'homine, existe' - Die personale Existenz in Berlingers 'Die Weltnatur des Menschen'


Seminararbeit, 2001

24 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der Weltseiende Mensch

Soseiendes Subjekt Mensch in Welt

Personale Existenz
Der Mensch als Person
Der Mensch in Existenz

Die Kunst der Selbstgestaltung
Selbstgestaltung des Menschen
Selbstgestaltung als künstlerischer Akt
Künstlerisches Schaffen
Selbstgestalt als Kunstwerk
Der Urkünstler und sein Kunstwerk der Selbstgestalt

Weltgestaltung
Das Prinzip der Weltgestaltung
Vernunft – Freiheit - Sprache
Weltgestaltung zwischen Nichts und Etwas
Geschichtlichkeit und personale Existenz
Tod und personale Existenz
Pädagogische Überlegungen
Literaturverzeichnis

Einleitung

Berlinger nähert sich dem Phänomen Mensch in seinem Werk „Die Weltnatur des Menschen“ teils reflexiv, teils spekulativ aus einer Metaphysik im Horizont von Welt. Seine Gedankengänge führen immer wieder auf zentrale Begrifflichkeiten, die in Beziehung zueinander auftreten. So gestaltet sich ein Sinngefüge wesenhafter Aussagen, die miteinander in Verbindung stehen. Der Mensch als Individuum, als Subjekt und schließlich als Person erweist sich immer wieder als Knotenpunkt dieses Sinngefüges.

In meiner Arbeit werde ich nun ausgewählte Termini kurz umreißen und wie in einem Puzzle, das ineinander greift, um den Konzentrationspunkt „Mensch“ versammeln. Ich beginne mit der Betrachtung des Menschen als Weltseiender, der als Individuum „da ist“. Als Individuum ist er als Soseiendes in Welt gleichsam Subjekt. Das subjektive Dasein als Individuum erfasst nun nicht das Ganze seiner Potentialität. Deshalb komme ich als nächstes zum Begriff der personalen Existenz. Dieser führt zur Kunst der Selbstgestaltung und zur Weltgestaltung. Nach diesen Überlegungen wende ich mich dem Problem der Geschichtlichkeit zu und beschließe den Rundgang mit Berlingers Spekulationen über Tod und Existenz.

Da es sich bei meiner Niederschrift um eine Hausarbeit im Fachbereich Pädagogik handelt, beende ich meine Verquickungen mit pädagogischen Überlegungen, die sich aus den getätigten Gedankengängen entwickeln.

Der Weltseiende Mensch

Im Zentrum der Betrachtung steht der weltseiende Mensch. Was zeichnet nun den Menschen aus, dass von ihm als weltseiend gesprochen werden kann? Was versteht Berlinger unter Welt? Für ihn ist Welt aporetisch und in ihrer zeitlichen und räumlichen Identität potentiale Wirklichkeit in der Modalität ihrer Endlichkeit. Der Ursprung von Welt ist „das konstruktive Weltsubjekt Mensch, das sich selbst in den Weltgestalten seiner Subjektivität in einer wesenhaft anderen Größenordnung als der Natur objektiv wird.“[1]

Berlinger fasst hier Welt nicht als Kosmos, sondern „als System einer Ordnung, deren Möglichkeiten die eines kreativen Subjekts sind, dessen Wesen Geist in Gestalt von Vernunft, Freiheit und Sprache ist.“[2] Der Mensch bringt somit Welt hervor. Berlinger bezeichnet den Menschen als „ontologische Totalität als Kunstpotenz“[3], als entwerfende Subjektivität, die in ihrer morphopoietischen Verfasstheit morphopoietisch schafft.

Die Menschheit ist ein Konglomerat von konkreten Individuen. Es kann vom Menschen als Exemplar seiner Gattung gesprochen werden. Die Gattung bestimmt hierbei nicht das Individuum, so dass das Individuelle zum Allgemeinen strebt (wie ein konkreter Baum, der zur allgemeinen Daseinsgestalt Baum wächst), sondern das Individuum gestaltet die Gattung durch die „Originalität seiner selbst“[4]. Berlinger sieht das Individuum als Ursprung der Gattung, das durch Weltgestaltung als Subjekt selbsttätig seine eigene Existenz erwirkt.

Er bezeichnet den Menschen als „Weltimperativ“[5]. Hierzu schreibt er: „Wenn wir sagen, das Sein der Welt sei der weltseiende Mensch, so bedeutet dieser Satz im Blick auf die Weltgestaltung weder eine Anthropologisierung des Daseins noch eine Kosmologisierung des Menschen. Der Mensch wird vielmehr durch sein Handeln zum Medium des Daseins, zu seiner Mitte, in welcher am Leitfaden des Prinzips Welt sich die Einsicht in die Urwirklichkeit gibt, die das Sein ist. ... Damit ist gesagt, dass zwar nicht das handelnde Subjekt hier und jetzt, wohl aber seine Kreativität das Seinsmaß des Seienden ist oder der Inbegriff der Fülle aller Möglichkeiten von Weltgestaltung.“[6]

Weltgestaltung heißt also „die Inpflichtnahme dessen, der allein die Provokation des Aggregats von Tatsachen aufzufangen und kreativ umzukehren vermag“[7] und beruht folglich auf dem Weltsein des Menschen.

