Das Erziehungswesen im späten 18. Jahrhundert am Beispiel des Romans "Anton Reiser" von Karl Phillip Moritz


Hausarbeit, 2010

12 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe

Inhalt

Inhalt

1 Einleitung

2 Die Aufklärung
2.1 Die Lebensverhältnisse der Menschen im 18. Jahrhundert
2.2 Die Leitgedanken der Aufklärung
2.3 Die Grundgedanken der Aufklärungspädagogik

3 Anton Reiser: Eine Schullaufbahn im späten 18. Jahrhundert
3.1 Inhalt des Romans
3.2 Die Tragik des Anton Reiser
3.3 Die Notwendigkeit des Einflusses der Aufklärung auf das Bildungs- und Erziehungswesen

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

6 Anmerkungen

1 Einleitung

In dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem autobiographischen Roman „Anton Reiser“ von Karl Phillip Moritz. Ich habe mich mit den wesentlichen Aussagen des Buches beschäftigt, die meiner Meinung nach die Missstände und Unfähigkeit des Erziehungswesens im späten 18. Jahrhundert deutlich machen. Gleichzeitig möchte ich damit aufzeigen, wie notwendig es war, die Erkenntnisse der Aufklärungszeit auch auf das Erziehungswesen anzuwenden.

Dazu werde ich zunächst die Gesellschaftsstrukturen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit Anton Reisers beschreiben und ansatzweise die Grundzüge der Aufklärung in der Pädagogik zu skizzieren.

2 Die Aufklärung

In den folgenden Abschnitten soll auf die Aufklärung eingegangen werden. Dazu werde ich zunächst die Grundzüge der Aufklärung und ihrer Pädagogik erläutern.

2.1 Die Lebensverhältnisse der Menschen im 18. Jahrhundert

Die im 18. Jahrhundert vorherrschende Gesellschaftsordnung war im weitesten Sinne feudal. Der bedeutendste wirtschaftliche Produktionszweig war die Landwirtschaft und nahezu das gesamte bebaute Land war dem Herrenrecht unterworfen. Die Bauern waren, wie im Mittelalter, verpflichtet den Obereigentümern verschiedene Abgaben zu zahlen. Wohingegen diese ihren Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber den Untergebenen längst nicht mehr nach kamen. 1

Die Bevölkerung war in drei Stände aufgeteilt: Der erste Stand war der Klerus, der zweite der Adel. Diese beiden machten zusammen nur etwa 2% der Gesamtbevölkerung aus, besaßen aber knapp 40% des gesamten Grundbesitzes. Außerdem waren beide Stände mit erheblichen Privilegien ausgestattet. Der dritte Stand bestand zum größten Teil aus der bäuerlichen Bevölkerung, einem kleineren Anteil städtischer Bevölkerung und zum kleinsten Teil aus Rentiers. Diese Gruppe hatte sich mit ihrem Vermögen als Feudalherren eingekauft und lebte von den Erträgen ihrer Untertanen. 2 Die Zugehörigkeit der Stände wurde durch Geburtsrecht festgelegt. Im Laufe des Jahrhunderts erstarkte das Bürgertum, der Außenhandel vervierfachte sich beinahe und die Bevölkerung wuchs von ca. 20 auf ca. 27 Millionen an. Die landwirtschaftliche Produktion konnte kaum mithalten, so dass es wiederholt zu Hungersnöten kam. 3 Es herrschte eine große Armut unter dem Volk.

Der größte Teil der Bevölkerung im 18. Jahrhundert konnte weder lesen noch schreiben, war also kulturell gesehen unterentwickelt. Das Weltbild war von Religion und Aberglaube bestimmt, Tradition und Sitte standen im Vordergrund.

2.2 Die Leitgedanken der Aufklärung

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ 4 So beginnt Kant seine Abhandlung über die Frage was Aufklärung denn überhaupt sei. Er skizzierte einen wesentlichen Gedanken dieser Epoche sehr zutreffend: Vernunft gehörte zu den Leitbegriffen der Philosophie des 18. Jahrhunderts. Die Aufklärer, hauptsächlich Vertreter des Bildungsbürgertums, kritisierten das von religiösem Fundamentalismus und Aberglaube geprägte Weltbild vieler Menschen. Sie forderten sich auf seinen Verstand zu festigen und ihn zu gebrauchen, anstatt sich den Vorgaben von Kirche und Staat unterzuordnen. 5 Eine Epoche, in der das Vertrauen zu der Kraft der menschlichen Vernunft größer ist als das Bedürfnis nach Orientierung und Anleitung durch Tradition und Autorität, nennt man darum ein Zeitalter der Aufklärung. 6

