Die makedonischen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme und die griechischen Poleis im 5. – 4. Jh. v. Chr. Eine Gegenüberstellung


Dossier / Travail, 2012

15 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung: Die Makedonen - Barbaren nördlich der zivilisierten Poleis? ...

2. Eine Wirtschaft der Bauern und Ziegenhirten

3. Ähnlichkeiten und Differenzen der Gesellschaft
3.1 Die Herkunft der Makedonen
3.2 Die einheitliche Sprache und Religion

4. Die geteilte Oberschicht

5. Schluss: griechische Makedonen oder makedonische Griechen?

6. Bibliographie

1. Einleitung: Die Makedonen - Barbaren nördlich der zivilisierten Poleis?

„Anfänglich bezieht sich der Barbaren-Begriff aus griechischer Sicht auf fremdsprachige Gruppen. (...) Andersartige, Fremde werden in stark ethno- bzw. hellozentrisch bestimmten Vorstellungen als Barbaren wertend von der eigenen Kultur abgegrenzt. (...) In das Gegenbild zur hellenistischen Zivilisation passen Fremdenfeindschaft, Gesetz- und Treulosigkeit, sklavisches, feiges ebenso wie maßlos übertriebenes Verhalten (...). Positive, vor allem auf ein einfaches, naturgemäßes Leben bezogene Allgemeinurteile begegnen wesentlich seltener.“1 Vermutlich nicht mit diesen, aber ähnlichen Vorstellungen beschrieben die Griechen ihre Nachbarvölker oder jene, die sie bei der Gründung ihrer Kolonien im Mittelmeerraum kennenlernten. Alles Unbekannte galt in erster Linie als „barbarisch“ oder fremdartig. Nicht selten wurde dann mit Waffengewalt reagiert. Waren die Begründer der Demokratie jedoch wirklich auch ihren makedonischen Nachbarn gegenüber so fremdenfeindlich, oder lernte man doch die Ähnlichkeiten untereinander zu schätzen?

Wenn man sich heute in der antiken Geschichtsforschung mit der Rolle der Makedonen aus dem Zeitraum von 500 v. Chr. bis 323 v. Chr. befassen will, fällt es schwer sich nicht mit dem Wirken Alexanders des Großen (356-323 v.Chr.) zu befassen.2 Beginnend mit den Werken Kallisthenes von Olynth über Plutarch und Arrian wurde das Bild Alexanders bis heute geprägt und durchläuft in regelmäßigen Abständen verschiedene Interpretationen. Die Meinungen der Historiker gehen seit der Antike weit auseinander und stellen Alexander als militärisches Genie dar, bis hin zum zu Gewaltexzessen neigenden, trunksüchtigen Tyrannen.3 Wenn man hierbei die Hintergründe des früh verstorbenen Königs betrachtet und die Ursprünge seiner Herkunft und Machtbasis näher beleuchtet, sind vor allem Elemente der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Makedoniens aus diesem Zeitraum von großer Bedeutung. Die langwierigen Feldzüge Alexanders wären ohne eine gut funktionierende Wirtschaft nicht durchführbar gewesen und die Gesellschaft musste sich diesen Bedingungen anpassen. Daher ist es aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, dass das mächtige Makedonien vor Alexander und dessen Vater Philipp II. (386-336 v.Chr.) aus wehrhaften Bauern und Ziegenhirten bestand, der Kultur der Festlandgriechen kaum Beachtung schenkte und später über ein Kontinente umfassendes Großreich herrschen sollte.4

Bei der Bearbeitung der Thematik wird auf den folgenden Seiten verdeutlicht, dass sich die Quellenlage gerade vor dem Feldzug Alexanders bruchstückhaft gestaltet und man hier mehr auf Sachfunde wie Münzen, Inschriften und antike Überlieferungen angewiesen ist. Nicht zu verachten sind ebenso Funde aus den „Königsgräbern“ bei Verghina. Die für eine Wirtschaftsanalyse Makedoniens benötigten Zahlenangaben fallen in der Argeadenzeit sehr undurchsichtig aus, leiden an fehlenden Relationen im Vergleich zu anderen Staaten oder an der Unwissenheit der Zeitzeugen. Eine bis heute verwendete Quelle ist das Werk Xenophons (426-355 v.Chr.) - der Oikonomikos, ein Lehrbuch über Hauswirtschaft der antiken Welt. Weitere Überlieferungen über die Makedonische Kultur finden sich bei Herodot, Thukydides und Strabon, auf die ebenfalls eingegangen wird. Die antike Geschichtsschreibung bietet ansonsten wenig Anhaltspunkte einer wirtschaftlich-gesellschaftlichen Betrachtung Makedoniens, daher wurde bei der Bearbeitung des Themas auf einschlägige Sekundärliteratur zurückgegriffen.5

Innerhalb dieser Arbeit wird auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten Makedoniens vor Alexander eingegangen und ein Vergleich zu den griechischen Poleis hergestellt. Eine der zentralen Fragen stellt dabei das Verhältnis der Makedonen zu den Griechen dar, die in einer ambivalenten Koexistenz zueinander standen, obwohl die Makedonen sich in ihrer kulturellen Darstellung am griechischen Festland orientierten. Die Griechen hingegen hatten eine eher abneigende Haltung ihren nördlichen Nachbarn gegenüber und es soll hierbei auch ein Forschungsstandpunkt aus ihrer Sicht verdeutlicht werden.6 Auf die gesellschaftlichen Aspekte eingehend, wird erörtert, inwiefern sich die Gesellschaft der Griechen und Makedonen bis zum Todeszeitpunkt Alexanders unterschied oder in welchen Punkten sie Ähnlichkeiten aufwies. Abschließend wird gefragt, wieso Philipp II. und dessen Sohn in ihrer Ausübung als Herrscher eine Teilung der makedonischen Oberschicht anstrebten, Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Thronansprüche hatten und inwieweit sich diese prägende Gesellschaftspolitik nach dem Tode Alexanders durchsetzte?7

