Die historische Entwicklung der Gesundheits- und Krankenpflege als Frauenberuf


Term Paper, 2011

16 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Voraussetzungen und Vorbedingungen
2.1 Situation der Krankenpflege im 18. Jahrhundert
2.2 Situation der Krankenpflege im 19. Jahrhundert
2.3 Die bürgerliche Frauenrolle im 19. Jahrhundert

3. Ursachen für die Feminisierung der Krankenpflege im 19. Jahrhundert

4. Status quo des Geschlechterverhältnisses in der gegenwärtigen Gesundheits- und Krankenpflege

5. Schlussbetrachtung

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

„Krankenpflege als (fast) ausschließlich den Frauen zugeschriebener Beruf ist eine „Erfindung“ des 19. Jahrhunderts.“1

So schildert Claudia Bischoff die nachhaltige Entwicklung der Krankenpflege. Noch heute hat man das Gefühl, dass ausschließlich Frauen die Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpfleger vertreten. Doch warum ist dies so?

Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Frage zu klären, warum sich die heutige Gesundheits- und Krankenpflege zu einem Frauenberuf entwickelt hat? Um diese Zielstellung zu erfüllen, ist die Arbeit folgendermaßen gegliedert. Zunächst dient eine Einleitung der Hinführung zum Thema. Darauf folgend wird die historische Entwicklung des Gesundheits- und Krankenpflegeberufes unter Berücksichtigung des 18. und 19. Jahrhunderts sowie die Rolle der bürgerlichen Frau im 19. Jahrhundert als Voraussetzungen und Vorbedingungen umrissen. Diese historischen und gesellschaftlichen Schilderungen sind für das Verständnis der darauffolgenden Ursachenerklärung wichtig und bilden eine Grundlage, um die folgenden Ursachen für die Verweiblichung der Krankenpflege verstehen und einordnen zu können. Den Voraussetzungen und Vorbedingungen folgt ein Kapitel, in dem die Ursachen für die Feminisierung der Krankenpflege im 19. Jahrhundert näher erörtert werden. Dieses Kapitel beantwortet die anfangs gestellte Frage. Ein abschließendes Kapitel klärt die Frage, ob die gegenwärtige Gesundheits- und Krankenpflege weiterhin eine Frauendomäne ist. Abschließend fasst eine Schlussbetrachtung die wichtigsten Aspekte der Arbeit zusammen und dient zugleich der Rückführung zum Thema.

Die Quellen zur Bearbeitung des zweiten und dritten Kapitels wurden über den Internet Katalog der sächsischen Landes- Staats- und Universitätsbibliothek Dresden sowie den OPAC-Katalog der Universitätsbibliothek Greifswald herausgesucht. Die Internetpräsens sowie die Datenbanken des Statistischen Bundesamtes Deutschland lieferten die Quellen für die Bearbeitung des vierten Kapitels. Dabei dienten Suchbegriffe wie Geschichte und Entwicklung der Krankenpflege, Krankenpflegeausbildung, Frauen in der Krankenpflege, Frauenberuf und -arbeit sowie Krankenpflege in Verbindung mit den Begriffen Beruf und Arbeit zur Findung geeigneter Quellen. Von den aufgeführten und gefundenen Quellen wurden im Nachhinein diejenigen zur Bearbeitung des Themas verwendet, die ein aktuelles Datum und verlässliche Quellen vorzuweisen hatten. Dazu besuchte ich die universitären Bibliothekseinrichtungen und wählte an den im Internet gefundenen Standorten die passende Literatur durch stichprobenartiges Lesen der Inhaltsverzeichnisse und der entsprechenden Kapitel aus. Bei meiner Literaturrecherche stellte sich schnell heraus, dass zu dem Thema Frauen in der Krankenpflege kaum deutsche Literatur verfügbar ist. Lediglich das Buch Frauen in der Krankenpflege von Claudia Bischoff beschäftigt sich mit diesem Thema ausführlich und scheint Vorreiter auf diesem Gebiet zu sein. Dieses diente als Grundlage zur Beantwortung der eigentlichen Fragestellung der Arbeit.

