Ausländische Arbeitskräfte im Schweizer Hotelwesen 2002-2014 der Gemeinde Saanen

Welche Auswirkungen hat die Initiative gegen Masseneinwanderung auf die Hotellerie?


Tesis de Máster, 2015

78 Páginas, Calificación: 2,5


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Ausländische Arbeitskräfte in der Schweiz
1.1 Rückblick
1.2 Das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
1.3 Entwicklung ausländischer Arbeitskräfte 2002-2014
1.4 Wirtschaftliche Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte im Gastgewerbe 2002-2014
1.5 Rechtliche Rahmenbedingungen

2. Wahrnehmung ausländischer Arbeitskräfte in der Schweiz
2.1 AllgemeineWahrnehmung ausländischer Arbeitskräfte
2.2 Initiative gegen Masseneinwanderung
2.2.1 Argumente
2.2.2 Ergebnis und Umsetzung

3. Fallbeispiel Saanen
3.1 Der Untersuchungsraum - die Gemeinde Saanen
3.1.1 Lage
3.1.2 Bevölkerung und Berufsstruktur
3.1.3 Entwicklung und Bedeutung der Tourismuswirtschaft
3.2 Hotellerie in Saanen
3.2.1 Allgemeine Struktur
3.2.2 Ausländeranteil in der Hotellerie
3.3 Wahrnehmung ausländischer Arbeitskräfte in Saanen
3.3.1 Allgemeine Wahrnehmung
3.3.2 Die Initiative gegen Masseneinwanderung in Saanen, Ergebnis und Diskussion
3.4 Auswirkungen der Initiative aufdie Hotellerie in Saanen

4. Auswirkungen der Initiative gegen Masseneinwanderung
4.1 Auswirkungen der Initiative aufdie Hotellerie
4.2 Auswirkungen der Initiative aufdie Gesamtwirtschaft

Zusammenfassung und Schluss

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Schweiz gilt seit Jahrhunderten als Einwanderungsland. Die religiöse und politische Neutralität und vor allem das starke Wirtschaftswachstum des Landes bilden ein Fundament für die Immigration von Flüchtlingen und Arbeitssuchenden aus ganz Europa. Die zunehmende Zahl an ausländischen Arbeitskräften wird von einem Teil der Schweizer Bevölkerung jedoch mit Skepsis betrachtet. Insbesondere nach dem zum 1. Juni 2002 erfolgten Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen, das die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) regelt, ist die Frage der verstärkten Regulierung von Arbeitsmigration gesamtgesellschaftlich diskutiert worden.

In den letzten Jahren haben Vorurteile und Überfremdungsängste innerhalb der Bevölkerung zur Bildung verschiedener politischer Initiativen geführt, die den Ausländeranteil in der Schweiz zu begrenzen suchten. Erfolgreich war schließlich die von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) getragene Initiative gegen Masseneinwanderung, die im Februar 2014 von der Schweizer Bevölkerung angenommen wurde. Die Schweizer Regierung muss nun die Forderungen dieser Initiative umsetzen und zukünftig die Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz begrenzen. Auf Seiten der Wirtschaft gibt es nun Befürchtungen, dass der Bedarf an Arbeitskräften, insbesondere in Branchen die über einen hohen Anteil an ausländischen Arbeitskräften verfügen, zukünftig nicht mehr gedeckt werden kann und es zu Umsatzeinbußen kommen wird.

Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Frage, welche Auswirkungen die Initiative gegen Masseneinwanderung auf die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte und die wirtschaftliche Entwicklung der zu einem hohen Maß von ausländischen Arbeitskräften abhängigen Wirtschaftszweigen hat. Untersucht wird dies für die Hotellerie in der Schweiz, die in besonderem Maße von der Personenfreizügigkeit profitiert hat. Fast die Hälfte aller Mitarbeiter in dieser Branche kommt aus dem Ausland, auch weil es in dieser einkommensniedrigen Branche schwierig ist, einheimisches Personal zu rekrutieren.

