Finanzielle Absicherung deutscher Arbeitnehmer im Rentenalter und deren Optimierung mittels eines Rentabilitätsvergleichs ausgewählter Alternativen


Master's Thesis, 2016

116 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... IV

Tabellenverzeichnis ... V

Formelverzeichnis ... VI

Abkürzungsverzeichnis ... VII

1 Einleitung ... 1
1.1 Problemstellung ... 1
1.2 Zielsetzung ... 2
1.3 Gang der Untersuchung ... 3

2 Das Altersvorsorgesystem in Deutschland ... 5
2.1 Das Sozialprinzip ... 5
2.2 Grundgedanke der gesetzlichen Rentenversicherung ... 6
2.3 Historische Entwicklung der Altersvorsorge ... 9
2.3.1 Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung ... 9
2.3.2 Kapitaldeckungsverfahren ... 10
2.3.3 Umlageverfahren ... 12
2.3.4 Entwicklung seit 1957 ... 14
2.3.5 Einfluss der demografischen Entwicklung ... 22
2.4 Das Drei-Säulen-Modell ... 28
2.4.1 Übersicht des Drei-Säulen-Modells ... 28
2.4.2 Gesetzliche Altersvorsorge ... 29
2.4.3 Betriebliche Altersvorsorge ... 32
2.4.4 Private Altersvorsorge ... 34
2.5 Das Drei-Schichten-Modell ... 35
2.5.1 Übersicht des Drei-Schichten-Modells ... 35
2.5.2 Geförderte Basisversorgung ... 36
2.5.3 Geförderte, kapitalgedeckte Zusatzversorgung ... 37
2.5.4 Sonstige Kapitalanlageprodukte und Versicherungsprodukte ... 37

3 Empirische Analyse der finanziellen Absicherung deutscher Arbeitnehmer im Rentenalter ... 38
3.1 Grundlagen der empirischen Analyse ... 38
3.1.1 Methodik der Empirie ... 38
3.1.2 Ausführungen zum Fragebogen ... 40
3.1.3 Kritische Würdigung und Forschungsethik ... 41
3.2 Gesetzlicher Rentenanspruch in Abhängigkeit vom Einkommen ... 42
3.3 Nutzung betrieblicher und privater Altersvorsorge ... 45
3.4 Ermittlung der Versorgungslücke ... 48
3.5 Thematische Relevanz der Altersvorsorge ... 50

4 Analyse der Beschaffenheit und Rentabilität ausgewählter Altersvorsorgealternativen ... 52
4.1 Einflussfaktoren auf die Rentabilität ... 52
4.1.1 Kategorisierung der Einflussfaktoren ... 52
4.1.2 Produktbezogene Faktoren ... 53
4.1.3 Persönliche Faktoren ... 54
4.1.4 Wirtschaftliche Faktoren ... 54
4.1.5 Sonstige Faktoren ... 55
4.2 Grundlagen der Rentabilitätsberechnungen ... 56
4.2.1 Annahmen ... 56
4.2.2 Vorgehensweise ... 57
4.3 Private Versorgung ... 61
4.3.1 Festverzinsliche Rentenversicherung ... 61
4.3.2 Rentenversicherung mit Aktienanteil ... 64
4.3.3 SofortRente ... 66
4.3.4 Immobilien ... 67
4.4 Basisversorgung ... 69
4.5 Zusatzversorgung ... 71
4.5.1 Betriebliche Altersvorsorge ... 71
4.5.2 Kapitalgedeckte Altersvorsorge ... 73
4.6 Rentabilitätsvergleich ... 77
4.7 Ableitung von Handlungsempfehlungen ... 80

5 Zusammenfassung ... 82

Literaturverzeichnis ... 87

Anhangsverzeichnis ... 93

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Die fünf Zweige der Sozialversicherung ... 5

Abbildung 2 Überblick über die wichtigsten Rentenreformen seit 1957 ... 14

Abbildung 3 Demografische Entwicklung Deutschlands von 1950 bis 2060 ... 22

Abbildung 4 Lebenserwartung Neugeborener 1950 bis 2013 ... 24

Abbildung 5 Ferne Lebenserwartung 1950 bis 2013 ... 25

Abbildung 6 Prozentuale Bevölkerungsstruktur 1950 bis 2060 ... 26

Abbildung 7 Das Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge ... 29

Abbildung 8 Das Drei-Schichten-Modell der Altersvorsorge ... 35

Abbildung 9 Gesetzliche und erwartete gesetzliche Nettorente in Abhängigkeit vom Nettoeinkommen ... 42

