Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung

Yoga mit Kindern und Jugendlichen


Thèse de Master, 2015

87 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt

Hinweise zur Schreibweise und Vorwort

1 Einleitung

2 Definition von Yoga
2.1 Die Ursprünge des Yoga
2.2 Heilige Schriften
2.2.1 Bhagavad Gita
2.2.2 Yoga-Sutras von Patañjali
2.3 Die acht Phasen des Yoga-Weges von Patañjali (Ashtanga-Yoga)
2.3.1 Yama
2.3.2 Niyama
2.3.3 Asanas
2.3.4 Pranayama
2.3.5 Pratyahara
2.3.6 Dharana
2.3.7 Dhyana
2.3.8 Samadhi
2.4 Hatha-Yoga
2.5 Die Entwicklung des Yoga in den westlichen Ländern und in Deutschland

3 Notwendigkeit und Argumente für Yoga mit Kindern und Jugendlichen
3.1 Belastung bei Kindern und Jugendlichen - Yoga als Bewältigungsstrategie
3.2 Yoga und seine Wirkungen bei Kindern und Jugendlichen
3.2.1 Wie Yoga wirkt
3.2.2 Untersuchungen zu Yoga und Wirkungen bei Kindern und Jugendlichen
3.3 Yoga als Chance der Entwicklung eines Körperkonzeptes
3.4 Yoga als Chance der Entwicklung von Identität und Persönlichkeit

4 Yoga mit geistig beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen
4.1 Definition von Kinder-Yoga mit Ergänzungen
4.2 Schwerpunkte im Yoga mit geistig beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen
4.2.1 Körper
4.2.2 Atem und Stimme
4.3 Methodische Besonderheiten
4.3.1 Allgemeine übungsmethodische Hinweise
4.3.2 Anpassungen der Asana-Übung
4.3.3 Geeignete Yogastufen
4.3.4 Ablauf der Yoga-Praxis
4.3.5 Besondere „Vorsichtsmaßnahmen“
4.4 Yoga bei Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung

5 Umsetzbarkeit von Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung
5.1 Yoga als Philosophie
5.2 Yoga als Sport
5.3 Yoga als Therapie
5.4 Yoga als Fach oder integriert in den Unterricht

6 Versuch einer praktischen Durchführung von Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung
6.1 Fragestellungen
6.2 Analyse der Voraussetzungen
6.3 Trainingskonzeption
6.3.1 Ankommen/Regeln
6.3.2 Anfangsentspannung im Liegen und Atemübung
6.3.3 Asanas
6.3.4 Abschlussteil
6.4 Evaluationsmethodik
6.5 Ergebnisdarstellung und Interpretation
6.5.1 Ergebnisse zur Beantwortung der ersten Fragestellung
6.5.2 Ergebnisse zur Beantwortung der zweiten Fragestellung
6.6 Fazit

7 Schluss

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Hinweise zur Schreibweise und Vorwort

Als Hinweis zur Schreibweise wird an dieser Stelle angemerkt, dass für eine bessere Lesbarkeit des Textes die männliche Schreibweise (zum Beispiel „Schüler“, „Lehrer“) verwendet wird. Mit dieser Schreibweise ist sowohl das weibliche als auch das männliche Geschlecht gleichermaßen gemeint.

Für die Ermöglichung der praktischen Durchführung eines Yoga-Kurses im Rahmen dieser Arbeit möchte ich der Schule und der Schulleiterin danken. Ein besonderes Dankeschön geht an die Schüler, mit denen mir das Üben sehr viel Freude bereitet hat. Herzlich möchte ich mich bei Pia, Margit und Doris für die schöne Zusammenarbeit und die tatkräftige Unterstüt- zung bedanken. Namasté

1 Einleitung

Eine Anregung für das Thema und das Projekt dieser Arbeit gab mir die Auseinandersetzung mit folgender Problemsituation: Heute leben wir in einem Zeitalter, in dem selten ein Tag ohne Stress vergeht. Doch betrifft das nicht nur Erwachsene, sondern immer häufiger gerät ins Blickfeld, dass auch Kinder und Jugendliche verstärkt unter Druck stehen. Die Gründe hierfür sind neben Schulstress und seelischen Belastungen unterschiedlicher Natur (vgl. Stück 2011a, 12-13). Neben dem erhöhten Aufkommen von Stress in der heutigen Leistungsgesell- schaft möchte zudem die Entwicklung einer bewegungsarmen, weniger körperbewussten Ge- sellschaft angemerkt werden. Dies darf natürlich nicht verallgemeinert werden, dennoch spie- gelt es sich bereits in den gesellschaftlichen Strukturen des Alltags von Kindern und Jugend- lichen wider. In der Schule sind junge Heranwachsende dazu angehalten längere Zeit zu sit- zen und sich zu konzentrieren - in jeder Schulform. Die Anzahl der körperlichen Betätigung in der Schule hält sich allgemein gering. Haben die Schüler Hausaufgaben zu erledigen, ge- schieht dies vermutlich nach der Schulzeit ebenfalls im Sitzen. Viele Kinder befinden sich zudem in der Betreuung einer Ganztagsschule, welche die „Aktivität“ oder „Passivität“ der Schüler am Mittag zum großen Teil vorgibt. Hinzu kommt, dass ein steigendes Angebot an technischen Möglichkeiten junge Menschen in der Freizeit zunehmend zu „Sitztätigkeiten“ verleitet. Die Kombination von Bewegungsmangel und erhöhtem Stressaufkommen stellt für jeden Menschen eine doppelseitige Belastung dar. Diesen gesellschaftlichen Strukturen unter- liegen im Groben alle Schüler - ob in der Grundschule, Realschule, integrative Schule oder in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung. Wäre es da nicht wichtig für alle Kinder und Jugendliche einen geeigneten Lösungsansatz zu finden? Ein Angebot, das sich zum einen gegen die Bewältigung von Stress eignet und zum anderen einem wenig kör- perbewussten Schulsystem entgegen wirken könnte, stellt das ganzheitlich- bewegungsorientierte Konzept von Yoga dar. Yoga als Entspannungstechnik erfreut sich hierzulande einer immer größer werdenden Popularität. Es bringt den Vorteil, dass es den Menschen im Ganzen - seinen Körper, seine Atmung und seinen Geist - berücksichtigt und in Einklang bringt. Yoga mit Kindern und Jugendlichen wird in den letzten Jahren in Deutschland immer häufiger angeboten. Doch es fällt auf, dass sich darunter nur wenige Kur- se finden lassen, die Yoga mit geistig beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen anbieten. Daher stellen sich in dieser Arbeit die zentralen Fragen, ob und inwiefern Yoga mit geistig beeinträchtigten Schülern Besonderheiten gegenüber Kinder-Yoga aufweist, worin diese lie- gen und wie sich ein Angebot in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Ent- wicklung umsetzen lässt.

Die Beantwortung der zentralen Fragen wirft zunächst einige Unterfragen auf, die es im Laufe der Arbeit ebenfalls zu klären gilt. Diese lauten wie folgt:

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Yoga und welche Gründe sprechen für das Angebot von Yoga mit Kindern und Jugendlichen?

Was kann unter Kinder-Yoga und unter Yoga mit geistig beeinträchtigten Kindern genau verstanden werden? Warum eignet sich die Anwendung mit Schülern des Förderschwerpunkts ganzheitliche Entwicklung und worin liegen Schwerpunkte und methodische Besonderheiten bei der Gestaltung? Ist Yoga mit schwer mehrfach beeinträchtigten Menschen möglich?

