Syrien befindet sich seit 2011 im Bürgerkrieg. Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Im Gegenteil: Durch das Auftauchen des „IS“ (Islamischer Staat) ist dem Assad-Regime und den – ohnehin zersplitterten – Rebellengruppen ein weiterer mächtiger Gegner erwachsen. Im Januar dieses Jahres wurde die Grenze von 200.000 Toten überschritten, dazu befinden sich inzwischen über 9 Mio. Syrer auf der Flucht vor diesem Krieg.
Trotz dieser Zahlen und des anhaltenden Krieges hat es bisher keine humanitäre Intervention in Syrien gegeben. Anders war es dagegen in Libyen: Nachdem der dortige Diktator Gaddafi Aufstände niederschlug und u.a. der bevorstehende Angriff auf die Stadt Misrata und Gaddafis Äußerungen die Gefahren von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Verluste einer überaus großen Zahl an Menschen zeigten, intervenierte die NATO in Libyen, unterstützt von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar und gestützt auf die UN-Resolution 1973 des Weltsicherheitsrates, unter Berufung auf das Prinzip der Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P). Dabei hätte eine humanitäre Intervention in Syrien womöglich mehr Menschenleben gerettet, als sie es in Libyen tat. Dass die Zahl geretteter Menschen ein geeignetes Maß für die Auswahl von Interventionszielen ist, zeigte Pattison.
Diese Selektivität bei der Auswahl, wo interveniert wird und wo nicht, wirft unweigerlich die Frage nach den Gründen hierfür auf. Pattison bemängelte diese Selektivität der NATO-geführten Koalition, konnte in seinem Artikel „The Ethics of Humanitarian Intervention in Libya“ aber keine Antwort geben. Dass vor allen Dingen die westliche Welt in Libyen intervenierte und in Syrien zwar nun die gemäßigten Oppositionellen unterstützt, die USA seit September 2014 auch aus der Luft den IS angreift, es jedoch zu keiner humanitären Intervention kam, bedarf einer Erklärung, die in der vorliegenden Arbeit erbracht werden soll. Die humanitäre Intervention in Libyen war die erste, die ausdrücklich mit der Schutzverantwortung gerechtfertigt wurde. Da dies auch bislang nur einmal so geschehen ist und der Krieg in Syrien andauert und noch immer nicht interveniert wird, wurden diese beiden Fälle ausgewählt, um untersucht zu werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodisches Vorgehen
- Schutzverantwortung und humanitäre Intervention nach James Pattison
- Erklärung für das Einschreiten in Libyen
- Erklärung für das Nicht-Einschreiten in Syrien
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhalten der USA im Zusammenhang mit dem Prinzip der Schutzverantwortung. Die Analyse fokussiert auf die Intervention der USA in Libyen im Jahr 2011 und die Nicht-Intervention in Syrien im Jahr 2015, um zu verstehen, welche Faktoren die Entscheidungen der USA beeinflussen.
- Die Anwendung des Prinzips der Schutzverantwortung (R2P) in der Praxis
- Der Einfluss von innenpolitischen Faktoren auf die Außenpolitik der USA
- Die Rolle von internationalen Normen und Institutionen in der Entscheidungsfindung
- Die Relevanz von Sicherheitsinteressen und Machtpolitik in der Frage der humanitären Intervention
- Der Vergleich zwischen den Interventionen in Libyen und Syrien
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt das Thema der humanitären Intervention und die Rolle der USA im Kontext des Bürgerkriegs in Syrien und des libyschen Bürgerkriegs vor. Sie erklärt die Relevanz des Prinzips der Schutzverantwortung und beleuchtet die Gründe für die Auswahl dieser beiden Fallstudien.
- Methodisches Vorgehen: Dieses Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise der Arbeit. Es werden die Kriterien und analytischen Werkzeuge vorgestellt, die zur Erklärung des Verhaltens der USA im Zusammenhang mit den Interventionen in Libyen und Syrien genutzt werden.
- Schutzverantwortung und humanitäre Intervention nach James Pattison: Dieses Kapitel erläutert die theoretischen Grundlagen der Schutzverantwortung und der humanitären Intervention, insbesondere im Lichte der Ausführungen von James Pattison. Es werden die Definitionen, Voraussetzungen und Herausforderungen dieser Konzepte beleuchtet.
- Erklärung für das Einschreiten in Libyen: Dieses Kapitel analysiert die Gründe für die Intervention der USA in Libyen. Es werden die relevanten politischen, strategischen, humanitären und innenpolitischen Faktoren beleuchtet, die zu der Entscheidung der USA führten.
- Erklärung für das Nicht-Einschreiten in Syrien: Dieses Kapitel untersucht die Gründe für die Nicht-Intervention der USA in Syrien. Es beleuchtet die relevanten politischen, strategischen, humanitären und innenpolitischen Faktoren, die die USA davon abgehalten haben, in den Konflikt einzugreifen.
Schlüsselwörter
Schutzverantwortung, humanitäre Intervention, Responsibility to Protect (R2P), Libyen, Syrien, USA, Außenpolitik, Sicherheitsinteressen, Machtpolitik, innenpolitische Faktoren, internationale Normen, Institutionen, Vergleichende Analyse, Bürgerkrieg, internationale Beziehungen.
- Citation du texte
- Tom Barth (Auteur), 2015, Wieso schreitet die USA in Libyen ein und in Syrien nicht? Verhalten der USA im Zusammenhang mit Schutzverantwortung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316813