Abbildung 10 Prozentuale Nutzung betrieblicher und privater Altersvorsorgeprodukte ... 45

Abbildung 11 Einflussfaktoren auf die Rentabilität ... 52

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Durchschnittliche Altersvorsorgeausgaben in Abhängigkeit von Alter und Nettoeinkommen ... 46

Tabelle 2 Durchschnittliche Versorgungslücke in Abhängigkeit von Alter und Nettoeinkommen ... 49

Tabelle 3 Thematische Relevanz der Altersvorsorge in Abhängigkeit von Alter und Nettoeinkommen ... 50

Tabelle 4 Modellkalkulation der PrivatRente ... 63

Tabelle 5 Modellkalkulation des Index Garant ... 65

Tabelle 6 Modellkalkulation der SofortRente ... 66

Tabelle 7 Rentabilität einer Beispielimmobilie ... 68

Tabelle 8 Modellkalkulation der BasisRente Invest ... 70

Tabelle 9 Modellkalkulation der Direktversicherung ... 72

Tabelle 10 Modellkalkulation der RiesterRente ... 74

Tabelle 11 Rentabilität der Produkte verschiedener Risikoneigung anhand des Beispiels einer 20-jährigen Person ... 77

Tabelle 12 Produktrangfolge nach ihrer Rentabilität ... 79

Formelverzeichnis

Formel 1 Rentenformel ... 30

Formel 2 Bestimmtheitsmaß ... 44

Formel 3 Interner Zinsfuß für Investitionen ... 59

Formel 4 Interner Zinsfuß für Altersvorsorgeprodukte ... 60

Formel 5 Vergleichsverfahren ... 60

Formel 6 Monatliche Annuität ... 68

Abkürzungsverzeichnis

a Jahre

€ Euro

f. folgende

ff. fortfolgende

GRV gesetzliche Rentenversicherung inkl. inklusive

RV Rentenversicherung

S. Seite

ÜB Überschussbeteiligung

Vgl. Vergleich

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die gesetzliche Rentenversicherung ist einer der fünf Grundpfeiler der sozialen Sicherung. [1] Aufgrund zahlreicher Rentenreformen in den letzten zehn Jahren sank das Rentenniveau. Personen, die im Jahr 2012 in das Arbeitsleben einstiegen, erhalten nach aktuellem Stand eine künftige gesetzliche Bruttorente in Höhe von 42 Prozent ihres durchschnittlichen sozialversicherungspflichtigen Einkommens. [2]

Das sinkende Rentenniveau betrifft vor allem jüngere Personen, die dadurch ein höheres Risiko der Altersarmut haben. [3] Aktuell ist jeder zehnte Rentner in Deutschland von Altersarmut betroffen. Aufgrund demografischer Entwicklungen, die das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Rentenempfängern verkleinern, wird das Rentenniveau voraussichtlich weiter sinken und die Problematik der Altersarmut verstärkt. [4] Dies hat zur Folge, dass die Menschen länger arbeiten müssen, um die gleiche Rente zu erhalten. 2014 war jede zweite 60- bis 64-jährige Person erwerbstätig. Im Jahr 2000 arbeitete nur jeder Fünfte in dieser Altersgruppe. [5]

Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die gesetzliche Rentenversicherung die finanzielle Absicherung im Alter nicht sicherstellen kann und daher weitere Vorsorge nötig ist. Wenn sich die Menschen allein auf die gesetzliche Rentenversicherung verlassen, ist das Risiko der Altersarmut sehr hoch. Auf jeden Fall kann der Lebensstandard zur Zeit der Erwerbstätigkeit im Ruhestand nicht aufrechterhalten werden. [6] Wer hingegen richtig vorsorgt, braucht sich im Alter keine Sorgen über seine finanzielle Situation zu machen und kann den Ruhestand aus finanzieller Sicht genießen.

Das System der Altersvorsorge ist komplex und umfasst zahlreiche Produkte, was es intransparent erscheinen lässt. Hinzu kommt, dass am Kapitalmarkt aktuell ein Niedrigzinsumfeld herrscht. [7] Altersvorsorgeprodukte generieren dadurch geringe Renditen, was die Rentenhöhe schmälert. Die Menschen müssen folglich im Vergleich zu einem höheren Zinsniveau mehr Geld für die gleiche Rentenhöhe investieren. Diese Aspekte erschweren die Entscheidung über die richtige eigene Vorsorge.