Wie lässt sich Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwick- lung umsetzen - als Philosophie, Sport, Therapie, im Unterricht integriert oder als ei- genes Fach?

Kann bei einer praktischen Umsetzung von Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung festgestellt werden, ob sich das Angebot eignet? Motiviert es Schüler zur freiwilligen Teilnahme und wie ist die methodische Gestaltung zu bewerten? Welche Erkenntnisse gehen daraus hervor?

Die Arbeit ist in einen umfangreicheren theoretischen Teil und in einen praktischen Teil ge- gliedert. Im Theorie-Teil wird zuerst Yoga im Allgemeinen definiert, um eine Grundlage für die weiteren Themen zu bilden. Daran anschließend werden Anliegen und Argumente ge- nannt, welche den Einsatz eines Yoga-Angebotes für Kinder und Jugendliche begründen. Die nachfolgenden Teile bilden den Schwerpunkt der Arbeit. In Kapitel 4 wird die Thematik „Yoga mit Schülern des Förderschwerpunktes ganzheitliche Entwicklung“ behandelt und es werden Besonderheiten herausgearbeitet. Damit einher geht die Auseinandersetzung mit Kin- der-Yoga. An dieser Stelle wird es zusätzlich interessant sein, herauszufinden, ob sich Yoga auch für den gemeinsamen Unterricht im Sinne der Inklusion eignen würde. Im nachfolgen- den Kapitel 5 erfolgt eine Darstellung der Umsetzungsmöglichkeiten von Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitlicher Entwicklung. Zuletzt schließt sich der praktische Teil an, worin der Versuch einer Durchführung von Yoga in der Schule mit dem Förder- schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung umfassend beschrieben wird. In einem Schlussteil werden die Kernaussagen der Arbeit zusammengetragen und in eine alles umfassende Schlussfolgerung einbezogen.

2 Definition von Yoga

Das Wort Yoga trägt mehrere Bedeutungen. Es stammt aus der Sanskrit1 -Wortwurzel Yuj und heißt verbinden, vereinen, konzentrieren sowie verwenden, anwenden (vgl. Iyengar 1979, 19- 20). Außerdem weist es etymologisch eine Verwandtschaft zu dem Wort Joch auf, womit das Anjochen und Anspannen von Tieren gemeint ist (vgl. Ulbrich 2005, 3). Daraus wurde interpretiert, dass die menschlichen Sinne und Triebe wilden Tieren gleichen und an den „Wagen des Geistes“ angespannt werden müssen, um Vervollkommnung des Menschen zu erlangen (vgl. Fuchs 2001, 1 in Ramsauer, 2006, 5).

Yoga ist eine indische Lebensphilosophie. Sie gilt als eine pragmatische, zeitlose Weltan- schauung, die sich über Tausende von Jahren entwickelt hat. Yoga befasst sich mit dem Men- schen als ganzheitliches Konzept und bestrebt sein körperliches, geistiges und seelisches Wohlergehen (vgl. Iyengar 1979, 13-20). Der Indologe Erich Frauwallner (1953, 133) be- zeichnet es als eine systematische Schulung des Körpers und Geistes, wodurch die Beherr- schung des Körpers erlangt werden kann. Es soll dem Menschen zur „Selbsterlösung durch völlige Beherrschung des Körpers und Befreiung des Geistes“ dienen (Ulbrich 2005, 3). Yoga gilt ebenfalls als ein „Zustand der inneren Ruhe und Versunkenheit, verbunden mit äußerer Glückseligkeit und Konzentration“ (Siriam 1991, 95). Zudem kann es als „die Lebenshaltung oder der Lebenspfad, der uns zu diesem Zustand führen kann“ bezeichnet werden (Siriam 1991, 95).

„Allgemein ist Yoga ein komplexes System von ethisch-moralischen Grundsätzen, Atem- und Haltungsübungen, Ernährungsgewohnheiten, Körperreinigungen und Denkweisen, das in der indischen Tradition durch tägliches Praktizieren als Lebensweg und Lebensführung aufgefasst wird. Yoga wirkt auf den ganzen Menschen“ (Ulbrich 2005, 4-5).

Diese knappe Definition soll einen ersten Einblick darüber geben, was Yoga ist. Im weiteren Verlauf erfolgt eine Darstellung über die Ursprünge und die Entstehungsgeschichte des Yoga. Es werden die ersten heiligen Schriften des Yoga vorgestellt, welche ein tiefergreifendes Ver- ständnis über die Philosophie liefern. Im letzten Teil dieses Kapitels wird beschrieben, wie sich das Konzept aus dem Osten „auf der Reise in den Westen“ entwickelt hat. Insgesamt liefert dieses Kapitel ein allgemeines Verständnis über Yoga und dient als Grundlage für die folgenden Teile dieser Arbeit. Es ist hinzuzufügen, dass das Thema Yoga so komplex ist, dass die hier folgende Definition über Yoga im Rahmen dieser Arbeit lediglich einer Übersicht gerecht werden kann.

2.1 Die Ursprünge des Yoga

Die Ursprünge des Yoga entstammen der altindischen Kultur. Gesicherte Materialien über die Anfänge des Yoga sind rar und hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Yoga und der zeit- lichen Eingrenzung widersprechen Autoren sich häufig (vgl. Ulbrich 2005, 10). Auch die Zeitangaben sind eher ungenau. Es wird dennoch angenommen, dass Yoga als Philosophie seit mindestens 3500 Jahren übermittelt wird (vgl. Trökes 2000, 9). Dabei scheint eines si- cher: Dass „Yoga eine der ältesten Erkenntnislehren ist, die den Menschen in seiner Ganzheit sieht“ (Ulbrich 2005, 10). „Erste bildliche Zeugnisse von Meditierenden in yogischer Sitzhal- tung datieren aus der Induskultur“ 2500 - 1800 v. u. Z. (Stück 2011a, 60). Sie entstammen aus indischen Siedlungen am Fluss Indus, einem Gebiet das heute zu Pakistan gehört. Dabei gilt es als sicher, dass die damalige „Induskultur eine hoch entwickelte Stadtkultur war, da es in den Zentren Kanalisation, Tempel, Paläste, Wohnhäuser, Bäder und Lagerhallen gab“ (Ulb- rich 2005, 10). In der Stadt wurde mit Werkzeug, Schmuck, Keramik und Skulpturen aktiv gehandelt. Das führte die Menschen bis nach Arabien, Mesopotamien und Indien. Bei den Funden handelt es sich um Tonfiguren, die yoga-typische Positionen, wie beispielsweise ein gehörnter Gott im Lotussitz, zeigen (vgl. Ulbrich 2005, 10-11). „Es wird angenommen, daß in dieser Zeit sog. Rishis (Seher) schon Versenkungstechniken praktizierten, um das Bewußtsein zu erweitern und damit Erkenntnis zu erlangen“ (Stück 2011a, 60). Während dieser Zeitspan- ne sind insgesamt sechs indische Philosophien (Yoga, Mimamsa, Vedanta, Samkhya, Vaisheshika, Nyaya) als eine Art „Selbsterfahrungssystem“ (Stück 2011a, 60) entstanden - Yoga ist eine davon. Die Weltanschauungen beziehen Versenkungstechniken zur Bewusst- seinserweiterung, Lebensführung und philosophische Betrachtungen der Welt in ihr System ein. Zunächst wurde das Wissen über Yoga mündlich übermittelt und später erst schriftlich in den sogenannten heiligen Schriften verfasst (vgl. Stück 2011a, 60).

