohne dabei ein klares Ziel vor Augen zu haben – den Beweis gegen die Existenz von Wundern zu erbringen. Die Frage, ob ein Wunder glaubhaft behauptet werden kann, beantwortet er a priori mit nein.[2] Anders als im Rest seines Werkes geht es nicht um die Bedeutung eines Begriffs. Hume verbindet seine Ausführungen über Wunder nicht zuletzt mit Religionskritik. Wenn man seinen Überlegungen zustimmt, bedeutet das de facto, dass es nicht vernünftig wäre, an Wunder zu glauben – Wallfahrtsorte wären bedeutungslos, der Glaube an wunderbewirkende Relikte schlicht nicht tragbar. Genau aus dem Grund der hohen Sensibilität des Themas, scheint der neutrale, wenig vorwegnehmende Titel des Abschnitts, sehr vorausschauend gewählt.

Die Abhandlung „Über Wunder“ ist in zwei Teile untergliedert; einen ersten, der erläutert, von welcher Beschaffenheit ein Material sein müsste, welches den Glauben an Wunder legitimiert und einen zweiten, der aufzeigt, dass es solches Material nicht gibt.

In meinen Ausführungen werde ich mich auf den ersten Teil der Wunderanalyse beschränken, diesen zunächst inhaltlich darlegen, um im Verlauf einige kritische Aspekte zu Humes Überlegungen vorzustellen.

2. Über Wunder – Teil 1

2.1. GRUNDLEGENDE BEMERKUNGEN ZU DIESEM ABSCHNITT

Wie bereits erwähnt, arbeitet Hume nicht die Bedeutung des Begriffs Wunder heraus, sondern greift zurück auf eine kurze und einfach erscheinende Definition, laut der Wunder schlicht ein Verstoß gegen die Naturgesetze darstellen. Diese Definition grenzt sich von den aktuellen Einträgen im DUDEN betreffend ihrer inhaltlichen Komplexität deutlich ab. Heute zählt auch ein „außergewöhnliches, den Naturgesetzen oder aller Erfahrung widersprechendes und deshalb der unmittelbaren Einwirkung einer göttlichen Macht oder übernatürlichen Kräften zugeschriebenes Geschehen, Ereignis […] ”, „was in seiner Art, durch sein Maß an Vollkommenheit das Gewohnte, Übliche so weit übertrifft, dass es große Bewunderung, großes Staunen erregt“[3] zur Kategorie des Wunders. Es muss deshalb klar betont werden, dass für Hume keinerlei wunderliches oder ungewöhnliches Ereignis mit Wundern, als eindeutiger Verstoß gegen die Naturgesetze, verwechselt werden darf. Daher ist es kein Wunder, wenn ein Mensch plötzlich, unerwartet stirbt. Hingegen ist die Wiederauferstehung wider die Natur und fällt in die Kategorie der Wunder.[4] Wunder als Verstoß gegen die Natur bedeutet auch, dass jedes Wunder ein ihm entsprechendes Gesetz benötigt, von dem es sich abheben kann. Es wäre unmöglich, solche Ereignisse zu bemerken, wenn es kein Naturgesetz gäbe, oder wenn man sich dessen nicht bewusst ist, es nicht kennt. David Hume konstatiert Wunder als eine bestimmte Art von Tatsachen. Tatsachen bilden einen bestimmten Typus von Sachverhalten und sind damit kontingent. Die Einordnung in die Kategorie der Tatsachen impliziert automatisch den Fakt, dass die Verneinung eines Sachverhaltes ausnahmslos ohne Widerspruch möglich sein muss. Mit dieser für ihn gültigen Definition schließt er gekonnt die Option des Wunders mit Zeichencharakter aus. Er betrachtet diese ausschließlich als singuläres Ereignis, ohne die Möglichkeit, dass das Wunder als ein Zeichen für etwas anderes – gar als göttliches Zeichen – gedeutet werden könnte. Wie bereits einleitend erwähnt, erscheint Humes Auseinandersetzung mit dem Thema Wunder motiviert durch die theologisch- philosophische populäre Debatte seiner Zeit über die Glaubwürdigkeit der auf Wunderberichten fußenden Offenbarungsreligionen zu sein. Denn „nichts ist so willkommen wie eine entscheidende Begründung dieser Art, die endlich die große Arroganz der Frömmelei und des Aberglaubens zum Schweigen bringen […].“[5] Allein dieser Hintergrund würde jedoch die Frage nach der Einpassung in sein restliches Traktat bedeuten. Hume scheint also noch einen subtileren Grund für die Integration des zehnten Abschnittes gehabt zu haben. Hume ist es daran gelegen, die Existenz von Wundern zu widerlegen, kann dies jedoch nicht ohne weiteres wegen ihres Tatsachencharakters. Genau diese Beschaffenheit von Wundern ist es, die den zehnten Abschnitt dazu prädestiniert, Teil des Werkes zu sein. Genau an der Stelle, an welcher Hume eine Definition für Tatsachen beschreibt und Wunder unter diese subordiniert, rechnet er mit der Möglichkeit einer Existenz von Wundern. Tatsachen sind für Hume alles Seiende, einschließlich der Möglichkeit des Gegenteils. Was ist, kann auch nicht sein; das Gegenteil von etwas, muss widerspruchslos gedacht werden können. Hume nimmt hierfür im fünften Abschnitt die nichtaufgehende Sonne als Beispiel. Dieses Phänomen wäre denkbar, aber für den Fall, dass es einträte, wäre es wider die Naturgesetze und damit ein Wunder. Solch komplexe Ideen können nicht einfach das Gegenteil ihrer selbst ausschließen wie es bei Tautologien möglich ist. Das ein Junggeselle verheiratet ist, schließt sich selbst aus, ebenso wie ein Kreis keinesfalls vier Ecken haben kann. Die Umkehrung oder das nicht so sein, wird durch die Eigenschaften des Objektes selbst ausgeschlossen. Um eine glaubhafte Definition und ein widerspruchsfreies Werk zu konzipieren. Denn die prinzipielle Annahme der Möglichkeit der Wunder ist notwendig, um von empirischen Tatsachen sprechen zu können.