1.2 Zielsetzung

Das Risiko, im Ruhestand den existierenden Lebensstandard nicht aufrechterhalten zu können, ist Anlass für die Analyse im Rahmen dieser Masterthesis. Dabei steht die Forschungsfrage im Fokus, inwieweit die deutschen Arbeitnehmer im Rentenalter finanziell abgesichert sind und welche Handlungsalternativen sich in Abhängigkeit der Rentabilität daraus ergeben. Es soll herausgefunden werden, wie die tatsächliche Vorsorgesituation der Menschen nach aktuellem Stand ausgestaltet ist. Zudem soll untersucht werden, welche Arten und Produkte für die Altersvorsorge zur Verfügung stehen. Ziel ist es, die rentabelsten Produkte in Abhängigkeit individueller Parameter zu identifizieren, um den Menschen Empfehlungen bezüglich ihrer finanziellen Altersvorsorge zu geben.

Es wird die Hypothese aufgestellt, dass bei den meisten deutschen Arbeitnehmern eine Versorgungslücke im Alter besteht. Das heißt, dass der künftige Versorgungsbedarf zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards unterhalb der Nettogesamtrente der jeweiligen Person liegt. Daraus ergibt sich ein Handlungsbedarf hinsichtlich weiterer Altersvorsorge. Wie hoch die Versorgungslücke und der damit verbundene Handlungsbedarf ist, soll in der Analyse herausgefunden werden.

Die Forschungsfrage beschränkt sich auf die Zielgruppe der deutschen Arbeitnehmer. Daher werden in der Analyse nur Personen berücksichtigt, die sich in Deutschland in einem Angestelltenverhältnis befinden und auf die ausschließlich das deutsche Steuerrecht Anwendung findet. Grund dafür ist, dass beispielsweise bei Selbstständigen andere Institutionen der Altersvorsorge greifen. Die Zielgruppe der Arbeitnehmer wurde ausgewählt, da sie mit 42,9 Millionen Menschen in Deutschland die größte Gruppe mit einheitlichem Altersvorsorgesystem repräsentiert. [8]

1.3 Gang der Untersuchung

Für die Beantwortung der Forschungsfrage wird im zweiten Kapital das deutsche Altersvorsorgesystem mit seinen Eigenschaften dargestellt. Zudem wird auf die historische Entwicklung, sowie den demografischen Wandel eingegangen, um aktuelle Problemstellungen zu erläutern. Diese theoretische Betrachtung erfolgt mittels Sekundäranalyse, also der Auswertung von Literatur. Dabei kommt das explorative Forschungsdesign zur Anwendung.

In Kapitel 3 wird die aktuelle Altersvorsorgesituation deutscher Arbeitnehmer aus praktischer Sicht analysiert. Da dies eine quantitative, makroökonomische Untersuchung ist, wurde im Vorfeld eine Umfrage durchgeführt. Um die Objektivität zu erhöhen, erfolgte die Umfrage online und vollstandardisiert. Der Fragebogen und der Ablauf der Umfrage waren somit fest vorgegeben. Dies gewährleistet ein einheitliches Vorgehen und eine bessere Vergleichbarkeit der Daten. Der Fragebogen wurde anhand der Forschungsfrage entwickelt und ist in Anhang 1 abgebildet. Bei der Analyse handelt es sich um eine Primärforschung, weil neue Daten erhoben wurden. Die Probanden der Stichprobe wurden über soziale Netzwerke gewonnen. Zusätzlich wurden Probanden bestimmter Altersgruppen persönlich angesprochen, um eine gleichmäßige Altersverteilung zu erhalten. Diese Art der Stichprobenauswahl wird als Quotenauswahl bezeichnet. Bei der Auswertung der Daten kam das deskriptive Forschungsdesign zum Einsatz. Mit den Ergebnissen dieser Analyse soll der erste Teil der Forschungsfrage, inwieweit deutsche Arbeitnehmer im Rentenalter finanziell abgesichert sind, beantworten. Außerdem wird die Hypothese überprüft, die besagt, dass die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer im Alter eine Versorgungslücke aufweist, durch den der bisherige Lebensstandard nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Für die Beantwortung des zweiten Teils der Forschungsfrage, welche Handlungsalternativen in Abhängigkeit der Rentabilität bestehen, dient die Analyse im vierten Kapitel mittels des deskriptiven Forschungsdesigns. Dabei werden ausgewählte Altersvorsorgeprodukte der Sparkasse Jena-Saale-Holzland hinsichtlich ihrer Rentabilität untersucht. Es werden einige Annahmen getroffen, um eine Vergleichbarkeit der Produkte gewährleisten zu können. Diese Annahmen sind unter Gliederungspunkt 4.2.1 dargestellt. Für die Rentabilitätsanalyse standen interne Quellen der Sparkasse Jena-Saale-Holzland, wie das Kalkulationsprogramm OSPlus 15.0 und Konditionstabellen, zur Verfügung. Nach der Einzelbetrachtung der Produkte werden diese miteinander verglichen. Das Ergebnis dieses Vergleichs soll eine Rangfolge der Produkte in Abhängigkeit ihrer Rentabilität sein. Diese Rangfolge soll eine Orientierungshilfe für die Altersvorsorge, gerichtet an die Zielgruppe der deutschen Arbeitnehmer, darstellen. Abschließend werden die Ergebnisse der Empirie und des Rentabilitätsvergleichs verknüpft und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Das letzte Kapitel enthält die zusammengefassten Analyseergebnisse, Einschränkungen der Arbeit und gibt einen Ausblick in weitere Forschungsgebiete.