2.2 Heilige Schriften

Die ersten schriftlichen Hinweise auf Yoga finden sich in den vier Veden (religiöse Texte, veda = Wissen) und in den Upanishaden. Bei den Upanishaden (ca. 800 - 200 v. Chr.) han- delt es sich um philosophische Kommentare zu den Veden. In der Epoche des Brahmanismus2 (1000 - 300 v. Chr.) entstand die Bhagavad Gita - der Gesang der Erhabenen. Diese Schrift und die Yoga-Sutras von Patañjali haben die Lehre aus den Veden und den Upanishaden zu- sammengefügt, sortiert und bieten eine systematisierte Fassung von Yoga (vgl. Ulbrich 2005, 5). Im Folgenden werden zuerst die Bhagavad Gita und anschließend die Yoga-Sutras von Patañjali vorgestellt.

2.2.1 Bhagavad Gita

Das Gedicht, bestehend aus 700 Versen und 18 Kapiteln, gilt als eine Hauptquelle für die Phi- losophie des Yoga. Es ist ein Teil der Dichtung Mahabharata und wurde von dem Gelehrten Vyasa verfasst (5. Jh. v. Chr.). Es handelt von einem Gespräch zwischen zwei Charakteren: Dem Kriegsfürsten Arunja und der Verkörperung eines Gottes Sri Krishna. Arunja steht der Einzug in den Krieg bevor. Dort soll er seine Verwandten und Freunde, welche auf der gegne- rischen Seite kämpfen, töten. Der Kriegsfürst ist verzweifelt und entscheidet sich gegen den Kampf, auch wenn er dadurch sein eigenes Leben in Gefahr bringt. Daraufhin tritt Sri Krishna in ein Gespräch mit ihm und empfiehlt, das er seine Schwächen überwinden und im Sinne der Yoga-Philosophie handeln soll (vgl. Ulbrich 2005, 5-9). Der bekannte Yoga-Lehrer Iyengar (1979, 19) bezeichnet dieses Kapitel der Bhagavad Gita als die wichtigste Quelle für Yoga, denn darin erklärt Sri Krishna die Bedeutung des Yoga, welche als Erlösung von Schmerz und Leid verstanden werden kann.

„When the restlessness of the mind, intellect and self is stilled through the practice of Yoga, the yogi by the grace of the Spirit within himself finds fulfilment […] This is the real meaning of Yoga - a deliverance from contact with pain and sorrow“ (Iyengar 1979, 19 - Zitat aus Bhagavad Gita).

Ein weiterer Aspekt von Yoga, der in der Bhagavad Gita betont wird, nennt sich Karma Yoga. Dabei geht es darum, im Sinne des Yoga zu handeln - der Mensch soll sich selbstlos verhalten und sich nicht auf eigenem Erfolg ausruhen oder von Misserfolg zurückwerfen lassen (vgl. Iyengar 1979, 20).

„Work alone is your privilege, never the fruits thereof. Never let the fruits of action be your motive; and never cease to work. Work in the name of the Lord, abandoning selfish desires. Be not affected by success or failure. This equipoise is called Yoga“ (Iyengar 1979, 20 - Zitat aus Bhagavad Gita).

In der Bhagavad Gita wird Yoga zudem als eine Lebensweise in Moderation beschrieben, welche ein ausgeglichenes Lebensgefühl bewirken soll (Ulbrich 2005, 9).

„It is not for him who gorges too much, nor for him who starves himself. It is not for him who sleeps too much, not for him who stays awake. By moderation in eatimg and in resting, by regulation in working and by concordance in sleeping and waking, Yoga destroys all pain and sorrow“ (Iyengar 1979, 20 - Zitat aus Bhagavad Gita).

Die Bhagavad Gita informiert über verschiedene Yogarichtungen, die sich in den Übungen zur körperlichen und geistigen Selbstschulung unterscheiden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Überblick über die Yogarichtungen (vgl. Stück 2011a, 61)

2.2.2 Yoga-Sutras von Patañjali

Der indische Gelehrte Patañjali hat die Philosophie des Yoga in seinem Werk, den Yoga- Sutras, sortiert und systematisiert. Dabei handelt es sich um 185 kurze und präzise Aphoris- men (Sutras; Merksprüche) (vgl. Iyengar 1979, 19). Sutra ist ein Begriff aus der Sanskrit- Sprache und bedeutet Leitfaden, roter Faden (vgl. Augenstein 2003, 48). Das Werk enthält wichtige Mitteilungen „zur Lebensweise, zur Übungspraxis und zur Funktionsweise des Den- kens in Verbindung mit der Atmung und dem Körper“ (Stück 2011a, 61). Der Zeitraum der Entstehung der Yoga-Sutras wird auf 200 vor Chr. bis 400 nach Chr. geschätzt. Allerdings lassen sich dazu in verschiedenen Literaturquellen unterschiedliche Angaben finden.

Der erste Merkspruch aus Patañjalis Werk stellt eine Definition von Yoga und zugleich das Ziel dar:

„Patañjali (zit. n. Bäumler, 1985, S. 21) definiert Yoga im Yoga-Sutra I/2 als: yogas citta vrtti nirodhah. Übersetzt werden kann es als das Verlangsamen (Nirodhah) der wählenden Bewegung des Denkens (citta-vrtti) oder als das zur-Ruhe-bringen der geistig-seelischen Bewegungen bzw. Gedanken“ (Stück 2011a, 61, Hervorhebungen im Original).

Nach Trökes (2006, 6 in Doetsch 2010, 14) erklärt Patañjali einleitend, dass jegliches Han- deln vom Geist beeinflusst wird. Der Geist nimmt ständig Sinnesreize wahr, ist nicht nur mit dem jetzigen Geschehen beschäftigt, sondern befasst sich zusätzlich mit der Vergangenheit und der Zukunft und wirkt daher häufig zerstreut und unruhig. So kommt Patañjali zu der Annahme, dass ein zerstreuter Geist „nicht hilfreich [ist], ein klares, unkompliziertes Leben zu führen“ (Trökes 2006, 6 in Doetsch 2010, 21). Ziel des Yoga ist daher „die Kontrolle und Beherrschung der geistig-psychischen Fähigkeiten“ (Bäumler 1985, 21 in Stück 2011a, 61- 62). Patañjali stellt dazu einen acht-gliedrigen Yoga-Pfad zur Verfügung, welcher den Geist beruhigen und zur Konzentration verhelfen soll (vgl. Stück 2011a, 62).3

2.3 Die acht Phasen des Yoga-Weges von Patañjali (Ashtanga-Yoga)

Im zweiten Kapitel der Yoga-Sutras werden die acht Phasen des Yoga-Weges von Patañjali in kurzen und präzisen Sätzen beschrieben. Viele Unterrichtende beziehen sich heute noch auf den Yoga-Weg nach Patañjali. Er stellt die Grundlage für alle derzeit bestehenden Yoga- Systeme dar (vgl. Ulbrich 2005, 27-28). Patañjali bietet in seinem Werk Techniken zur Schu- lung des Geistes an (vgl. Augenstein 2003, 49). Genau genommen ist es ein Übungsweg, der sich aus den folgenden acht miteinander verflochtenen Gliedern (Ashtangas) zusammensetzt: Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi (vgl. Stück 2011a, 62). Jede Stufe stellt jeweils die Basis für die darauffolgende dar (im Sinnes eines Stu- fenmodells), dennoch kann jedes Glied auch als einzelner, unabhängiger Weg für sich aufge- fasst werden (siehe folgende Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Stufenmodell des acht-gliedrigen Yoga-Pfades (Ulbrich 2005, 29)

Als Yoga-Lehrer ist es generell möglich einen Schüler bis zur sechsten Stufe Dharana (Kon- zentration) aktiv zu führen um die Voraussetzungen für das Erlangen von Dhyana und Samadhi (siebtes und achtes Glied) zu schaffen. „Das Erleben dieser beiden Glieder kann nicht herbeigeführt werden, sondern geschieht passiv“ (Stück 2011b, 34). Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden die einzelnen Stufen und deren Bedeutungen beschrieben.