Am Beispiel der Gemeinde Saanen im Berner Oberland wird analysiert, wie sich die Anzahl ausländischer Arbeitskräfte nach dem Beitritt der Schweiz in den Schengener Raum entwickelt hat und welche Konsequenzen die Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung für die Hotellerie gezeitigt hat und welche möglichen Folgen noch zu erwarten sind. Dabei wird vermutet, dass es einen Zusammenhang zwischen politischer Entscheidung und Wirtschaftsentwicklung gibt, das heißt, dass es im Bereich Personalstruktur und Wirtschaftsentwicklung in der Hotellerie zu Veränderungen gekommen ist, beziehungsweise noch kommen wird.

Ein wesentliches Anliegen dieser Arbeit ist es, die Bedeutung der Personenfreizügigkeit und der Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung für die Entwicklung ausländischer Arbeitskräfte in der Schweiz aufzuzeigen. Die Auswirkungen dieser Meilensteine der Schweizer Migrationspolitik auf die wirtschaftliche Entwicklung der Hotellerie im Untersuchungsgebiet sowie auf das gesamte Land stehen dabei im Vordergrund. Verdeutlicht werden soll zudem die Zerrissenheit in der schweizerischen Gesellschaft, wenn es um die Wahrnehmung von Ausländern in der Schweiz geht. Zum einen wird ihr großer Beitrag zu wirtschaftlichen Stärke der Schweiz geschätzt, zum anderen führen Vorurteile und Überfremdungsängste zum Wunsch vieler Menschen, den Anteil von Ausländern in der schweizerischen Bevölkerung zu begrenzen.

Zur wirtschaftlichen Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte in der Schweiz gibt es mehrere aktuelle Studien. Zu nennen sind die Arbeiten über die 'Arbeitsmarktintegration von EU/EFTA-Bürgerinnen und Bürgern in der Schweiz' von Sheldon & Cueni (2011) sowie 'Migration, Integration und Wachstum: Die Performance und wirtschaftliche Auswirkung der Ausländer in der Schweiz' von Georg Sheldon (2007). Zur Wahrnehmung von Ausländern in der Schweiz ist der Länder-Bericht der European Commission against Racism and Intolerance über die Schweiz aus dem Jahr 2014 grundlegend. Während die wirtschaftliche Bedeutung von ausländischen Arbeitskräften für die Schweiz und die Wahrnehmung von Zuwanderern vergleichsweise gut erforscht ist, liegen bislang keine wissenschaftlichen Studien vor, die sich explizit mit ausländischen Arbeitskräften in der Schweizer Hotelbranche befassen. Auch über die Initiative gegen Masseneinwanderung und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Ein Großteil aller Informationen zur Hotellerie im Untersuchungsgebiet sowie Reaktionen der Hoteliers auf die Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung, kam daher durch eigene Erhebungen im Jahr 2014 zu Stande. Dabei wurden allen Hoteliers der Gemeinde Saanen qualitative Fragebögen per E-Mail zugesandt oder diese persönlich befragt. Die Unterstützung des Tourismusbüros in Gstaad führte zu mehr Resonanz beim Schriftverkehr mit den Hoteliers. Der Aufbau der Fragebögen wurde im Laufe der Untersuchung verändert. Aufgrund der geringen Resonanz auf einige Fragen und der teils fehlenden Reaktionen der Befragten, wurde die Anzahl der Fragen verringert. Die so erhobenen Informationen wurden durch weitere Quellen, insbesondere Presseartikel und amtliche Verlautbarungen, sowie statistische Daten zur Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften ergänzt.

Die ersten beiden Kapitel dieser Arbeit bilden die Grundlage für die Fallstudie, die Entwicklung ausländischer Arbeitskräfte in der Hotellerie in Saanen und die Auswirkungen der Initiative gegen Masseneinwanderung auf die Branche. Das erste Kapitel untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Entwicklung ausländischer Arbeitskräfte in der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des Hotelgewerbes in den Jahren 2002 bis 2014. Im zweiten Kapitel wird die Wahrnehmung ausländischer Arbeitskräfte in der Schweiz seit dem Beitritt zum Schengener Abkommen sowie die Debatte um die Initiative gegen Masseneinwanderung diskutiert. Daran schließt sich die Fallstudie zur Hotellerie in Saanen an. Im Mittelpunkt steht hier die detaillierte Analyse der Hotel-Struktur und die Verdeutlichung der Abhängigkeit der Hotelbranche Branche von ausländischen Arbeitskräften. Anschließend rückt die Wahrnehmung ausländischer Arbeitskräfte mit Konzentration auf der Initiative gegen Masseneinwanderung in der Gemeinde Saanen in den Vordergrund. Das Ergebnis der Initiative wird ebenso diskutiert wie die Reaktionen der Hoteliers und weiterer lokaler Akteure aus der Tourismuswirtschaft.