2 Das Altersvorsorgesystem in Deutschland

2.1 Das Sozialprinzip

Die Bundesrepublik Deutschland ist gemäß Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes ein Sozialstaat. Das heißt, sie hat Sicherheit und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. [9] Oberstes Ziel ist dabei der soziale Frieden. [10] Um diesen sicherzustellen, hat die Bundesregierung im Rahmen der Sozialpolitik alle Maßnahmen zu ergreifen, die die Rahmenbedingungen für Leben und Arbeit wirtschaftlich Schwacher und Abhängiger in Deutschland an wirtschaftliche Veränderungen anpasst. [11]

Das Sozialprinzip erstreckt sich, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, auf fünf Sozialversicherungszweige, die Arbeitslosenversicherung und -förderung, die gesetzlichen Krankenversicherung, die sozialen Pflegeversicherung, die gesetzlichen Rentenversicherung und die gesetzlichen Unfallversicherung. [12]

Abbildung 1: Die fünf Zweige der Sozialversicherung (eigene Darstellung in Anlehnung an HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 125)

Diese Abbildung ist nicht in der Leseprobe enthalten.

Die soziale Absicherung jedes Einzelnen erfolgt in diesem Zusammenhang mittels des Versicherungsprinzips. [13] Die Sozialversicherungszweige finanzieren sich durch Beiträge der Arbeitnehmer im Lohnabzugsverfahren und Beiträge der Arbeitgeber. Diese Einzahlungen werden unmittelbar an die entsprechenden Leistungsempfänger weitergeleitet. Dafür erhalten die Versicherten einen Anspruch auf Leistungen im Alter, bei Arbeitslosigkeit und Minderung der Erwerbstätigkeit durch Krankheit, Unfall oder Pflegebedürftigkeit. [14]

Aktuell nehmen die Herausforderungen für das Sozialversicherungsprinzip zu. Eine Alterung der Bevölkerung aufgrund medizinischer Fortschritte löst höhere Aufwendungen für medizinische Behandlungen und längere Rentenbezüge aus. Gleichzeitig sinkt die Geburtenrate, was langfristig eine Abnahme der Beitragszahler und somit der Einnahmen der Sozialversicherungen zur Folge hat. [15] Eine nähere

Betrachtung dieser demografischen Entwicklung und deren Auswirkungen erfolgt im Gliederungspunkt 2.3.5. Vorher werden die Ziele, Funktionen und die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung bis heute erläutert.

2.2 Grundgedanke der gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung verfolgt grundsätzlich folgende drei Ziele: Vermeidung von Altersarmut, Sicherung des Lebensstandards im Alter, Absicherung des Langlebigkeitsrisikos.