2.3.1 Yama

Yama stellt das erste Glied des Yoga-Weges nach Patañjali dar und beinhaltet fünf Verhaltensempfehlungen gegenüber anderen (vgl. Stück 2011a, 61). Sie sollen negative Gefühle wie Gier, Verlangen oder Last fern halten und dem Menschen zu einer positiven inneren Einstellung verhelfen. Ziel ist es, die Beziehung zwischen dem Menschen und seinen Mitmenschen zu fördern (vgl. Iyengar 1979, 31-33). Die fünf Prinzipien (Yamas) lauten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Fünf Prinzipien des Yama (vgl. Iyengar 1979, 31-36)

2.3.2 Niyama

Während es sich bei den Yamas um Verhaltensgebote gegenüber anderen handelt, beinhaltet das zweite Glied Niyama Verhaltensempfehlungen gegenüber der eigenen Person (Niyamas). Gemeinsam sollen Yama und Niyama die Gefühle des Menschen kontrollieren und für Har- monie zwischen ihm und seinen Mitmenschen sorgen (vgl. Iyengar 1979, 21-37). Es gibt fünf Niyamas:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Fünf Prinzipien des Niyama (vgl. Iyengar 1979, 36-40)

2.3.3 Asanas

Asanas sind Körperhaltungen, die einen gesunden, festen Körper bewirken ohne ihn zu mus- kulös werden zu lassen, den Menschen standhaft machen und seinen Extremitäten das Gefühl von Leichtigkeit verleihen. Sie lindern Müdigkeit und beruhigen zugleich die Nerven. Für die Ausführung der Asanas werden keine Hilfsmittel benötigt, da die Extremitäten alle notwendi- gen Gewichte und Gegengewichte bieten. Beim Üben der Körperhaltungen entwickelt der Mensch Beweglichkeit, einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn, Ausdauer und Vitalität. Es handelt sich um ein ganzheitliches Konzept, das über Jahrtausende entwickelt wurde und je- den Muskel des Körpers einbezieht. Ein Hauptsinn der Asanas liegt darin, den Geist des Men- schen zu schulen. Viele Akrobaten, Tänzer oder Athleten, die eine immense Körperbeherr- schung aufweisen, zeigen nach Iyengar wenig Kontrolle über ihren Geist. Denn häufig sehen sie ihren Körper und dessen Perfektion als oberste Priorität an. Ein Yogi schätzt seinen Körper, aber er kennt auch den hohen Wert seiner Sinne und seines Verstandes. Er ist achtsam seinem Körper und seinem Geist gegenüber. Körper und Geist gelten als eine Einheit. Die Asanas sollen den Körper und Geist in Einklang bringen und den Menschen auf das vierte Glied Pranayama vorbereiten (vgl. Iyengar 1979, 40-43).

2.3.4 Pranayama

Das Wort Prana bedeutet Atem, Leben, Vitalität, Energie und Kraft. Ayama heißt übersetzt Ausdehnung, Verlängerung und Beherrschung. Pranayama steht für die Verlängerung und Regulierung der Atmung. Während der Pranayama-Übungen bleiben die Augen verschlossen, um eine gedankliche Ablenkung zu vermeiden. Die Atmung wird über das Ein- und Ausat- men sowie über das Anhalten des Atems kontrolliert. Beim Halten der Atmung (Kumbhaka) wird unterschieden: Bei der ersten Phase wird die Luft gehalten, nachdem eingeatmet wurde (Antara Kumbhaka). Die Lunge ist gefüllt mit frischer, „lebenserfüllender“ Luft. Bei der zweiten Phase wird die gesamte Luft aus der Lunge ausgeatmet und der Atem wird gehalten (Bahya Kumbhaka). Die Lunge wird entleert von verbrauchter, „giftiger“ Luft. Nach der Yo- ga-Philosophie wird das Leben des Menschen nicht nach Anzahl seiner Tage, sondern nach Anzahl seiner Atemzüge gemessen. Es wird eine rhythmisch langsame und tiefe Atmung empfohlen. Dieser Rhythmus soll das Atemsystem stärken, die Nerven beruhigen und Zufrie- denheit schaffen. Emotionale Aufregung versetzt den Körper unter Spannung und lässt die Atmung intensiver und schneller werden. Der Mensch kann in solchen Situationen „nicht klar denken“. Eine kontrollierte Atemregulation wirkt entspannend auf Körper und Atmung. Auf diese Weise wird der Verstand freigesetzt und Konzentration ist möglich. Der Mensch soll durch die Pranayama-Übungen die Regulation seiner Atmung erlernen, wodurch er schließ- lich dazu befähigt wird, seine Sinne und seinen Verstand zu kontrollieren (Ebene des Pratyahara). Nur dann wird absolute Konzentration (Ebene des Dhyana) möglich sein (vgl. Iyengar 1979, 43-45).

2.3.5 Pratyahara

Diese Phase des Yoga-Weges nach Patañajali schult das Kontrollieren der Sinne (sehen, hö- ren, riechen, schmecken, tasten). Sie umfasst die bisher erlernten Schritte und ergänzt sie durch das Einbeziehen der sinnlichen Wahrnehmung (vgl. Ulbrich 2005, 41). Durch die Atemregulation im Pranayama hat der Mensch gelernt, sich zu entspannen. Dabei soll er seine Wahrnehmung, die von externen Einflüssen gelenkt wird, zur Ruhe kommen lassen und sich auf sein Innerstes konzentrieren. Unglückliche, unruhige oder beängstigende Gedanken ver- schwinden. Das Entspannen und Lenken seiner Sinne auf sein Inneres soll ihm helfen zu ver- stehen, dass er keine externen Dinge benötigt, um glücklich zu sein. Denn das „Zu-Sich- Selbst-Finden“ und zu wissen wer er ist wird ihn glücklich machen (vgl. Iyengar 1979, 45- 48).

2.3.6 Dharana

„When the body has been tempered by asanas, when the mind has been refined by the fire of pranayama and when the senses have been brought under control by pratyahara, the sadhaka [Seele] reaches the sixth stage called dharana“ (Iyengar 1979, 48).

