In Das ganz normale Chaos der Liebe (1986) stellen Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim die Ambivalenz der Liebesbeziehung im späten 20. Jahrhundert heraus. Jener diagnostizierten Ambivalenz geht Becks Individualisierungstheorie voraus, die ebenfalls in ambivalenter Weise zu verstehen ist. Ambivalenz bedeutet hier, dass sich die fortschreitende Individualisierung sowohl in einer erhöhten Wahlfreiheit als auch in einem verstärkten Zwang zur Wahl für jedes Individuum äußert. Bereits hieraus lässt sich die Tendenz zunehmender Komplexität erkennen, die aus der gleichzeitig steigenden Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortlichkeit jedes einzelnen für sich selbst entspringt. Wenn nun also eine selbstverantwortliche und theoretisch freie Gestaltung der eigenen Biographie einen Anstieg der Komplexität für das jeweilige Individuum zur Folge hat – wie steht es dann um die Vereinbarkeit zweier, theoretisch vollkommen individueller Biographien in einer gemeinsamen Liebesbeziehung? Genauer: Wie wirken sich die, von Ulrich Beck diagnostizierten, Individualisierungstendenzen auf die Konzeption von Liebesbeziehungen aus?
Zur Betrachtung dieser Frage wird zu Beginn die Individualisierungsthese nach Ulrich Beck in ihren Zusammenhängen zur Gestaltung der jeweiligen Individualbiographie und der Vereinbarkeit mit einer gemeinsamen Paarbiographie in Liebesbeziehungen erläutert. Darauffolgend sollen ausgewählte Beziehungskonzeptionen in Bezug zu ihrer Konformität mit den zunehmenden Mobilitätserfordernissen des Arbeitsmarktes und den Auswirkungen der Individualisierungstendenzen betrachtet werden.
Da das Neue an der Individualisierung die Individualisierung der weiblichen Berufsbiographie ist, sollen neben der Betrachtung der Konformität von Beziehungskonzeption, Arbeitsmarkt und Individualisierungsthese auch die Rollenverhältnisse innerhalb der Paarbeziehung dargelegt und vergleichend analysiert werden. Im anschließenden letzten Abschnitt sollen die Ergebnisse der Betrachtungen reflektiert werden, sodass ein Ausblick auf weitere Möglichkeiten der Bearbeitung der Problemstellung zur Vereinbarkeit von Familie und individueller Selbstverwirklichung eröffnet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Individualisierungsthese nach Ulrich Beck
- III. Beziehungskonzeptionen und ihre Konformität zum Arbeitsmarkt und zur Individualisierungstheorie
- 3.1 Beziehungskonzeptionen die eine gemeinsame Haushaltsführung aufweisen
- 3.2 Beziehungskonzeptionen die eine getrennte Haushaltsführung aufweisen
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Individualisierungstendenzen auf die Konzeption von Liebesbeziehungen. Sie untersucht, wie sich der von Ulrich Beck diagnostizierte Wandel in der Gestaltung individueller Biographien auf die Gestaltung gemeinsamer Paarbiographien auswirkt.
- Die Individualisierungsthese nach Ulrich Beck
- Die Konformität von Beziehungskonzeptionen zum Arbeitsmarkt
- Die Auswirkungen der Individualisierungstendenzen auf die Gestaltung von Liebesbeziehungen
- Die Rolle von Geschlechterrollen in modernen Beziehungskonzeptionen
- Die Vereinbarkeit von individueller Selbstverwirklichung und Familiengründung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Problematik der Vereinbarkeit individueller Lebensentwürfe mit einer gemeinsamen Paarbiographie vor dem Hintergrund der Individualisierungstheorie von Ulrich Beck dar.
- Die Individualisierungsthese nach Ulrich Beck: Die Arbeit erläutert Becks Konzept der Individualisierung anhand der Freisetzungs-, Entzauberungs- und Kontrolldimension. Es wird aufgezeigt, wie die Individualisierung sowohl zu erhöhter Entscheidungsfreiheit als auch zu neuen Entscheidungszwängen führt.
- Beziehungskonzeptionen und ihre Konformität zum Arbeitsmarkt und zur Individualisierungstheorie: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Beziehungskonzeptionen in Bezug auf ihre Konformität mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Auswirkungen der Individualisierung. Es werden sowohl Beziehungskonzeptionen mit gemeinsamer als auch mit getrennter Haushaltsführung betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen wie Individualisierung, Liebesbeziehungen, Beziehungskonzeptionen, Arbeitsmarkt, Geschlechterrollen, Familiengründung, individuelle Selbstverwirklichung, Lebensentwürfe, und dem Wandel von Lebensformen im Kontext der Individualisierungstendenzen.
- Quote paper
- Martin Achterberg (Author), 2014, Wie wirken sich Individualisierungstendenzen auf die Konzeption von Liebesbeziehungen aus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311537