Das erste Ziel ist die Vermeidung von Altersarmut. In Entwicklungsländern ist die absolute Altersarmut anzutreffen. Das heißt, das Leben der Menschen ist aufgrund des Fehlens von Nahrung, Obdach und Kleidung bedroht. Im Gegensatz dazu wird in Industrieländern wie Deutschland von relativer Armut gesprochen. Dabei dient das zur Verfügung stehende Einkommen einer Person als Basis der Betrachtung dieser Armutsart. Prinzipiell gibt es zwei Definitionen der relativen Armut. Die erste Variante geht von einer Unterschreitung des verfügbaren Einkommens einer Person unter den Bedarfssatz zum Lebenserhalt aus. In diesem Fall wird das Einkommen mit der Grundsicherung aufgestockt. [16] Ein deutscher Rentner einen Anspruch auf Grundsicherung prüfen lassen, wenn seine monatlichen Gesamteinkünfte unter 773 Euro liegen. 2014 lag die Höhe der Grundsicherung bei 391 Euro. [17] Sie wird unter der Voraussetzung, dass die Regelaltersgrenze erreicht wurde, unabhängig bestehender Altersbezüge monatlich gezahlt. [18] Diese Variante der Altersvorsorge steht unter der Kritik, dass die Grundsicherung nicht mehr ausreicht, um das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern. [19] Daher findet die zweite Definition der relativen Altersarmut häufiger Anwendung. Hiervon wird gesprochen, wenn das zur Verfügung stehende Einkommen einer Person kleiner ist als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens der Gesellschaft. [20] Ein besonders hohes Risiko der Altersarmut haben vor allem Menschen, die erst spät ins Berufsleben eintreten, mit unterbrochener Erwerbstätigkeit, befristeten Arbeitsverträgen in Folge, Mindestlohnbezieher und Hartz-IV-Empfänger. [21] Die Betroffenen können dadurch nicht mehr am soziokulturellen Leben teilnehmen und geraten an den Rand des gesellschaftlichen Lebens. [22]

Das zweite Ziel ist die Sicherung des Lebensstandards im Alter. Der Lebensstandard wird definiert als Lebensumstände, die in einer Gesellschaft als hinreichend angesehen werden. Beispielsweise wird in Deutschland ein Wohnraum bis 45 Quadratmeter für eine Einzelperson als hinreichende Wohnungsgröße angesehen. Das entspricht der Wohnraumgröße, die einem alleinstehenden Hartz- IV-Empfänger von der Bundesagentur für Arbeit finanziert wird. Dieses Ziel geht aus finanziellen Gesichtspunkten über das der Vermeidung von Altersarmut hinaus. [23]

Die gesetzliche Rentenversicherung schließt mit der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos die Unsicherheit über die Vermögensverteilung auf die Rentenjahre durch lebenslang garantierte Rentenzahlungen aus. [24]

Neben diesen drei Zielen werden zusätzlich vier verschiedene Funktionen der gesetzlichen Rentenversicherung unterschieden: manifest-instrumentelle Funktion, latent-instrumentelle Funktion, manifest-symbolische Funktion, latent-symbolische Funktion. [25]

Zunächst müssen die einzelnen Begriffe voneinander abgrenzt werden. Manifest umfasst alles, was von der Leitidee der Institutionen gefordert wird. Im Gegensatz dazu wird die latente Funktion zusätzlich erfüllt und existiert unabhängig von der Leitidee. Die Sicherung dieser Institutionen durch Effizienz drückt die instrumentelle Funktion aus, während die symbolische Funktion die Reproduktion der Institutionen leistet. [26]

Unter der manifest-instrumentellen Funktion ist die Gewährleistung der gesetzlichen Rentenversicherung von Leistungen bei Erwerbsminderung, Alter und Tod, also der Erhaltung des Lebensstandards im Alter, zu verstehen. [27]

Die latent-instrumentelle Funktion beschreibt die Förderung des sozialen Friedens und Ausgleichs durch die gesetzliche Rentenversicherung. Dies betrifft unter anderem Kranke, Arbeitslose, Frauen, Mütter, sowie Unterschiede in den alten und neuen Bundesländern. [28]

Die manifest-symbolische Funktion beinhaltet den Generationenvertrag, welcher auf dem familiären Prinzip basiert, bei dem junge Menschen für ältere sorgen. Dieses Prinzip wird mittels des Generationenvertrages auf die Gesellschaft übertragen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf diesen Vertrag noch näher eingegangen. [29]

Die letzte Funktion ist die latent-symbolische, bei der es um die Prinzipien des Grundgesetzes geht, an denen sich die gesetzliche Rentenversicherung orientiert.