Dharana bedeutet die „bewusst gesteuerte Konzentration bzw. Fokussierung […] des Denkens auf einen bestimmten Punkt“ (Bäumler 1985 in Stück 2011a, 63). Der Geist oder Verstand wird als ein Produkt von Gedanken bezeichnet. Gedanken erscheinen komplex, wechselnd und unübersichtlich, weshalb sie als schwierig zu kontrollieren gelten. Besonders wenn die Sinne (durch äußere Umwelteinflüsse) überreizt reagieren, werden unkontrollierte Informati- onen an das Gehirn weitergeleitet. Das Urteilsvermögen des Menschen ist betrübt und er kann nur schwer klare Gedanken fassen. Die Phase des Dharana handelt von der Art und Weise wie der Geist funktioniert. Der Geist wird in fünf Phasen eingeteilt: Ksipta (vernachlässigter Geist), Viksipta (abgelenkter Geist), Mudha (unentschlossener Geist), Ekagra (konzentrierter Geist) und Niruddha (hochkonzentrierter und hingebungsvoller Geist) (vgl. Iyengar 1979, 48- 49). Im Übergang von Pratyahara zu Dharana wird die Wahrnehmung weg von der äußeren Umwelt hin zur Konzentration auf das „innere Selbst“ gelenkt (vgl. Ulbrich 2005, 42). Der angestrebte Zustand wird als „konzentrierte Wachheit“ und „innere Ruhe“ bezeichnet (vgl. Ulbrich 2005, 42). Zur Erlangung des Zustandes ist eine Selbsterfahrung mit dem Ziel, das innere Selbst zu erkunden, nötig. Dazu wird die Konzentration auf die bedeutsame Silbe AUM4 geraten. Wenn der Mensch die vierte mentale Phase Ekagra (konzentrierter Geist) er- reicht hat, ist er konzentriert, verfügt über einen höheren Intellekt, weiß genau was er will und ist fähig, seinen Willen umzusetzen. Es gibt nur einen wichtigen Aspekt zu beachten: Er darf sich nicht von äußeren, ersehnten Objekten lenken lassen. Denn beim Nachgehen seines Ver- langens nach diesen Objekten könnte er anderen Menschen schaden. Ziel ist daher das Errei- chen der letzten mentalen Stufe (Niruddha), bei der der Mensch sich in einem hochkonzen- trierten Zustand befindet. Sein Verstand, Intellekt und Ego sind kontrolliert und an das Göttli- che gewidmet, was bedeutet, dass er in seinem Denken und Handeln sein Ego zurückstellt und wohlwollend seinen Mitmenschen gegenüber agiert (vgl. Iyengar 1979, 48-51).

2.3.7 Dhyana

Die siebte Stufe Dhyana lässt sich als Meditation übersetzen (Vgl. Bäumler 1985 in Stück 2011, 63). Es lehrt einen Zustand von absoluter, ununterbrochener Konzentration. Der Kör- per, der Atem, die Sinne, der Geist, das Denkvermögen sowie das Ego stehen unter dem vol- len Bewusstsein des Menschen. Das Befinden wird als ein Gefühl von vollkommener Glück- seligkeit beschrieben. Das Üben nach dem Yoga-Pfad von Patañjali zeigt sich in der Gesund- heit des Menschen. Er hat ein leichtes Körpergefühl, zeigt Standhaftigkeit und eine klare Hal- tung. Er fühlt sich frei von Verlangen und sein Verstand ist ausgeglichen, gelassen und ruhig (vgl. Iyengar 1979, 51).

2.3.8 Samadhi

Samadhi ist die letzte Stufe und bedeutet höchstes Bewusstsein. Da es als eine individuelle und selten erlebte Erfahrung gilt, geht aus der Literatur hervor, dass sich der Zustand schwer beschreiben lässt (vgl. Bäumler 1985 in Stück 2011a, 63). Der bekannte Yoga-Lehrer Iyengar erklärt, dass der Körper und die Sinne so entspannt seien, als wären sie am schlafen. Der Ver- stand und das Denkvermögen lassen sich aber als aufmerksam und hell wach beschreiben und befänden sich über das Bewusstsein hinaus. Der Geist des Menschen wird als ruhig und anbe- tungsvoll dargestellt. Das eigene Ego verschwinde und die Seele habe den Zustand des wah- ren Yoga erreicht: eine Erfahrung vollen Bewusstseins, Wahrhaftigkeit und unbeschreiblicher Freude. Es bestehe Friede, der jegliches Verstehen überschreite (Iyengar 1979, 52).

Nachdem im vorangegangenen Teil dieser Arbeit der Yoga-Weg von Patañjali erläutert wurde, soll im nächsten Verlauf der Hatha-Yoga beschrieben werden.

2.4 Hatha-Yoga

Es wird angenommen, dass Hatha-Yoga während dem 11. und 12. Jahrhundert entstanden ist. Als Begründer gelten Goraksanath und Matsyendranath. „Heute verfügbare traditionelle Hatha-Yoga-Schriften sind die Hathayogapradipika, die Shivasamhita und die Gherandasamhita“ (Stück 2011a, 64). Als Grundlage für die Entstehung des Hatha-Yoga gilt der Tantrismus - eine philosophische Bewegung, die ungefähr im fünften Jahrhundert in Indi- en entstanden ist. Die Sichtweise beeinflusste die Entwicklung des Yoga, insbesondere die des Hatha (vgl. Ulbrich 2005, 14).

„Im Tantrismus ist der Körper Ort der Erkenntnis und Wahrheit. Er ist etwas Göttliches, mit dessen Hil- fe der Yogi Befreiung erlangen kann. Da der Mensch die Befreiung nur vom Körper aus erlangen kann, ist es wichtig, einen gesunden und kräftigen Körper zu haben. In den tantrischen Yoga-Wegen wird die Ganzheit des Menschen angesprochen, und der Übungsweg wird von Anfang an auf die Psyche und Physis gleichermaßen ausgerichtet. Der Ansatz des tantrischen Yoga ist, das Körperliche wie das Geis- tige, das Individuelle wie das Universelle gleichermaßen in den Weg der Ganzwerdung des Menschen einzubeziehen“ (Ulbrich 2005, 15)

Das Wort hatha lässt sich als kraftvoll, aggressiv, anstrengend, gewaltvoll und anhaltend übersetzen. Diese Wortbedeutung erscheint passend, denn der Hatha-Yoga beinhaltet unter anderem eine Sammlung von kraftvollen Übungen (vgl. Burley 2000, 3). Außerdem steht der Begriff für die Vereinigung von Polaritäten „‚Ha‘ (Sonne) und ‚Tha‘ (Mond) und kann inter- pretiert werden als das Herstellen der Harmonie von Körper und Geist. Diese Harmonie stellt bereits nach traditioneller Auffassung in den Hatha-Yoga-Texten die Voraussetzung für ge- sundes Leben dar“ (Stück 2011a, 64). Die Harmonie von Körper und Geist wird im Hatha- Yoga besonders durch die Glieder Asana und Pranayama (siehe Kapitel 2.3.3. und 2.3.4) des Yoga-Weges von Patañjali erlangt. Während in den Yoga-Sutras von Patañjali die Asanas erstmals nur als „fester, stabiler Sitz“ (Bäumler 1985 in Stück 2011a, 65) bezeichnet werden, erfolgt erst in den später erschienenen Hatha-Yoga-Schriften neben der Sitzhaltung die Be- schreibung weiterer Körperhaltungen. Hinzu kommen weitere Yoga-Posen, die aus den Yoga- Schriften der neueren Zeit stammen (vgl. Stück 2011a, 64-65). „So finden sich z.B. 88 Asana bei Mukerji und Spiegelhoff (1971) und sogar 300 Asana bei Iyengar (1969)“ (Stück 2011a, 65).