Zudem wird der Frage nachgegangen, inwieweit das Abstimmungsergebnis als typisch für eine ländliche Region gelten kann und welche Besonderheiten der Untersuchungsraum Saanen aufweist. Daran anschließen werden die konkreten und potentiellen Auswirkungen der Initiative gegen Masseneinwanderung auf die Hotellerie im Untersuchungsgebiet analysiert. Welche Folgen die Initiativ-Annahme für die Hotellerie und die gesamte Wirtschaft im ganzen Land haben wird und welche bereits spürbar sind, wird im fünften Kapitel dieser Arbeit erörtert. Der Stand der Umsetzung der Initiativ­inhalte und Möglichkeiten, die in Betracht gezogen werden, um Schäden für die Wirtschaft in Grenzen zu halten, werden am Ende des Kapitels dargelegt

1. Ausländische Arbeitskräfte in der Schweiz

Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die Phasen der Immigration ausländischer Arbeitskräfte. Im Mittelpunkt steht der hohe Bedarf ausländischer Arbeitskräfte in der Hotelbranche.

Dabei wird der Frage nachgegangen, warum es gerade dort so schwierig ist, einheimische Arbeitskräfte zu rekrutieren. Zudem wird erläutert, welche rechtlichen Voraussetzungen, je nach Herkunftsregion, erfüllt werden müssen, um in der Schweiz einer Beschäftigung nachgehen zu können.

1.1 Rückblick

Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts galt die Schweiz als Hort der Zuflucht und der Freizügigkeit. Ausländische Staatsangehörige konnten sich hier frei niederlassen und genossen freie Berufswahl (BFS 2008). Während nach den europäischen Revolutionen von 1848 vor allem politische Exilanten in der Schweiz Zuflucht fanden, wanderten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstärkt Handwerker, Selbstständige und andere Arbeitssuchende aus Deutschland und Italien ein. Der an der Wende zum 20. Jahrhundert an Fahrt gewinnende Industrialisierungsprozess führte in der Schweiz zu einem Wirtschaftsboom, der einen erhöhten Bedarf an Arbeitskräften zur Folge hatte. Dieser konnte durch einheimische Arbeitskräfte nicht abgedeckt werden. Besonders in der Textil-, der mechanischen und chemischen Industrie bestand ein Arbeitskräftemangel, der die wirtschaftliche Expansion zu begrenzen drohte.

Auch im Gastgewerbe fehlte es an qualifiziertem Personal, da eine Ausbildung in dieser Branche in der Schweiz mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden war. In der Folge wurde das dringend benötigte Personal aus den Nachbarländern angeworben. 1914 erreichte der Ausländeranteil in der Schweiz mit rund 600.000 Personen einen Höchststand. 15 % der Gesamtbevölkerung waren keine gebürtigen Schweizer. In den Ballungszentren waren Ausländer überdurchschnittlich vertreten. So betrug der Ausländeranteil in Basel 37,6 % und in Genf sogar 40,4 % (Gsell 2014).