Beide Beweggründe Humes, die Wunderanalyse in sein Werk zu integrieren, verlaufen aber in zwei konträre Richtungen. Ist er in theologisch- philosophischer Linie daran interessiert, die Existenz von Wundern zu widerlegen und damit den Glaube an sie gegen jede Rationalität zu nennen, so will und muss er im zweiten Fall seinen Tatsachenbegriff verteidigen, um glaubhaft zu bleiben. Es stehen sich demnach nicht nur zwei Interessen, sondern auch zwei Erwartungshaltungen hinsichtlich des Ergebnisses gegenüber. Er begibt sich mit seiner Argumentation auf eine subtile Gradwanderung, nicht mit Hilfe eines ganz bestimmten Beispiels, sondern er beabsichtigt einen allgemeinen, prinzipiellen Beweis zu führen, um beiden Seiten gerecht zu werden.

2.2. INHALTLICHE DARSTELLUNG HUMES ABHANDLUNG

Im folgenden Abschnitt werde ich den ersten Teil Über Wunder erarbeiten und im Anschluss auf kritische Aspekte der Analyse einzugehen.

Bevor Hume im ersten Teil seiner Wunderanalyse mit der Darlegung seiner eigenen Überlegungen beginnt, bedient er sich bei seiner Argumentation gegen die Existenz von Wundern in den Schriften des Erzbischofs Dr. John Tillotsons. Hume unternimmt diesen Exkurs, um darauf aufbauend, seine Theorie von Beginn an zu stärken, indem er diese anerkannte Schrift Dr. Tillotsons als seine Gedanken zu diesem Thema ähnlich beschreibt. Der Erzbischof weist auf die allgemeine Anerkennung der Begründung der Heilige Schrift auf das Zeugnis von Aposteln hin. Sein Argument lässt sich in folgende Gedanken untergliedern: Die Apostel waren einst „Augenzeugen von jenen Wundern unseres Erlösers […], durch die er seine göttliche Sendung bewies.“[6] Auch Jesu würde in nicht unangezweifelter Weise als von Gott Gesandter auf Erden akzeptiert. Er musste seine göttliche Sendung auch durch Beweise untermauern, die nur von der Natur eines Wunders sein konnten. Beispielhaft ist hier die Verwandlung von Wasser in Wein zu nennen. Die Evidenz der durch Berichte und Schriften übermittelten Geschehnisse aber ist geringer als die unserer eigenen Sinneswahrnehmungen. Und somit kann „niemand in [ein] Zeugnis gleiches Vertrauen setzen wie in den unmittelbaren Gegenstand seiner Sinne.“[7] Traditionelle Wunder widersprechen aber unseren Erfahrungen, sind von weniger autoritärer Natur als unsere eigenen Wahrnehmung und empirisch nicht stützbar. Aus dieser Erkenntnis kommt Tillotson zu dem Schluss, dass gemäß „den Regeln richtiger Schlu[ss]folgerung“[8], ein Bericht mit geringerer Plausibilität dem mit höherer niemals vorgezogen werden kann. Damit verbunden ist der Gedanke, dass die christliche Religion rein rational betrachtet, nicht als glaubwürdig angenommen werden darf.[9] Die Anerkennung Jesus hängt demnach nicht zuletzt auch von der Glaubwürdigkeit der Apostel, den Zeugen, ab.

[...]


[1] GEO Magazin Nr.01/13- Glauben und Staunen: Wunder(n) über Wunder. S.57.

[2] Vgl. Prof. Dr. Streminger, Gerhard: David Humes Wunderanalyse. In: Aufklärung und Kritik 2/2003. URL: http://www.gkpn.de/streminger_wunder.pdf (Stand November 2012)

[3] Bibliographisches Institut GmbH, 2012. Dudenverlag: Online in Internet: URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Wunder (Stand: 25.12.2012).

[4] Vgl. Wiesing, Lambert: Kommentar. In: David Hume. Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2007. S.369.

[5] Hume, David: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Kommentar von Lambert Wiesing. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2007. S.141.

[6] Hume, David: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Kommentar von Lambert Wiesing. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2007. S.140.

[7] Hume, David: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Kommentar von Lambert Wiesing. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2007. S.140.

[8] Hume, David: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Kommentar von Lambert Wiesing. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2007. S.140.

[9] Vgl. Prof. Dr. Streminger, Gerhard: David Humes Wunderanalyse. In: Aufklärung und Kritik 2/2003. URL: http://www.gkpn.de/streminger_wunder.pdf (Stand November 2012) S. 206.

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Detalles

Título
Die Entzauberung der Welt. Eine kritische Auseinandersetzung mit David Humes Wunderanalyse
Universidad
http://www.uni-jena.de/
Calificación
1,7
Autor
Año
2012
Páginas
17
No. de catálogo
V311095
ISBN (Ebook)
9783668097551
ISBN (Libro)
9783668097568
Tamaño de fichero
833 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
entzauberung, welt, eine, auseinandersetzung, david, humes, wunderanalyse
Citar trabajo
Juliane Richter (Autor), 2012, Die Entzauberung der Welt. Eine kritische Auseinandersetzung mit David Humes Wunderanalyse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311095

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