Um eine Übersicht über die Asanas zu geben, erweist sich eine Unterscheidung von acht Asana-Gruppen als sinnvoll. Diese Untergliederung lässt sich nach der Ausrichtung des Rumpfes und der Art der Bewegungsausführungen (dynamisch oder statisch) vornehmen:

1. Liegen (Entspannung)
2. Sitzpositionen
3. Umkehrhaltungen
4. Drehungen des Rumpfes
5. Vorwärtsbeugen des Rumpfes
6. Rückwärtsbeugen des Rumpfes
7. Übungen zur Schulung des Gleichgewichtes
8. Dynamische Bewegungsabläufe5 (vgl. Ebert in Stück 2011a, 67)

Im letzten Schritt über das Thema Hatha-Yoga soll geklärt werden, wie dieses in Relation mit dem Yoga-Weg von Patañjali verstanden werden kann. Hatha-Yoga kann als Einstiegsmög- lichkeit für den achtgliedrigen Yoga-Pfad aufgefasst werden (vgl. Stück 2011a, 64). Iynengar erklärt, dass das Wissen und die Übungen des Hatha-Yoga wichtig zur Erlangung von Raja- Yoga (der Zustand der absoluten Selbstbeherrschung) sind, womit sich die Sutras von Patañjali auseinandersetzen. Häufig wird angenommen, dass es sich bei den Hathayogapradipika um eine rein körperliche Lehre handelt und die Yoga-Sutras von Patañjali lediglich eine geistige Schulung darstellen. Dem ist nicht so, denn Hatha-Yoga und der klassische Yoga von Patañjali ergänzen sich in der Bestrebung nach Selbsterlösung und sind laut Iyengar als ein gemeinsames Konzept zu verstehen (vgl. Iyengar 1979, 22-23).

Im folgenden Schritt wird die Entwicklung des Yoga im Zuge der Verbreitung in den westlichen Ländern und in den Deutschland beschrieben.

2.5 Die Entwicklung des Yoga in den westlichen Ländern und in Deutschland

Die Yoga-Praxis in Indien und in den westlichen Industrieländern unterscheidet sich vonei- nander. Während es sich in Indien um eine „spirituelle Erziehung“ handelt, wird Yoga in den westlichen Industrieländern tendenziell als „gesundheitlich-therapeutischer“ Ansatz verstan- den (vgl. Ulbrich 2005, 4). Wie kam es dazu? Als ein Initiator für die Verbreitung des Yoga im Westen gilt der indische Mönch Swami Vivekananda. Als in Chicago 1893 das Weltpar- lament der Religionen stattfand, hielt er dort eine Rede. Darin riet er seinen indischen Mitbür- gern: Sie sollten sich weniger hinter dem westlichen Lebensstil verstecken, sondern wieder mehr der eigenen Kultur widmen. Er erinnerte in seiner Ansprache mitunter an das indische Yoga-Erbe. Während seiner damaligen Reise durch Amerika vermittelte er diese Lehre an einige Bürger des Westens (vgl. Fuchs 1999, 178-180). Dazu gründete Vivekananda die Insti- tutionen Vedanta Societies und Ramakrishna Mission Association. In der nachfolgenden Zeit erfolgte eine zunehmende Verbreitung durch indische Gelehrte wie Sri Aurobindo, Paramhamsa Yogananda, Swami Sivananda Sarasvati, Krishnamacharya und B.K.S. Iyengar. Weltweit entstanden Schulen. Während ihre Bemühungen in der Vermittlung des Praktischen (Asanas, Pranayama und Meditation) lagen, rückte das Spirituelle mehr und mehr in den Hin- tergrund (vgl. Desikachar 2000, 12). Doch Indologen und Theologen zeigten ein ansteigendes Interesse an den Lebensansichten und machten die Philosophie publik (vgl. Ulbrich 2005, 18- 19). So lag zu Beginn der Verbreitung im Westen - gegen Ende des 19. Jahrhunderts - noch die Aufmerksamkeit auf dem spirituellen Aspekt der Yoga-Philosophie (vgl. Fuchs 1999, 180). Es erfolgten vor dem ersten Weltkrieg mehrere Veröffentlichungen über die Weltan- schauung im Yoga. Einige Jahre später wurden zudem Erkenntnisse über verschiedene Wir- kungen der Lehre publiziert (vgl. Ulbrich 2005, 18-19). Zu einem ersten „Boom“ des Yoga im Westen kam es in den 60er bis 70er Jahren. Grund dafür waren die wissenschaftlichen Erkenntnisse (besonders die Medizin betreffend) in den 60ern, die Yoga im Westen „akzeptabler“ machten (vgl. Unger und Hofmann-Unger 1999 in Ulbrich 2005, 19). Kurz darauf, im Jahr 1972, wurde dann die Europäische Yoga Union gegründet.

Auch in Deutschland hat der gesundheitliche Blickwinkel auf Yoga Gefallen gefunden. Nach dem zweiten Weltkrieg haben besonders die körperlichen Aspekte der Lehre hierzulande im- mer mehr Anklang gefunden, wohingegen die spirituellen Anteile aus dem Blickfeld gerieten. Die Vermittlung hat sich an die aktuelle Lebensweise der Bürger des Westens angepasst (vgl. Fuchs 1990, 90f, 262). „Yoga wurde nun geübt, damit man (zumeist allerdings frau) gesund, schlank, leistungsfähig, konzentriert und entspannt den Alltag bewältigen konnte“ (Trökes 2006, 19f). Zusätzlich wurden im Westen immer mehr Angebote wie Power-Yoga, Fitness- Yoga, Yoga-Gymnastik und einige mehr beliebt. Sie stammen vielmals aus USA, speziell aus Kalifornien. Dort werden seit Mitte der 90er einerseits sehr dynamische Yoga-Übungen ent- wickelt und andererseits wird Yoga mit „fremden“ Körperübungen - wie Stretching, Aerobic, Tanz etc. - kombiniert. Außerdem, berichtet Fuchs, besteht eine aktuelle gesellschaftliche Tendenz, die sich zunehmend im Yoga finden lässt: das Bestreben „nach einer Ich-Stärkung der Persönlichkeit […] Immer häufiger melden sich Frauen und Männer, die (fast) ohne eige- ne Yoga-Praxis auf die Idee kommen, sofort den Yoga an andere weitergeben zu wollen, nicht selten verbunden mit der Aussage: „Ich habe doch etwas mitzuteilen“. „Eine solche ichbezo- gene [sic!] Einstellung, die die Schülerschaft im Yoga glatt aussparen möchte, war bis vor wenigen Jahren noch kaum anzutreffen“ (Fuchs 2014). Fuchs fasst die derzeitige Entwicklung „salopp ausgedrückt“ zusammen: „Muskeln und Ego sollen dank Yoga wachsen. Die spiritu- ellen Dimensionen des Yoga werden hier zunächst fast völlig ausgeblendet“ (Fuchs 2014). Aus religionswissenschaftlicher Sicht kann bei dieser Entwicklung von einer „Enteignung“ des Yoga gesprochen werden. Doch zugleich weist Fuchs, der ehemals im Vorstand des Bun- desverbandes der Yoga-Lehrenden in Deutschland tätig war, auf langfristige Beobachtungen der Yoga-Szene hin. Denn feststellen ließe sich, dass Menschen die mit Yoga beginnen, zu- nächst körperorientierte Ziele wie Fitness und Entspannung im Kopf haben. Ab einer dreijäh- rigen Praxis ändere sich häufig diese Erwartungshaltung. Dann stünden Motive wie „Selbst- und Seins-Erfahrung“ im Vordergrund. Sein Fazit lautet: „Die zeitgenössische deutsche Yo- ga-Szene erscheint vielschichtig und widersprüchlich“ (Fuchs 2014). Aktuelle Tendenzen der Yoga-Verbreitung stellen sich jedoch entgegen der Versuche, Yoga als bewährtes Mittel der Selbst- und Seins-Findung und als spirituellen Weg einzusetzen. „Die Zukunft des Yoga in Deutschland bleibt also spannend“ (Fuchs 2014).

