Auch heute sind wir noch immer auf der Suche nach der „wohlgeordneten Gesellschaft“ (Rawls 1998) und der ihr zugrundeliegenden Prinzipien. Moderne, westliche Demokratien beziehen sich auf ein durch die Aufklärung und den Humanismus bestimmtes Menschenbild. Der Mensch ist Zweck an sich selbst und nicht Mittel zum Zweck. Man darf ihn nicht ohne sein Einverständnis für andere Ziele opfern (Kant 1968).
Jeder Mensch habe eine Menschenwürde. Dieser Kantische Grundsatz impliziert die Notwendigkeit von Rechten, die ihn in seiner Würde schützen und ihm die Freiheit ermöglichen seine Existenz als Selbstzweck zu gestalten. Dem nicht zu umgehenden Grundprinzip der unverletzlichen Wertigkeit und Würde des Einzelnen trägt auch die Suche nach Gerechtigkeit und der Form des richtigen Zusammenlebens Rechnung. Hierzu schreibt Honneth: „In der gesellschaftlichen Moderne ist die Forderung nach Gerechtigkeit öffentlich nur zu legitimieren, wenn in der einen oder anderen Weise auf die Autonomie des Einzelnen bezug genommen wird; nicht der Wille der Gemeinschaft, nicht die natürliche Ordnung, sondern die individuelle Freiheit bilden den normativen Grundstein aller Gerechtigkeitsvorstellung.“ (Honneth 2011)
Gerechtigkeitstheorien befinden sich jedoch im Prozess und auch simultan gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit und damit auch Ansätze zur Ausgestaltung der menschlichen Gemeinwesen. Da nun aber, gemäß Honneth, die individuelle Freiheit den „normativen Grundstein“ aller Gerechtigkeitstheorien bildet, folgt logisch, dass die Vorstellung von Freiheit oder deren Verknüpfung mit den anderen, inherenten Gerechtigkeitsprinzipien divergiert. Es ergeben sich folgende, aus diesen Hypothesen resultierende Fragestellungen:
(1) Wie sind moderne Gerechtigkeitstheorien aufgebaut und welche normativ-institutionelle Konsequenz haben sie?
(2) Wie wird Freiheit interpretiert und wird ihr eine Vorrangstellung eingeräumt?
(3) In welcher Verbindung steht Freiheit mit den anderen gerechtigkeitsimmanenten
Prinzipien?
Die Arbeit untersucht die Theorien von John Rawls, Robert Nozick, Philippe van Parijs und Axel Honneth hinsichtlich dieser Fragestellungen.
Inhaltsverzeichnis
- I Herleitung und Vorstellung der Arbeitsthese
- II John Rawls und „A Theory of Justice“
- 1. Gerechtigkeit
- 2. Institution
- 3. Freiheit
- 3.1.
- 3.2.
- III Robert Nozick. „Anarchie, State and Utopia.“
- 1. Gerechtigkeit
- 2. Institution
- 3. Freiheit
- 3.1.
- 3.2.
- IV Phillippe van Parijs: „what (if anything) can justify capitalism?“
- 1. Gerechtigkeit
- 2. Institution
- 3. Freiheit
- 3.1.
- 3.2.
- V Zwischenbetrachtung
- VI Axel Honneth. „Kampf um Anerkennung“
- 1. Gerechtigkeit
- 2. Institution
- 3. Freiheit
- 3.1.
- 3.2.
- VII Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich moderne Gerechtigkeitstheorien in Bezug auf die Freiheit und deren Verhältnis zu anderen Gerechtigkeitsgrundsätzen unterscheiden. Sie untersucht dabei zentrale Werke verschiedener Vertreter verschiedener Strömungen der Gerechtigkeitsdebatte, um die unterschiedlichen Konzepte von Freiheit und deren Einfluss auf die Gestaltung von Institutionen zu analysieren.
- Die unterschiedlichen Konzepte von Gerechtigkeit in modernen Theorien
- Die Rolle von Freiheit als Gerechtigkeitsgrundsatz
- Die Verbindung von Freiheit mit anderen Gerechtigkeitsgrundsätzen
- Der Einfluss von Gerechtigkeitstheorien auf die Gestaltung von Institutionen
- Die Bedeutung von Freiheit für das Zusammenleben in einer modernen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die normative Staatsphilosophie und ihrer Suche nach gerechtem Zusammenleben. Anschließend stellt sie John Rawls' „A Theory of Justice“ vor, die das zentrale Werk des liberalen Egalitarismus darstellt. Die Arbeit betrachtet dann den Libertarianismus und analysiert Robert Nozick's „Anarchie, State and Utopia“. Die Analyse der Gerechtigkeitstheorien wird mit Phillippe van Parijs' Arbeit „what (if anything) can justify capitalism?“ fortgesetzt, die sich mit den ethischen Herausforderungen des Kapitalismus auseinandersetzt. Nach einer Zwischenbilanz folgt eine Betrachtung von Axel Honneths „Kampf um Anerkennung“ als Vertreter einer Anerkennungsethik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der Gerechtigkeitsdebatte, insbesondere mit den Konzepten von Freiheit, Gerechtigkeit, Institutionen und deren Verknüpfung. Wichtige Themenschwerpunkte sind die unterschiedlichen Ansätze von John Rawls, Robert Nozick, Phillippe van Parijs und Axel Honneth. Zu den zentralen Begriffen gehören: Gerechtigkeit als Fairness, Libertarianismus, Egalitarismus, Anerkennungsethik, Staatsphilosophie, Vertragstheorie, Institutionen, Freiheit und deren Bedeutung für ein gerechtes Zusammenleben.
- Quote paper
- Benno Valentin Villwock (Author), 2011, Gerechtigkeit, Institution und Freiheit. Vergleichende Analyse moderner Gerechtigkeitstheorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312173