Der Erste Weltkrieg beendete diese Phase der relativen Freizügigkeit. Die freie Niederlassung und freie Berufswahl waren nicht mehr erlaubt, Ausländer wurden streng kontrolliert, ihre Anzahl verringerte sich. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bestimmte die Sorge vor dem Verlust einer destrukten Schweizer Identität, des eigenen Arbeitsplatzes sowie der Überlastung des Sozialsystems zunehmend den politischen Diskurs. 1925 wurde in der Schweiz ein Verfassungszusatz angenommen, der den Bundesrat berechtigte, die Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern auf Bundesebene zu regeln. Am 16. März 1931 wurde schließlich das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) verabschiedet (siehe dazu Kapitel 1.2). „Von nun an waren Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen von moralischen und wirtschaftlichen Kriterien abhängig. Zu berücksichtigen waren somit der Arbeitsmarkt und die (gesellschaftlich wahrgenommene) Überfremdungsgefahr, zwei weitgehend variable und unterschiedlich definierbare Größen“ (Marcacci 2004). Unter Überfremdung wird in dieser Arbeit ein subjektiv wahrgenommener Prozess verstanden, indem die gewohnte Kultur (Sprache, gesellschaftliche Werte, Ansichten sowie Traditionen und Religion) durch eine ungewohnte, exotische (fremde) Kultur ersetzt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anteil derständigen ausländischen Wohnbevölkerung, BFS I 2015

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ein massives Wirtschaftswachstum ein. Zugleich arbeiteten immer weniger Schweizer in statusniedrigen Branchen, wie der Landwirtschaft, dem Straßenbau, oder der Müllabfuhr. Der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften stieg dementsprechend stark an. Bilaterale Abkommen mit Italien (Italiener-Abkommen von 1948) und anderen Rekrutierungsländern ermöglichten den Grenzübertritt und regelten den Aufenthaltsstatus der angeworbenen Arbeitskräfte. Die Zahl der Immigranten, die sich dauerhaft in der Schweiz niederließen, stieg von 271.000 Personen im Jahr 1950 auf 476.000 Personen im Jahr I960. In den folgenden zehn Jahren verdoppelte sich der Anteil der Ausländer noch einmal, bis er 1970 schließlich 1.080.000 Personen umfasste. Dies entsprach etwa 17 % der Schweizer Gesamtbevölkerung. (vgl. Mahnig & Piguet 2003)

Als es 1973-74 in Folge der ersten Ölkrise zu einer Rezession kam, mussten die Zuwanderer einen Teil der wirtschaftlichen Folgen auffangen: Zahlreiche Saison- und Jahresaufenthaltsbewilligungen wurden nicht erneuert. Über 200.000 Arbeitskräfte kehrten daraufhin in ihre Heimat zurück. Damit sank der Anteil der ausländischen Bevölkerung bis 1980 auf 14,8 % (Marcacci 2004).

Mitte der 1980er Jahre arbeiteten über die Hälfte der Saisonniere (51 %) auf dem Bau und knapp ein Drittel (31,6 %) im Gastgewerbe. Ein gutes Jahrzehnt später hatte sich dieses Verhältnis umgekehrt: Auf dem Bau war nur noch ein Viertel der Saisonniere tätig (25,6 %), dafür arbeiteten rund die Hälfte (49,4 %) in der Gastronomie (Gsell 2014).

Am 21. Juni 1999 wurde das Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Europäischen Union und der Schweiz unterzeichnet. In Kraft getreten ist es am 1. Juni 2002. Es beinhaltet, dass sich jeder Bürger aus der EU und den EFTA Staaten (Liechtenstein, Island, Norwegen und die Schweiz) bis zu drei Monaten in der Schweiz frei bewegen darf, ohne sich bei den Behörden melden zu müssen. Erwerbstätige Schweizer dürfen in der EU und den EFTA Staaten zeitlich unbefristet arbeiten. Das Gleiche gilt auch für EU/EFTA Bürger in der Schweiz. Nach Ablauf der drei Monate bedarf es eines Nachweises, dass der Lebensunterhalt eigenständig gesichert wird und einer Anmeldung als neuer Einwohner bei der zuständigen Behörde. Zusätzlich legt das Abkommen die gegenseitige Akzeptanz von Berufsdiplomen und die Zusammenarbeit der Sozialversicherungssysteme fest. Der Bedarf an ausländischen Arbeitern aus der EU wird seitdem privatwirtschaftlich und nicht mehr staatlich geregelt. Das heißt, dass die Menge an frei verfügbaren Stellen in der Wirtschaft den tatsächlichen Bedarf bestimmt, anstatt eine vom Staat festgelegte Anzahl. Diese würde nur ein Mal pro Jahr vom Bundesrat festgelegt werden und wäre folglich wenig flexibel.