3 Notwendigkeit und Argumente für Yoga mit Kindern und Jugendlichen

Das vorangegangene Kapitel lieferte eine allgemeine Definition über Yoga und dient als Grundlage für das Anliegen dieser Arbeit. In diesem Kapitel folgt eine Auseinandersetzung mit dem Thema Yoga mit Kindern und Jugendlichen. Im Zentrum stehen die Überlegungen, warum ein solches Angebot für junge Heranwachsende von heute als notwendig erscheint und warum sich gerade Yoga eignet. Dazu wird an erster Stelle die aktuelle Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen kurz durchleuchtet, woran sich die Notwendigkeit für ein Yoga- Angebot festmacht. An zweiter Stelle werden Wirkungen im Zusammenhang mit Yoga be- schrieben. Es erfolgt eine Darstellung wissenschaftlicher Untersuchungen zu Yoga und fest- gestellter Wirkungen bei Kindern und Jugendlichen. Davor jedoch wird eine Erläuterung vo- rausgeschickt, welche aufklärt, wie Yoga (überhaupt) auf den Menschen wirkt. Diese Erläute- rung wird hier für wichtig empfunden, da es in vielen Literaturarbeiten über Wirkungen von Yoga zu Fehlinformationen kommt. Zuletzt betrachten wir Yoga unter dem Blickwinkel der Chance von Entwicklung. Es folgt eine Darstellung darüber, wie Yoga die Entwicklung eines Körperkonzeptes und die Bildung einer Persönlichkeit bei Kindern und Jugendlichen unter- stützen kann. Bei der Bearbeitung dieser Themen werden stets Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Beeinträchtigung berücksichtigt und besonders erwähnt, wenn es erforderlich erscheint.

3.1 Belastung bei Kindern und Jugendlichen - Yoga als Bewältigungsstrategie

Das Leben in der „Gesellschaft von Heute“ ist geprägt von Leistungsdruck, Wettbewerb und Schnelllebigkeit. Im „Erwachsenen-Leben“ haben Programme zur Bewältigung und zur Prä- vention von Stress mehr an Bedeutung gewonnen. Doch nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche unterliegen zunehmendem Stress. Erhöhte schulische Anforderungen stellen nicht selten eine psychische Belastung für junge Heranwachsende dar. Diese „wirken sich auch auf den Freizeitbereich von Kindern aus; die Zeit für das ‚einfach nur Kind sein‘ wird immer knapper“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [Bmfsfj] 2008, 116). Zudem verschwindet in der Gesellschaft das Muster einer „arbeitsteiligen Fami- lie“ immer mehr. Eine erhöhte Scheidungsrate lässt eine steigende Anzahl alleinerziehender Eltern in der Gesellschaft antreffen. Aber auch wenn keine Scheidung vorliegt, gilt es als ge- wöhnlich, dass beide Elternteile arbeiten. Der Spagat zwischen Beruf und Familie erweist sich dabei als stressig (vgl. Bmfsfj 2005, 45-48). Es herrscht häufig Zeitdruck für Eltern und Kin- der in der Freizeit. Einige Kinder besuchen in der außerschulischen Zeit Kurse, Musikstun- den, Förderangebote oder Ähnliches (Freizeitstress). Für manche kommen Stressfaktoren wie familiäre Schwierigkeiten oder Geldsorgen hinzu (vgl. Stück 2011b, 11-22 & Bbf 2015).

Für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen erfolgen das Zurechtfinden und die Teil- habe in dieser Gesellschaft unter erschwerten Bedingungen. Sie werden vor besondere Her- ausforderungen gestellt: „Die Erfahrung wachsender Mobilität ist ihnen oft verwehrt, ihre sozialen Kontakte werden durch die Abhängigkeit von Erwachsenen, aber auch durch die immer noch überwiegende Sonderbeschulung bestimmt. Dies führt zu deutlichen Einschrän- kungen in ihrer Weltaneignung“ (Bmfsfj 2008, 116). Folglich bringen sie wenig eigene Wün- sche und Bedürfnisse zum Ausdruck. Schwierigkeiten in der Verbalsprache spielen auch eine Rolle. Desweiteren machen sie „verstärkt Erfahrungen des ‚Scheiterns‘ sowie des Abbruchs sozialer Beziehungen“ (Fornefeld 2008, 56). Junge Heranwachsende mit einer geistigen Be- einträchtigung zeigen zudem nicht selten „abweichendes, aggressives oder selbstverletzendes Verhalten“ (Fornefeld 2008, 56). Folgen von Stress und Überbelastung lassen sich sowohl auf der Verhaltensebene, als auch auf kognitiver, emotionaler, vegetativer und muskulärer Ebene erkennen. Das zeigen empirische Untersuchungen zu Beanspruchungsfolgen bei Kindern und Jugendlichen. Es konnten Reaktionen wie Wut, Anspannung, Traurigkeit und Erschöpfung festgehalten werden. Weitere Folgen sind beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten und Angststörungen (vgl. Stück 2011b, 11-22 & Bbf 2015 & Bmfsfj 2008, 108-115).

Zu den bereits genannten Stressfaktoren kommt noch ein weiterer hinzu: Das heutige Medi- enangebot (vgl. Stück 2011b, 11-22 & Bundesministerium für Bildung und Forschung [Bbf] 2015). „In unserer westlichen Erziehung und Aktivität haben wir verlernt, allein still dazusit- zen, ohne Fernsehen, ohne Buch oder Illustrierte, ohne Gesprächspartner […] Heute sind wir […] so beschäftigt, daß wir gar nicht zur Ruhe kommen und zu uns selbst finden“ (Crisand & Lyon 1981, 53).

Und was bedeutet es, wenn wir nicht mehr zur Ruhe kommen? „Jede Anforderung an den Menschen, egal ob in geistiger, nervlicher, psychischer oder körperlicher Form, bewirkt einen Aufbau von Spannung. Diese steigert sich der Aufgabe entsprechend zur Höchstspannung und stellt die nötigen Energien zur Verfügung, um die entsprechende Leistung zu erbringen. Die Anspannung wird durch Ermüdung abgebaut, und diese leitet Ruhe und Entspannung ein“ (Crisand & Lyon 1981, 15). Ein Wechsel von Anspannung und Entspannung wird als natürli- cher Stress bezeichnet und entspricht dem natürlichen Lebensrhythmus. Unnatürlicher (unge- sunder) Stress entsteht, wenn es zu einer Dauerbelastung kommt - also wenn der Mensch nicht mehr zur Ruhe kommt. Dabei wird die andauernde Anspannung der Muskeln zur Ver- spannung. Die Gefäße verengen sich und blockieren eine gute Blut- und Nährstoffversorgung.

Giftstoffe werden ungenügend abtransportiert. Es kann zu Muskelverhärtungen, Schmerzen, Ermüdung, Unkonzentriertheit und Unwohlsein kommen (vgl. Crisand & Lyon 1981, 9-19). Nach Bewusstmachung, wie sich Stress auf den Menschen auswirken kann und wie die heutige Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen aussieht, sollte eines bedacht werden: „Unsere Zeit stellt das „In-der-Gesellschaft-sein“ und Kontakte zu schaffen als das Vorrangigste im Leben dar. Dabei wird vergessen, daß der Mensch mit sich selbst im Reinen sein muß - oder mit sich selbst im Frieden sein muß, um mit anderen in Frieden und Freundschaft leben zu können“ (Crisand & Lyon 1981, 53, Hervorhebungen im Original).