„Wenn vom Zeitalter der Aufklärung gesprochen wird, meint man eine bestimmte geschichtliche Zeitspanne – gewöhnlich das 17. Und mit Schwerpunkt das 18. Jahrhundert – eine Epoche also, in der das Vertrauen in die menschliche Vernunft das Bedürfnis nach Lebensorientierung durch Autoritäten und Traditionen überwog.“ 7

Einige Aufklärer übten auch radikale Kritik an der vorherrschenden, ständischen Gesellschaftsform, die die Menschen auf Grund von „gottgegebenen Rechten“ in Herren und Sklaven einteilte. Stattdessen forderten sie eine Beurteilung jedes Einzelnen, nach seinen individuellen Leistungen.

2.3 Die Grundgedanken der Aufklärungspädagogik

Allgemeinbildende Schulen für alle Klassen der Bevölkerung sind jungen Datums, nämlich erst Schöpfungen des 18. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert erfolgten im Zusammenhang mit den weiterentwickelten ökonomischen und politischen Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechend neue Typisierungen, vor allem in Gestalt der Berufs- und Sonderschulen.

Zuvor blieben Bildungsanstalten, die es seit dem späten Mittelalter gab den Feudalherren, den Klerikern und dem Patriziat vorbehalten um die ständische Ordnung sichern zu können.

Das 18. Jahrhundert hat weitgehend die Aufklärungspädagogischen Anregungen für eine Neugestaltung des Schul- und Erziehungswesens aufgenommen 8 denn die Auseinandersetzung zwischen der aufstrebenden bürgerlichen Klasse und dem alten Feudalstaat fand auch im pädagogischen Bereich statt. In diesem Kampf war die Forderung nach einer Grundbildung für alle in Form eines organisierten Unterrichts von fortschrittlicher Bedeutung und die Entstehung der „Allgemeinen Volksschule“ ein hart erkämpfter Erfolg. Es entstanden eine selbständige pädagogische Literatur, eine Wissenschaft von der Erziehung, und erste Ansätze für eine planmäßige Heranbildung von Erziehern und Lehrern zu ihrem Berufe. 9 Die Lehrer erhielten jedoch noch keine pädagogische Ausbildung.

Es ist klar, dass das Lehrergehalt im allgemeinen unterhalb des Existenzminimums lag. Der Lehrer musste noch einer anderen Beschäftigung bachgehen, wenn er nicht verhungern wollte. Er war Kuhhirt, …: Von einer pädagogischen Ausbildung auch im bescheidensten Sinne war keine Rede. 10

Hinzu kam, dass der sich anbahnende moderne Verwaltungsstaat erforderte, dass alle Untertanen die sogenannten „Kulturtechniken“, nämlich das Schreiben, Lesen und Rechnen, beherrschten, damit ein Mindestmaß von zentraler Administration möglich wurde. Ein gewisses Maß von intellektuell gesehen richtiger Realitätseinschätzung der Massen war inzwischen unabdingbar geworden. Ein solcher Realismus sollte jedoch nicht kritisch werden und durfte sich in keinem Falle herrschaftsgefährdend auswirken. Darum wurden die drei „Kulturtechniken“ intensiv mit einer schulischen Christenlehre vermengt, welches meist ein deutlich höheres Stundenvolumen am Anteil des Unterrichts erreichte als zum Beispiel das Fach Rechnen.

3 Anton Reiser: Eine Schullaufbahn im späten 18. Jahrhundert

Karl Phillip Moritz hat in „Anton Reiser“ seine eigene Biographie in Romanform verarbeitet. Sie ist gleichzeitig ein Zeitzeugnis für die Pädagogik im Zeitalter der späten Aufklärung. Im folgenden Teil der Hausarbeit werde ich zunächst eine kurze Zusammenfassung des Romans wiedergeben. Anschließend versuche ich die Ursachen der problematischen Situation des Anton Reiser zu beschreiben um abschließend die Notwendigkeit der Forderungen der Aufklärung im Bildungs- und Erziehungswesen deutlich zu machen.

3.1 Inhalt des Romans

Karl Phillip Moritz veröffentlichte in vier Teilen seinen unvollendet gebliebenen Roman Anton Reiser in den Jahren 1785 – 1790. Der Roman, von Moritz als Biographie eines begabten, sehr um Anerkennung bemühten Jugendlichen geschrieben, setzt bei den frühkindlichen Erinnerungen des Protagonisten an, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und in Hannover aufwächst. Antons Vater ist ein Anhänger des Quietismus. Seine Mutter steht dem Pietismus nah und ist eine eifrige Bibelleserin. So wächst Anton unter den religiösen Differenzen der Eltern auf.