Dazu gehören die Demokratie, die Rechts- und Sozialstaatlichkeit, sowie der Eigentumsschutz. [30]

2.3 Historische Entwicklung

2.3.1 Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung

In der Frühzeit existierte noch keine soziale Sicherung. Die Versorgung von kranken und alten Menschen erfolgte über die Familie beziehungsweise Sippe. Erst im Mittelalter begannen Kirchen und Klöster mit der Betreuung und Fürsorge dieser Menschen, welche aber aufgrund finanzieller Lasten schrittweise verringert wurde. [31]

Von staatlicher Seite reagierte Preußen als erstes in Deutschland auf das zunehmende Problem der Armut. 1794 wurde das Landrecht zur staatlichen Armenpflege erlassen. Ein halbes Jahrhundert später, 1854, folgte dann die erste gesetzliche Arbeiterversicherung. Diese Sozialgesetze diversifizierten sich allerdings regional stark. [32]

Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine durch Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck einheitliche Sozialversicherung und -gesetzgebung formuliert. Grundlage dafür war die Kaiserliche Botschaft Wilhelm I., verlesen von Bismarck am 17. November 1881: [33]

„…Aber auch diejenigen welche durch Alter oder Invalidität erwerbsunfähig werden haben der Gesamtheit gegenüber begründeten Anspruch auf ein höheres Maß staatlicher Fürsorge als ihnen bisher hat zu Teil werden können. Für diese Fürsorge die rechten Mittel und Wege zu finden ist eine schwierige aber auch eine der höchsten Aufgaben jedes Gemeinwesens welches auf den sittlichen Fundamenten des christlichen Volkslebens steht…“ [34]

Das Jahr der Verlesung gilt gleichzeitig als Geburtsstunde der Sozialversicherung. Daraufhin wurde im Jahr 1889 das Gesetz zur Altersversicherung erlassen. Dieses zielte auf die Absicherung bei Arbeitsinvalidität ab. Alle deutschen Bürger, die 70 Jahre oder älter waren, erhielten eine regelmäßige Altersrente. Da zu dieser Zeit aber die Männer durchschnittlich 45 Jahre und die Frauen 48 Jahre alt wurden, griff die Altersversicherung sehr selten. [35] Finanziert wurde diese Versicherung durch das Kapitaldeckungsverfahren [36] , welches im folgenden Gliederungspunkt erläutert wird.

1911 wurde schließlich die Reichsversicherungsverordnung verabschiedet. Sie fasste die bestehenden Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen zusammen. Zusätzlich wurden neben den Arbeitern auch die Angestellten in die Versicherungen mit einbezogen. [37]

2.3.2 Kapitaldeckungsverfahren

Das Kapitaldeckungsverfahren ist eine Finanzierungsform der Rentenversicherung. Es handelt sich hierbei um eine Individualversicherung. Das bedeutet, jeder Versicherte hat sein eigenes Altersvorsorgekonto. Es liegt in der Verantwortung des Einzelnen, kontinuierlich in die Versicherung Beiträge einzuzahlen und somit einen Deckungsstock aufzubauen. Die Beiträge werden durch die Versicherung am Kapitalmarkt angelegt. Die daraus generierten Zinserträge fließen zusätzlich in die Gesamtsumme der Altersvorsorge mit ein. Die gesetzliche Rentenversicherung von 1889 beruhte zunächst auf diesem Verfahren. [38]

Vorteile des Kapitaldeckungsverfahrens sind zum einen die positiven Renditen und die daraus generierten Zinseszinsen. Dadurch verringern sich die tatsächlich zu zahlenden Beträge zur Bildung eines bestimmten Deckungsstocks. Je länger bei diesem Verfahren in die Versicherung eingezahlt wird, desto höher sind in der Regel die Erträge, mit Ausnahme von Turbolenzen auf dem Kapitalmarkt. [39] Zum anderen besteht die Chance, international zu investieren. Die Entwicklung des Deckungsstocks kann damit diversifiziert werden, was sie unabhängig von der eigenen Volkswirtschaft und der darin herrschenden demografischen Entwicklung macht. [40] Da jeder Beitragszahler für seine eigene Rente vorsorgt, bietet sich darüber hinaus auch die Möglichkeit, individuell über das eigene Renteneintrittsalter und seinen Lebensstandard im Alter zu entscheiden. [41]