2. Voraussetzungen und Vorbedingungen

Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich, dass im 18./19. Jahrhundert Rufe und Überlegungen nach einer Reformierung der Krankenpflege lauter wurden. Es waren vor allem die Rufe nach ausgebildetem und anzahlmäßig mehr Krankenpflegepersonal, aber auch die sich wandelnde Rolle der bürgerlichen Frau. Diese Faktoren sind zugleich der Auslöser dafür, dass sich die Krankenpflege zu einem Frauenberuf entwickelte, da sich nun auch die Frage stellte, ob lieber Männer oder Frauen pflegen sollten. Dieses Kapitel soll einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten Faktoren sowie die allgemeine Situation der Krankenpflege in den jeweiligen Jahrhunderten geben.

Die Entwicklung der Krankenpflege allgemein und damit auch die Entwicklung der Krankenpflege hin zu einem Frauenberuf müssen immer in Zusammenhang mit den Zeitumständen der Geschichte sowie der medizinischen Entwicklungen betrachtet werden.

2.1 Situation der Krankenpflege im 18. Jahrhundert

Im 18. und noch bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde die Krankenpflege weitestgehend durch die Familie geleistet. Hier waren es vor allem die Frauen der Familie, die sich um die kranken Familienmitglieder kümmerten und auch dafür verantwortlich waren, die Töchter der Familie in diese Pflegeleistungen mit einzubeziehen und zu selbstständigem Pflegehandeln anzuleiten. Orte von medizinischen Handlungen wie Operationen oder Geburten waren oftmals noch die häusliche Umgebung.2 Zudem war die außerhäusliche Pflege „überwiegend Dienstleistungen, die von Angehörigen christlich geprägter Lebensgemeinschaften erbracht wurden“3.

Trotz dieser alt bewährten Traditionen setzten nun im 18. Jahrhundert Umgestaltungsprozesse ein, welche auch maßgeblich die Krankenpflege beeinflussten. Prägend und Hintergrund jeglicher Veränderungen auf dem Gebiet der Krankenpflege ist der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufkommende und alle Lebensgebiete umfassende Begriff der „Aufklärung“4. Die Aufklärung war Ursache dafür, dass „Probleme der Gesellschaft in vermehrtem Maße Gegenstand des allgemeinen Nachdenkens“5 wurden. Die Allgemeinheit neigte vermehrt dazu, „die Dinge in der Welt nicht nur zu verbessern, sondern sie auch jedem zugänglich zu machen“6. Bezogen auf die Krankenpflege hatte unter anderen dies zur Folge, dass sie „eine Krise ihres inneren und äußeren Gefüges“7 erlebte. Deshalb ist nicht verwunderlich, dass in der Literatur zur Geschichte der Krankenpflege das 18. Jahrhundert auch als „dunkle Epoche“8 der Krankenpflege beschrieben wird. So wurde die Krankenpflege auch unter der Fahne der Aufklärung neu überdacht. Dadurch entwickelten sich neue Ansprüche, die an Pflege gestellt wurden.

Auch der in den größeren Städten beginnende Wandel der Hospitäler zu Krankenhäusern legte einen entscheidenden Grundstein dafür, dass sich die Krankenpflege hin zu einem Frauenberuf entwickelte. Dieser Wandel stellte ebenso neue Anforderungen an die Krankenpflege.9 Es gab mehrere Einflüsse, die diese Veränderung der Hospitäler förderten. Während ursprünglich in den Hospitälern die reine „äußere Versorgung“10 im Vordergrund stand, rückte mit dem beginnenden Wandel immer mehr die Aufnahme von Kranken „zum Zwecke ihrer Heilung und zur Erforschung ihrer Krankheiten“11 in das Blickfeld der in das Hospital einziehenden Medizin, welche nun als „forschende, lehrende und praktizierende Institution“12 dort fungierte. Immer mehr änderten sich auch die Klientelen, welche sich dort in Behandlung begaben. Statt der „Kranken und Alten, denen es aus Armut und allgemeiner Unversorgtheit an der damals selbstverständlich in der Familie getätigten Pflege mangelte“13, zog es nun – unter anderem aufgrund des „Wandels im Ärztestand“14 – „Bürger, Adlige oder Patrizier“15 in die Krankenhäuser. Um dem geschilderten Wandel gerecht zu werden, war es immer mehr notwendig, über die Krankenpflege nachzudenken. Das bedeutete auch, sich über passendes Pflegepersonal Gedanken zu machen.16

