Deutschland hat sich seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts von einem ehemaligen Gastarbeiterland über ein Zuwanderungsland wider Willen bis heute zu einem der wichtigsten Migrationsländer der modernen Welt entwickelt (Geißler & Weber-Menges, 2008). Migranten in Deutschland sind doppelt so häufig erwerbslos, häufiger langzeitarbeitslos, vermehrt in atypischen Beschäftigungssituationen und im Niedriglohnsektor wiederzufinden als ihre deutschen Kollegen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2011). In Anbetracht der aktuellen und brisanten Flüchtlingskrise werden in den kommenden Monaten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2015) ca. 800.000 Zuwanderungen nach Deutschland prognostiziert, eine Zahl, die viermal so hoch ist wie die im Jahr 2013 (ebd.). Eine Vielzahl derer wird eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen und damit auch in Zukunft die Gesellschaftsstruktur Deutschlands nachhaltig beeinflussen.
Der Wandel in eine zunehmend heterogen geprägte Gesellschaft spiegelt sich konkret in multikulturellen Klassen mit Schülern aus unterschiedlichen ethnischen Minderheiten (Geißler & Weber-Menges, 2008). Bereits im Jahr 2000 zeigte sich, dass Migranten in der Schule verheerend schlechtere Leistungen aufwiesen (Butterwegge, 2007). Der Aspekt einer möglichen Bildungsbenachteiligung rückt dabei zunehmend in das Zentrum bildungspolitischer Diskussionen und gesellschaftspolitischer Verantwortung (Auernheimer, 2013). Studien wiesen nach, dass eine Bildungsbenachteiligung auch durch ihre verantwortlichen Akteure entsteht (Glock, Kneer, Kovacs, 2013; Kirsten & Granato, 2007).
Dabei spielen die vorurteilsbehafteten Einstellungen von Lehrern in der schulischen Benachteiligung von Kindern aus ethnischen Minderheiten eine essentielle Rolle für den schulischen und später beruflichen Leistungs(miss)erfolg (Vgl. van den Bergh, Denessen, Hornstra, Voeten & Holland 2010).
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, zu überprüfen, welche impliziten und expliziten Einstellungen von Lehrern am Berufskolleg gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund existieren und wie sie sich im Vergleich zu denen gegenüber Schülern ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Diesem Kontext wird im Rahmen einer eigenen empirischen Studie an mehreren Berufskollegs in Deutschland nachgegangen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Migration in Deutschland
- 3. Migranten im Berufskolleg
- 3.1 Institutionelle Benachteiligung
- 3.2 Schulische und berufsvorbereitende Qualifikationen
- 3.3 Sprachkompetenzen
- 3.4 Teilnahme und Interesse am dualen Berufsausbildungssystem
- 3.5 Religion und schulische Teilhabe
- 4. Einstellungen
- 4.1 Einstellungen - Ihre Entstehung
- 4.2 Funktionen von Einstellungen
- 4.3 Inhaltliche Komponenten von Einstellungen
- 4.4 Explizite und implizite Einstellungen
- 4.5 Kognitive Prozesse in der Einstellungsbildung
- 4.6 Einstellung-Verhaltens-Beziehung - MODE-Modell
- 4.7 Messmöglichkeiten von kognitiven Einstellungen
- 5. Forschungsbefunde zu Einstellungen von Lehrern gegenüber Schülern aus ethnischen Minderheiten
- 6. Ableitung der Hypothesen
- 7. Empirische Untersuchung
- 7.1 Stichprobe
- 7.2 Erhebungsinstrumente und Stimulusmaterial
- 7.3 Planung und Ablauf der Untersuchung
- 7.4 Auswertung
- 8. Ergebnisdarstellung
- 9. Diskussion und Ausblick
- 10. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Das Forschungsvorhaben befasst sich mit den Einstellungen von Lehrkräften am Berufskolleg gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund. Ziel der Arbeit ist es, die Einstellungen von Lehrkräften gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund im Vergleich zu denen gegenüber Schülern ohne Migrationshintergrund zu untersuchen. Das Forschungsvorhaben beleuchtet die Rolle von Einstellungen in der Bildung von Schülern mit Migrationshintergrund und die potentiellen Auswirkungen von vorurteilsbehafteten Einstellungen auf deren schulischen Erfolg.
- Einstellungen von Lehrkräften gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund
- Die Rolle von Einstellungen in der Bildung von Schülern mit Migrationshintergrund
- Die Auswirkungen von vorurteilsbehafteten Einstellungen auf den schulischen Erfolg von Schülern mit Migrationshintergrund
- Die Bedeutung des Berufskollegs für die berufliche Integration von Schülern mit Migrationshintergrund
- Die empirische Untersuchung von Einstellungen durch den Einsatz des Implicit Association Test (IAT)
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das Kapitel 2 erläutert den historischen Hintergrund und die aktuelle Situation der Migration in Deutschland. Kapitel 3 analysiert die besonderen Herausforderungen und Chancen von Migranten im Berufskolleg, insbesondere im Hinblick auf institutionelle Benachteiligung, schulische und berufsvorbereitende Qualifikationen, Sprachkompetenzen, die Teilnahme am dualen Berufsausbildungssystem und den Einfluss von Religion auf schulische Teilhabe. Kapitel 4 legt die theoretischen Grundlagen für die Untersuchung von Einstellungen dar, indem es die Entstehung, Funktionen und Inhalte von Einstellungen sowie die Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Einstellungen erläutert. Darüber hinaus werden die kognitiven Prozesse in der Einstellungsbildung und die Beziehung zwischen Einstellungen und Verhalten im Rahmen des MODE-Modells beleuchtet. Kapitel 5 präsentiert relevante Forschungsbefunde zu Einstellungen von Lehrern gegenüber Schülern aus ethnischen Minderheiten, um den Forschungsstand zum Thema zu verdeutlichen. Kapitel 6 leitet aus der theoretischen Grundlage und den Forschungsbefunden die zentralen Hypothesen des Forschungsvorhabens ab, die in der empirischen Untersuchung überprüft werden.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen Migration, Berufskolleg, Einstellungen, implizite und explizite Einstellungen, Schüler mit Migrationshintergrund, Bildungsbenachteiligung, Lehrkräfte, Intergruppenbeziehungen, Stereotype, Diskriminierung, Intergruppenkontakttheorie, Implicit Association Test (IAT) und empirische Untersuchung.
- Quote paper
- Verena Born (Author), 2015, Implizite und explizite kognitive Einstellungen von Lehrkräften am Berufskolleg in Bezug auf Schüler mit Migrationshintergrund, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315694