Gegen diese Vorteile steht, dass die eigene Rentenvorsorge gegen die Prinzipien des Sozialstaates verstößt. Nicht jedem Menschen ist es finanziell möglich, ein ausreichend hohes Deckungskapital aufzubauen, aus dem die Renten generiert werden. Die Existenz dieser Menschen ist dann im Alter gefährdet. Das widerspricht dem Ziel der Vermeidung von Altersarmut. [42] Neben diesem Aspekt ist die weltweite Kapitalmarktstabilität eine Grundvoraussetzung für die Funktionalität dieses Verfahrens. [43] Zinssenkungen, Inflationen und Turbolenzen des Kapitalmarktes können die Entwicklung des Deckungsstocks stark beeinflussen. [44] Diese Abhängigkeit kann jedoch zum Teil mit steigender Laufzeit der Versicherung kompensiert werden. [45] Gravierende Auswirkungen auf den Kapitalstock der Versicherten hatten die große Inflation in Folge des Ersten Weltkrieges von 1921 bis 1923 und die Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1948. Die angesammelten Vermögen hatten nach diesen beiden Ereignissen jeweils fast keinen Wert mehr. Infolge von Leistungskürzungen konnten die Rentner ihren Lebensstandard nicht mehr finanzieren. [46]

Das Kapitaldeckungsverfahren wurde nach den zwei inflationären Entwertungen der Deckungsstöcke als unzureichend erachtet, da es keine angemessene Sicherheit mehr gegen Altersarmut bot. [47] Aufgrund dessen führte Konrad Adenauer 1957 das sogenannte Umlageverfahren ein, welches das Kapitaldeckungsverfahren schrittweise als gesetzliche Rentenversicherung ablöste. [48] Dadurch sollte die gesetzliche Rente auch eine Art Lohnersatz werden und nicht, wie zuvor, nur einen Anteil am Lebensunterhalt leisten. [49] Die Verantwortlichkeit des Sozialstaates zur Vermeidung von Altersarmut wurde somit wieder hergestellt. [50]

2.3.3 Umlageverfahren

Wie bereits im vorangehenden Gliederungspunkt erwähnt, dient das Umlageverfahren seit 1957 als Methode zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieses Verfahren beruht auf dem Generationenvertrag, der allerdings weder ausgesprochen, noch schriftlich fixiert wurde. Er ist eher als eine Art Vereinbarung zwischen der jungen und der alten Generation anzusehen. [51]

Dabei werden die Beitragszahlungen der Erwerbstätigen direkt auf die Leistungen der Rentenempfänger umgelagert. Im Gegenzug erhält die junge Generation in Abhängigkeit ihres Einkommens einen Anspruch auf Leistungen im Rentenalter. [52]

Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es unmittelbar 1957 umgesetzt werden konnte, ohne dass vorher ein Deckungsstock gebildet werden musste. Die erste Rentengeneration erhielt dabei Leistungen, ohne vorher Beiträge dafür zahlen zu müssen. [53] Im Gegensatz zum Kapitaldeckungsverfahren macht die direkte Umlage der Geldbeträge das System robuster gegenüber Zinssenkungen, Inflationen und negativen Kapitalmarktentwicklungen. [54] Im Zusammenhang mit diesem neuen Verfahren wurde gleichzeitig auch die Dynamisierung der Rente eingeführt. Das bedeutet, die Rentenzahlungen passen sich jährlich zum 01. Juli an die Nettolohnentwicklung der Arbeitnehmer an. [55] Auch eine wachsende Bevölkerungszahl wirkt sich positiv auf das Verfahren aus. Rentenleistung können erhöht, beziehungsweise Beitragszahlungen verringert werden. [56]

Aufgrund der direkten Kapitalumlage sind die Beiträge zwar vor Kapitalmarktschwankungen geschützt, es können allerdings auch keine Erträge mehr generiert werden. Im Vergleich zum Kapitaldeckungsverfahren erhöht sich deshalb die tatsächliche Beitragslast der Erwerbstätigen. [57] Zudem beruht das System auf der Leistungsfähigkeit der Beitragszahler und somit auf der Stabilität des Arbeitsmarktes. [58] Genügend Menschen müssen im erwerbsfähigen Alter und versicherungspflichtig sein, um die Rentenansprüche der älteren Generation gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung finanzieren zu können. Damit besteht eine starke Abhängigkeit des Umlageverfahrens von der demografischen Entwicklung. [59] Problematisch wird die Situation, wenn die Auszahlungen an die leistungsempfangende Generation die Einzahlungen der jungen, beitragszahlenden Generation übersteigen. Dann ist der Staat in der Verpflichtung, diese Differenz über die sogenannte Bundesgarantie auszugleichen. Diese wiederum finanziert sich aus den Steuergeldern der Erwerbstätigen. [60] Seit 1957 stieg das Erfordernis der staatlichen Bundesgarantie regelmäßig und Beitragssätze für die Erwerbstätigen erhöhten sich. [61]

[...]