Es ist festzuhalten, dass das 18. Jahrhundert die Krankenpflege durch die Entwicklung großer Krankenhäuser, den Wandel der pflegerischen Obliegenheiten aufgrund neuer Ansprüche in der Heilkunde und dem wenig vorhandenen qualifizierten Pflegepersonal schwer erschütterte und damit zu Veränderungen zwang.17

2.2 Situation der Krankenpflege im 19. Jahrhundert

Die Ausübung der Krankenpflege war im 19. Jahrhundert noch nicht rechtlich geregelt. Jedem war es möglich, krankenpflegerische Aufgaben auszuüben. Folge war ein völlig unqualifiziertes Pflegepersonal wie auch ein gesellschaftlich geringes Ansehen derselbigen. Krankenpflegepersonal wurde dementsprechend der Titel der LohnwärterInnen zugesprochen. Die LohnwärterInnen waren unterbezahlt und Bedienungsgeld aber auch Beschenkungen wurden von den Krankenhäusern mit als Bestandteil des Lohnes bewertet. Aufgrund der geschilderten Tatsachen kam es nun zu ersten Reformvorschlägen zur Verbesserung der Krankenpflege.18

Hintergrund zahlreicher Veränderungen in der Krankenpflege des 19. Jahrhunderts bilden verschiedene politische und gesellschaftliche Faktoren. Zu diesen Faktoren zählen zum einen das Wachstum der Bevölkerung und der Städte, bedingt durch die Industrialisierung, welche es nötig machten immer mehr Menschen pflegerisch zu versorgen. Zum anderen sorgten auch die Sozialgesetzgebung mit Krankenversicherungs-, Unfallversicherungs- und Invaliden- und Altersversicherungsgesetz sowie der Krankenhausbau für das vermehrte Einsetzen von Änderungen in der Krankenpflege.19 Es zog nun immer mehr Menschen in die Krankenhäuser, die es sich leisten konnten, pflegerische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Auch die rasante Weiterentwicklung der Medizin durch neue Entdeckungen und Erfindungen sowie die „veränderte Einstellung zur außerhäuslichen Arbeit der Frau“20 beeinflussten die Krankenpflege maßgeblich und bildeten zugleich auch Voraussetzungen für die Entwicklung der Krankenpflege zu einem Frauenberuf.21 Weitere wichtige Faktoren bilden die vielen Kriege mit ihren Verwundeten, der Pauperismus, die Industrialisierung sowie die „Verlagerung des Lebens aus Haus und Familie in die Betriebe und die Öffentlichkeit“22.

Es ist festzuhalten, dass es aufgrund der geschilderten Entwicklungen auch zu einer wachsenden Anzahl an potenziellen Patienten kam, die nun von den Neuerungen die das 19. Jahrhundert hervorbrachte, profitieren wollten und konnten.