Doch wie kann Kindern und Jugendlichen geholfen werden? Kragh hat sich bereits im Jahre 1998 mit dem Thema beschäftigt: „Schon unsere Kinder leiden unter den verschiedensten psychosomatischen Beschwerden, […] Nimmt man diese Signale ernst und erkennt sie als Spiegel der Gesamtsituation der Kinder, so sollte bei den Bemühungen um eine Abhilfe ein ganzheitlich körperorientierter Ansatz [Hervorhebung v. Verf.] berücksichtigt werden. Der Zusammenhang von Körper und Psyche ist heute zwar allgemein anerkannt, aber diese Er- kenntnis wird im Schulalltag kaum praktisch umgesetzt“ (Goldstein 2006, 44 zit. n. Kragh 1998, 9). Als „Anti-Stress-Training“ werden von Crisand und Lyon das autogene Training, Yoga und die Meditation als Entspannungstechniken vorgeschlagen (Crisand & Lyon 1981, 19). Stück, der sich mit mehreren Entspannungstechniken für Kinder und Jugendliche befasst hat, betont die positiven Merkmale von Yoga: Es ist handlungsbezogen, erlebnis- und bewe- gungsorientiert. „Diese Vorteile lassen Yoga zu einer Alternative zu den für Kinder passiv und abstrakt ausgerichteten Verfahren des Autogenen Training und der Progressiven Muskel- relaxation werden“ (Stück 2011a, 160). Im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung konnte er feststellen, dass ein Yoga-Programm für Schüler einen hohen Motivationsfaktor aufweist6. Außerdem wies er eine Entspannungswirkung und eine Verbesserung im Wohlbe- finden (verbesserte emotionale Ausgeglichenheit, Selbstbeherrschung, Verringerung der Ängstlichkeit, Harmonisierung der Persönlichkeit, Abbau der Hilflosigkeit) bei den Kindern nach. Auch im Konzentrationstest und im Motorik-Test erbrachten die Schüler mit Training eine bessere Leistung als die Schüler ohne Training. Aus diesen Erkenntnissen schlussfolgert Stück, dass die „exotische Methode des Yoga“ eine effektive und für den Schulalltag prakti- kable Technik zur Stressbewältigung darstellt. Es gibt zwar noch nicht viele wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Yoga mit Kindern, dennoch weisen einige auf eine gelungene Übungspraxis und positive Auswirkungen hin. Zudem sprechen sich viele Yoga-Lehrende und Autoren, die sich mit dem Anliegen näher befasst haben und persönliche Erfahrungen sammeln konnten, für die Geeignetheit und Vorteile des Yoga für Kinder und Jugendliche aus (vgl. u.a. Goldstein 2006 & Sriram & Doetsch 2010).

3.2 Yoga und seine Wirkungen bei Kindern und Jugendlichen

Über die Wirkungen von Yoga auf den Menschen wird in vielen Büchern ein (veraltetes) falsches Bild vermittelt. Daher wird es hier für wichtig erachtet, zuerst ein Vorwissen darüber zu geben, wie Yoga, in Berücksichtigung auf die physischen und psychischen Strukturen des Menschen, überhaupt wirken kann. Erst danach schließt sich die Darstellung physischer und psychischer Reaktionen von Kindern und Jugendlichen auf Yoga an.

3.2.1 Wie Yoga wirkt

In vielen Literaturwerken über Yoga wird fehlgeleitet davon ausgegangen, dass einerseits Asanas direkt auf den Menschen wirken und andererseits ausgewählte Asanas gezielte Wir- kungen hervorrufen können. Falsch. Es „gibt kein »Âsana gegen Rückenschmerzen“, keine »Migräneübungen“, kein »Âsana gegen Verstopfung“, keine verlässliche »Praxis gegen das Reizdarmsyndrom““ (Viveka Heft 51, 46, Hervorhebungen im Original). Im Folgenden wird erklärt, wieso sich einer Yogaübung keine ganz bestimmte (therapeutische) Wirkung zuord- nen lässt. Das wäre zu einfach, schließlich ist der Mensch ein komplexes Wesen. Für ein bes- seres Verständnis werden im Folgenden zuerst die besonderen Eigenschaften des Menschen erklärt, um daran die Erklärung über die Wirkungsweise von Yoga anschließen zu können.

[...]


1 „Die Sprache der heiligen Schriften des Hinduismus ist das Sanskrit (Altindisch). Es gehört zusammen mit dem Germanischen, Slawischen, Keltischen, Latein, Griechischen, Albanischen, Armenischen und Iranischen (AltPersisch) zur Großfamilie der indogermanischen Sprachen. Das Sanskrit ist sehr formenreich, verfügt über vielfältige Möglichkeiten der Wortbildung und -ableitung sowie der Wortzusammensetzung und ist dadurch gut geeignet, abstrakte Begriffe und Tatbestände präzise wiederzugeben. “ (Ulbrich 2005, 6).

2 Die Forschung unterteilt die indische Philosophie und Religionsgeschichte in drei grundlegende Epochen: Vedismus (1500 - 900 v. Chr.), Brahmanismus (1000 - 300 v. Chr.) und Hinduismus (ab 300 v. Chr.). Der Hinduismus kennzeichnet sich durch ein Ineinanderfließen von Philosophien. Die Einflüsse sind heute noch in abgeänderter Form in Indien präsent (vgl. Deutzmann 2002, 56).

3 Zur Begriffsklärung: Der acht-gliedrige Yoga-Pfad ist auch als klassischer Yoga und unter den Namen Ashtanga-Yoga bekannt. Er wird häufig auch Raja-Yoga genannt. Iyengar erklärt, dass Patañjali in seinen Merksprüchen aber nicht angibt, dass diese Lehre Raja-Yoga heißt. Unter Raja-Yoga ist der erreichte Zustand von absoluter Selbstbeherrschung zu verstehen. Patañjali selbst nennt die Lehre in den Sutras Ashtanga-Yoga oder acht Phasen (Glieder) des Yoga (vgl. Iyengar 1979, 22).

4 AUM ist ein komplexes abstraktes Konzept, das viele Bedeutungen hat. Es steht für Allwissenheit, Allgegenwärtigkeit und Allmächtigkeit. Zudem stehen die drei Buchstaben des Symbols für die drei Übungen des Yoga, „Asana“, „Pranayama“ und „Pratyahara“, welche die Stufen zur Erlangung der letzten Phase „Samadhi“ darstellen (Iyengar 1979, 48-49).

5 Die achte Untergliederung „dynamische Bewegungsabläufe“ wurde von dem Autor Stück (2011a) zu den sieben Klassifikationen von Ebert (1986) hinzugefügt.

6 Stücks Untersuchung beinhaltete ein Programm, das aus einer Anfangsentspannung, einem Yogateil und einem Abschlussteil (Meditationsübungen, Phantasiereisen, Massage) bestand. Zweimal pro Woche nahmen Schüler im Alter von zwölf und dreizehn Jahren teil. Die Übungsstunde betrug 60 Minuten und die Untersuchung umfasste insgesamt 18 Sitzungen. Es wurden zwei Gruppen miteinander verglichen: Eine Gruppe erhielt Training, die andere Gruppe erhielt kein Training (vgl. Stück 2011a, 90-101).

Fin de l'extrait de 87 pages

Résumé des informations

Titre
Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung
Sous-titre
Yoga mit Kindern und Jugendlichen
Université
University of Koblenz-Landau
Cours
Sonderpädagogik
Note
2,0
Auteur
Année
2015
Pages
87
N° de catalogue
V315926
ISBN (ebook)
9783668168749
ISBN (Livre)
9783668168756
Taille d'un fichier
1210 KB
Langue
allemand
Mots clés
Yoga, Yoga mit geistig behinderten Menschen, Yoga mit Kindern, Yoga mit Kindern und Jugendlichen, Stressabbau, Entspannung, Sonderpädagogik, Yoga in der Förderschule, Yoga in der Schule
Citation du texte
Jasmin Friedrich (Auteur), 2015, Yoga in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315926

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