Soseiendes Subjekt Mensch in Welt

Seiendes in Welt tritt immer als „Etwas“ auf, als Sosein. Jedem „Etwas“ steht, wenn es gedacht, benannt oder beschrieben wird in einem Bedeutungszusammenhang und erhält Bedeutungsgehalt. Berlinger spricht von Soseinsindividualität jeglichen Seienden in Welt. Der als Subjekt soseiende Mensch in Welt ist fähig, Sosein, das in seiner Bedeutungspotentialität reflektierbar ist, zu reflektieren. Seiendes in Welt ist von logoider Natur und somit „rationabil ergründbar und metaphysisch begründbar.“[8] Das Konglomerat von Soseinsindividualitäten (Tatsachen) kann durch Identifikation nach dem Prinzip von Identität in Welt erfasst werden.

Der Mensch ist in seinem Sosein als Subjekt Totalität und somit nicht verwechselbar oder duplizierbar. Als Individuum gestaltet er die Gattung, als Subjekt erfährt er sein individuelles Sosein (sein Seiendes in Welt) als Weltpotentialität in personaler Totalität. Als ontologischer Ort von Welt, wo das Sein von Welt einsichtig wird, erhebt sich der Mensch, sobald er beginnt, Welt Gestalt zu geben, vom Dasein zur Existenz.

Das Prinzip von Sein in Welt zeichnet sich aus durch die Begriffe Möglichkeit, Notwendigkeit, Wirklichkeit (Substanz) und Logos. Indifferentes Sein individuiert sich in Welt in Differenz. Der Mensch ist in seiner subjektiven Verfasstheit gemäß seiner Seinsnatur zu Vernunft, Freiheit und Sprache fähig, so dass das Sosein des Menschen als Subjekt ihn quasi zu Weltgestaltung befähigt und auffordert.

Personale Existenz

Der Mensch als Person

Der Begriff Personale Existenz verweist in sich auf die Begriffe Person und Existenz. Unter Person versteht Berlinger die Verfasstheit des Menschen als subjektive Totalität, die als entwerfende uranfängliche Subjektivität in Spontaneität aus Freiheit Existenz erwirkt. „... Daher wird der Mensch nicht im Vollzug seines Lebens zur Person, sondern er ist Person von Grund auf, obgleich er erst hier und jetzt, also im endlichen Zeitspielraum des Daseins, durch seine freie Tat und in der liebenden Hinwendung zum Du sich als Individuum Mensch in Gestalt der Person entwickelt und in diesem Sinn wird. Darum ist der Mensch allein das Wesen ohne Vergleich.“[9]

In seiner personalen Verfasstheit kann er Taten der Freiheit setzen. Er kann objektivieren, identifizieren und unterscheiden. Dies kann er aufgrund seiner Reflexivität und Dialogizität. Er bildet so in sich ein Identitätsbewusstsein. Identität bezeichnet das wesenhafte Sein von Etwas, das in seinem Dasein in seiner Wesensart identifizierbar ist. Die Daseinsbedingungen können sich ändern, das wesenhafte Sein jedoch bleibt. Diese Beständigkeit im Wandel von Werden und Vergehen wird als Identität bezeichnet. Etwas ist in Welt immer dieses Etwas (und nichts anderes), somit also in sich identisch und benennbar.

Will der Mensch um sich selbst wissen, muss er sich selbst objektivieren. Er begegnet so als „Ich“ sich selbst und erfährt sich als der andere seiner selbst. Berlinger spricht von der gedoppelten Dialogizität des Menschen, die zur Selbstidentifizierung notwendig ist: „Die personale Identität ist nicht dadurch zu erkennen, dass der Mensch sein ego denkt. ... Der Mensch vermag sich nur als der andere seiner selbst zu gewahren - angesichts des wirklich Anderen seiner selbst.“[10] Verweigert das Ich den Blick auf das Du erfährt es einen Verlust des Augenmaßes für sich selbst. Er verliert dann das Bewusstsein von sich als in Freiheit gestaltende Person und wird in seiner Rede beliebig.

In Ichbefangenheit wird der Mensch aufgrund fehlender Reflexivität unfähig zur Weltgestaltung. Die Gegenwärtigung von Welt bedarf des dialogischen Horizonts. Aus seiner subjektiven Subjektivität kann der Mensch nur durch Kommunikation und Dialog, also als Person sein Augenmaß schärfen und zur Freiheit des Ich gelangen, aus der heraus allein freie Weltgestaltung möglich ist. Er ist somit in seiner Totalität auf sein Personsein in freier Dialogizität verwiesen, wenn er Welt begreifen und gestalten will.

[...]


[1] „Die Weltnatur des Menschen“. S. 365

[2] ebd. S. 365

[3] ebd. S. 365

[4] ebd. S. 293

[5] ebd. S.365

[6] ebd. S. 202

[7] ebd. S. 203

[8] „Die Weltnatur des Menschen“. S. 344

[9] Die Weltnatur des Menschen“. S. 155

[10] ebd. S. 146

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
'homine, existe' - Die personale Existenz in Berlingers 'Die Weltnatur des Menschen'
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Philosophische Fakultät III)
Veranstaltung
Seminar
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
24
Katalognummer
V3176
ISBN (eBook)
9783638119269
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berlinger, Weltnatur, Existenz, Person
Arbeit zitieren
Elke Rosenberger (Autor:in), 2001, 'homine, existe' - Die personale Existenz in Berlingers 'Die Weltnatur des Menschen', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3176

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