Im Juni 2005 stimmten die Schweizer mit einer Mehrheit von 54,6 % einem Assoziierungsabkommen mit der EU zu, das den Beitritt zum Schengener Raum vorsah. Umgesetzt wurde es am 12. Dezember 2008. Das Abkommen beinhaltet die Abschaffung systematischer Personenkontrollen an den Grenzen zur EU.

1.2 Das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer

Seit den 1930er Jahren ist die Schweizer Einwanderungspolitik von dem Bemühen gekennzeichnet, das stetige Wachstum der Schweizer Wirtschaft mit ausländischen Arbeitern zu stützen und zugleich die zunehmenden Überfremdungsängste in der Bevölkerung ernst zu nehmen. Es wurden verschiedene Aufenthaltsstatus geschaffen, mit Hilfe derer die Zuwanderung kontrolliert und reguliert werden sollte. Die bereits 1931 im ANAG festgelegten Aufenthaltsstatus besitzen bis auf wenige Veränderungen auch heute, im Jahr 2015, noch Gültigkeit.

Nach der Abschaffung des Saisonstatuts 2002, wurde die Aufenthaltsbewilligungsart Kurzaufenthalter, ebenfalls mit dem Kürzel L gekennzeichnet, eingeführt. Neben den Aufenthaltsbewilligungsarten, die in Folge kurz erläutert werden, gibt es Sonderfälle wie zum Beispiel die Praktikantenbewilligung und die Aufenthaltsbewilligung Ci, die für Familienangehörige (Ehegatten und Kinder bis zum 25. Lebensjahr) von Diplomaten und internationalen Organisationen gelten.

Grenzgänger (Ausweis G): keine Aufenthalts-, sondern nur eine Arbeitsbewilligung. Es gibt kein Recht auf eine spätere Aufenthaltsbewilligung. Es muss eine wöchentliche Rückkehr an den ausländischen Wohnort erfolgen.

Kurzaufenthalter (Ausweis L): Wird nach Vorlage eines Arbeitsvertrages für eine Dauer von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr erteilt und gilt so lange wie der Arbeitsvertrag. Eine Verlängerung des Aufenthalts ist möglich, ohne das Land verlassen zu müssen. Es gibt einen Anspruch auf Familiennachzug.

(Dauer-) Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B): Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen für fünf Jahre mit Recht auf Verlängerung. Diese gilt für Personen mit nachweislich unbefristeten Arbeitsverträgen oder Verträgen mit einer Dauer von über einem Jahr. Es gibt einen Anspruch auf Familiennachzug.

Niedergelassene (Ausweis C): Dies ist eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung mit den gleichen Rechten wie Inländer mit Ausnahme der politischen Rechte (Stimm-/Wahlrecht und Militärpflichtdienst). Sie wird in der Regel nach einem ununterbrochenen und regulären Aufenthalt von fünf Jahren vergeben. (vgl. Esser & Röpke 2014)

Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer wurde ausländischen Arbeitskräften der Zugang zum Arbeitsmarkt zwar erleichtert, eine dauerhafte Niederlassung in Folge des damals bestehenden Saisonnierstatut jedoch erschwert. Die Arbeitsstelle sowie der Kanton, in dem man wohnte, durften innerhalb einer Saison nicht gewechselt werden. Die Arbeitskräfte mit Saisonnierstatut fungierten als eine Art Konjunkturpuffer, im Falle eintretender Arbeitslosigkeit mussten sie in ihr Heimatland zurückkehren.