Im achten Lebensjahr erkrankt Anton an Tuberkulose, überlebt, leidet aber vier Jahre unter den Folgen. Im zwölften Lebensjahr besucht Anton zum ersten Mal die öffentliche Stadtschule, um Latein zu lernen. Der bildungshungrige und hochbegabte Junge lernt mit Erfolg und fasst von da an den Plan, später einmal zu studieren. Der Vater aber zwingt Anton zu einer Lehre bei einem Anhänger des Quietismus, der in Braunschweig seine Werkstatt hat. Die Lehrzeit verläuft katastrophal und fortlaufende Erniedrigungen treiben ihn dort zu einem Selbstmordversuch. Zurück in Hannover darf Anton eine Freischule besuchen die den Vater, der seit der gescheiterten Lehre des Sohnes nicht gut auf Anton zu sprechen ist, nichts kostet und in welcher das Hauptgewicht vor allem auf dem Religionsunterricht liegt. Schnell wird Anton als Talent erkannt und von einem adeligen Gönner gefördert, so dass er schließlich das Gymnasium besuchen darf. Anton gerät in völlige Abhängigkeit anderer da sein Stipendium für ihn verwaltet wird und er sein Essen durch Freitische bei Wohltätern erhält, die ihn seine Abhängigkeit oft spüren lassen. Die andauernde Demütigung macht ihn depressiv, menschenscheu und droht schließlich sein Selbstbewusstsein vollends zu zerstören.

Trotz der schlechten Voraussetzungen beginnt Anton Reisers Zeit auf dem Lyzeum nicht schlecht und schon nach einem Jahr wird er in die Prima versetzt, die vom Direktor unterrichtet wird. Seine Wohnung findet er im Hause des Rektors, wird allerdings schnell von seinen neuen Mitschülern aufgrund seiner schlechten Kleidung verspottet. Anton zieht sich völlig in sich zurück, sucht Zuflucht in Romanen und Theaterstücken und flüchtet sich in eine imaginäre Welt die ihn sein reales Elend vergessen lässt. Er entwickelt eine regelrechte Lesesucht. Durch das Ausleihen der Bücher verschuldet er sich bei einem Antiqua.

Zuletzt beschließt der Titelheld die Schule auf zu geben und Schauspieler zu werden. Doch auch hier kann Anton keinen Fuß fassen. An dieser Stelle bricht der Roman ab.

[...]


1 Vgl. Prokasky, Herbert und Tabaczek, Martin: Revolutionen. Paderborn 2000 S. 52

2 Vgl. Prokasky, Tabaczek. 2000 a. a. O. S. 53/54

3 Vgl. Prokasky, Tabaczek. 2000 a. a. O. S. 53

4 Zit. Kant. Immanuel: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung. In: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik. Bd. 1. Werkausgabe Bd. XI. Hrsg. V. W. Weischeidel. Frankfurt a. M. 1978 S. 53

5 Vgl. Böhm, Winfried: Geschichte der Pädagogik. Von Platon bis zur Gegenwart. München 2004 S. 56 ff

6 Vgl. Blankertz, Herwig: Die Geschichte der Pädagogik. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Wetzlar 1982 S. 21

7 Zit. Böhm. 2004 a. a. O. S. 56

8 Vgl. Blankertz. 1982 a. a. O. S. 89

9 Vgl. Blankertz. 1982 a. a. O. S. 28

10 Vgl. Blankertz. 1982 a. a. O. S. 59

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das Erziehungswesen im späten 18. Jahrhundert am Beispiel des Romans "Anton Reiser" von Karl Phillip Moritz
Hochschule
Universität zu Köln  (Erziehungswissenschaftliches Institut Humanwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Pädagogik und Gesellschaft
Note
2,5
Autor
Jahr
2010
Seiten
12
Katalognummer
V319820
ISBN (eBook)
9783668191280
ISBN (Buch)
9783668191297
Dateigröße
658 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erziehungswesen, jahrhundert, beispiel, romans, anton, reiser, karl, phillip, moritz
Arbeit zitieren
Meike Schwerger (Autor:in), 2010, Das Erziehungswesen im späten 18. Jahrhundert am Beispiel des Romans "Anton Reiser" von Karl Phillip Moritz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319820

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