2. Eine Wirtschaft der Bauern und Ziegenhirten

Es werden oft vergleichende Versuche unternommen, die antike Wirtschaft aus der heutigen Sicht in ihrer Effektivität und in ihrem Umfang zu beurteilen. Hierbei differenzieren die Meinungen der Historiker, inwiefern die antike Wirtschaft im 5. Jh. v. Chr. für ihre Verhältnisse modern war, oder ob sie aufgrund fehlender eindeutiger Quellen nur als Notwendigkeit zur Versorgung der Bevölkerung angesehen wurde. Es werden also Argumentationen einer „modernistischen“ oder „primitivistischen“ Betrachtung vorgenommen.8 Fakt ist, dass Heute wenig über komplexe Wirtschaftskreisläufe aus der Zeit bekannt ist und es nur wenige überlieferte Beispiele gibt. Selten wurden die Handelsabkommen zwischen den Staaten nachhaltig in Inschriften festgehalten. Auf der anderen Seite sind gerade aus Athen Gesetze bekannt, die den Handel für „Ausländer“ rechtlich sicherten, ohne jedoch die eigene Wirtschaft vor Absatzeinbußen zu schützen.9 Der Staat konnte zwar in die Wirtschaft eingreifen, wovon aber nur in wenigen Fällen Gebrauch gemacht wurde. Vielleicht gibt es deshalb auch mehr Erwähnungen von Hungersnöten durch eine schlechte Getreideversorgung in den demokratisch-aristokratischen Poleis, als im monarchisch regierten Makedonien, wo schneller eingegriffen wurde. Bereits Alexander I. (498-454 v. Chr.) sah es als eine zentrale Aufgabe an, die Infrastruktur seines Landes durch Straßenbau zu verbessern, noch bevor er das Heerwesen reformierte.

Dies könnte einen Grund darstellen, wieso Makedonien wirtschaftlich betrachtet erst ab 500 v. Chr. für den Historiker greifbar wird.10 Aus der Regierungszeit Alexanders I., dem es durch gute Beziehungen sowohl zu den Persern, als auch den Athenern gelang einen Nutzen aus dem Persischen Krieg zu ziehen, sind heute erste makedonische Münzfunde überliefert, die für eine von anderen Staaten unabhängige Wirtschaft Makedoniens sprechen.11 Diese Münzprägung wurde durch eine stetige Expansion Makedoniens in nördliche Richtung, der Region Bisaltia und der Einnahme des Dysorosgebirges 479 v. Chr. nach dem Abzug der persischen Armee unter Xerxes I. (519-465 v. Chr.) ermöglicht. Bei einer angeblichen Fördermenge von einem Talent Silber pro Tag stellt dies ein Indiz für umfangreichen Bergbau dar, der bereits vorher von den griechischen Kolonisten der Region betrieben wurde.12 Andere heute bekannte Wirtschaftszweige waren der Export mit Holz für den attischen Schiffsbau und eine Pechproduktion aus den Sümpfen der Region Lynkestis.13

[...]


1 Canick, Hubert: Barbaren, in: Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 2, Stuttgart (u.a.) 1997, Sp. 489- y490.

2 Zeitraum von der Herrschaft Alexanders I. (498-454 v.Chr.) bis zum Tode Alexanders des Großen 323 v.Chr.

3 Engels, Johannes: Philipp II. und Alexander der Große, 2. Aufl., Darmstadt 2012, S. 12.

4 Bengston, Hermann: Philipp und Alexander der Große. Die Begründer der hellenistischen Welt, München x1985, S. 19.

5 Moses I. Finley: Die antike Wirtschaft, 3. Aufl., München 1984, S. 9.

6 Engels 2012, S. 111-118.

7 Völcker-Janssen, Wilhelm: Kunst und Gesellschaft an den Höfen Alexanders des Großen und seiner Nachfolger (Quellen und Forschungen zur antiken Welt, Bd. 15), München 1993, S. 48.

8 Finley 1984, S. 253.

9 Finley, 1984, S. 191-193.

10 Errington, Malcom: Geschichte Makedoniens. Von den Anfängen bis zum Untergang des Königreiches, Mün.x.chen 1986, S. 12.

11 Errington 1986, S. 20.

12 Bengston 1985, S. 16.

13 Bengston 1985, S. 15.

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Die makedonischen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme und die griechischen Poleis im 5. – 4. Jh. v. Chr. Eine Gegenüberstellung
Note
1,7
Auteur
Année
2012
Pages
15
N° de catalogue
V316433
ISBN (ebook)
9783668156784
ISBN (Livre)
9783668156791
Taille d'un fichier
703 KB
Langue
allemand
Mots clés
Antike, Griechenland, Alexander der Große, Makedonien
Citation du texte
Gregor Grohmann (Auteur), 2012, Die makedonischen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme und die griechischen Poleis im 5. – 4. Jh. v. Chr. Eine Gegenüberstellung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316433

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