Saisonnière mussten nach der Saison das Land verlassen. Nach der Einführung des Status in den 1930er Jahren wurde der Aufenthalt eines Saisonnier in der Regel auf elf Monate beschränkt, ab 1973 waren es maximal neun Monate, in der 1980er Jahren wurden sogar Arbeitsbewilligungen für nur vier Monate ausgestellt. Eine dauerhafte Niederlassung der Ausländer in der Schweiz war, wenn überhaupt, erst nach zehn Jahren möglich. Dabei wurde der Familiennachzug an geradezu unrealistische Bedingungen geknüpft. Erst nach dem vierten Aufenthalt bestand die Möglichkeit des Nachzugs für Ehefrauen und Kinder. Jedoch durfte für die vier Aufenthalte nicht ein einziger Fehltag vorliegen. (vgl. Schneider 2004)

Tausende Arbeiter kamen aus den Nachbarländern wie Italien aber auch aus der Türkei. Mit der Einführung der Personenfreizügigkeit für EU Bürger im Jahr 2002 endete die Existenz des Saisonnierstatut in der Schweiz.

1.3 Entwicklung ausländischer Arbeitskräfte 2002-2014

nichtschweizerische Staatsangehörige: Am 31.12.2014 hatten 1.947.023 Ausländer ihren ständigen Wohnsitz in der Schweiz. Dies entspricht einem Anteil von 24 % an der Gesamtbevölkerung. Etwa zwei Drittel der ständigen ausländischen Bevölkerung (1.266.772 Personen) besitzt den Aufenthaltsstatus Niedergelassene, etwa ein Drittel (651.623 Personen) den Status Aufenthalter. Ausländische Arbeiter mit dem Bewilligungsstatus Kurzaufenthalter, die bereits länger als ein Jahr in der Schweiz arbeiten, werden mit 28.628 Personen beziffert und bilden damit innerhalb der ständigen ausländischen Bevölkerung nur eine kleine Gruppe.

Die nicht-ständige ausländische Bevölkerung (56.536 Personen) setzt sich zusammen aus Kurzaufenthaltern die eine Aufenthaltserlaubnis von unter einem Jahr besitzen, Asylsuchenden, Diplomaten und Funktionären sowie vorläufig Aufgenommenen zu denen keine genauen Angaben veröffentlicht werden (BFS I 2015).

Ausländische Bevölkerung in der Schweiz nach Aufenthaltsstatus 2014

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Ständige ausländische Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit 2014, Migrationsbericht 2014

Die größten Gruppen der ständigen ausländischen Bevölkerung bilden italienische (306.107 | 15.2 %), deutsche (296.870 | 14,8 %), portugiesische (260.714 | 13,0 %) und französische Staatsangehörige (113.653 | 5,7 %) (Migrationsbericht 2014).

Innerhalb der nicht-ständigen Bevölkerung sind deutsche (13.161 | 19,3 %), portugiesische (8.950 | 13,1 %), italienische (6.067 | 8,8 %) und französische Staatsangehörige (3.738 | 5,5 %) am stärksten vertreten (BFS I 2015).

Ständige ausländische Bevölkerung: 2002 lag die Anzahl der ständigen ausländischen Bevölkerung bei 1.458.479, im Jahr 2014 bei 1.924.129. Dies entspricht einem Zuwachs von 451.106 Personen und einem Anstieg von 32 % innerhalb von 12 Jahren.

Niedergelassene: Die Anzahl der niedergelassenen Ausländer hat sich von 2002 bis 2014 deutlich erhöht. 2002 waren es 1.082.042 Personen, 2014 1.258.838 Personen. Das entspricht in etwa einem Anstieg von 16 %. Der Anteil der Niedergelassenen an der ständigen ausländischen Bevölkerung lag 2002 bei 74,2 % und verringerte sich bis 2014 auf einen Anteil von 65,4 %.

Aufenthalter: Die Anzahl der Aufenthalter hat sich im Zeitraum 2002 bis 2014 fast verdoppelt. 2002 waren es 356.419 Personen, 2014 635.706 Personen. Damit ist die Zahl der ausländischen Arbeiter, die diesen Status besitzen, um 78 % gestiegen. Der Anteil der Aufenthalter gegenüber allen anderen Bewilligungsarten lag 2002 bei 24,4 % im Jahr 2014 bei 33,0 %.

Nicht-ständige ausländische Bevölkerung (Kurzaufenthalter mit Aufenthaltsbewilligung unter einem Jahr): Die Zahl der Kurzaufenthalter stieg von 34.562 im Jahr 2002 auf 61.766 im Jahr 2014. Dies entspricht einem Zuwachs von 27.204 Personen und einem Anstieg von 79 %. Die Zahl der Kurzaufenthalter ist im Vergleich zur ständigen ausländischen Bevölkerung 2,5 mal so stark gestiegen (Migrationsbericht 2014).