[1] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 3

[2] Vgl. online: OECD, 2013 (01.10.2015)

[3] Vgl. RÜBHAUSEN, 2011, S. 6

[4] Vgl. HORN; SCHUCHART, 2015, S. 11

[5] Vgl. online: Spiegel Online, 2014 (01.10.2015)

[6] Vgl. TEPPER, 2003, S. 93

[7] Vgl. online: Institut für Wirtschaft Köln, 2014, S. 9 (01.10.2015)

[8] Vgl. online: Statistisches Bundesamt, 2015 (03.10.2015)

[9] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2003b, Art. 20 Abs. 1 GG

[10] Vgl. TEPPER, 2003, S. 18

[11] Vgl. ebenda, S. 15

[12] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 3

[13] Vgl. ebenda

[14] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 7

[15] Vgl. ebenda, S. 3

[16] Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund, 2010, S. 14

[17] Vgl. Deutsche Rentenversicherung, 2014, S. 7

[18] Vgl. ebenda, S. 4

[19] Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund, 2010, S. 14

[20] Vgl. online: Statista, 2015 (04.10.2015)

[21] Vgl. BENÖLKEN; BRÖHL; BLÜTCHEN, 2011, S. 55 ff.

[22] Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund,

[23] Vgl. GEIGANT u.a., 1994, S. 536

[24] Vgl. LUDWIG, 2008, S. 5

[25] Vgl. GÄßLER, 2012, S. 33 ff.

[26] Vgl. ebenda, S. 33 f.

[27] Vgl. ebenda S. 34

[28] Vgl. ebenda

[29] Vgl. ebenda, S. 35

[30] Vgl. ebenda, S. 36

[31] Vgl. TEPPER, 2003, S. 15

[32] Vgl. ebenda, S. 16

[33] Die komplette Kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 ist unter Anhang 2 zu finden.

[34] Online: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2014 (05.10.2015)

[35] Vgl. online: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2011 (05.10.2015)

[36] Vgl. TEPPER, 2003, S. 16

[37] Vgl. ebenda, S. 17

[38] Vgl. BÖRSCH-SUPAN, 1999, S. 6 ff.

[39] Vgl. ebenda

[40] Vgl. KLINGE, 2009, S. 62

[41] Vgl. KLINGE, 2009, S. 62

[42] Vgl. FARMER; HAUPT; LACHMANN, 2002, S. 65 ff.

[43] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 13

[44] Vgl. EICHENHOFER; SCHMÄHL; RISCHE, 2011, S. 182

[45] Vgl. KLINGE, 2009, S. 62

[46] Vgl. TEPPER, 2003, S. 17

[47] Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund, 2007, S. 9 f.

[48] Vgl. TEPPER, 2003, S. 35

[49] Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund, 2007, S. 9 f.

[50] Vgl. TEPPER, 2003, S. 17

[51] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 12 f.

[52] Vgl. TEPPER, 2003, S. 13

[53] Vgl. HORN; SCHUCHARDT, 2015, S. 13

[54] Vgl. EICHENHOFER; SCHMÄHL; RISCHE, 2011, S. 182

[55] Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund, 2007, S. 11

[56] Vgl. FARMER; HAUPT; LACHMANN, 2002, S. 3 ff.

[57] Vgl. KLINGE, 2009, S. 62

[58] Vgl. HORN, SCHUCHARDT, 2015, S. 13

[59] Vgl. FARMER; HAUPT; LACHMANN, 2002, S. 3 ff.

[60] Vgl. TEPPER, 2003, S. 43

[61] Vgl. ebenda, S. 62

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Details

Title
Finanzielle Absicherung deutscher Arbeitnehmer im Rentenalter und deren Optimierung mittels eines Rentabilitätsvergleichs ausgewählter Alternativen
College
International University of Applied Sciences
Grade
1,3
Author
Year
2016
Pages
116
Catalog Number
V314049
ISBN (eBook)
9783668129580
ISBN (Book)
9783668129597
File size
1128 KB
Language
German
Keywords
Altersvorsorge, Versicherung, finanzielle Absicherung, Alter, Rente, Ruhestand, Rentabilität
Quote paper
Romy Scholz (Author), 2016, Finanzielle Absicherung deutscher Arbeitnehmer im Rentenalter und deren Optimierung mittels eines Rentabilitätsvergleichs ausgewählter Alternativen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314049

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