2.3 Die bürgerliche Frauenrolle im 19. Jahrhundert

Die bürgerliche Frau im 19. Jahrhundert symbolisierte in Abgrenzung zum Adel „das Leitbild der treuen Gattin […], liebenden Mutter und tüchtigen Hausfrau und das Ideal der Liebesehe“23. Vor allem durch den Beginn der Lohnarbeit, durch die Entwicklung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, welcher eine Verlagerung des Lebens aus dem ganzen Haus darstellte, wurde die Rolle der Frau neu definiert und auf oben genannte Rollen festgeschrieben. Diese Eingrenzung der Tätigkeitsfelder der bürgerlichen Frau bedeutete auch, dass die Frau aus jeglicher Erwerbsarbeit verdrängt und zu einem Hochschulstudium nicht zugelassen wurde. Während die Frauen der Unterschichten selbstverständlich einer Lohnarbeit nachgingen, um ihren Lebensunterhalt und den der Familie zu sichern, war hingegen das Betätigungsfeld der Frau des gehobenen Bürgertums nun immer mehr auf die Hausarbeit beschränkt. Dies bedeutete für die bürgerliche Frau auch ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Ehepartner, welcher als Ernährer der Familie fungierte und als Einziger von beiden Geld verdiente. Vor allem die Trennung zwischen dem Privaten und Beruflichen, die zugleich die Trennung zwischen weiblicher Hausarbeit als Liebestätigkeit und männlicher Erwerbstätigkeit gegen Entgelt widerspiegelt, ist verantwortlich für diese Entwicklung. Das Haus und die bürgerliche Familie stellten für die Frau den Ort dar, in dem sie ihren Pflichten als Gattin, Hausfrau und Mutter nachgehen und wo sie die Töchter der Familie auf ihre typisch weiblich ideologisierten Rollen zuschneiden konnte. Die durch die Frau im Haus verrichtete Arbeit fand gesellschaftlich kaum Anerkennung und wurde zudem nicht entlohnt. Der einzige Lohn bestand in der Bestätigung durch Ehemann oder Kinder. Der primäre Zweck der Hausarbeit bestand darin, die Voraussetzung für die Produktion und Reproduktion von Arbeitskräften zu schaffen.24

[...]


1 Bischoff, Claudia (1997): Frauen in der Krankenpflege. Zur Entwicklung von Frauenrolle und Frauenberufstätigkeit im 19. und 20. Jahrhundert. 3., neubearb. und erw. Aufl., Frankfurt/Main; New York, S. 13.

2 Sticker, Anna (Hg.) (1960): Die Entstehung der neuzeitlichen Krankenpflege. Deutsche Quellenstücke aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Stuttgart, S. 14-15.

3 Kruse, Anna-Paula (1995): Krankenpflegeausbildung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. 2. überarb. Aufl., Stuttgart; Berlin; Köln, S. 7.

4 Seidler, Eduard (1993): Geschichte der Medizin und der Krankenpflege. 6., neubearb. und erw. Aufl., Stuttgart; Berlin; Köln, S. 143.

5 Ebd.: S. 144.

6 Ebd.

7 Ebd.: S. 159.

8 Ebd.

9 Vgl. Seidler, Eduard (1993): S. 160.

10 Sticker, Anna (Hg.) (1960): S. 15.

11 Seidler, Eduard (1993): S. 161.

12 Ebd.: S. 160-161.

13 Sticker, Anna (Hg.) (1960): S. 15.

14 Seidler, Eduard (1993): S. 161.

15 Möller, Ute; Hesselbarth, Ulrike (1994): Die geschichtliche Entwicklung der Krankenpflege. Hintergründe, Analysen, Perspektiven. Hagen, S. 55.

16 Vgl. Seidler, Eduard (1993): S. 161.

17 Vgl. ebd.: S. 162.

18 Vgl. Kruse, Anna-Paula (1995): Krankenpflegeausbildung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. 2. überarb. Aufl., Stuttgart; Berlin; Köln, S. 13-14.

19 Vgl. ebd.: S. 16.

20 Ebd.: S. 15.

21 Vgl. ebd.: S. 14-17.

22 Sticker, Anna (Hg.) (1960): S. 13.

23 Knapp, Ulla (1984): Frauenarbeit in Deutschland. Band 1Ständischer und bürgerlicher Patriarchalismus. Frauenarbeit und Frauenrolle im Mittelalter und im Bürgertum des 19. Jahrhunderts. München, S. 172.

24 Vgl. ebd.: S. 164-174.

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Details

Title
Die historische Entwicklung der Gesundheits- und Krankenpflege als Frauenberuf
College
Dresden Technical University  (Institut für berufliche Fachrichtungen)
Course
Berufliche Handlungsfelder der Gesundheit und Pflege
Grade
2,0
Author
Year
2011
Pages
16
Catalog Number
V315367
ISBN (eBook)
9783668136120
ISBN (Book)
9783668136137
File size
457 KB
Language
German
Keywords
Feminisierung Krankenpflege, Geschlechterverhältnisse Krankenpflege, Frauenberuf Krankenpflege
Quote paper
M.Ed. Henriette Bartusch (Author), 2011, Die historische Entwicklung der Gesundheits- und Krankenpflege als Frauenberuf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315367

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