Entwicklung der nicht-ständigen Kurzaufenthalter (< 1 Jahr), 2002-2014

(Kurzaufenthalter in Tausend)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: eigene Darstellung, BFS 2014

Bei der Vergabe von Kurzaufenthaltsbewilligungen ist von 2001 bis 2003 ein starker Anstieg und von 2007 bis 2008 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Da es sich bei Kurzaufenthaltsbewilligungen im Vergleich zu den Bewilligungsarten Aufenthalter und Niedergelassene, um relativ kurze Bewilligungszeiträume handelt, ist hier eine „kurzfristige“ Reaktion auf politische und wirtschaftliche Veränderungen gegeben. Die Zahlen der langfristigen Aufenthaltsbewilligungen blieben dagegen über den gesamten Zeitraum vergleichsweise stabil.

Mit der Einführung des FZA 2002 hat sich die Anzahl der Kurzaufenthalter stark erhöht. 2001 gab es noch 30.397 Kurzaufenthalter, 2003 waren es bereits 71.288. Durch die Abschaffung des Saisonstatuts wurden viele laufende Saisonbewilligungen in Kurzaufenthaltsbewilligungen umgewandelt. 2001 gab es noch 14.631 Personen mit Saisonnierstatut, 2002 wurden noch 1.932 Bewilligungen für Saisonniere ausgegeben, 2003 gab es endgültig kein Saisonnierstatut mehr. Der Bedarf an ausländischen Arbeitern wurde von nun an privatwirtschaftlich geregelt. Die Zahl der immigrierenden Arbeiter wurde größtenteils durch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsstellen bestimmt und nicht mehr durch eine vom Staat festgelegte Zahl, die sich nur grob am realen Bedarf der Wirtschaft orientierte.

Von 2007 bis 2008 ist ein deutlicher Rückgang bei den Kurzaufenthaltsbewilligungen für Aufenthalte von unter einem Jahr zu verzeichnen. Hier betrug der Rückgang 21 %. Erst 2013 wurde das Niveau von 2007 wieder erreicht und zugleich überschritten. Die Ursache dieses Rückgangs liegt in der weltweiten Finanzkrise, die sich auch auf die Schweizer Wirtschaft ausgewirkt hat und somit zur Vergabe weniger Kurzaufenthaltsbewilligungen führte.

Das Bundesamt für Statistik beschreibt die Lage wie folgt: „Im Jahr 2008 begann die Finanzkrise, sich auf die Realwirtschaft auszuwirken. Die Schwierigkeiten des Bankensektors drückten auf das Wachstum, das noch

2,3 % erreichte, wobei auch der Rest der Wirtschaft nach zwei Jahren starken Wachstums gegen Jahresende eine leichte Abschwächung zeigte. Auf der Nachfrageseite wurde der Anstieg der Konsumausgaben gebremst und die Ausrüstungsinvestitionen brachen plötzlich ein. Diese Verlangsamung verschärfte sich 2009, und die Schweizer Wirtschaft verzeichnete eine markante Abnahme des BIP um 2,1 %“ (BFS II 2015).

Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz 1996-2013

Bruttoinlandprodukt: jährliche Veränderung in %

aufenden Preisen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Bruttoinlandsprodukt der Schweiz 1996 bis 2013, BFS II 2015

1.4 Wirtschaftliche Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte im Gastgewerbe 2002-2014

Nach Angaben des führenden Schweizer Unternehmerverbandes Hotellerie Suisse arbeiteten im Jahr 2002 60.000 Ausländer in der Hotellerie. Elf Jahre später waren bereits 71.000 Ausländer in schweizerischen Hotels tätig. Im Oktober 2014 stellten Ausländer 43 % des Hotelpersonals, in der Gesamtwirtschaft waren es 24 % (Hotellerie Suisse I 2014).

Dass dieses Arbeitsfeld in besonderem Maß von der Personenfreizügigkeit profitiert, zeigt sich unter anderem in der höheren Stundenzahl von ausländischen- gegenüber inländischen Arbeitskräften. Von den 407 Millionen im Gastgewerbe erarbeiteten Stunden entfielen im Jahr 2011 etwa 212 Millionen auf ausländische Beschäftigte. Dies entspricht einem Anteil von 52 %. Seit dem Inkrafttreten des FZA hat sich die Anzahl von Arbeitnehmern aus EU Staaten stetig erhöht (Hotellerie Suisse II 2014).

Zudem stiegen die Einnahmen der Hotellerie von 6,5 Mrd. Franken im Jahr 2002 um etwa 63 %, auf 10,6 Mrd. Franken im Jahr 2014 (El-Saghir 2014, Hostettler-Annen 2015).

Erwerbstätige ausländische Bevölkerung im Gastgewerbe 2003 -2014

Skigebiete und Feriendestinationen in der Schweiz sind in besonderem Maße auf ausländisches Personal angewiesen, um gerade in der Saison den notwendigen Service bieten zu können (Kunz 2014). Für inländische Arbeitskräfte ist das Gastgewerbe mit seinen im Vergleich zu anderen Branchen niedrigen Löhnen nur wenig attraktiv. Der industriespezifische Mindestlohn für ungelernte Arbeitskräfte liegt im Gastgewerbe bei 3.407 Franken. Für Personen mit einer abgeschlossenen drei- oder vierjährigen Lehre und einem eidgenössisch anerkanntem Abschluss steigt der Minimallohn auf 4.108 Franken (Hotellerie Suisse III 2015). Im Vergleich mit Löhnen in anderen Sektoren ist dies äußerst gering, so lag der durchschnittliche Mindestlohn in der Schweizer Privatwirtschaft im Jahr 2012 bei 6.118 Franken Im Bereich der Beherbergung liegt der Mindestlohn bei 4.230 Franken. Damit liegt diese Branche deutlich am unteren Ende der Lohnskala (Fahy 2014).

Hinzu kommt, dass es im Jahr 2012 etwa 268.000 Tieflohnstellen im Gast- und Hotelgewerbe gab. Das sind Stellen, die maximal zwei Drittel des durchschnittlichen Medianeinkommens entsprechen. Das Medianeinkommen ist der Wert, den genau die Hälfte aller Beschäftigten von ihren Einkommen her überschreiten und die andere Hälfte aller Beschäftigten unterschreiten. 38,1 % der Tieflohnstellen entfielen im Jahr 2012 auf die Beherbergungsbranche (Hotellerie Suisse II 2014).

Ausgehend von der geringen Entlohnung ist es nicht verwunderlich, dass junge Schweizerinnen und Schweizer eher selten einen Ausbildungsberuf im Tourismus- oder Gastgewerbe wählen und anstelle dessen Berufe mit geregelten Arbeitszeiten und einem höheren Verdienst bevorzugen. Der Schweizer Arbeitsmarkt mit seiner niedrigen Arbeitslosenquote - im Jahr 2013 lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei 3,2 % - bietet insbesondere Inländern gute Chancen auf einen gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatz mit regelmäßigen Arbeitszeiten (BFS III 2015).

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Detalles

Título
Ausländische Arbeitskräfte im Schweizer Hotelwesen 2002-2014 der Gemeinde Saanen
Subtítulo
Welche Auswirkungen hat die Initiative gegen Masseneinwanderung auf die Hotellerie?
Universidad
Schmalkalden University of Applied Sciences
Curso
MBA
Calificación
2,5
Autor
Año
2015
Páginas
78
No. de catálogo
V313939
ISBN (Ebook)
9783668132870
ISBN (Libro)
9783668132887
Tamaño de fichero
1314 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
ausländische, arbeitskräfte, schweizer, hotelwesen, gemeinde, saanen, welche, auswirkungen, initiative, masseneinwanderung, hotellerie
Citar trabajo
Johannes Heinemann (Autor), 2015, Ausländische Arbeitskräfte im Schweizer Hotelwesen 2002-2014 der Gemeinde Saanen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313939

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